Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Einrichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder

Der Senat überreicht der Bürgerschaft (Landtag) den Entwurf eines Gesetzes zu dem Staatsvertrag über die Einrichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder mit der Bitte um Beschlussfassung in erster und zweiter Lesung noch in der nächsten Sitzung.

Das Gesetz soll den von den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen abgeschlossenen Staatsvertrag über die Einrichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder, dem die Freie Hansestadt Bremen mit Erklärung vom 16. September 2011 beigetreten ist, ratifizieren.

Mit dem am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I, 2300 ff.) hat der Gesetzgeber unter den engen Voraussetzungen des § 68 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12, Satz 2 bis 4 die Möglichkeit geschaffen, bei Verurteilten, die nach ihrer Entlassung aus dem Straf- oder Maßregelvollzug unter Führungsaufsicht stehen, die elektronische Aufenthaltsüberwachung anzuordnen. Auf richterliche Weisung hat die betroffene Person die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.

Die elektronische Aufenthaltsüberwachung erfordert sowohl für die technische Verarbeitung der anfallenden Daten als auch für die fachliche Abklärung auflaufender Meldungen vor ihrer Weiterleitung an die Bewährungshilfe (Sozialen Dienste), die Führungsaufsichtsstelle oder die Polizei jeweils ein eigenständiges Monitoring. Dies muss angesichts der im Einzelfall bestehenden Notwendigkeit, schnell eingreifen zu können, rund um die Uhr besetzt sein. Aus Kostengründen, aber auch zur Gewährleistung einer einheitlichen Praxis in Umsetzung und Überwachung der Weisungen, soll das technische und fachliche Monitoring organisatorisch jeweils bundesweit bei einer Stelle konzentriert werden.

Das technische Monitoring und die Organisation des Anlegens der für die Überwachung erforderlichen Geräte soll die Hessische Zentrale für Datenverarbeitung (HZD) als Dienstleister für die hessische Justiz vornehmen. Für den Einsatz des Systems der elektronischen Aufenthaltsüberwachung außerhalb Hessens wird im Wege einer Verwaltungsvereinbarung ein Betriebs- und Nutzungsverbund unter dem Vorsitz des Landes Hessen gegründet, der an den zwischen dem Land Hessen und der HZD vereinbarten Leistungen und der Nutzung der Lizenzen teilnimmt.

Für das fachliche Monitoring soll eine Gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder (GÜL) eingerichtet werden. Zur Umsetzung ist der Abschluss eines Staatsvertrags erforderlich, weil die unmittelbare Kontaktaufnahme zu dem Verurteilten eine hoheitliche Aufgabe darstellt, die länderübergreifend nur dann wahrgenommen werden kann, wenn zuvor eine entsprechende Übertragung dieser Befugnis erfolgt ist.

Nach dem Königsteiner Schlüssel wird Bremen an den laufenden Kosten für die Personal- und Sachausstattung des technischen und des fachlichen Monitorings mit jährlich etwa 17 500 beteiligt sein. Hinzu kommen pro überwachter Person laufende Kosten von jährlich 2 784 (Gerätekosten, Gebühren für Ortungsdienste). ANLAGE 1

Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Einrichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder

Der Senat verkündet das nachstehende, von der Bürgerschaft (Landtag) beschlossene Gesetz:

Artikel 1:

Dem Beitritt der Freien Hansestadt Bremen vom 16. September 2011 zu dem von den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen unterzeichneten Staatsvertrag über die Einrichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder wird zugestimmt. Der Staatsvertrag wird nachstehend veröffentlicht.

Artikel 2:

(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

(2) Der Tag, an dem der Staatsvertrag nach seinem Artikel 9 Absatz 2 Satz 2 in Kraft tritt, ist im Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen bekannt zu geben.

ANLAGE 2

Begründung zum Vertragsgesetz

Zu Artikel 1:

Der zuletzt am 29. August 2011 unterzeichnete Staatsvertrag über die Einrichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder, dem Bremen durch Erklärung vom 16. September 2011 beigetreten ist, bedarf zu seiner Wirksamkeit in Bremen der Zustimmung der Bremischen Bürgerschaft und der Veröffentlichung im Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen.

Zu Artikel 2:

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten. Zugleich kann sie der Resozialisierung von Straffälligen dienen. Das System der elektronischen Aufenthaltsüberwachung ist keine Straftaten ausschließende Fesselung und ermöglicht nach der gesetzlichen Regelung auch keine anlassunabhängige permanente Echtzeitbeobachtung der Verurteilten. Daher ist sie kein Ersatz für eine geschlossene Unterbringung.

Für die Durchführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung ist eine Überwachungsstelle erforderlich, die eingehende Ereignismeldungen (beispielsweise über Weisungsverstöße oder Funktionsbeeinträchtigungen des Überwachungssystems) entgegennimmt und im Hinblick auf möglicherweise notwendige Maßnahmen der Gefahrenabwehr oder der Führungsaufsicht bewertet. Abhängig vom Ergebnis dieser Bewertung wird sie die jeweils zuständigen polizeilichen und justiziellen Stellen der Länder unterrichten oder eine Überprüfung der Funktion oder einen Austausch der Geräte bei der verurteilten Person veranlassen. Für diese Aufgaben soll eine gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder eingerichtet werden.

Bei der elektronischen Aufenthaltsüberwachung handelt es sich um eine Maßnahme der Führungsaufsicht, für die die Zuständigkeit bei den Ländern liegt.

II. Darüber hinaus kann die elektronische Aufenthaltsüberwachung ­ gegebenenfalls mit Einwilligung der überwachten Person ­ bei Außervollzugsetzung eines Haftbefehls, im Rahmen einer Bewährungsweisung, bei Gnadenerweisen, zur Vermeidung der Vollstreckung von kurzen Freiheitsstrafen oder von Ersatzfreiheitsstrafen, zur Überwachung vollzugsöffnender Maßnahmen oder im Rahmen der Führungsaufsicht in Fällen, die von § 68 b Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 des Strafgesetzbuchs nicht umfasst sind, eingesetzt werden. Es bleibt den einzelnen Ländern überlassen, inwieweit sie von diesen Einsatzmöglichkeiten Gebrauch machen. Für die Durchführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung zu diesen Zwecken können die betroffenen Länder der Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder zusätzlich Aufgaben übertragen.

III. Die Gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder arbeitet eng mit der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung (HZD) zusammen, die aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung der Länder über den Betrieb und die Nutzung eines Systems der elektronischen Aufenthaltsüberwachung vom 19. Mai 2011/29. August 2011 die Bereitstellung und den Betrieb eines technischen Systems zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung übernommen hat. Soweit Bestimmungen dieses Staatsvertrags einer Konkretisierung bei der Umsetzung bedürfen, wird auf Regelungen in der Verwaltungsvereinbarung der Länder ­ insbesondere zum eingerichteten Lenkungsausschuss und vorgesehenen Abstimmungsverfahren ­ zurückgegriffen.

Artikel 1:

Einrichtung der Gemeinsamen Stelle:

(1) Die vertragsschließenden Länder bilden eine gemeinsame Stelle zur Wahrnehmung einzelner Aufgaben der elektronischen Aufenthaltsüberwachung.

(2) Die gemeinsame Stelle ist bei der Gemeinsamen IT-Stelle der Hessischen Justiz (GIT) mit Sitz in Bad Vilbel angesiedelt. Die gemeinsame Stelle führt die Bezeichnung Gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder (GÜL).

Artikel 2:

Aufgaben und Befugnisse im Falle einer Weisung der Führungsaufsicht:

(1) Die Länder übertragen der GÜL die folgenden Aufgaben im Zusammenhang mit der elektronischen Überwachung des Aufenthaltsorts von verurteilten Personen, die der Führungsaufsicht unterstehen und denen eine Weisung nach § 68 b Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 des Strafgesetzbuchs auferlegt wurde:

1. die Entgegennahme und Bewertung eingehender Systemmeldungen über einen möglichen Verstoß gegen eine Weisung nach § 68 b Absatz 1 Satz 1 Nummern 1, 2 oder 12 des Strafgesetzbuchs oder über eine Beeinträchtigung der Datenerhebung;