Reisebüro

Verflechtungen untereinander und der nahezu vollständigen Kontrolle zwischen den einzelnen Organen und den handelnden Personen, verbunden mit der Möglichkeit der Partei, alle in Staat und Gesellschaft als wichtig angesehenen Funktionen mit Nomenklaturkadern zu besetzen, ist davon auszugehen, dass alle Bereiche des staatlichen und davon nur in Ansätzen zu unterscheidenden wirtschaftlichen Lebens in enger, sachlicher und persönlicher Abhängigkeit zu den Funktionären der SED gestanden haben.

Gestatten Sie mir in einem letzten Teil meiner Ausführungen, das Vorgesagte anhand einiger weniger Beispiele farbiger und faßbarer zu gestalten. Dazu möchte ich zunächst aus dem inzwischen sicher Ihnen allen bekannten Protokoll über die Dienstbesprechung beim Minister für Staatssicherheit vom 31. August 1989 zitieren. Auf die Frage, wie die Stimmung in den Betrieben sei, antwortete der des Bezirkes Erfurt, Generalmajor Schwarz, seinerzeit: Natürlich gibt es dort auch Probleme, die mit Umweltschutzfragen zusammenhängen, aber ich habe da einen ganz vernünftigen Weg, glaube ich, eingeschlagen. Wir arbeiten mit dem Generaldirektor direkt zusammen und haben manche Probleme aufgegriffen und das Verständnis des Generaldirektors gefunden, wo er selbst Probleme umsetzt, und ich glaube, dieser Weg scheint mir eigentlich sehr gut brauchbar zu sein. Diese selbstbewußte Aussage zeigt die enge Verzahnung und die direkte Einflußnahme des nach meiner Lesart einer Parteiorganisation, auf das betriebliche Geschehen. Dem kommt deshalb besondere Bedeutung zu, weil, wie bereits angedeutet, durch die Räte der Gemeinden, Kreise und Bezirke, durch die inoffiziellen Mitarbeiter, die Grundorganisationen und deren Sekretäre, die Abteilungsparteiorganisationen und die Massenorganisationen ohnedies die vielfältigsten Einfluß- und Steuerungsmöglichkeiten offizieller Art auf und in die Betriebe bereits bestanden haben.

Zum sehr sensiblen Bereich der Einflußnahme der Partei und ihrer Organisationen auf die Kirchen findet sich in dem Protokoll eine ganze Reihe von Hinweisen. Es geht dabei stets um den bevorstehenden Weltfriedenstag und die Aktivitäten der Kriche im Rahmen der Friedensgebete im Sommer 1989. Zur Lageeinschätzung in seinem Bezirk führte damals der Generalleutnant Gehlert, Stasi-Chef von Karl-Marx-Stadt, zu einer geplanten kirchlichen Veranstaltung aus: Es ist abgestimmt mit der Partei.

Dort ist eine ganze Reihe von Rechtsanwälten unseres Rechtsanwaltkollegiums aus dem Raum Zwickau hindelegiert und gesellschaftliche Kräfte, die dort gewissermaßen diese Banditen, wie man so schön sagt, in die Furche ducken werden. Und an anderer Stelle: Dort haben wir eigentlich Erfahrungen insofern gesammelt, und deshalb komme ich noch einmal auf die gesellschaftlichen Kräfte zu sprechen, daß, wenn wir Genossen auswählen oder die Partei Genossen auswählt, also wir, das oder die Partei, die in solche Veranstaltungen geschickt werden und die mit dem notwendigen Rückgrat dort auftreten, die progressiven Kräfte eigentlich immer den Sieg davongetragen haben. Über eine Musikveranstaltung berichtet Gehlert dann weiter: Durch Trampeln und Pfeifen der gesellschaftlichen Kräfte mußte er sein Programm, was für zwei Stunden geplant war, nach zehn Minuten abbrechen, weil niemand mehr zugehört hatte. Es existiert im Bezirk Karl-Marx-Stadt eine Arbeitsgruppe des 1. Sekretärs der Bezirksleitung - das ist immer noch Zitat - und es existiert in jedem Kreis eine Arbeitsgruppe des 1. Sekretärs der Kreisleitung. Diese Arbeitsgruppen setzen sich zusammen unter Leitung des Abteilungsleiters Staats- und Rechtsfragen, Abteilungsleiter Sicherheit, Chef BDVP, Stellvertreter Inneres, Stellvertreter Abteilungsleiter Parteiorgane und Leiter Bezirksverwaltung für Staatssicherheit. Diese Arbeitsgruppe tagt jeden Dienstag, nennt sich Reisebüro. Wie dicht das Informationsnetz auch innerhalb der Kirche geknüpft war, erhellt sich aus den Ausführungen des stellvertretenden Leiters der Bezirksverwaltung des in Dresden, Generaloberst Anders. Bezüglich kirchlicher Aktivitäten zum Weltfriedenstag führte er unter anderem aus: Es gibt also dazu konkrete Maßnahmen, die darauf aufbauen, dass wir in jeder Kirche einen Vertreter des Staates von der Abteilung Inneres beauftragt haben, der mit dem jeweiligen Partner der Kirche, mit dem Pfaffen, bereits jetzt Gespräche geführt hat, Festlegungen getroffen hat und ein sogenannter Ansprechpartner ist, wenn im Falle irgendwelcher Provokationen oder Plakatierungen Vorkommnisse in Erscheinung treten. Wie erfolgreich die Ausspähung der Kirche in den Augen des war, lässt sich aus den Darlegungen des bereits genannten Generalmajors Schwarz entnehmen. In Zusammenhang mit der im September 1989 in Eisenach geplanten Bundessynode der evangelischen Kirche führte Schwarz unter anderem aus: Die ersten Informationen, die wir von den inoffiziellen Mitarbeitern haben, bringen zum Ausdruck, dass eine Reihe von leitenden, kirchenleitenden Leuten bis zum Vorsitzenden des Bundes, also Bischof Leich, keine richtigen Positionen beziehen wollen. Es gibt im Moment noch keine Papiere, keine Dokumente, die vorbereitet werden, aber man muss dazu sagen, in der Beziehung halte ich unter den gegenwärtigen Bedingungen den Bischof Leich nicht für berechenbar. Das sehe ich als Schwerpunkt, auf den wir uns konzentrieren müssen, um bis zum 15.09., bis zur Eröffnung der Synode, die wahren Absichten aller Beteiligten, vor allen Dingen der kirchenleitenden Kräfte des Bundes, herauszuarbeiten, um rechtzeitig Einfluß zu nehmen und auch die Situation und die Lage auch bei diesem Gebiet voll zu beherrschen. Ich glaube, dass diese Zitate für sich selbst sprechen und keiner weiteren Interpretation bedürfen. Da spielt es schon kaum noch eine Rolle, dass nach der Auskunft von Kennern der Materie junge Mitarbeiter der Stasi sich taufen ließen, Theologie studierten und als Pfarrer in der evangelischen Kirche ordiniert wurden, um dann als Offizier im besonderen Einsatz, die berühmten den Versuch zu unternehmen, die Kirche zu paralysieren. Daß die Wirtschaftsleitung und -lenkung der Partei und ihren Gliederungen oblag, ergibt sich bereits aus der Definition der sozialistischen Wirtschaftsordnung und stellt insofern keine Besonderheit dar.

Die Linie der Parteilichkeit wurde aber offenbar auch dort noch eingehalten, wo es eigentlich galt, Rechtsbrüche im Rahmen der allgemeinen Gesetzlichkeitsaufsicht zu entdecken und abzustellen. Ziel der Gesetzlichkeitsaufsicht war, die sozialistische Gesellschafts- und Staatsordnung, das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft zu schützen, die gesetzlich garantierten

Rechte und Interessen der Bürger zu schützen, zu wahren und durchzusetzen, das sozialistische Staats- und Rechtsbewußtsein der Bürger zu festigen und ihre gesellschaftlichen Aktivitäten, Wachsamkeit, Unduldsamkeit gegen jegliche Rechtsverletzung zu entwickeln sowie Rechtsverletzungen vorzubeugen. Diese hehren Ziele galten offenbar jedoch nicht ausnahmslos. So ist im Handbuch für den Staatsanwalt vom 20. Juni 1977, welches übrigens den Hinweis enthält: Nur für den Dienstgebrauch Dieses Handbuch ist nur zur Verwendung in der Staatsanwaltschaft bestimmt. Der Inhalt des Handbuches darf nicht zu Veröffentlichungen benutzt werden., zur Gesetzlichkeitsaufsicht über die eigenen Untersuchungen des Staatsanwaltes ausgeführt: Zielstellung und Auswahl der Untersuchungsobjekte sollten grundsätzlich mit den zuständigen Parteiorganen abgestimmt werden. Gestatten Sie mir, zum Abschluß noch einige Beispiele der Einflußnahme der Partei und ihrer Gliederungen in einem besonders sensiblen Bereich darzustellen, und zwar im Bereich der Justiz. Es dürfte inzwischen bekannt sein, dass die Richter und Staatsanwälte nach den Richtlinien der Nomenklaturkader bereits in der 10. Klasse der EOS ausgewählt und zum Studium delegiert wurden. Es gab da Ausnahmen. Diese staatliche Gängelung und Überwachung, die auch nicht im Ansatz eine unabhängige Rechtspflege ermöglichte, setzte sich im gesamten Berufsleben der Richter und Staatsanwälte fort. So muss man sich erst daran gewöhnen, dass in den Beurteilungen der Richter und Staatsanwälte immer wieder besonders lobend hervorgehoben wird: Sie zeichneten sich durch besondere Parteilichkeit aus. Aufgrund meiner vielfältigen Recherchen und einer intensiven Aktenarbeit behaupte ich heute, dass in den politisch interessierenden Fragen - und das konnte schon ein Verfahren wegen krimineller Asozialität sein - jedenfalls der Richter im letzten nicht die Entscheidung getroffen hat, sondern daß vielmehr zu vermuten ist, dass je nach Bedeutung des Falles die Entscheidungen durch das oder die Parteisekretariate getroffen wurden. Sie werden mir das zunächst wahrscheinlich nicht gerne abnehmen. Zur Verdeutlichung erlaube ich mir deshalb, einen inzwischen weit bekannten Brief von Erich Mielke ausschnittsweise vorzulesen, der gerade uns hier in Thüringen besonders berühren muß. Es ging damals im Jahr 1959 um den Fall des Superintendenten Pfarrer Otto Prokojewski sowie des Diakons Wilhelm Brenzler. Mielke bat damals den 1. Sekretär des ZK der SED, den Genossen Walter Ulbricht, um Weisung, wie gegen die beiden Verbrecher vorzugehen sei. Dort liest man: Solltest Du es für richtig befinden, dass der Staatsanwalt im Plädoyer diese schändliche Rolle behandeln soll, dann würde das dem Staatsanwalt entsprechende Materialien zur Verfügung stellen. Und an anderer Stelle: Ich bitte hier um Mitteilung, in welcher Höhe die Strafe ausgesprochen werden soll oder ob die Stellung der Strafanträge und die Verurteilung dem Staatsanwalt und dem Gericht überlassen werden sollen. Mir erscheint es jedoch zweckmäßig, Sie richtig zu informieren, da Sie sonst nicht wissen werden, was Sie tun sollen. Dies ist so grauenvoll, dass man sich der Hoffnung hingeben möchte, solche Vorgänge gehörten eben in die schrecklichen 50er und 60er Jahre und hätten sich später nicht mehr wiederholt. Diese Annahme ist bedauerlicherweise unrichtig. Mir liegt ein Schreiben eines Kreisgerichtes an das Bezirksgericht aus dem Jahr 1982 vor, in dem der vorsitzende Richter dem Berufungsgericht am Tage nach der Urteilsverkündung erläutert, warum sein Urteil so regelwidrig milde ausgefallen sei. Es ging damals um eine versuchte Republikflucht von drei jungen Männern im Alter zwischen 18 und 19

Jahren. Der Vorsitzende erläuterte, dass er sich leider nicht gegen die beiden Schöffen habe durchsetzen können, die das Ganze für einen Dummenjungenstreich gehalten hätten, der mit ein paar tüchtigen Ohrfeigen zu bereinigen sei. Man habe zwei Stunden beraten, und obwohl man den Herrn Direktor des Gerichtes bei der Beratung hinzugezogen habe, sei es nicht gelungen, eine der hohen Gesellschaftswidrigkeiten dieser Strafe entsprechende Entscheidung zu treffen. Schlimmer noch ein Beispiel vom Juli 1989. In dieser Sache vor einem Kreisgericht in Thüringen geht es um die Aufhebung der Beschlüsse der Konfliktkommission Unterricht und Erziehung, welche einen Verweis gegen einen Lehrer ausgesprochen hatte und ihn letztlich dann aus dem Dienst entfernt hatte, der pluralistischen Auffassungen das Wort geredet haben soll. Nach mehreren Berichten des Kreisgerichtes an das Bezirksgericht und nach Einschaltung des Obersten Gerichts der DDR teilte der Senat für Arbeitsrecht dem Bezirksgericht Erfurt unter dem 19. Juli 1989 unter anderem folgendes mit: Zu prüfen wäre aber auch, ob der Kläger die Verhandlung zu Provokationen mißbrauchen könnte. Hier wäre sein Auftreten vor der Konfliktkommission zu berücksichtigen. Dem müßte vorgebeugt werden. Insoweit wäre die Anwesenheit von Pädagogen, z. B. als Kollektivvertreter, vorzubereiten. Richtig ist, dem Kläger wenig schriftliches Material in die Hände zu geben. Die Erörterungen sind auf die mündliche Verhandlung zu konzentrieren und die Protokollierung müßte knapp erfolgen. Die Begründung der Entscheidung müßte mehr auf die Erörterung Bezug nehmen, als sie in Einzelheiten darzustellen. Wenn alles gut bedacht wird, könnte in zweiter Instanz durch Beschluß entschieden werden. Falls sich aber herausstellt, dass einer der beiden Sachen, also diese Disziplinarverfügung oder die Entlassung, oder beiden nicht behebbare Mängel anhaften, müßte mit dem Verklagten, also dem Rat des Kreises, über die Rücknahme gesprochen werden, weil das besser als eine Verurteilung wäre. Solchermaßen instruiert konnte der Direktor des Kreisgerichtes in seiner Wochenmeldung vom 16. Oktober 1989 dann berichten, dass das Verfahren abgeschlossen sei. Der Antrag des Klägers habe keinen Erfolg gehabt: Zur Verfahrensdurchführung war organisiert worden, dass die Zuschauerplätze im Verhandlungsaal mit interessierten Mitarbeitern des Verklagten besetzt wurden, so daß die vom Kläger organisierte interessierte Zuhörerschaft außerhalb des Verhandlungssaals verbleiben mußte. Zur Urteilsverkündung erschien der Kläger dann mit zwei Elternteilen.

Die letzten Beispiele zeigen, dass im Grunde genommen von sämtlichen Prozeßgrundrechten, wie sie in unseren Breiten spätestens seit 1866 verbrieft sind, nichts übrig blieb, wenn das den Interessen der Partei diente.

Ein weiteres Beispiel der engen Verflechtung zwischen Partei und den einzelnen Organen des Staates ist der Fall eines

Staatsanwaltes aus dem Bezirk Erfurt, dessen beide Kinder Republikflucht begangen hatten. Von heute auf morgen wurde dieser Staatsanwalt aus dem Dienst entfernt und nach einem Gespräch mit dem Bezirksparteichef Müller aus Erfurt einem VEB Handelsbetrieb als Justitiar zugewiesen.

In den Verfahren, welche das interessierten, wurden die Ermittlungen nicht durch die Deutsche Volkspolizei, sondern durch das geführt. Dazu gehörten alle politischen Sachen, welche der Abteilung 1a der Bezirksstaatsanwaltschaft zugewiesen waren. Die Mitarbeiter der Abteilung 1a unterlagen daher einer zusätzlichen strengen Überprüfung, ähnlich der Überprüfung der inoffiziellen Mitarbeiter. Sie unterstanden fachlich der Aufsicht des Ministeriums für Staatssicherheit bzw. Bezirks- oder Kreisstellen der Stasi und waren lediglich formal dem Leiter der Bezirksstaatsanwaltschaft unterstellt. Im Einvernehmen mit dem konnten einzelne Verfahren an die Kreisstaatsanwaltschaften delegiert werden. In jedem Fall nahm jedoch das Einfluß auf den Strafantrag bzw. legte diesen konkret fest. Die Verfahrensrechte der Angeklagten waren in diesen Fällen noch stärker eingeschränkt als sonst. So war es durchgängige Praxis, dem Angeklagten ein Exemplar der Anklageschrift lediglich für die Dauer der mündlichen Verhandlung, im Ergebnis also gar nicht, zur Verfügung zu stellen. Die Akten wurden auch nach Abschluß des Verfahrens beim aufbewahrt. Die Urteile wurden den Verurteilten in aller Regel nicht dauerhaft zugänglich gemacht. Ganz besonders schlimm erwies sich der justizfremde Einfluß im Bereich der Verfahren, welche durch die Militärstaatsanwaltschaften bearbeitet wurden. Ohne dass dies aus zeitlichen Gründen jetzt schon näher ausgeführt werden könnte, kann man sagen, dass je nach Gutdünken der politisch Verantwortlichen z. B. schwere Sittlichkeitsdelikte mit einer Disziplinarmaßnahme abgetan wurden, während ein Spaziergang auf dem grenznahen Elbedamm zu einer Deportierung in das Militärstraflager Schwedt führen konnte.

Lassen Sie mich mit einigen besonders provozierenden Sätzen schließen. Es bedarf für mich keiner Frage, dass die Machthaber des SED-Regimes jede staatliche Einrichtung und jede Institution ausnahmslos zur Durchsetzung ihrer Ziele ge- und mißbraucht haben. Das galt auch, wenn es darum ging, höchstpersönliche Interessen einiger Parteioberen zu befriedigen, wie die bekannten Beispiele aus dem Bereich des VEB Antikhandel und der zeigen. Zur Durchsetzung dieser staatlichen und privaten Interessen war jedes, aber auch jedes Mittel, bis hin zum vielfach ausgeübten feigen Mord, im Auftrag der Parteien und ihrer Organisationen recht. Als im Sommer 1991 erstmals diese Behauptungen von mir vertreten wurden, gestützt auf den Abschiedsbrief eines jungen Mannes, der am Tage, nachdem er seinem Vater geschrieben hatte, man werde ihn ermorden, in der Tat durch ungeklärte Umstände zu Tode kam, sowie auf den Bericht und die Untersuchung über zahlreiche sogenannte Suizide, haben viele Bürger der neuen Bundesländer dies nicht für möglich gehalten. Heute sind diese Kenntnisse Allgemeingut, und ich darf mich darauf beschränken, auf den entsprechenden Artikel in der Illustrierten Stern vom 11. Februar dieses Jahres. Die Mörder vom Dienst hinzuweisen, der nach meiner Einschätzung die tatsächlichen Verhältnisse zutreffend wiedergibt.

Meine sehr geehrten Herren, ich bedanke mich für die Geduld, die Sie meinen Ausführungen und mir entgegengebracht haben.

Die mir gestellten Fragen sind so komplex und deren vollständig fundierte Beantwortung ist im Rahmen der zeitlichen heute zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht zu bewältigen. Ich darf Ihnen jedoch versichern, dass ich mit aller Redlichkeit versucht habe, aus dem Mosaikstein ein Bild des schillernden Kaleidoskops des nach meinem Dafürhalten Gott sei Dank vergangenen SED-Regimes zu entwerfen. Ich danke Ihnen.

Vors., Abg. Wolf: [...]

Ich danke dem Herrn Rudolf Rainer und würde hiermit Herrn Dr. Zimmermann aufrufen. Ich würde auch Sie bitten, kurz uns Ihren Vornamen und Namen zu nennen, Alter, Beruf und Wohnort und dann zu Ihren Ausführungen zu kommen.

Dr. Zimmermann, Hartmut: Herr Vorsitzender, meine Herren, mein Name ist Hartmut Zimmermann. Ich bin 1927 geboren und habe bis zum vorigen Jahr, bevor ich dann berentet wurde, den Arbeitsbereich der DDR-Forschung im Rahmen des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung an der Freien Universität geleitet und mich über einige Jahrzehnte mit dem politischen System und dem gesellschaftlichen System der DDR befaßt.

Jetzt hier zu Ihren Fragen. Es ist ja deutlich geworden, dass die sehr allgemein sind. Ich habe Ihnen auch ein ziemlich allgemeines, aber dann auch wieder recht ausführliches Papier vorgelegt, das sich auch in manchen Punkten mit dem überschneidet, was Herr Rainer uns hier vorgetragen hat. Ich halte es deshalb von daher nicht für so sehr sinnvoll, wenn ich Ihnen dieses Papier hier nun noch einmal verlese, sondern möchte, Ihre Zustimmung vorausgesetzt, mich eigentlich darauf beschränken, ein paar ergänzende und kommentierende Dinge noch einmal zu diesem Papier zu sagen.

Ich habe darauf hingewiesen, dass man das politische System schon eigentlich auch sehen müßte unter den jeweiligen historischen Bedingungen, unter denen es existierte, unter denen es sich entwickelt hat.