Das Werbegespräch ist eine entscheidende Phase im gesamten Prozeß der Gewinnung des Kandidaten

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- Festlegung der Trefforte, des Verbindungssystems sowie Belehrung über konspiratives Verhalten,

- Erläuterung der Bedeutung und des Inhalts der Verpflichtung zur Zusammenarbeit,

- vorgesehene Auftragserteilung,

- Verhalten bei Ablehnung der Zusammenarbeit/Rückzugslegende,

- Stellungnahme und Einverständnis der Vorgesetzten. (23)

Die verantwortlich bindende Zustimmung zur Realisierung der Werbung auf Grundlage dieses Werbeplans erfolgte auf der Ebene des Bezirkes durch den Leiter des Dezernates I. Entscheidenden Höhepunkt dieses komplexen Werbeprozesses bildete das Werbegespräch, dem eine klare Zielstellung vorgegeben war:

Die schriftliche Verpflichtung zur inoffiziellen Zusammenarbeit mit der Kripo.

Das Werbegespräch ist eine entscheidende Phase im gesamten Prozeß der Gewinnung des Kandidaten. Es hat zum Ziel, vom Kandidaten in Form einer Verpflichtung die Bereitschaftserklärung zur inoffiziellen Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei zu erlangen.

Diese Verpflichtung zur Zusammenarbeit erfolgt in der Regel schriftlich auf der Grundlage des vorbereiteten Verpflichtungstextes. Der Verpflichtungstext hat zu beinhalten, dass der IKM-Kandidat bereit ist, auf der Basis der Die Festlegungen zur Einhaltung der Geheimhaltung und der damit verbundenen Schweigepflicht gegenüber jedermann haben den Hinweis auf strafrechtliche Verantwortlichkeit bei Verletzung der Schweigepflicht (§§ 245, 246 zu enthalten.

Im Verpflichtungstext ist der vom IKM selbstgewählte Deckname aufzunehmen. zu unterzeichnen.

Lehnt der IKM-Kandidat eine schriftliche Verpflichtung ab oder ist eine schriftliche Verpflichtung aus operativen Gründen nicht zweckmäßig, wird die Verpflichtung in mündlicher Form auf der Grundlage des vorbereiteten Verpflichtungstextes vorgenommen.

Lehnt der IKM-Kandidat eine inoffizielle Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei grundsätzlich ab, hat er sich schriftlich zum Schweigen über seine im Zusammenhang mit den Kontaktgesprächen und im Werbegespräch erlangten Kenntnisse zu verpflichten. (24)

Als methodisches Prinzip war die schriftliche Verpflichtung keine Erfindung der Polizeiorgane oder des Innenministers, sondern beruhte auf der jahrelangen Anwendung einer sorgfältigen IM-Gewinnungsstrategie durch die Staatssicherheit.

Mit dieser Verpflichtungserklärung wurde sofort eine gewisse Abhängigkeit in der Beziehung des Informanten zum Führungsoffizier als Vertreter des Apparates hergestellt.

Konkreter Ablauf der IKM-Tätigkeit

Die konkrete Zusammenarbeit mit dem Führungsoffizier des AG I beginnt mit der Auftragserteilung und Instruierung des IKM.

Der IKM-Auftrag wurde klar formuliert: Der IKM-Auftrag ist

- zur Vorbeugung, Verhinderung, Aufdeckung und Aufklärung von Straftaten,

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- in Ziel und Inhalt konkret auf Personen bzw. Sachverhalte bezogen, abrechen- und kontrollierbar gehalten und den Erfordernissen der Konspiration entsprechend gestaltet,

- für den IKM eine realisierbare, zu stetig steigenden Leistungen anregende Aufgabenstellung,

- geeignet, den IKM planmäßig in die inoffizielle Arbeit einzuführen, zu qualifizieren und den erzieherischen Einfluß auf ihn auszuüben.

Das durchgängige Anliegen der Auftragserteilung und Instruierung ist die Befähigung des IKM zum selbständigen Erkennen von Anzeichen oder Erscheinungsformen der Kriminalität. Dabei ist zu gewährleisten, dass der IKM keine eigenmächtigen Handlungen durchführt. (25)

Die eigentliche Absicht dieser als vertrauliche Zusammenarbeit mit Bürgern der DDR getarnten Methode ist die ständige und allseitige Nutzung der Möglichkeiten des IKM.

Dieser brisante Teil der Zusammenarbeit wurde durch einen Rückgriff auf allgemein übliche Argumentation des Konstellation gemeint war - begründet.

... die Klassenkampfsituation, die zunehmende Aggressivität des Imperialismus, seine politisch-ideologische Diversion und Kontaktpolitik verlangen mit Nachdruck die allseitige Nutzung der inoffiziellen Basis.

Daraus erwächst für die operativ tätigen Kriminalisten des AG I die Verpflichtung, im gesamten Prozeß der inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem IKM ständig dessen umfassende Nutzung auch über den Rahmen der festgelegten Führungslinien und Haupteinsatzrichtungen hinaus zu erforschen und zu gewährleisten. (26) Geschickt war darauf hinzuarbeiten, dass der IKM seine eigene Abschöpfung selber gestaltet und aktiviert.

Zur politisch-ideologischen Erziehung und Schaffung eines Vertrauensverhältnisses des IKM zum Kriminalisten des AG I gehört deshalb, dass der IKM offen, ehrlich und bereitwillig neu geknüpfte persönliche oder anderweitige Verbindungen nennt und daraus selbst Vorschläge für die operative Nutzung dieser Verbindungen und sich daraus ergebender Möglichkeiten für die operative Arbeit ableitet. (27)

Dabei war die Konspiration in der Zusammenarbeit mit dem IKM unter allen Umständen zu wahren. Dies war eine der wichtigsten Forderungen für die Arbeit des K I - Offiziers.

Die Gewährleistung der Konspiration und Geheimhaltung der inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem IKM ist im

Sie ist ständig zu sichern und zu überprüfen.

Geringste Anzeichen von möglicher Dekonspiration sind durch die verantwortlichen Leiter unverzüglich und umfassend zu untersuchen sowie im Ergebnis dieser Untersuchungen die erforderlichen Maßnahmen konsequent durchzusetzen. Neben der Treffdurchführung ist die Einhaltung der Konspiration seitens des IKM durch geeignete Überprüfungen nach Bestätigung durch den zuständigen Leiter zu sichern. Für spezifische Maßnahmen zur Gewährleistung der Konspiration von IKM bzw. zur Aufrechterhaltung konspirativer unpersönlicher Verbindungen sind die Möglichkeiten überprüfter, geeigneter und zuverlässiger IKM zu nutzen.

Das Verbindungssystem hat zur Gewährleistung einer ständigen konspirativen Zusammenarbeit mit dem IKM unter allen Lagebedingungen exakt zu funktionieren. (28)

Die wichtigste Art der Verbindung mit dem IKM ist ... die persönliche, kontinuierliche, zeitlich befristete, nicht öffentliche Zusammenkunft... unter Anwendung konspirativer Verhaltensweisen - der Treff. (29) Angesichts dieser hohen Bedeutung des Treffs ist dieser entsprechend vorzubereiten.

Die Treffvorbereitung ist auf die ständige und allseitige Nutzung der vorhandenen subjektiven und objektiven Möglichkeiten der IKM, die Erreichung des Bestimmungszieles des IKM-Einsatzes und neuen Bedingungen, Umstände, eingetretene Ereignisse und Situationen zu konzentrieren. (30)

Während der direkten konspirativen Zusammenkunft ist von dem jeweiligen Offizier im operativen Dienst des AG I zu beachten, daß

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Thüringer Landtag - 1. Wahlperiode - die Initiative der Gesprächsführung stets beim Kriminalisten liegt,

- der IKM einbezogen wird in die Erarbeitung seiner Verhaltenslinie zur Auftragserfüllung,

- das Prinzip der Beachtung der Individualität des IKM durchgesetzt wird.

Die Abfassung schriftlicher IKM-Berichte hat grundsätzlich beim Treff zu erfolgen. Der IKM unterzeichnet sie mit seinem Decknamen, in Ausnahmefällen mit Klarnamen. (31)

Damit es zu keinem Informationsverlust kommt, war unmittelbar nach jedem durchgeführten Treff, ein Treffbericht zu fertigen. Im Treffbericht war zu dokumentieren: - Ort und Zeit/Dauer des Treffs,

- Teilnahme von Vorgesetzten am Treff,

- Treffverlauf,

- erkannte oder vermutete Faktoren der Gefährdung der Konspiration des IKM, Hinweise auf Unehrlichkeit und von der vorgegebenen Verhaltenslinie abweichende Verhaltensweisen,

- Wertung und Einschätzung der erhaltenen Informationen und der Aktivitäten des IKM zur Erfüllung der erteilten Aufträge,

- dem IKM übergebene finanzielle Mittel und andere Stimuli,

- der neue Auftrag an den IKM und die dazu erfolgte Instruierung,

- in Auswertung des Treffs eingeleitete und noch durchzuführende Maßnahmen,

- Festlegung des nächsten Treffs und des Ersatztreffs. (32) Bürger, die sich auf diese Art der Zusammenarbeit mit der Volkspolizei eingelassen haben, werden sicher nicht bedacht haben, dass sie selbst ständig, zielgerichtet überprüft worden sind. Begründet wurden diese IKM-Überprüfungen mit dem Selbstschutzinteresse der AG I - Arbeit.

Überprüfungen der IKM sind notwendig,

- zur Verhinderung des Eindringens feindlicher und unzuverlässiger Kräfte in das IKM-System,

- zur Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung,

- zum Schutz vor bewußter Desinformation und Täuschungshandlungen.

Sie sind zur Kontrolle der Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit, des Verhaltens, der Initiative, Sorgfalt, Umsicht und Disziplin des IKM bei der Lösung der erteilten Aufträge unerläßlich. (33) Typisch für den Charakter des AG I waren die Methoden zur Überprüfung ihrer eigenen Informanten: - Hauptmethode der Überprüfung ist das ständige Studium und die Kontrolle der IKM beim Treff,

- Überprüfung des IKM und ihrer Informationen durch Einsatz anderer zuverlässiger IKM,

- Auswertung abgeschlossener KA und KM,

- Anwendung operativer Legenden und Kombinationen,

- Ermittlungen und Beobachtungen. (34)