In wie vielen Fällen wird in Thüringen wegen des Verdachts der Korruption §§ 331 bis 335 StGB ermittelt

Die Kleine Anfrage 91 vom 13. Juni 1995 hat folgenden Wortlaut: durch Beamte gegeben. Immer öfter bediene sich das organisierte Verbrechen nach Mafia - Art dieser Methode, um statt, wodurch erhebliche Mengen Drogen in Verkehr gebracht wurden. Auch in Thüringen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Korruption.

Ich frage die Landesregierung:

1. In wie vielen Fällen wird in Thüringen wegen des Verdachts der Korruption (§§ 331 bis 335 ermittelt?

2. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Dunkelziffer?

3. etc.) erstrecken sich die Vorgänge nach Nummer 1 und 2? (Bitte möglichst zahlenmäßig aufschlüsseln.)

5. Welche vorbeugenden Maßnahmen gegen Korruption hat die Landesregierung getroffen oder beabsichtigt die Landesregierung zu treffen?

Das Thüringer Ministerium für Justiz und Europaangelegenheiten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 1. August 1995 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: zehn Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Korruption (§§ 331 bis 335 Strafgesetzbuch -) anhängig.

Nach Auskunft des Thüringer Innenministeriums wurden im Jahre 1994 von den Kriminalinspektionen 29 und im laufenden Jahr 13 Korruptionsverdachtsfälle bearbeitet und abgeschlossen. Beim Landeskriminalamt Thüringen sind weiteren Verfahren geführt.

Das von dem Thüringer Innenministerium genannte und mit den Angaben der Generalstaatsanwaltschaft nicht daß bei den Staatsanwaltschaften in Thüringen die Korruptionsdelikte derzeit noch nicht gesondert erfaßt werden. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass die den §§ 331 ff. zugrundeliegenden Ermittlungsverfahren (wegen Vorteilsannahme, Vorteilsgewährung, Bestechung, Bestechlichkeit) sich durchaus in verschiedenen klassischen Tatbeständen des Strafgesetzbuches (aber auch des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG -) auswirken können und deshalb unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten (z.B. Betrug, Untreue, Geheimnisverrat) in das staatsanwaltschaftliche Register eingetragen wurden. Diese Tatsache ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Begriff Korruption kein rechtlicher Terminus ist, sondern ein politisch-soziologischer Begriff, der sich aus vielen verschiedenen Merkmalen zusammensetzt und dessen rechtliche Einordnung dann auch schwierig zu erfassen ist. Ein entsprechender fachlicher Überblick kann nur durch ausgewählte Spezialisten gewährleistet werden, weshalb der besonderer Verfahrenslisten auffordern wird, um auf diesem Wege die konkrete Zuordnung in Spezialdezernate zu Diese Verfahrensweise wird letztendlich auch zur Folge haben, dass eine gesonderte und genaue Erfassung in diesem Deliktsbereich ermöglicht wird.

Zu 2.: Allgemein anerkannt ist die Tatsache, dass nicht alle strafbaren Handlungen und auch nicht alle Straftäter - unabhängig von entsprechenden Strafanzeigen - bekannt werden. Es ist davon auszugehen, dass die weitaus meisten Delikte und tatsächlich begangenen Delikte, abzüglich der den Strafverfolgungsbehörden bekanntgewordenen verstanden. Unter Beachtung dieser Ausführungen ist eine Schätzung der Dunkelziffer nicht möglich, will man nicht ins rein Spekulative abgleiten. Es kann lediglich festgehalten werden, dass aufgrund bundesweiter kriminalpolizeilicher Erkenntnisse es als wahrscheinlich gilt, dass eine hohe Dunkelziffer besteht. Diese Annahme wird gestützt durch die Feststellung, dass ein großer Teil der Sachverhalte durch anonyme Hinweise, Zufallsfunde, gezielte Initiativen der Verwaltung zur Feststellung von Unregelmäßigkeiten oder durch in Eigeninitiative durchgeführte Ermittlungen festgestellt wird.

Zu 3.: Die von der Staatsanwaltschaft angegebenen Verfahren betreffen die nachfolgend aufgeführten Bereiche der öffentlichen Verwaltung:

Kommunalverwaltung: 3

Landesverwaltung: 1

Polizei(Vollzug): 3

Justiz (Strafvollzug): 2

Das Thüringer Innenministerium hat die von den Polizeibehörden gemeldeten Verfahren wie folgt mitgeteilt:

- acht Fälle wegen Bestechlichkeit von Amtsträgern gem. § 332 - elf Fälle wegen Vorteilsannahme gem. § 331 - elf Fälle wegen Vorteilsgewährung gem. § 333 - zwei Fälle wegen Angestelltenbestechung gem. § 12 UWG,

- ein Fall wegen unterlassener Diensthandlung gem. § 335 - neun Fälle wegen Bestechung gem. § 334 und hierzu weiter ausgeführt: die allgemeine innere Verwaltung. Ein weiteres Ermittlungsverfahren wird von der Kriminalinspektion Jena geführt.

Polizeibeamte im Zusammenhang mit der Vergabe von Abschleppaufträgen handelt.

In zwei Fällen sind Bedienstete von Ausländerämtern beschuldigt worden, für die Ausstellung ausländerrechtlicher der Haltlosigkeit der Vorwürfe bereits vor der Durchführung von polizeilichen Ermittlungshandlungen von der Staatsanwaltschafteingestelltworden.

Eine Dunkelfeld-Statistik kann aus den unter 2. angegebenen Gründen nicht geführt werden, so dass keinerlei weitere Angaben gemacht werden können.

Zu 4.: In den anhängigen Ermittlungsverfahren konnten bislang keine Verbindungen zwischen Korruption und Organisierter noch nicht zu vermuten. Die geringe Anzahl von Fällen lässt im übrigen noch kein einheitliches Bild erkennen.

Zu 5.: werden, eingerichtet worden. Im einzelnen stellt sich die Lage wie folgt dar:

Bei der Staatsanwaltschaften Gera und Meiningen befaßt sich jeweils ein Dezernat mit Korruptionsfällen.

Bei der Staatsanwaltschaft Erfurt sind drei Dezernenten für Wirtschaftsstrafsachen auch für die Durchführung der Ermittlungen von Korruptionsdelikten zuständig und in der Schwerpunktabteilung für Wirtschaftsstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft Mühlhausen werden von einem Dezernenten ausschließlich Korruptionsverfahren und Verfahren aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität bearbeitet.

Alle Sonderdezernate verfolgen das Ziel, bereits erste Anhaltspunkte für Korruptionsfälle zu erkennen und die Erkenntnisse in straf- und verfahrensrechtlicher Form zügig zu handhaben, so dass eine effektive und zeitnahe Verfolgung der in diesem besonderen sensiblen Kriminalitätsbereich mit hohen Schadenssummen wirkenden Delinquenten ermöglicht wird.

Der bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten in Thüringen festzustellende erhöhte Bedarf und das bestehende erhöhte Interesse an Fortbildung und Erfahrungsaustausch im Bereich der Korruptionsverfahren haben dazu geführt, daß zunächst eine Fortbildungsveranstaltung Korruption in der öffentlichen Verwaltung in der Zeit vom 21. bis 23. August 1995 von dem in diesem Kriminalitätsbereich besonders erfahrenen Hessischen Landesrechnungshof durchgeführt wird. An der Veranstaltung werden auch Interessenten und Fachleute aus dem Innenbereich teilnehmen.

Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens hat sich Thüringen im Bundesrat einer Initiative des Landes Berlin zur Änderung des Strafgesetzbuches und der Strafprozeßordnung im Rahmen der Korruptionsbekämpfung, (s.g. Korruptionsbekämpfungsgesetz) angeschlossen. Mit dieser Gesetzesgrundlage wird verdeutlicht, dass entgegen der bisherigen Gesetzeslage Korruptionsstraftaten als schwerwiegende Delikte einzustufen und entsprechend zu sanktionieren sind. In der Initiative ist eine Verschärfung der Strafandrohung bei den Straftaten im Amt mit dem Ziel eines stärkeren zu Verbrechen hochzustufen, um zum Beispiel bestimmte beamtenrechtliche Konsequenzen unmittelbar auszulösen, einen erweiterten Amtsträgerbegriff zu schaffen, den Verbrechenstatbestand der Bestechlichkeit und der Bestechung in den Katalog der Straftaten nach § 100 a (Telefonüberwachung) einzubinden und die Tatbestände der Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung dahin gehend umzugestalten, dass eine strafbare Handlung - ohne Nachweis einer Gegenleistung - bereits dann vorliegt, wenn ein Vorteil im Zusammenhang mit einer amtlichen Tätigkeit angenommen und gewährt wird.

Das Thüringer Innenministerium hat für den Bereich der Polizei folgendes ausgeführt:

Die polizeilichen Maßnahmen zielen derzeit auf die Bekämpfung der Korruptionsdelikte durch speziell geschulte verstärkt durch die Einleitung disziplinarrechtlicher Maßnahmen begleitet, soweit Behörden im Bereich des Innenressorts betroffen sind bzw. dies in anderen Bereichen festgestellt werden kann.

Zur Verbesserung der Erkenntnisgewinnung beim Verdacht auf Korruptionsstraftaten und die Gewinnung konkreter präventiver und repressiver Bekämpfungsansätze wurden folgende Maßnahmen veranlaßt:

- Intensivierung der Auswertung der bisher abgeschlossenen Verfahren aus dem Jahre 1994/95 zur Feststellung der

- im Landeskriminalamt sowie

- Bildung eines Koordinierungsgremiums auf Landesebene unter Federführung des Landeskriminalamtes unter Beteiligung von Vertretern der Justiz, des Gemeinde- und Städtebundes sowie des Thüringer Rechnungshofes u.a. relevanter Behörden zur Umsetzung von Erkenntnissen im Sinne einer wirkungsvollen Prävention.

Darüber hinaus ist das Landeskriminalamt in einem bundesweiten Forschungsprojekt zur Vorbeugung von Korruption des Bundeskriminalamtes eingebunden. Es ist sichergestellt, dass insbesondere alle landesrelevanten Erhebungen für Thüringen dem Landeskriminalamt zugänglich gemacht werden.

Allgemein ist schließlich festzustellen, dass die Korruptionsbekämpfung nicht allein Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden sein kann, sondern hierbei die gesamte öffentliche Verwaltung gefordert ist. Unter Beachtung dieser Prämisse dieser Überlegungen habe ich in einem Schreiben angeregt, an alle Ressorts des Freistaats diese Problematik in einer sowie Grundzüge der Zusammenarbeit beteiligter Behörden, aber auch Handlungsweisen und Empfehlungen zur Verhinderung und vorbeugenden Bekämpfung von Korruption zu erarbeiten. Eine Antwort auf dieses Schreiben steht noch aus.