Altenpflegeausbildung in Hamburg

Im Zusammenhang mit der Einführung der Pflegeversicherung und den Bestimmungen des § 80 SGB XI, betreffend unter anderem die Qualitätssicherung, sowie durch die nach der Heimpersonalverordnung ab dem Jahr 2000 geltende Fachpersonalquote von 50 Prozent besteht ein wachsender Bedarf an qualifiziert ausgebildetem Pflegepersonal.

In der Diskussion um eine bundeseinheitliche Regelung hat sich gezeigt, dass die gesetzgeberische Zuständigkeit nach Artikel 74 Nummer 19 GG nicht eindeutig ist; d.h., dass die Altenpflege offenbar sowohl den Heilberufen (Bundeskompetenz) als auch den sozialpflegerischen Berufen (Länderkompetenz) zugeordnet werden kann.

Einige Bundesländer haben bereits Gesetze zur Regelung der Altenpflegeausbildung erlassen, wie z. B. Bremen und Thüringen, und weitere Länder, wie z. B. Schleswig-Holstein, haben das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet, um eine einheitliche Ausbildung und die Einhaltung von verbindlichen Qualitätsmaßstäben zu gewährleisten.

Wir fragen den Senat:

1. Wie beurteilt der Senat die gesetzgeberische Zuständigkeit für die Altenpflegeausbildung?

Die gesetzgeberische Zuständigkeit des Bundes für den Bereich der Altenpflegeausbildung ergibt sich aus den Bestimmungen des Artikel 74 Absatz 1 GG zur konkurrierenden Gesetzgebung. Ob in diesem Zusammenhang die Nummer 7 (öffentliche Fürsorge), Nummer 11 (Recht der Wirtschaft) oder Nummer 19 (Heilberufe) heranzuziehen ist, hängt von der inhaltlichen Gestaltung der Altenpflegeausbildung ab. Je nach inhaltlichem Schwerpunkt könnte der Bund Regelungen in Form eines Altenpflegegesetzes (analog Krankenpflegegesetz) oder in Form einer Ausbildungsverordnung (duale Berufsausbildung nach § 25 Berufsbildungsgesetz) erlassen. Da dieses bisher nicht erfolgt ist, haben die Länder landesrechtliche Regelungen getroffen.

2. Aus der Drucksache 15/4257 vom 2. November 1995 geht hervor, dass der Senat an einer Aktualisierung der landesrechtlichen Verordnung und der Prüfungsordnung für die Berufe Altenpflegehelfer/in und Altenpfleger/in gearbeitet hat.

Wurde die Aktualisierung inzwischen abgeschlossen? Wenn ja: Mit welchem Ergebnis? Wenn nein: Warum nicht?

Die Aktualisierung wurde bisher nicht abgeschlossen, weil vor dem Hintergrund der Aktivitäten auf Bundesebene (vgl. Bundestagsdrucksachen 13/1208 vom 26. April 1995 ­ Entwurf eines Altenpflegegesetzes ­ und 13/10016 vom 3. März 1998 ­ Antrag der SPD-Fraktion zur Zusammenführung der gesundheits- und sozialpflegerischen Berufe und ihre Ausrichtung an den Standards des Berufsbildungsgesetzes -) eine isolierte Überarbeitung der Hamburger Regelungen nicht für angemessen gehalten wird.

Große Anfrage der Abg. Eleonore Rudolph, Johannes Mertens, Antje Blumenthal, Wolfgang Beuß, Rolf-Rüdiger Forst (CDU) und Fraktion vom 27. 05. 98 und Antwort des Senats

Betreff: Altenpflegeausbildung in Hamburg

Bei welchen Behörden liegen die Zuständigkeiten für diesen Bereich?

Zuständige Stelle im Sinne des Berufsbildungsgesetzes ist die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS), der insbesondere die Durchführung von Prüfungen, der Erlaß von Rechtsvorschriften unterhalb der Verordnungsebene, die Zulassung von Ausbildungsbetrieben und die Überwachung der Ausbildung obliegt. Oberste Landesbehörde für die Erstausbildung in der Altenpflege und damit Rechtsaufsicht über die zuständige Stelle ist die Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung (BSJB); diese ist auch für den berufsschulischen Teil der Ausbildung zuständig.

3. Welche Träger (öffentlich, gemeinnützig, privat-gewerblich o.a.) bieten Ausbildungsmöglichkeiten in welcher Ausbildungsform an welchen Standorten an?

4. Durchführung der Ausbildung

Welche Ausbildungsarten (Voll-, Teilzeit, berufsbegleitende Weiterbildung geeignet für Berufswiedereinsteiger als duale Ausbildung) werden von welchen Trägern angeboten?

Die Angaben können der anliegenden Aufstellung entnommen werden.

Welche Voraussetzungen müssen Bewerber bei den jeweiligen Trägern erfüllen, um eine Ausbildung/Weiterbildung absolvieren zu können?

Für die dreijährige Erstausbildung sieht das Berufsbildungsgesetz keine Eignungsvoraussetzungen vor. Die Träger entscheiden individuell, welche Auszubildenden bei ihnen einen Berufsausbildungsvertrag bekommen.

Für die Nachqualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen müssen nach den Zulassungsbedingungen zur Abschlußprüfung praktische Arbeitszeiten in der Altenpflege nachgewiesen werden.

Welche Ausbildungsdauer wird dabei von den Trägern zugrunde gelegt?

Grundlage für alle Ausbildungsformen ist die dreijährige duale Ausbildung. Die Dauer der Nachqualifikationsmaßnahmen wird von der zuständigen Stelle in Abhängigkeit von der individuellen Vorerfahrung zu Beginn jeder Maßnahme festgelegt; sie bewegt sich zwischen ein und drei Jahren.

In welcher Weise wird die Ausbildungsvergütung bei der dualen Ausbildung geregelt?

(Bitte um Aufschlüsselung der Antwort nach Ausbildungsarten, nach Trägern und um Angabe der jeweiligen Ausbildungskapazitäten.)

Die Auszubildenden in der dreijährigen dualen Ausbildung erhalten die gleiche Ausbildungsvergütung gemäß BAT wie die Krankenpflegeschüler.

5. a) Bestehen für die unterschiedlichen Ausbildungsarten einheitliche Ausbildungs- und Prüfungsordnungen?

Ja. Grundlage bilden das Berufsbildungsgesetz sowie auf Landesebene die Verordnung über die Berufsausbildung in der Altenpflege und die Prüfungsordnung für die Durchführung der Abschlußprüfungen in der Altenpflegehilfe und der Altenpflege.

5. b) Wer führt die Prüfungen bei den jeweiligen Trägern durch?

Die Prüfungen erfolgen zentral für alle Träger durch zwei Prüfungsausschüsse, deren Mitglieder von der BAGS bestellt werden.

5. c) Werden diese Abschlüsse von anderen Trägern und von anderen Bundesländern, insbesondere bei dort bestehender länderspezifischer Ausbildungsordnung, anerkannt?

Die Abschlüsse der dreijährigen dualen Ausbildung werden uneingeschränkt anerkannt.

Im Einzelfall sind den zuständigen Behörden hinsichtlich der verkürzten Schulungsmaßnahmen und Fremdprüfungen (Prüfungsordnung § 9) abschlägige Bescheide zur Anerkennung in anderen Bundesländern bekannt geworden. Dies ist auf die uneinheitliche Regelung der Altenpflegeausbildung auf Bundesebene zurückzuführen. Die Nachqualifizierungsmöglichkeiten, die in der Hansestadt angeboten werden, finden in einigen Bundesländern keine gleichlautenden Grundlagen.

6. a) Wie erfolgt die Finanzierung der unterschiedlichen Ausbildungsarten bei den jeweiligen Trägern?

b) In welchem Umfang wird die Ausbildung/Weiterbildung durch Dritte unterstützt?

Mit der Einfügung des § 82a in das Elfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) kann die Ausbildungsvergütung bei der Vergütung der allgemeinen Pflegeleistungen durch die Pflegekassen berücksichtigt werden. Die Hamburger Pflegekassen setzen dies in den laufenden Vergütungsverhandlungen für Pflegeheime schon in der Weise um, dass die Ausbildungsvergütungen zusätzlich zum üblichen Personalaufwand für Pflege- und Therapiepersonal im Pflegesatz einkalkuliert werden.

Die theoretische Ausbildung in der Berufsschule wird ­ wie bei allen dualen Ausbildungsberufen ­ aus Haushaltsmitteln der BSJB finanziert. Eine inner- oder überbetriebliche Ergänzung der theoretischen Ausbildung kann wiederum in den Vergütungsverhandlungen nach SGB XI berücksichtigt werden.

Die Finanzierung einzelner Nachqualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen des Deutschen Roten Kreuzes, der Grone Altenpflegeschule und des Sozial- und Bildungswerkes (z.B. für Langzeitarbeitslose oder Jugendliche aus sozialen Brennpunkten) erfolgt durch Mischfinanzierungen aus Mitteln der BAGS, des Arbeitsamtes, des Europäischen Sozialfonds und der Einrichtungen.

7. a) Wie hat sich in den letzten fünf Jahren die Nachfrage in den einzelnen Ausbildungsarten bei den jeweiligen Trägern entwickelt?

Bei der Nachfrage haben sich in den letzten Jahren keine bedeutenden Veränderungen ergeben.

7. b) Welche Vermittlungschancen haben die Absolventen der Ausbildung?

c) Wie stellt sich die Vermittlungsquote dar?

Bei guten Ausbildungs- und Prüfungsergebnissen der Auszubildenden erfolgt in der Regel die Übernahme ins Angestelltenverhältnis, zum Teil auch auf Basis von Zeitverträgen. Konkrete Daten zur Angabe einer Vermittlungsquote liegen nicht vor.

8. a) Wie wird sich der Bedarf an Altenpflegerinnen/Altenpflegern im Hinblick auf den demographischen Wandel und die gesetzlichen Vorgaben zur Qualitätssicherung in der Pflege nach Ansicht des Senats in den nächsten zehn Jahren entwickeln?

Die demographisch bedingte Zunahme der Pflegebedürftigkeit ist in Hamburg relativ gering. Es wird geschätzt, dass die Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI im Vergleich zu 1996 bis 2005 um etwa 4 Prozent und bis 2010 um insgesamt etwa 5 Prozent steigt.

Gleichzeitig geht auch das Potential der Pflegenden ­ vorwiegend Töchter und Ehefrauen (hier gefaßt als die Anzahl der Frauen zwischen 50 und 70 Jahren) ­ bis 2005 um 2 Prozent und bis 2010 um 5 Prozent zurück. Geht man davon aus, dass der Rückgang der Pflegepersonen zu einem Viertel von Fachkräften gedeckt wird, ergibt sich aus der Steigerung der Anzahl der Pflegebedürftigen und der sinkenden Anzahl der Pflegepersonen eine Steigerung des Bedarfs an Altenpflegefachkräften von 4,5 Prozent bis 2005 und insgesamt 6,25 Prozent bis 2010.

Es ist davon auszugehen, dass die dreijährige Ausbildung in unveränderter Kapazität weitergeführt wird; bei den Nachqualifikationen ist mit einer Reduzierung zu rechnen. Bei Umschulungsmaßnahmen ist ein zunehmender Abbau zu erwarten, der durch berufsbegleitende Schulungsmaßnahmen für Wiedereinsteiger bzw. ungeprüfte ältere Pflegekräfte kompensiert wird.

Bisher steigern gesetzliche Vorgaben zur Qualitätssicherung nicht den Bedarf an Fachkräften.

8. b) Reichen die bisherigen Ausbildungskapazitäten aus, um den Bedarf zu decken? Wenn nein: Welche Maßnahmen wird der Senat ergreifen, um dieses zu ändern?

Ja.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Anteil der erfolgreichen Absolventen der Ausbildung und die Verweildauer im Beruf für die Deckung des Bedarfs mindestens gleichwertige Kriterien sind.