Finanzierung politischer Jugendorganisationen

Derzeit erleben wir leider überall in der Bundesrepublik Deutschland das Phänomen der Politikverdrossenheit, die sich gerade unter den jungen Menschen sehr stark ausgebreitet hat. Um die Situation hier in Hamburg besser einschätzen zu können, frage ich den Senat:

1. Wurden seit 1995 Jugendorganisationen politischer Parteien oder parteiunabhängige Jugendorganisationen mit politischer Zielsetzung in Hamburg mit öffentlichen Geldern gefördert?

a) Wenn ja: In welcher Höhe und wie aufgeschlüsselt?

Seit 1995 wurden keine Jugendorganisationen politischer Parteien gefördert. Parteiunabhängige Jugendorganisationen mit politischer Zielsetzung wurden, soweit sie anerkannte Jugendverbände sind, mit den in der Anlage aufgelisteten Beträgen gefördert.

1. b) Wenn die Förderung nicht mehr besteht: Warum wurde die Förderung eingestellt und wann?

Die Förderung der Mitgliedsverbände des Ringes Politischer Jugend wurde im Laufe des Jahres 1994 eingestellt.

Der Zusammenschluss der Jugendorganisationen der politischen Parteien war 1994 lediglich noch als Verteilungsinstitution für vorhandene Mittel und nicht mehr als Organisationsstruktur einer von den Jugendorganisationen der Parteien gemeinsam getragenen Angebotsebene der politischen Bildung tätig. Die Begründung der Förderungseinstellung leitete sich zum einen aus den verfassungsrechtlichen Bedenken ab, die ­ nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 9. April 1992, Az.: 2 BVE 2/89 ­ auch von den Landesrechnungshöfen der Länder geteilt wurden, dass mit der Förderung von Jugendorganisationen der politischen Parteien eine wirksame Abgrenzung zur Parteienfinanzierung nur schwer leistbar sei.

Daneben bestand die Einschätzung, dass bei aller Notwendigkeit außerschulischer politischer Jugendbildung die wesentlichen Träger dieses Bildungsauftrages im Bereich der Träger der Jugendhilfe insbesondere der Jugendverbandsarbeit zu finden sind und nicht bei Nachwuchsorganisationen der Parteien.

2. Wurden seit 1995 Jugendorganisationen politischer Parteien oder parteiunabhängige Jugendorganisationen mit politischer Zielrichtung in Hamburg über Vereine oder sonstige Zusammenschlüsse, insbesondere den Ring politischer Jugend (RPJ) oder den Landesjugendring, mit öffentlichen Geldern gefördert?

a) Wenn ja: In welcher Gesamthöhe wurde gefördert und wie wurden die Gelder auf einzelne Jugendorganisationen aufgeteilt?

Siehe Antwort zu 1. und 1. a).

2. b) Wenn die Förderung nicht mehr besteht: Warum wurde die Förderung eingestellt, hierbei interessiert besonders der Ring politischer Jugend?

Siehe Antwort zu 1.b).

3. Sieht der Senat es als wichtige Aufgabe an, die politischen Jugendorganisationen zu fördern?

Ja.

3. a) Wenn ja: Durch welche Maßnahmen will der Senat dies erreichen?

Die Förderung von politischen Jugendorganisationen, soweit es sich um anerkannte Jugendverbände handelt, ist weiterhin entsprechend ihren Aktivitäten vorgesehen.

3. b) Wenn nein: Wie soll die künftige Arbeit der politischen Jugendorganisationen nach Ansicht des Senats aussehen?

Entfällt.

4. Welche Konzepte verfolgt der Senat, um die allgemeine Politikverdrossenheit, die gerade bei jungen Menschen sehr verbreitet ist, zu bekämpfen?

5. Wie schätzt der Senat den Stellenwert von politischer Jugendarbeit in Hamburg ein?

Sowohl im schulischen wie auch im außerschulischen Bereich wird jungen Menschen vermittelt, wie gesellschaftliche Mitwirkungs- und Gestaltungsprozesse initiiert werden können. Die aktive Teilhabe an Entscheidungsprozessen auf verschiedensten Ebenen, das Aushandeln von Lösungsalternativen und der gestalterische Umgang mit Konflikten kann einen wesentlichen Beitrag zur Abwehr von Desinteresse und Politikverdrossenheit bilden.

Mit der Förderung von Jugendverbandsarbeit wird das Ziel verfolgt, die Entwicklung junger Menschen zu Selbstständigkeit, Selbstbestimmung, Selbstorganisation, Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung, Erwerb sozialer Kompetenz und sozialem Engagement zu fördern und so an der Interessenvertretung junger Menschen in der Öffentlichkeit mitzuwirken. Die Jugendverbände geben neben Familie, Schule und Berufsbildung jungen Menschen die Möglichkeit, eigene soziale Netze zu knüpfen und demokratische Verhaltensweisen zu entwickeln und einzuüben. Vergleichbare Beteiligungsformen gibt es auch im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit.

Die Schulen in Hamburg haben die Aufgabe, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen und ihre Bereitschaft zu stärken, an der Gestaltung einer der Humanität verpflichteten demokratischen Gesellschaft mitzuwirken.... Die Schule soll durch Vermittlung von Wissen und Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten die Entfaltung der Person und die Selbstständigkeit ihrer Entscheidungen und Handlungen so fördern, dass die Schülerinnen und Schüler aktiv am sozialen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, beruflichen, kulturellen und politischen Leben teilhaben können (Hamburgisches Schulgesetz § 2 Absätze 1 und 4). Diese Aufgabe besteht im besonderen Maße für die Fächer Geschichte/Politik (Haupt- und Realschule), Politik (Gesamtschule) und Sozialkunde/Berufsorientierung (Gymnasium). In den gültigen Lehrplänen und den in Arbeit befindlichen Rahmenplänen wird diese Aufgabe fachlich konkretisiert.

Die unterrichtliche Arbeit an den Schulen wird unterstützt durch die am Institut für Lehrerfortbildung eingerichtete Agentur pro:demokratie, durch die aktuelle Informationsangebote und Personen zu politischen, gesellschaftlichen und zeitgeschichtlichen Fragen an nachfragende Schulen vermittelt werden.

Die zuständige Behörde beteiligt sich an den Vorbereitungen zu dem Förderprogramm Demokratie lernen und leben der Bund/Länder-Kommission. In diesem Rahmen werden von ausgewählten Schulen Wege und Vorhaben entwickelt, bundesweit vernetzt und zentral evaluiert werden, mit denen die politische Bildung und die Beteiligung an öffentlichen Aufgaben gestärkt werden kann. Die Ergebnisse werden in die Arbeit der Schulen in Hamburg Eingang finden.

Alle Schulen mit Sekundarstufen I und II sind im Übrigen aufgefordert worden, die bevorstehende Bundestagswahl zum Anlass zu nehmen, die Bemühungen um die politische Bildung der Jugendlichen zu verstärken.

6. Wie unterscheidet sich die Situation Hamburgs von der der Nachbarländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowohl in finanzieller wie auch organisatorischer Sicht?

Im Gegensatz zur Hamburger Praxis wurden die politischen Jugendorganisationen Junge Union, Jungsozialisten, Grüne Jugend und Junge Linke (vorher Jungdemokraten) in Niedersachsen in den letzten Jahren wie folgt gefördert: 1999: 354 129,09 DM, 2000: 387 634,47 DM, 2001: 390 560,00 DM.

Für das Jahr 2002 ist ein Betrag in Höhe von 200000 E geplant. Die Mittel dienen der politischen Bewusstseinsbildung, wobei die Förderung von Parteiveranstaltungen ausgeschlossen ist. Die Unterstützung erfolgt für bestimmte Maßnahmen im Wege der Projektförderung. Es handelt sich um ca. 150

Veranstaltungen pro Jahr in jeweils unterschiedlicher Anzahl pro beteiligtem Verband.

In Schleswig-Holstein erhalten aus dem Bereich Jugendhilfe die Jugendorganisationen der Parteien keine Zuwendungen. Projektbezogene Angebote werden über die dortige Landeszentrale für politische Bildung gefördert. Über die Höhe der Förderung konnten in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit von dort keine weiteren Angaben gemacht werden.