Sportwetten weisen im Vergleich zu den Lotterien ein anderes Gefahrenpotenzial auf

Sie verbleibt daher weiterhin in staatlicher Hand, um wie bislang ein zuverlässiges, dank der konkreten Ausgestaltung wenig gefährliches Lotterieangebot zu gewährleisten. Um sich abzeichnenden Tendenzen zur Abwanderung in nicht erlaubte und somit nicht kontrollierte Angebote entgegenzuwirken, wie sie sich u.a. im Zulauf zu staatenübergreifenden Lotterien und zu im Ausland veranstalteten Wetten auf die Lotterien des DLTB zeigen, und um die Nachfrage dauerhaft und zukunftsfähig in Richtung des legalen Angebotes zu kanalisieren, erscheint es jedoch geboten, in Vertrieb und Angebot eine geeignete Alternative zum nicht erlaubten Glücksspiel zu schaffen. Daher wird das Internet wieder geöffnet. Damit soll für den Eigenvertrieb von Lotterien den illegalen Glücksspielangeboten im Internet eine legale, sichere und den Spieler- und Jugendschutz gewährleistende Alternative gegenüber gestellt werden. Bei diesen Modifikationen wird aber nach wie vor dem in Wissenschaft und Rechtsprechung anerkannten besonderen Gefährdungspotenzial des Internetglücksspiels Rechnung getragen. Dieses besteht in einem hohen Maß an Bequemlichkeit, einer zeitlich unbeschränkten Verfügbarkeit des Angebots, Effekten der Gewöhnung und Verharmlosung, einem im Vergleich zur Abgabe des Spielscheins in der Annahmestelle höheren Abstraktionsgrad sowie spezifischen Gefährdungen jugendlicher Spieler. Glücksspiele im Internet haben deshalb ein erheblich höheres Gefährdungspotenzial als traditionelle Vertriebskanäle und sind mit ihnen nicht austauschbar Urteil vom 30. Juni 2011, Rs. C-212/08 ­ Zeturf, Rn. 80 und 83). Unter Wahrung eines ordnungsrechtlichen Ansatzes wird daher für Lotterien im Internet ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt vorgesehen. Die Erlaubnisvoraussetzungen orientieren sich an der Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 die sich im Hinblick auf die Gewährleistung des Spieler- und Jugendschutzes bei Lotterien im Internet bewährt hat (vergleiche Evaluierungsbericht, Seite 75 f.) und vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden ist (vergleiche Beschluss vom 14. Oktober 2008, Az. 1 928/08). Durch hohe Standards zum Schutz der Verbraucher und von Minderjährigen wird dabei den mit dem Glücksspiel im Internet stets verbundenen besonderen Gefahren konsequent vorgebeugt.

4. Experimentierklausel mit Konzessionsmodell für Sportwetten

a) Sportwetten weisen im Vergleich zu den Lotterien ein anderes Gefahrenpotenzial auf: Von Manipulation bedroht ist bei ihnen weniger die Wettveranstaltung selbst als vorrangig das bewettete Ereignis. Allerdings können Sportwetten, vor allem dann, wenn sie als Live- oder Ereigniswetten angeboten werden, ein nicht unerhebliches Suchtpotenzial entwickeln, zumal die Spielteilnehmer ­ wie Untersuchungen zeigen ­ dazu neigen, den Einfluss ihrer Sachkenntnis auf den Spielerfolg zu überschätzen. Die Evaluierung belegt indes, dass es zuletzt kaum noch gelungen ist, die erhebliche Nachfrage in diesem Bereich auf das nach Angebot und Vertriebsweg eng begrenzte Sportwettangebot der staatlichen Veranstalter zu kanalisieren. Vielmehr hat sich, zu Lande wie im Internet, ein Schwarzmarkt herausgebildet, dessen Bekämpfung sich als schwierig erwiesen hat. Angesichts dieses umfangreichen Schwarzmarktes soll auf diesem Gebiet von dem bisherigen Veranstaltungsmonopol abgewichen werden. Stattdessen soll im Rahmen einer Experimentierklausel erprobt werden, durch ein kontrolliertes Angebot privater Konzessionäre, welche hohen Auflagen, staatlicher Kontrolle und einer Beschränkung ihres Produktportfolios unterliegen, den Schwarzmarkt zurückzuführen bzw. in ein legales Feld zu überführen. Eine solche Kanalisierung soll sowohl die vom Sportwettbetrug ausgehenden Gefahren für die Integrität sportlicher Wettbewerbe als auch die von der Spielteilnahme ausgehenden Risiken für den Verbraucher reduzieren. Da es somit um eine Kanalisierung, nicht aber um eine Ausweitung des Marktes, sowie um eine engmaschige Kontrolle geht, wäre es nicht vertretbar, diese Art des Glücksspiels dem freien Spiel der Kräfte des Marktes zu überlassen. Daher wird nur eine begrenzte Zahl von Anbietern zugelassen. Diese können zum einen über ein Vertriebsnetz von Wettvermittlungsstellen tätig werden, zum anderen unter besonderen Voraussetzungen auch im Internet. Dabei ist ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt vorgesehen, wobei die Öffnung des Internets wegen der mit ihm verbundenen spezifischen Gefahren wiederum nur unter besonderen Schutzvorkehrungen vertretbar erscheint.

b) Die Limitierung der Zahl der Anbieter ist ein bekanntes und bewährtes Instrument im Glücksspielrecht vieler Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Neben den staatlichen Monopolen sind Einer-Konzessionen (wie bei der National Lottery in Großbritannien) und eine begrenzte Anzahl von Konzessionen (wie bei den Spielbanken in Österreich), die privaten Anbietern offenstehen, seit ist deshalb von den Wissenschaftlern sogar die Konzession begrifflich als System definiert worden, in dem eine im Voraus zahlenmäßig beschränkte Menge an Lizenzen für die Erbringung von Glücksspieldienstleistungen im entsprechenden Marktsegment erteilt und die Erbringung solcher Dienstleistungen ohne Lizenzen gesetzlich verboten wird (International vergleichende Analyse des Glücksspielwesens, Teil I, I.3.1 ­ siehe auch die Länderdarstellungen in Teil II).

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union steht es einem Mitgliedstaat, der das Ziel verfolgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern, u. a. grundsätzlich frei, eine Erlaubnisregelung zu schaffen und dabei Beschränkungen in Bezug auf die Zahl der zugelassenen Veranstalter vorzusehen (vergleiche Urteil vom 8. September 2010, Rs. C-46/08 ­ Carmen Media, Rn. 84 unter Verweis auf Urteil vom 6. März 2007, Rs. C-338/04 u. a. ­ Placanica u. a., Rn. 53; Urteil vom 30. Juni 2011, Rs. C-212/08 ­ Zeturf, Rn. 41 f.).

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Urteilen vom 24. November 2010

(Az. 8 C 13/09, Rn. 62 und 15/09, Rn. 70) hervorgehoben, dass der Gerichtshof der Europäischen Union damit ein Konzessionssystem (hier für Sportwetten) behandelt; die Grundentscheidung, ob es zur Erreichung der verfolgten Gemeinwohlziele besser ist, ein Staatsmonopol für bestimmte Glücksspiele (etwa Sportwetten und Lotterien) vorzusehen oder aber stattdessen private Anbieter zu konzessionieren und mit den erforderlichen Auflagen zuzulassen, liege allein im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaates (a. a. O., m. w. Nachw.). Da unter bestimmten Voraussetzungen ein staatliches Monopol verfassungs- und europarechtskonform ist, ist die rechtsnormative Verknappung des Wettangebotes durch Limitierung der Zahl der Anbieter erst recht zulässig, zumal damit ein begrenzter privater Wettbewerb eröffnet wird (vergleiche von Mutius, Rechtsgutachten zu den verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben sowie der verwaltungs- und abgabenrechtlichen Ausgestaltung einer rechtsnormativ begrenzten und gesteuerten Teilliberalisierung des Sportwettenmarktes, erstattet im Auftrag des Deutschen Buchmacherverbandes, Juni 2007, Seite 28 f.; vergleiche zu dieser Überlegung auch Urteil vom 3. Juni 2010, Rs. C-203/08 ­ Sporting Exchange, Rn. 58).

Das Ziel, die Gelegenheit zum Spiel zu vermindern, als auch das Ziel, dadurch Straftaten vorzubeugen, dass die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer einer Kontrolle unterworfen und Glücksspieltätigkeiten in Bahnen gelenkt werden, die diesen Kontrollen unterliegen, können eine zahlenmäßige Begrenzung von Konzessionen rechtfertigen Urteil vom 6. März 2007, Rs. C-338/04 ­ Placanica u. a., Rn. 52; Urteil vom 3. Juni 2010, Rs. C-203/08 ­ Sporting Exchange, Rn. 58; Urteil vom 8. September 2010, Rs. C-46/08 ­ Carmen Media, Rn. 84). Werden vom Mitgliedstaat mit der Beschränkung mehrere legitime Ziele verfolgt, sind diese in ihrer Gesamtheit zu würdigen Urteil vom 21. Oktober 1999, Rs. C-67/98 ­ Zenatti, Rn. 35; Urteil vom 3. Juni 2010, Rs. C-258/08 ­ Ladbrokes, Rn. 26). Die in § 4 a Abs. 3 generell vorgeschriebene Begrenzung der Zahl der Konzessionen stellt vor diesem Hintergrund eine zulässige Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs (Artikel 56 AEUV) dar.

c) Mit der Experimentierklausel soll zeitlich und im Umfang begrenzt der Markt durch die Erteilung von Konzessionen für private Sportwettveranstalter geöffnet werden (§ 10a Absatz 1 bis 3 Die Angebote der Konzessionsnehmer werden die Anforderungen des Glückspielstaatsvertrages zur Prävention und Bekämpfung von Wettsucht (§ 1 Satz 1 Nr. 1 sowie zum Spieler- und Jugendschutz (§ 1 Satz 1 Nr. 3 zu erfüllen haben. Die konzessionierten Wettveranstalter sollen für die Spieler geeignete legale Alternativen zum nicht erlaubten Glücksspiel schaffen, die im Umfang den festgestellten Schwarzmarkt abbilden. Ziel ist die Lenkung der Spiellust in rechtmäßige Bahnen, die Begrenzung der Zahl der Konzessionen verhindert eine Gewinnmaximierung um jeden Preis. Am Ziel der Begrenzung des tatsächlichen (legalen und illegalen) Glücksspielangebotes wird so festgehalten (§ 1 Satz 1 Nr. 2 Im Übrigen trägt die Konzessionierung einer begrenzten Zahl von Wettveranstaltern zur Abwehr von Kriminalitäts- und Betrugsgefahren (§ 1 Satz 1 Nr. 4 und 5 bei, weil ein hohes Interesse der Konzessionsnehmer an einer legalen, unbeanstandeten Tätigkeit vorausgesetzt und eine effektive Überwachung leichter ins Werk gesetzt werden kann. Die begrenzte Zahl der Konzessionen ermöglicht es außerdem, im Konzessionsverfahren die Bewerber genau zu prüfen und dabei zahlreiche Erkenntnisse, auch der Sicherheitsbehörden, einzubeziehen. Damit wird der präventive Schutz vor kriminellen Strukturen im Markt deutlich besser zu gewährleisten sein als bei einem Erlaubnissystem, bei dem die große Zahl der Bewerber faktisch nicht in dieser Weise überprüft werden kann.

Nach § 10 a soll für einen Zeitraum von sieben Jahren anstelle des Wettmonopols ein Konzessionssystem mit länderübergreifend 20 Sportwettkonzessionen erprobt werden, die nach Durchführung eines unionsweiten Auswahlverfahrens erteilt werden. § 10 a wird bewusst nicht als endgültige Regelung, sondern zunächst nur als Experimentierklausel formuliert. Dieses Vorgehen, zunächst in einer befristeten Erprobung Erfahrungen zu sammeln und die Ergebnisse der probeweisen Öffnung systematisch zu beobachten und auszuwerten, um auf dieser Grundlage dauerhafte normative Entscheidungen treffen zu können, erscheint angesichts des raschen technischen, wirtschaftlichen und sozialen Wandels, der bei den Wetten und anderen Glücksspielen im Internet in Deutschland wie in den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu verzeichnen ist, sinnvoll und geboten (vergleiche Urteil vom 24. Oktober 2002, Az. 2 1/01, Rn. 381; Urteil vom 21. November 1986, 39, 96/142 f., 152; Entscheidung vom 15. November 2006, 59, 219/228 ff.; Entscheidung vom 22. September 2008, Az. Vf. 9-VII-07). Während der Phase von sieben Jahren soll erprobt werden, ob die Konzessionsregelung für den Bereich der Sportwetten angemessen und tauglich ist, die Ziele des § 1 einer Regulierung und Begrenzung des Angebots zum Schutz der Spieler und der Allgemeinheit vor den Gefahren des Glücksspiels besser zu erreichen. Um feststellen zu können, ob sich die Regelung bewährt, und um gegebenenfalls nachjustieren zu können, soll das Konzessionsmodell für Sportwetten bei der Evaluierung des Staatsvertrages in besonderem Maß betrachtet werden; ein zusammenfassender Bericht ist fünf Jahre nach Inkrafttreten vorzulegen (§ 32 Die Experimentierklausel legt dabei auch in der Festlegung der Höchstzahl der Konzessionen die Ergebnisse der Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrags gemäß § 27 und die Erkenntnisse der Glücksspielaufsichtsbehörden aus dem Vollzug des Staatsvertrages zugrunde. So wird im Evaluierungsbericht darauf hingewiesen, dass sich neben dem legalen Glücksspielbereich in den letzten Jahren ein erheblicher illegaler Glücksspielmarkt etabliert hat (vergleiche Evaluierungsbericht, Seite 87 ff.). Die obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder gehen dabei in Bewertung der verschiedenen privaten Studien zum Umfang dieses Schwarzmarktes davon aus, dass hinsichtlich des illegalen Sportwettenangebots ein Volumen von mindestens 2,7 Mrd. als realistisch erachtet werden muss (a. a. O., Seite 91). Davon dürften 1,1 Mrd. in den bei einer Erhebung der Aufsichtsbehörden im zweiten Quartal 2010 festgestellten ca. 2 000 illegalen Wettshops (a. a. O., Seite 90) erwirtschaftet werden, während 1,6 Mrd. auf die illegalen Wettangebote im Internet entfallen.

Nachdem das Ziel der konzessionierten Öffnung der Sportwetten nicht eine Expansion des Wettmarktes, sondern vielmehr die Bekämpfung des entstandenen Schwarzmarktes ist, ohne das Ziel der strikten Regulierung des Glückspiels zum Schutz der Spieler und der Allgemeinheit und das Instrument des staatlichen Monopols grundsätzlich in Frage zu stellen, soll die konzessionierte Öffnung im Maß und Umfang auf das beschränkt werden, was angesichts des festgestellten Schwarzmarktes und unter Berücksichtigung des bereits bestehenden erlaubten Angebots der staatlichen Lotteriegesellschaften erforderlich ist. Die Höchstzahl der Konzessionen wird deshalb auf 20 begrenzt.

Innerhalb der Experimentierphase soll die Kanalisierungswirkung durch die Lenkung der Nachfrage in rechtmäßige Bahnen getestet, eine Expansion des Angebots in Anbetracht der weiteren Ziele des Staatsvertrages jedoch vermieden werden. Angesichts dessen ist nach der Einschätzung der vertragsschließenden Länder, die hier maßgeblich zum Tragen kommt (vergleiche zum insoweit eröffneten Ermessen Abschnitt A.II.4.b), für die Erteilung von mehr als 20

Konzessionen kein Raum. Bislang wird der ganz überwiegende Teil des Marktvolumens der Online-Wettanbieter von einer überschaubaren Zahl ­ illegal tätiger ­ Unternehmen generiert (vergleiche Evaluierungsbericht, Seite 87 ff.).