Zugang zum Führerschein für Migrantinnen und Migranten

Die Berechtigung zum Führen eines Kraftfahrzeugs hat unter integrationspolitischem Blickwinkel eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Mobilität ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, die ein Arbeitnehmer bzw. eine Arbeitnehmerin heute erfüllen muss, um die Aussichten auf Beschäftigung zu verbessern. Dies gilt auch für Menschen mit Migrationshintergrund, die als Taxifahrer oder -fahrerinnen, in Kurierdiensten oder anderen Tätigkeiten arbeiten, die mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs verbunden sind. Aber nicht nur in der Phase der Arbeitssuche kann der Führerschein ausschlaggebend sein. Nicht selten besteht das Problem, den neuen Arbeitsplatz auch zu erreichen, da Migrantinnen und Migranten häufig Tätigkeiten mit ungünstigen Arbeitszeiten akzeptieren müssen. Auch das schnelle, zuverlässige Erreichen bestimmter Wohnadressen, wie im Falle von Pflegediensten, ist nur mit dem Pkw gewährleistet. Für Migrantinnen kann der Führerschein darüber hinaus ein wichtiges Mittel sein, die häusliche Isolation zu überwinden. Auch für Migrantinnen in Teilzeitbeschäftigungen, die Kinder zu versorgen haben, bringt die Möglichkeit, zusätzlich zum öffentlichen Verkehrsmittel auf ein Fahrzeug zurückgreifen zu können, erheblich mehr an Alltagsbewältigung und damit Lebensqualität mit sich.

Viele Migrantinnen und Migranten besitzen einen Führerschein des Herkunftslands und haben bereits Fahrpraxis. Es ist aber manchen Migrantinnen und Migranten nicht erlaubt, im deutschen Straßenverkehr zu fahren. Die Führerscheinprüfung in Deutschland abzulegen, stellt sowohl für diese Personengruppe als auch für viele andere Menschen mit einer nicht deutschen Muttersprache eine Möglichkeit dar, um mobil zu sein. Viele von ihnen wären problemlos in der Lage, die praktische Führerscheinprüfung von den Kenntnissen und Fähigkeiten her zu bestehen, jedoch verfügen sie nicht über ausreichende deutsche Sprachkompetenz für die Theorieprüfung.

Selbst für viele Muttersprachler sind typische Begriffe des Führerscheindeutschs wie Wechsellichtzeichen, Einsatzhorn oder Ausfädelungsstreifen Kauderwelsch, und auch einheimische Prüflinge scheitern häufig an den Subtilitäten des Für Migrantinnen und Migranten mit geringen Deutschkenntnissen sind das schwer zu überwindende Zugangsbarrieren.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

1. Welche von Bremer Migrantinnen und Migranten in ihren Herkunftsländern erworbenen Führerscheine werden hier anerkannt und unter welchen Bedingungen?

2. Besteht für Migrantinnen und Migranten ohne Fahrerlaubnis im Bundesland Bremen die Möglichkeit, die Führerscheinprüfung in ihren Herkunftssprachen abzulegen, und wenn ja, in welchen Sprachen ist es möglich?

3. Wurde das Angebot an verschiedenen Sprachen, in der die theoretische Prüfung abgelegt werden kann, vor kurzem eingeschränkt? Wenn ja, aus welchen Gründen?

4. In welchem Maße wurde von dem mehrsprachigen Theorietest in der Vergangenheit Gebrauch gemacht (Anzahl der Prüfungen in Herkunftssprache, bitte mit Angaben zu Altergruppe, Geschlecht, Herkunftssprache, bestanden/nicht bestanden)?

5. Welche Lehrmaterialien, Übungsfragebogen etc. sind für Migrantinnen und Migranten in welchen Herkunftssprachen erhältlich?

6. Welche Erkenntnisse liegen über Schwierigkeiten und Probleme bei Sprachvermittlung im Rahmen von Führerscheinprüfungen in Bremen vor?

7. Welche Möglichkeiten sieht der Senat für das Bundesland Bremen, den Zugang zum Führerschein für Menschen mit Migrationshintergrund zu erleichtern bzw. sie beim Erwerb der Fahrerlaubnis zu unterstützen?

Dr. Zahra Mohammadzadeh, Ralf Saxe, Dr. Matthias Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Dazu Antwort des Senats vom 15. November 2011

1. Welche von Bremer Migrantinnen und Migranten in ihrem Herkunftsland erworbenen Führerscheine werden hier anerkannt und unter welchen Bedingungen?

Allgemeine Regelungen zur Anerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse

Die Anerkennung ausländischer Führerscheine werden in den §§ 28 ff. der Fahrerlaubnis-Verordnung geregelt. Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis dürfen gemäß § 29 Abs. 2 im Umfang ihrer Berechtigung im Inland Kraftfahrzeuge führen, wenn sie hier keinen ordentlichen Wohnsitz haben. Begründet der Inhaber einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erteilten Fahrerlaubnis einen ordentlichen Wohnsitz im Inland, richtet sich seine weitere Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 28 Begründet der Inhaber einer in einem anderen Staat erteilten Fahrerlaubnis einen ordentlichen Wohnsitz im Inland, besteht die Berechtigung noch sechs Monate nach Wohnsitznahme. Die Fahrerlaubnisbehörde kann die Frist auf Antrag bis zu sechs Monaten verlängern, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er seinen ordentlichen Wohnsitz nicht länger als zwölf Monate im Inland haben wird. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten.

Die ausländische Fahrerlaubnis ist durch Vorlage eines gültigen nationalen Führerscheins nachzuweisen. In der Regel ist eine Übersetzung mitzuführen.

Die Übersetzung muss von einem Berufskonsularbeamten oder Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland im Ausstellungsstaat beglaubigt oder von einem international anerkannten Automobilklub des Ausstellungsstaates oder einer vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bestimmten Stelle gefertigt sein.

Einschränkung der Fahrberechtigung mit einer ausländischen Fahrerlaubnis

Die Berechtigung mit einem ausländischen Führerschein ein Fahrzeug im Inland zu führen gilt nicht für Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse,

- die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind, oder

- die das für die Klassen B und BE vorgeschriebene Mindestalter noch nicht erreicht haben;

- die zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen eines Staates, der nicht ein Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten;

- die ausweislich des EU- oder EWR-Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat der Europäischen Union oder des Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben;

- denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem entzogen worden ist;

- denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder

- denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben;

- denen aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf oder solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen worden ist.

Regelungen für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen gemäß § 28 im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften der Anwendung.

Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus der Entscheidung vom 25. August 2008 der Kommission über Äquivalenzen zwischen bestimmten Führerscheinklassen (ABl. EU Nr. L 270 S. 31). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist.

Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E gelten auch für die entsprechenden EUund EWR-Fahrerlaubnisse.

Einschränkung der Fahrberechtigung mit einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis

Die Berechtigung im Inland ein Fahrzeug zu führen gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

- die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind;

- die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben;

- denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem entzogen worden ist;

- denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben oder

- denen aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf, solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen worden ist oder

- die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU-/EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren.

Umschreibung einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Beantragt der Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt oder berechtigt hat.