Anerkennung deutscher Berufsbildungsabschlüsse in Europa

Die gegenseitige Anerkennung von Bildungsabschlüssen ist eine wichtige Voraussetzung für die Mobilität der Arbeitnehmer/innen und damit für das Funktionieren des europäischen Arbeitsmarktes.

Ein Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (KOM 2002/119) soll diesbezüglich die Transparenz verbessern.

Artikel 11 des Entwurfes sieht die Schaffung von fünf Berufsqualifikationsstufen vor. Dabei sollen die deutschen Berufsbildungsabschlüsse in die zweitniedrigste Stufe und damit deutlich unter ihrem Niveau eingeordnet werden. Die Einführung dieser Stufen sowie die Einordnung deutscher Berufsbildungsabschlüsse in diese Stufen ist auf massiven Protest des Bundesinstituts für Berufsbildung als auch der Beauftragten der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der Länder im Hauptausschuss des gestoßen.

Die Richtlinie wird im Verfahren der Mitentscheidung derzeit im Europäischen Parlament beraten.

Ich frage den Senat:

1. a) Teilt der Senat die Kritik an dem Richtlinienentwurf?

b) Wie beurteilt der Senat das Vorhaben der Richtlinie, die an die Stelle von bisher 15 Einzelrichtlinien treten soll?

Ja. Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (KOM 2002 119) geht inhaltlich über das an sich begrüßenswerte Ziel der Konsolidierung und Vereinfachung der bestehenden Regelungen weit hinaus. Die vorgesehene Zuordnung der dualen und auch vollzeitschulischen Berufsbildung zur zweiten Niveaustufe ist nicht sachgerecht.

Abschlüsse der beruflichen Erstausbildung müssen der Stufe 3 sowie weiterführende Abschlüsse auf der Ebene von Meistern, Fachwirten, Fachkaufleuten und Technikern der Stufe 4 zugeordnet werden.

Sachlich ebenfalls entbehrlich ist die vorgesehene Niveaudifferenzierung unter den Hochschulabschlüssen; hier sollte vielmehr die geltende Hochschuldiplom-Richtlinie 89/48 (EWG) beibehalten werden, die einheitlich von einem Hochschulstudium mit einer Ausbildungsdauer von mindestens drei Jahren ausgeht.

Diese Bedenken hat der Bundesrat in einer Entschließung vom 12. Juli 2002 thematisiert und die Bundesregierung gebeten, sich bei den Beratungen des Richtlinienvorschlags für entsprechende Änderungen einzusetzen.

2. Welche Folgen hätte die Einführung der vorgesehenen Berufsqualifikationsstufen und die vorgeschlagene Einstufung für den Hamburger Ausbildungs- und Arbeitsmarkt?

Die Konsequenzen für den regionalen Hamburger Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sind eher gering einzuschätzen, da der hohe Stellenwert deutscher Bildungsabschlüsse für das Einstellungsverhalten Hamburger Arbeitgeber durch die genannte Richtlinie nicht berührt werden dürfte.

3. Sieht der Senat Länderkompetenzen berührt?

Gesetzgebungsbefugnisse der Länder sind im Schwerpunkt nicht betroffen, da die reglementierten Berufe ­ mit Ausnahme z. B. der Lehrer und Architekten ­ durch Bundesrecht geregelt sind. Auch sind Verwaltungsverfahren der Länder in der Richtlinie nicht geregelt.

4. Welche Möglichkeiten der Einflussnahme bieten sich dem Senat auf nationaler und europäischer Ebene, um zu gewährleisten, dass deutsche Berufsbildungsabschlüsse bei der gegenseitigen Anerkennung in Zukunft nicht schlechter gestellt werden? Europäische Richtlinien werden in aller Regel ins Bundesratsverfahren eingeführt. In diesem Rahmen kann der Senat die hamburgische Position einbringen. Zudem besteht die Möglichkeit, in den zuständigen überregionalen Gremien (z.B. die Kultusministerkonferenz) den Hamburger Standpunkt geltend zu machen.

5. Hat sich der Bundesrat mit dieser Angelegenheit befasst? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Siehe Antwort zu 1.