Prävention als polizeiliche Aufgabe

Betreff: Prävention als polizeiliche Aufgabe. Vorrangige Aufgabe des Staates ist es in der Kriminalpolitik, Straftaten zu verhüten (Prävention) und begangene Straftaten zu verfolgen (Repression). Dem Grundsatz Straftaten nicht begehen zu lassen ist besser als Täter später verfolgen zu müssen folgend, besaß die Prävention in der Hamburger Polizei eine hohe Bedeutung.

Für die konkrete Arbeit unserer Polizei ergaben sich hieraus folgende Konsequenzen:

­ Ein Schwerpunkt der Polizeiarbeit lag in der Gewährleistung der Präsenz vor Ort und in der Bürgernähe unserer Polizei. Denn sichtbare Präsenz unserer Polizei auf den Straßen und den Plätzen unserer Stadt gehört unabdingbar zu einer wirksamen Prävention.

­ Voraussetzung für eine wirksame Kriminalitätsvorbeugung ist eine umfassende Information und Aufklärung der Menschen in unserer Stadt, wie sie sich effektiv vor Straftaten schützen können. Das direkte Gespräch mit den Menschen war hierbei ein wesentliches Element der Polizeiarbeit.

­ Präventionsmaßnahmen wurden über Aktionen wie beispielsweise Wer nichts tut, macht mit! auch über Massenmedien vermittelt.

­ Prävention muss an den Ursachen orientiert sein. Kriminalität muss dort bekämpft werden, wo sie entsteht, begünstigt oder gefördert wird. Ein zentraler Ansatz liegt deshalb insbesondere in der Vernetzung und der Zusammenarbeit aller Beteiligten ­ in verschiedenen Formen und auf unterschiedlichen Ebenen, insbesondere auf der Ebene der Stadtteile.

Eine starke Rolle spielten in der Vergangenheit hierbei die so genannten Sicherheitspartnerschaften und Sicherheitskonferenzen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat.

Ziel des Senats ist es, die Kriminalität wirkungsvoll zu bekämpfen und damit die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg deutlich zu verbessern. Der Senat verfolgt hierzu eine Linie konsequenter Durchsetzung der zum Schutz der Bevölkerung erlassenen Gesetze und Verordnungen. Aufgrund der Situation zu Beginn der 17. Legislaturperiode hat der Senat besondere Prioritäten im Bereich der Bekämpfung der offenen Drogenszene, der (Jugend-)Gewaltkriminalität und des Terrorismus gesetzt. Der besonderen Prioritätensetzung des Senats der öffentlichen Sicherheit entspricht die Zuweisung von zusätzlich rund 18 Millionen EUR im Haushaltsjahr 2002 an die Behörde für Inneres, mit denen 530 zusätzliche Einstellungen in den Polizeidienst und 15 Einstellungen für den Verfassungsschutz sowie eine Verbesserung der technischen Ausstattung der Polizei ermöglicht wurden.

Zur Stärkung der öffentlichen Sicherheit gewährleistet der Senat eine stringente und einer einheitlichen Zielsetzung verpflichtete Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung aller beteiligten Behörden bei der Lösung von Kriminalitätsproblemen. Polizeiliche Kriminalprävention ist daher als Teil eines übergreifenden Maßnahmenansatzes anzusehen.

Maßnahmen zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sind wirkungs- und problemorientiert zu treffen. Über repressive und präventive Maßnahmenansätze ist entsprechend dieser Maßgabe zu entscheiden. Für den repressiven Bereich hat der Senat verdeutlicht, dass Straftaten unter Ausnutzung aller rechtlichen Möglichkeiten entschieden begegnet wird. Entsprechend wird derzeit im Prioritätsbereich der Bekämpfung offener Drogenszenen unter Anwendung der strafprozessualen und ausländerrechtlichen Möglichkeiten konsequent gegen Drogendealer vorgegangen.

Die bisherigen Erfolge bestätigen diesen wirkungsorientierten Ansatz. Auszugehen ist dabei davon, dass eine wirkungsvolle, schnelle und angemessene Verfolgung von Normverstößen im Sinne von Normverdeutlichung auch eine generalpräventive Wirkung entfaltet und zur Sicherung des Friedens in der Gesellschaft beiträgt.

Präventive Maßnahmenansätze werden wirkungs- und problemorientiert in behördenübergreifendem Zusammenwirken entwickelt und umgesetzt. Die bisherigen Maßnahmen und Formen der Präventionsarbeit, beispielsweise im Bereich der Bekämpfung der Jugendkriminalität oder der Sicherheitspartnerschaften und Sicherheitskonferenzen, werden derzeit hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und des bisherigen Zusammenwirkens der beteiligten Behörden überprüft. Abschließende Ergebnisse liegen noch nicht vor.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

I. Prävention

11. Wo liegen aus Sicht des Senates gegenwärtig die Schwerpunkte in der polizeilichen Kriminalprävention?

Schwerpunkte der polizeilichen Kriminalprävention liegen aktuell in den Bereichen:

­ Prävention von Jugenddelinquenz, insbesondere Gewalt unter Kindern und Jugendlichen sowie Gewaltausübung durch diese;

­ bei Maßnahmen gegen die häusliche Gewalt, hier insbesondere die Förderung der Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes;

­ in der individuellen Beratung von Bürgerinnen und Bürgern zu Fragen der Prävention von Straftaten im Wohnumfeld und im sozialen Nahfeld;

­ im Ausbau der Zusammenarbeit mit Organisationen und Verbänden der Wirtschaft unter dem Tenor Sicherheit als wirtschaftlicher Standortfaktor;

­ in der Vernetzung von polizeilichen Aktivitäten mit denen anderer Behörden und gesellschaftlichen Verantwortungsträgern, insbesondere in Form von Aktivitäten in den verschiedensten regionalen und überregionalen Gremien.

12. Welche (flächendeckenden, stadtteil- oder ggf. zielgruppenorientierten) Schritte haben der derzeitige Senat oder einzelne Behörden zur vorbeugenden Kriminalitätsbekämpfung eingeleitet, und wo sieht er ggf. Möglichkeiten, diese Maßnahmen weiter zu intensivieren, z. B. in den Bereichen der Kriminalität von Kindern und Jugendlichen und Kriminalität zum Nachteil von Seniorinnen und Senioren?

Der Senat hat mit dem Anti-Graffiti-Programm eine Initiative ergriffen, die darauf abzielt, die Verschmutzung im Stadtbild durch illegale Graffiti zu reduzieren und so unter anderem das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu verbessern. Verbunden ist damit die kriminalpräventive Wirkung, dass Sprayern der Erfolg ihres kriminellen Handelns, der in einer langandauernden öffentlichen Sichtbarkeit ihres Graffitos liegt, genommen wird.

Im Rahmen eines Arbeitskreis Gewaltprävention sind in der Behörde für Bildung und Sport (BBS) konkrete Handlungsvorschläge für mehr Sicherheit und Gewaltprävention erarbeitet worden.

Die wichtigsten Handlungsvorschläge sind:

1. Die BBS wird bei der Novellierung des Hamburgischen Schulgesetzes in § 49 die Handlungsmöglichkeiten der Lehrkräfte stärken. Im Zuge der anstehenden Novellierung wird auch das Mitbringen gefährlicher Gegenstände verboten werden. Die Schulen sollen dieses Waffenverbot in ihren Hausordnungen jeweils aktualisieren und präzisieren.

2. Die Eltern werden bei der Wahrnehmung ihres Erziehungsauftrages stärker unterstützt. Die BBS wird die Eltern durch Handreichungen für schulinterne Fortbildungsangebote an der Schnittstelle Elternhaus/Schule unterstützen. Ziel sind z. B. die Durchführung von problemorientierten Elternabenden zur Medienerziehung zum Thema Gewalt im Fernsehen oder Reaktion auf gewaltorientierte Computerspiele.

3. Sowohl die Lehrerbildung als auch die Fortbildung wird erheblich verbessert: Das staatliche Studienseminar wird Gewaltprävention und Konfliktmanagement in das Curriculum aufnehmen, das Institut für Lehrerfortbildung wird in Zukunft auch Krisenintervention und Konfliktmanagement als schulform- und schülergruppengerechte Fortbildung anbieten. Neu werden auch Schulungsangebote für Hausmeister und Schulsekretärinnen für den Umgang mit Krisen und in der Konfliktschlichtung sein.

4. Die Zusammenarbeit von Schule, Jugendhilfe und Polizei wird weiter optimiert. Die BBS wird noch vor Beginn des Schuljahres 2002/2003 nach Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten durch eine Ergänzung der Dienstanweisung für Lehrer sicherstellen, dass auch die Eltern volljähriger Schülerinnen und Schüler über wichtige Ereignisse im Schulleben, insbesondere förmliche Ordnungsmaßnahmen oder einen Schulabbruch, informiert werden, wenn die Schülerin bzw. der Schüler nicht ausdrücklich widerspricht.

Im Übrigen wird zu laufenden Projekten und Handlungsfeldern auch auf die Drucksachen 17/74

(Gefangene helfen Jugendlichen) und 17/1006 (Streitschlichterprogramme an Hamburgs Schulen) verwiesen.

Weitere Schritte des Senats befinden sich zurzeit in der Vorbereitung. Über Inhalte und Umsetzung ist noch nicht entschieden.

I. 13. Teilt der Senat die Auffassung, dass die Innenbehörde für die Repression, die Schulbehörde für die Prävention, die Gesundheitsbehörde für die Nachsorge zuständig sei?

Nein, siehe Vorbemerkung.

14. Gibt es ein Senatskonzept, nach dem die Aufgaben wie unter 3. beschrieben verteilt sind?

Nein.

14.1. Wenn ja, wie sieht dieses Konzept aus?

14.2. Wann hat der Senat dieses Konzept beschlossen?

Entfällt.

14.3. Wenn nein, wie ist die Aufgabenverteilung innerhalb des Senats bzw. unter den Fachbehörden und Bezirken?

Siehe Vorbemerkung.

14.4. Wofür ist die Behörde für Soziales und Familie in diesem Zusammenhang zuständig, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Familie nach den Aussagen des Senats gestärkt werden soll, um Kriminalität vorzubeugen?

Die Behörde für Soziales und Familie ist für familienunterstützende Hilfen zuständig, die in den Rahmen einer sozialräumlich orientierten Jugendhilfe eingebettet sein sollen (vgl. hierzu auch den Beschluss der Bürgerschaft zur Drucksache 17/664). Im Übrigen siehe Antwort zu I.2.

15. Wie viele Polizeibeamte sind an welchen Dienststellen speziell mit Präventionsaufgaben welcher Art betraut?

Prävention ist als gesamtpolizeilicher Auftrag Aufgabe eines jeden Polizeibeamten und jeder Polizeidienststelle. Die Aufgabenwahrnehmung ist jedoch nicht an feste Organisationsformen gebunden. Sie bedarf der ständigen Überprüfung und Weiterentwicklung.

Darüber hinaus sind speziell für Präventionsaufgaben ausgebildete Polizeibeamtinnen und -beamte in folgenden Bereichen tätig:

15.1. Wie viele Jugendbeauftragte sind derzeit in den Polizeidirektionen tätig? Schließt der Senat aus, ihre Zahl zu reduzieren, und, wenn nein, weshalb nicht?

Die von den Jugendbeauftragten wahrgenommenen Aufgaben sind Gegenstand einer gesamtpolizeilichen sich entwickelnden Konzeption der Bekämpfung der Jugenddelinquenz entsprechend den gesetzten Prioritäten des Senates. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

15.2. Wann ist mit der Benennung der vom Senat angekündigten Schülernahen Beamten zu rechnen? Welche Aufgaben sollen diese Polizeibeamtinnen und -beamten konkret wahrnehmen und wie werden sie hierauf vorbereitet? Handelt es sich bei den um bisherige deren Aufgaben erweitert werden?

Die zuständige Behörde wird in Abstimmung mit der Polizei für die Schulen feste orts-, personen- und milieukundige Ansprechpartner für aktuelle Konfliktlagen benennen. Diese werden, sofern sie nicht selbst tätig werden, andere Dienststellen bzw. Institutionen einschalten und getroffene Maßnahmen begleiten. Die Entscheidung darüber, welche Beamtinnen und Beamte diese Funktion wahrnehmen und wie sie auf diese Aufgabe vorbereitet werden, erfolgt nach Absprache der zuständigen Behörden.