Fürsorge, Verantwortung und Schutz für Kinder und minderjährige Jugendliche

Die Erziehung, Pflege und der Schutz ihrer minderjährigen Kinder ist nicht nur das natürliche Recht der Eltern, es ist auch ihre gesetzlich festgeschriebene Pflicht gegenüber ihren Kindern.

Kommen Eltern diesen Aufgaben nicht nach, unabhängig davon, ob verschuldet oder unverschuldet, und ergibt sich daraus eine konkrete Gefährdung der Kinder, hat der Staat sein Wächteramt zu erfüllen und zum Wohl des Kindes zu intervenieren, so der §1666 BGB.

Unter der konkreten Gefährdung des Kindeswohls wird in der heutigen Rechtspraxis verstanden: 1. Vernachlässigung in physischer und psychischer Hinsicht, 2. körperliche Misshandlung, 3. seelische Misshandlung, 4. schwerwiegende Beschränkungen von autonomen Entscheidungen und Lebensentwürfen Jugendlicher, 5. sexueller Missbrauch, 6. schwerwiegende Konflikte zwischen den sorgeberechtigten Eltern und den Erwachsenen, bei denen das Kind aufwächst, z. B. die Groß- oder Pflegeeltern.

Der Staat kann über eine gerichtliche Entscheidung intervenieren und die sorgeberechtigten Eltern ermahnen, mit ihnen Vereinbarungen absprechen, Auflagen oktroyieren. Des Weiteren kann das Gericht auch festlegen, dass notwendige Zustimmungserklärungen der Eltern (z.B. für Operationen) vom Gericht getroffen werden können. Die Gerichte können darüber hinaus das Aufenthaltsbestimmungsrecht an einen Vormund delegieren und, als letzten und schwersten Schritt, den Eltern das Sorgerecht aberkennen.

Kinder und Jugendliche brauchen ihre Eltern. Sie fühlen sich ihnen eng verbunden, oft auch dann, wenn ihre Beziehung durch Vernachlässigung und Gewalt geprägt ist. Der notwendige Schutz der Kinder bedeutet deshalb immer auch die Förderung der Eltern in ihrer Erziehungsfähigkeit, in der Alltagsbewältigung und in dem verantwortungsvollen Austragen von familiären Konflikten. Familienförderung und die Hilfen zur Erziehung sind hier die wichtigsten Instrumente.

Nicht in allen Fällen gelingt es, die Eltern zu einem nicht gefährdenden Umgang mit ihren Kindern zu bewegen. Im Jahr 1999 wurde bei 435 Kindern der Entzug des elterlichen Sorgerechtes bei den Familiengerichten beantragt. Bei 333 Kindern kamen die Gerichte diesen Anträgen nach. Bei zwölf von 10000 Hamburger Kindern hat damit das Familiengericht den Eltern das Sorgerecht ganz oder teilweise entzogen. Das Jugendamt übernahm bei 211 Kindern die elterliche Sorge (Statistische Ämter der Länder; Statistisches Bundesamt: Berechnung des IJF Instituts für Jugendforschung).

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat.

Die Erhebung der statistischen Verfahrensdaten im Geschäftsbereich der Justiz erfolgt aufgrund einer bundeseinheitlich vereinbarten Zählkartenstatistik, in der die zu erhebenden Merkmale festgelegt sind.

Die in der Großen Anfrage geforderten Daten werden im Rahmen der zuvor erwähnten Zählkartenstatistik nicht erhoben. Anderes statistisches Material liegt nicht vor.

Zur Ermittlung dieser Daten müssten die Akten aller Familiengerichte Hamburgs aus den entsprechenden Jahren ausgewertet werden. Dies wäre mit einem immensen Aufwand verbunden und kann weder mit den vorhandenen personellen Kapazitäten noch in der selbst für eine Große Anfrage vorgegebenen Zeit geleistet werden.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. Wie viele gerichtliche Weisungen und Auflagen zur Wahrnehmung der elterlichen Sorge sind vom Familiengericht in den Jahren 1999, 2000 und 2001 verfügt worden? Bitte gerichtliche Weisungen und Auflagen getrennt ausweisen.

2. Wie viele Abmahnungen wegen (fortgesetzter) Missachtung von Weisungen und Auflagen zur Wahrnehmung der elterlichen Sorge hat es von Seiten des Familiengerichts in den Jahren 1999, 2000 und 2001 gegeben? Bitte auflisten nach einzelnen Abmahnungsformen.

3. Wie viele Ermahnungen haben die Familiengerichte in diesem Zeitraum gegen die Eltern ausgesprochen?

4. In wie vielen Fällen wurden 1999, 2000 und 2001 vom Familiengericht Elternerklärungen ersetzt?

Siehe Vorbemerkung.

5. Wie viele Anträge auf Entziehung der elterlichen Sorge wurden vom Familiengericht in den Jahren 1999, 2000 und 2001 gestellt und wie viele wurden bewilligt? Bitte nach Altersstufen und Geschlecht aufschlüsseln.

Die erfragten Fallzahlen ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle; altersspezifische Daten werden nicht erhoben.

Die Daten sind den Geschäftsstatistiken entnommen, wo sie je nach Antrags- bzw. Entscheidungsdatum einem Kalenderjahr zugeordnet werden. Insofern sind die in der Antrags- und Maßnahme-Spalte genannten Fälle nicht in jedem Fall identisch.

6. Wie viele Anträge auf Entziehung der elterlichen Sorge wurden in diesen Jahren in vergleichbaren Großstädten, wie Berlin, Frankfurt, München und Köln, gestellt und wie viele wurden bewilligt? Bitte nach Altersstufen und Geschlecht auflisten.

Die erfragten Daten liegen nur zum Teil vor. Sie sind in der nachfolgenden Übersicht wiedergegeben.

7. In wie vielen Fällen gingen den familiengerichtlichen Beschlüssen Maßnahmen der Erziehungshilfen voran und welche waren diese?

8. In wie vielen Fällen waren 1999, 2000 und 2001 die Kinder und Jugendlichen zum Zeitpunkt der Sorgerechtsentziehung in einer Lebensort ersetzenden Erziehungshilfe untergebracht?

In wie vielen Fällen wurde hier das Aufenthaltsbestimmungsrecht an das Jugendamt übertragen?

In wie vielen Fällen wurde hier das elterliche Sorgerecht an das Jugendamt übertragen?

Hierüber werden keine Statistiken geführt. Die Angaben können in der für die Beantwortung einer Großen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelt werden.

9. In wie vielen Fällen wurden 1999, 2000 und 2001 das elterliche Sorgerecht und das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen wegen

a) körperlicher Misshandlung?

b) Vernachlässigung?

c) seelischer Misshandlung?

d) Autonomiekonflikten?

e) sexuellen Missbrauchs?

f) Missbrauchs des Herausgabeverlangens?

Siehe Vorbemerkung.