Prostitutionsgesetzes

Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 6. September 2011

Umsetzung des Prostitutionsgesetzes das zum 1. Januar 2002 in Kraft trat, sollte nicht nur die rechtliche Einstufung sexueller Dienstleistungen als Sittenwidrigkeit beseitigt werden, sondern vor allem Voraussetzungen geschaffen werden für eine deutliche Verbesserung der rechtlichen und sozialen Situation von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern. Die bereits 2007 vorgelegte Evaluierung des Prostitutionsgesetzes hat deutlich gezeigt, dass es weitestgehend wirkungslos blieb. Nur ein verschwindend geringer Anteil von Prostituierten erhielt tatsächlich einen Arbeitsvertrag. Die Versorgung durch die Rentenund Krankenversicherung blieb ebenso zu gering. Deutlich wurde, dass der Umgang mit den Behörden, insbesondere bei Fragen zum Gewerbe- und Steuerrecht, weiter schwierig blieb und oft willkürlich gehandelt wurde. Hier sind die einzelnen Bundesländer bis hin zu den einzelnen Kommunen unterschiedliche Wege der Umsetzung gegangen bzw. haben die alte Duldungspraxis beibehalten. Folge ist eine verbreitete Rechtsunsicherheit. Fehlende branchenspezifische Standards sowie deren Kontrolle öffnen hier weiterhin mancher Willkür Tür und Tor. Was wenig Beachtung fand, aber doch das eigentliche Ziel des war, ist eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Prostituierten. Letztlich ist der Gesetzgeber hier gefordert, zwingend die Ausstrahlwirkungen des Prostitutionsgesetzes auf andere Rechtsnormen des öffentlichen Rechts zu konkretisieren, um Rechtssicherheit zu schaffen sowie eine einheitliche Umsetzung der Gesetzesintentionen zu gewährleisten. Verpflichtende Standards in der Qualität der Arbeitsbedingungen müssen in den verschiedenen Rechtsgebieten und den exekutiven Behörden eingeführt und im Sinne des Gesetzes umgesetzt werden. Aus dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wurden jetzt Ankündigungen bekannt, dass dort Eckpunkte für eine Gesetzgebung über die Zulassungsbestimmungen und Kontrollmöglichkeiten von bordellartigen Einrichtungen ausgearbeitet werden. Der Bundesrat hat am 11. Februar 2011 einen Beschluss über eine stärkere Reglementierung des Betriebs von Prostitutionsstätten gefasst. Dabei ging es ebenfalls um die Erlaubnispflicht für solche Einrichtungen, die Meldepflichten von Prostituierten, um Prävention und Sanktionen. Am Ende müssen jedoch die einzelnen Bundesländer für eine mögliche Umsetzung dieser Forderungen sorgen. Dabei ist die jeweilige Ausgangslage recht unterschiedlich.

Wir fragen den Senat:

1. Wie viele Gewerbeanmeldungen für bordellartige Einrichtungen lagen im Jahr 2010 im Land Bremen vor?

2. Wie viele selbstständige sexuelle Dienstleisterinnen und Dienstleister (Prostituierte, Hostessen, Masseusen, Erotikangebote) waren 2010 bei den Finanzämtern registriert?

3. Wie viele nichtselbstständige Prostituierte wurden 2010 durch Betreiberinnen und Betreiber von Prostitutionsstätten bei den entsprechenden Ämtern gemeldet?

4. Wie hoch waren die Steuereinnahmen hinsichtlich Einkommensteuer, Umsatzsteuer sowie Gewerbesteuern aus bordellartigen Einrichtungen und selbstständiger Prostitution im Jahr 2010?

5. Sind Prostituierte in Bremen (in bordellartigen Einrichtungen und auf dem Straßenstrich) vergnügungssteuerpflichtig?

6. Wie hoch waren im Jahr 2010 die Einnahmen aus der gewerblichen Zimmervermietung an Prostituierte, soweit diese Mehrwertsteuer enthielt?

7. Wird im Land Bremen in den letzten Jahren eine Zunahme von HIV/STD-Infektionen beobachtet?

8. Gibt es Pläne des Senats, ähnlich wie in Bayern eine Kondompflicht für Prostituierte und Freier einzuführen?

9. In welchem Umfang gibt es im Land Bremen eine aufsuchende Arbeit durch die Gesundheitsämter oder Beratungsstellen, und lässt sich daraus ein Zusammenhang zu den Infektionszahlen herstellen?

10. Wie viele Beratungsstellen für Prostituierte gibt es im Land Bremen, und wie sind diese personell und finanziell ausgestattet? Wie viele davon werden von Bund, Land bzw. Kommune in welchem Umfang finanziert?

11. Welche konkreten Beratungsangebote gibt es und sind diese kostenlos?

12. Welche Ausstiegsprojekte für Prostituierte werden aktuell im Land Bremen gefördert, und wer finanziert diese?

13. Welche Selbstvertretungsmöglichkeiten bestehen für Prostituierte im Land Bremen (wie beispielsweise runde Tische, Arbeitsgruppen)?

1. Wie viele Gewerbeanmeldungen für bordellartige Einrichtungen lagen im Jahr 2010 im Land Bremen vor?

Nach Angaben des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Häfen ist im Land Bremen ein Betrieb als Bordell gewerberechtlich gemeldet und ein Betrieb übt das Gewerbe erotische Massagen aus. Diese geringe Zahl erklärt sich damit, dass sich bordellartige Betriebe in der Regel als gewerbliche Zimmervermietung bei den Gewerbebehörden anmelden oder hierzu andere in der Praxis gebräuchliche Synonyme verwenden. Aus diesem Grund kann derzeit nicht genau gesagt werden, wie viele bordellartige Betriebe in Bremen gewerberechtlich gemeldet sind. Aktuell erarbeitet die Clearingstelle Rotlicht ein Lagebild, aus dem erstmalig auch hervorgehen soll, welche bordellartigen Betriebe wie gewerberechtlich gemeldet sind.

2. Wie viele selbstständige sexuelle Dienstleisterinnen und Dienstleister (Prostituierte, Hostessen, Masseusen, Erotikangebote) waren 2010 bei den Finanzämtern registriert?

Lediglich für Prostituierte wird eine explizite Gewerbekennzahl gespeichert.

Sämtliche anderen sexuellen Dienstleistungen (Hostessen, Masseusen, Erotikangebote) gelten als Erbringung einer sonstigen Dienstleistung. Diese Gewerbekennzahl wird immer dann vergeben, wenn keine spezielle Zuordnung möglich ist und umfasst damit eine große Bandbreite von Dienstleistungen.

Die Gewerbekennzahl für Prostituierte wurde von den bremischen Finanzämtern in 37 Fällen vergeben (Stand 31. Dezember 2010).

Darüber hinaus stehen der Senatorin für Finanzen hierzu keine aussagekräftigen Daten zur Verfügung.

3. Wie viele nichtselbstständige Prostituierte wurden 2010 durch Betreiberinnen und Betreiber von Prostitutionsstätten bei den entsprechenden Ämtern gemeldet?

Nach Angaben des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Häfen liegen den Gewerbebehörden keine Meldungen über beschäftigte Prostituierte vor. Es besteht keine gewerberechtliche Pflicht zur Meldung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

4. Wie hoch waren die Steuereinnahmen hinsichtlich Einkommensteuer, Umsatzsteuer sowie Gewerbesteuern aus bordellartigen Einrichtungen und selbstständiger Prostitution im Jahr 2010?

Die Höhe der Steuereinnahmen aus bordellartigen Einrichtungen und selbstständiger Prostitution kann nicht isoliert beziffert werden, da insoweit keine gesonderten Anschreibungen geführt werden. Da einschlägige Gewerbekennzahlen nur für selbstständige Prostituierte, nicht aber für die anderen bordellartigen Einrichtungen vergeben werden, ist eine spezifische maschinelle Auswertung mit dem bundeseinheitlichen Festsetzungsprogramm nicht möglich.

5. Sind Prostituierte in Bremen (in bordellartigen Einrichtungen und auf dem Straßenstrich) vergnügungssteuerpflichtig?

Prostituierte sind nach Angaben der Senatorin für Finanzen in Bremen nicht vergnügungssteuerpflichtig. Der Vergnügungssteuer in Bremen unterliegt der Betrieb von Musikautomaten, von Spiel- und Unterhaltungsautomaten mit und ohne Gewinnmöglichkeit in Spielhallen und ähnlichen Einrichtungen und das Ausspielen von Geld oder Sachwerten in Spielklubs, Spielkasinos oder ähnlichen Einrichtungen.

6. Wie hoch waren im Jahr 2010 die Einnahmen aus der gewerblichen Zimmervermietung an Prostituierte, soweit diese Mehrwertsteuer enthielt?

Der Senatorin für Finanzen liegen mangels gesonderter statistischer Erfassung keine Daten vor.

7. Wird im Land Bremen in den letzten Jahren eine Zunahme von HIV/STD-Infektionen beobachtet?

Die HIV/Sexual-Transmitted-Diseases-(STD)-Beratung der Gesundheitsämter Bremen und Bremerhaven konstatiert bei Prostituierten in den letzten Jahren eine gleichbleibende Zahl von Infektionen. Erstdiagnosen einer HIV-Infektion oder einer Syphilis bleiben Einzelfälle.

8. Gibt es Pläne des Senats, ähnlich wie in Bayern eine Kondompflicht für Prostituierte und Freier einzuführen?

Zur Frage der Einführung einer Kondompflicht für Prostituierte und Freier ist noch keine abschließende Entscheidung getroffen worden.

Die in Bremen bereits etablierten kostenlosen und niedrigschwelligen Beratungsangebote (siehe die Antwort zu Frage 9) sind geeignet, die Akzeptanz von Kondomen zu erhöhen.

9. In welchem Umfang gibt es im Land Bremen eine aufsuchende Arbeit durch die Gesundheitsämter oder Beratungsstellen, und lässt sich daraus ein Zusammenhang zu den Infektionszahlen herstellen?

Wie in der Antwort zu Frage 7 ausgeführt, sind die Infektionszahlen (HIV/STD) seit Jahren konstant.

Die AIDS/STD-Beratung des Bremer Gesundheitsamts leistet aufsuchende Arbeit. Auf diese Weise werden Informationen zu STDs und deren Vorbeugung auch mehrsprachig weitergegeben. Außerdem wird das Angebot der Beratungsstelle verbreitet, und die betroffenen Frauen können zur Untersuchung und bei Bedarf auch zur Therapie in das Gesundheitsamt kommen.

Das Bremerhavener Gesundheitsamt führt aus, dass im Rahmen der aufsuchenden Arbeit Prostituierte zu unterschiedlichen Tageszeiten zu verschiedenen Themen, STD, Prävention, Verhütung etc. beraten werden. Es erfolgt hierbei auch die Vorstellung der Beratungsstelle. Die aufsuchende Arbeit wird teilweise mit Dolmetscherin oder mittels Informationen im MP3-Format in der jeweiligen Muttersprache durchgeführt. Die Informationen werden den Mitarbeiterinnen der HIV/STD-Beratung kostenlos zur Verfügung gestellt.