Hamburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz

Betreff: Mehr Kontrolle für den Verfassungsschutz, weniger Kontrolle für das Parlament? Fragen zum Gesetzentwurf Drucksache 17/1403 (2 ­ Hamburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz)

Mit der Drucksache 17/1403 hat der Senat der Bürgerschaft seinen Gesetzentwurf zur Umsetzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes des Bundes in Landesrecht vorgelegt. In der Beratung des Innenausschusses am 26. September 2002 hat der Präses der Behörde für Inneres betont, der Gesetzesantrag gehe nicht über die Regelungen des Bundesrechts hinaus. Bei einem Vergleich der jeweiligen Bestimmungen des Bundes und des Senatsentwurfs sind die Fragesteller zu einer anderen Einschätzung gelangt.

In der Begründung seines Gesetzesantrags Drucksache 17/1403 hat der Senat davon abgesehen, auf Abweichungen vom Bundesrecht hinzuweisen und diese zu erläutern. Um dem Senat in Vorbereitung der weiteren parlamentarischen Beratungen Gelegenheit zu geben, dies nachzuholen und seine diesbezüglichen Überlegungen darzulegen, fragen wir den Senat hinsichtlich der beabsichtigten Änderungen des Hamburgischen Sicherheitsüberprüfungsgesetzes 1. Definition sicherheitsempfindlicher Stellen § 1 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes des Bundes (SÜG) regelt, welche Tätigkeiten eine Sicherheitsüberprüfung von Beschäftigten erfordern. In § 1 Absatz 5 Satz 3 SÜG wird definiert, was eine sicherheitsempfindliche Stelle in einer lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtung ist. Damit ist diese Vorschrift im Einzelfall mitentscheidend darüber, ob jemand überprüft werden muss, um eine bestimmte Tätigkeit aufzunehmen. Der Senat hat eine Änderung des Hamburgischen Sicherheitsüberprüfungsgesetzes beantragt, die von der Regelung des SÜG wie folgt abweicht:

Weshalb soll im hamburgischen Gesetz im Vergleich zum Bundesgesetz das Wort ist entfallen?

Weshalb soll im hamburgischen Gesetz im Vergleich zum Bundesgesetz das Wort und durch das Wort oder ersetzt und damit der Kreis der betroffenen Stellen und Beschäftigten erweitert werden?

Weshalb spricht der Senat in der Begründung des Gesetzentwurfs (Seite 11) davon, hier werde Landesrecht dem Bundesrecht angepasst, obwohl er eine vom Bundesrecht abweichende Regelung vorschlägt?

Es handelt sich hierbei um einen Übertragungsfehler. Die Definition der sicherheitsempfindlichen Stelle soll die des Bundesgesetzes sein. Der Gesetzentwurf ist entsprechend zu ändern.

Bund SÜG § 1 Absatz 5 am Ende Sicherheitsempfindliche Stelle ist die kleinste selbständig handelnde Organisationseinheit innerhalb einer lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtung, die vor unberechtigtem Zugang geschützt ist und von der im Falle der Beeinträchtigung eine erhebliche Gefahr für die in den Sätzen 1 und 2 genannten Schutzgüter ausgeht.

HH-Entwurf § 1 Absatz 2 Nr. 5 am Ende Sicherheitsempfindliche Stelle ist die kleinste selbständig handelnde Organisationseinheit innerhalb einer lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtung, die vor unberechtigtem Zugang geschützt ist oder von der im Falle der Beeinträchtigung eine erhebliche Gefahr für die in den Sätzen 1 und 2 genannten Schutzgüter ausgeht.

2. Ausdehnung der Überprüfungen bei Sicherheitsüberprüfungen

Der Senat hat beantragt, die im Rahmen von Sicherheitsüberprüfungen einzuholenden Auskünfte gegenüber den entsprechenden Regelungen des Bundes in mehrfacher Hinsicht auszudehnen.

Zu jeder Sicherheitsüberprüfung gehört nach dem SÜG (§ 12 Absatz 1) und dem geltenden (§ 12) die Einholung einer unbeschränkten Auskunft aus dem Bundeszentralregister. Anders als die Bundesregelung soll das hamburgische Gesetz in diesem Punkt ergänzt werden um Ersuchen um Datenübermittlung aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister, sofern die Betroffenen ihre Hauptwohnung in den vergangenen drei Jahren nicht ununterbrochen in Hamburg hatten (§ 12 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Entwurfs). Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll hiermit eine wesentliche Lücke geschlossen werden. Diese Lücke hat der Bundesgesetzgeber entweder gar nicht gesehen oder nicht für wesentlich gehalten. Weshalb hält der Senat ­ anders als der Bundesgesetzgeber ­ diese Auskünfte für zwingend erforderlich?

Im staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister werden noch nicht abgeschlossene Strafverfahren geführt. Die örtliche staatsanwaltschaftliche Zuständigkeit ist nicht abhängig vom Wohnort eines Betroffenen, sondern vom Tatort. Aus diesem Grunde ist es mit einer Anfrage bei der für einen Betroffenen örtlich zuständigen Polizei nicht möglich, in Erfahrung zu bringen, ob möglicherweise ein Strafverfahren an einem anderen Ort anhängig ist. Da auch laufende Strafverfahren Erkenntnisse enthalten können, die für die Beurteilung eines Sicherheitsrisikos unerlässlich sind, ist eine entsprechende Abfragemöglichkeit erforderlich. Im Übrigen ist dem Senat nicht bekannt, aus welchem Motiv der Bundesgesetzgeber für sich diese Auskunftsmöglichkeiten bisher nicht in Betracht gezogen hat.

Die im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung einzuholenden Auskünfte sollen nach den Vorstellungen des Senats zudem ergänzt werden um Anfragen an die für das Meldewesen zuständigen Behörden der Wohnsitze der Betroffenen, in der Regel beschränkt auf die letzten fünf Jahre (§ 12 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Entwurfs). Weshalb hält der Senat ­ anders als der Bundesgesetzgeber ­ diese Auskünfte für zwingend erforderlich?

Die Notwendigkeit dieser Anfrage ist in der Begründung aufgeführt. Darüber hinaus werden auch häufig unvollständige oder nicht korrekte Zeit- oder Ortsangaben zu Wohnungen gemacht oder Nebenwohnsitze werden in der Sicherheitserklärung nicht angegeben, was dann zu einer Unvollständigkeit der Sicherheitsüberprüfung führt. Im Übrigen ist dem Senat nicht bekannt, aus welchem Motiv der Bundesgesetzgeber für sich diese Auskunftsmöglichkeiten bisher nicht in Betracht gezogen hat.

Die Sicherheitsüberprüfungen sollen nach den Vorstellungen des Senats außerdem ergänzt werden um Auskunftsersuchen an das Ausländerzentralregister, soweit hierfür Anlass besteht (§ 12 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 des Entwurfs).

In welchen Fällen wird nach Auffassung des Senats Anlass bestehen, Daten aus dem Ausländerzentralregister abzufragen? Wird Anlass zu der Anfrage stets bei Nichtdeutschen, stets auch bei eingebürgerten Deutschen oder nur im Falle bestimmter Nichtdeutschen bestehen? Nach welchen Kriterien soll dies entschieden werden?

Der Anlass, im Ausländerzentralregister Abfragen durchzuführen, ergibt sich aus der Begründung. Eingebürgerte Deutsche werden nicht im Ausländerzentralregister geführt und können somit auch nicht abgefragt werden. Ein wesentlicher Anlassgrund für eine Abfrage ist der Fall, dass eine Sicherheitserklärung unvollständig ausgefüllt worden ist, sich im Rahmen der Überprüfung der Angaben Unrichtigkeiten ergeben oder Zweifel an der Identität der Person bestehen.

Weshalb hält der Senat ­ anders als der Bundesgesetzgeber ­ diese Auskünfte für erforderlich?

Eine Sicherheitsüberprüfung kann zur Beurteilung eines Sicherheitsrisikos bei Betroffenen in der Regel erst dann eine fundierte Aussage treffen, wenn die Personen sich mindestens fünf Jahre in der Bundesrepublik aufgehalten haben. Oftmals wird aus dem Ausländerzentralregister erst ersichtlich, wann der Aufenthalt tatsächlich begonnen hat. Ferner gibt das Register Auskunft darüber, bei welcher Behörde sich die Ausländerakten befinden.

Anders als das SÜG enthält die geltende Fassung des Hamburgischen SÜG in §12 Absatz 1 Satz 2 eine Regelung für Fälle, in denen eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit voraussichtlich nur kurzzeitig ausgeübt wird oder unaufschiebbar ist. In derartigen Fällen reicht es bisher in der Regel aus, sich beim Landeskriminalamt nach etwaigen Strafverfahren oder anderen sicherheitserheblichen Erkenntnissen zu erkundigen.

Weshalb soll diese Eil-Sicherheitsüberprüfung in Zukunft auch Auskunftsersuchen an das Ausländerzentralregister beinhalten (sofern es sachdienlich erscheint)?

Die verkürzte Ü1 ist keine Eilüberprüfung, sondern dient dazu, für die nur kurzfristig in Sicherheitsbereichen tätigen Personen, wie z. B. Handwerker, Monteure, Fensterputzer, unter Abwägung zwischen dem Sicherheitsrisiko und dem Eingriff in die Persönlichkeitsrechte ein ausgewogenes Ergebnis zu erhalten. Vornehmlich bei der verkürzten Ü1 wird die Sicherheitserklärung häufig durch die Arbeitgeber ausgefüllt. Sie ist häufig fehlerhaft, weil eine Identitätsprüfung nur minimal oder gar nicht durchgeführt worden ist.

Weshalb hat der Senat davon abgesehen, andere Auskunftsersuchen in die EilÜberprüfung mit aufzunehmen, z. B. die Auskünfte aus dem staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister, mit denen nach Ansicht des Senats wesentliche Informationslücken geschlossen werden können?

Das würde den Sinn und Zweck dieser Überprüfung in sein Gegenteil verkehren.

Weshalb will der Senat überhaupt an dieser Sicherheitsüberprüfung-light festhalten?

Der Senat hält die Ü1 ­ verkürzt ­ für ein geeignetes Instrument, kurzfristige sicherheitsempfindliche Tätigkeiten ausreichend überprüfungsmäßig zu erfassen.

Wie häufig kommt es erfahrungsgemäß in Hamburg zu abgekürzten Sicherheitsüberprüfungen nach §12 Absatz 1 Satz 2 und wie hoch ist ihr Anteil an den Sicherheitsüberprüfungen insgesamt?