Aberkennung der Zulassung zum Steuerberater/Steuerbevollmächtigten

Nach dem Zusammenbruch der DDR existierten Anfang 1990 nur noch ca. 300 (Alt-) Helfer in Steuersachen, die den insbesondere westdeutsche Steuerexperten zum Aufbau der neuen Bundesländer zu gewinnen. Im Zeitraum vom 6. als Steuerberater/Steuerbevollmächtigte zugelassen, die wertvolle Aufbauhilfe gerade in den ersten Jahren nach der Wende geleistet haben. Diese werden nun in ihrer Existenz alle bedroht.

Ich frage die Landesregierung:

- Ministerium der Finanzen der DDR) westdeutsche Bewerber zum Steuerberater/Steuerbevollmächtigten bestellt abgesprochen wurde (die hierüber angefertigten Aktenvermerke sind angeblich nicht mehr existent)?

2. Verordnung Steuerberater/Steuerbevollmächtigte nur prüfungsfrei bestellen konnten und dies heute im wesentlichen den betroffenen westdeutschen Bürgern als Rücknahmegrund der Bestellung zum Steuerberater/Steuerbevollmächtigten vorgeworfen wird?

3. Wird durch die Maßnahmen des Thüringer Finanzministeriums Artikel 19 des Einigungsvertrages, nach dem Steuerverwaltungsakte der ehemaligen DDR generell erhöhten Bestandsschutz haben und im Einzelfall bei der Ausübung des Ermessens - je nach Tragweite des Eingriffs der Verwaltung - die persönlichen Verhältnisse des Betroffenen zu berücksichtigen sind, in eklatanter Weise verletzt?

4. insbesondere wenn die Familien der Betroffenen nach Thüringen übergesiedelt sind und für den einzelnen der finanzielle sowie gesellschaftliche Ruin droht, die Anregungen/Empfehlungen der Steuerberaterkammer völlig ignoriert werden, was die Funktionsfähigkeit der Steuerberaterkammer erheblich beeinträchtigt?

Das Thüringer Finanzministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 13. November 1995 wie folgt beantwortet:

Bevor ich zu der Beantwortung der vier Fragen komme, erlauben Sie mir bitte zunächst einige Erläuterungen zu dem den Fragen vorangestellten Sachverhalt. Es trifft nicht zu, dass die DDR-Behörden bemüht waren, insbesondere

Dies hätte auch nicht dem 1990 in der DDR geltenden Steuerberatungsrecht entsprochen, das lediglich die Bestellung von DDR-Bürgern vorsah. Richtig ist vielmehr, dass nach den für 1990 geltenden Regelungen in den fünf neuen 360 (und nicht bis zu 1.000) aus den alten Bundesländern kamen. Schließlich trifft es auch nicht zu, dass diese Bürger aus den alten Bundesländern alle in ihrer Existenz bedroht seien. Zum einen ist ein nicht unerheblicher Teil (mehr als 30 Prozent) endgültig zum Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten bestellt worden, zum anderen erfüllt dieser Personenkreis in der Regel die Voraussetzungen, zur Steuerberaterprüfung zugelassen zu werden. Es steht ihnen also frei, ihre Existenz durch Ablegung der Steuerberaterprüfung abzusichern.

Nach diesen einleitenden Bemerkungen komme ich nun zur Beantwortung der einzelnen Fragen.

Zu 1.: Für die Bestellung zum Steuerberater war nach § 17 Abs. 1 der Steuerberatungsordnung der DDR bis zur Bildung der Länderstruktur der Leiter der Abteilung Besitz- und Verkehrsteuern im Finanzministerium der DDR zuständig. Es gab also keinen Anlaß für nachgeordnete Behörden, die Voraussetzungen für die prüfungsfreie Bestellung zum Steuerberater zu prüfen. Im Regelfall sah das in der Frage mit Überprüfung in drei Instanzen beschriebene Verfahren so aus, daß die Antragsteller lediglich von der unteren zur nächsthöheren Behörde weiter gereicht wurden, da sie selber für die Bestellung nicht zuständig waren.

Über den zweiten Teil der Frage, ob die Bestellung zum Steuerberater mit dem Bundesfinanzministerium telefonisch abgesprochen worden sei, liegen mir keine Erkenntnisse vor.

Zu 2.: Es trifft zu, dass die Bestellung zum Steuerberater mangels entsprechender Verordnung nur prüfungsfrei erfolgen Anordnung das Verfahren bei der Zulassung zur Prüfung festzulegen. Hierzu ist es allerdings nicht mehr gekommen. werden konnten. Sämtliche Bestellungen zum Steuerberater wurden nach dieser Bestimmung vorgenommen.

Dagegen trifft es nicht zu, dass den Steuerberatern die fehlende Prüfung als Rücknahmegrund vorgeworfen wird; die nicht erfüllten und dies zumindest hätten wissen müssen; es trifft aber durchaus zu, dass die fehlende Prüfung dazu führt, dass der Rücknahme - anders als bei zahlreichen Steuerbevollmächtigten - keine Gründe entgegenstehen.

Dies darf ich wie folgt erläutern: Vorschrift des § 15 der Steuerberatungsordnung. Danach war Voraussetzung für die prüfungsfreie Bestellung zum leitender Mitarbeiter der VEB Rechnungsführung und Wirtschaftsberatung sowie der Finanzorgane der DDR, also Berufe, wie es sie nur in der DDR gab. Westdeutsche Bewerber konnten diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Dies ist festgestellt worden. Zur Rücknahme der Bestellung ist allerdings auch erforderlich, dass der Begünstigte die den Bewerbern entgegengekommen, die im Jahr 1990 eine entsprechende Eignungsprüfung abgelegt haben. Dabei handelt es sich allerdings ausschließlich um Bestellungen zum Steuerbevollmächtigten. Da in diesen Eignungsprüfungen auch Kenntnisse des Steuerrechts der DDR abgefragt wurden, geht die Finanzverwaltung zugunsten der Bestellten davon aus, dass sie die Rechtswidrigkeit ihrer vorläufigen Bestellung nicht hätten kennen müssen. Zur Untermauerung dieser Annahme wird daneben verlangt, dass diese Berufsangehörigen unmittelbar nach der Bestellung ihre berufliche Niederlassung in Form eines eigenständigen Steuerbüros in den neuen Bundesländern begründet haben. Da bei entsprechende Annahme, dass sie davon ausgehen konnten, ihre Bestellung sei rechtmäßig.

Zu 3.: Es ist in der Zwischenzeit höchstrichterlich entschieden, dass durch die Rücknahmen der vorläufigen Bestellungen Artikel 19 des Einigungsvertrages nicht verletzt wird. Diese Regelung begründet für Verwaltungsakte der ehemaligen

DDR-Behörden keinen erhöhten Bestandsschutz. Außerdem ist es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, nachträglich neue Vorschriften zu schaffen, welche die Rücknahmemöglichkeiten von DDR-Verwaltungsakten erweitern. Dies hat er in § 46 Abs. 1 Satz 2 getan.

Zu 4.: den zu Frage 2 genannten rechtlichen Gründen bestand für das Thüringer Finanzministerium keine Möglichkeit, dem einen Vorstoß unternommen hatte, auch unter sozialen Gesichtspunkten und aus Billigkeitsgründen von den Rücknahmeverfahren gemäß § 46 Abs. 1 absehen zu können. Dieser Vorschlag ist aber an dem Widerstand der anderen Länder gescheitert. Die Steuerberaterkammer Thüringen hat insbesondere in den Fällen der vorläufig bestellten Steuerbevollmächtigten Ortsbesichtigungen der Kanzleien vorgenommen, um Entscheidungshilfe zu geben, ob eine angemessene berufliche Niederlassung des Berufsangehörigen vorhanden ist. Diesen Einschätzungen der Kammer ist durch die Rücknahmen die Funktionsfähigkeit der Steuerberaterkammer erheblich beeinträchtigt wird. Natürlich entstehen durch Rücknahmen, die - nebenbei bemerkt - wegen der eingelegten Rechtsbehelfe fast ausschließlich noch nicht rechtskräftig sind, für die Kammer nach Rechtskraft dieser Rücknahmen Beitragseinbußen. Gerade die Nachschauen bei den beruflichen Niederlassungen der Betroffenen haben jedoch der Kammer gezeigt, dass in einer Vielzahl werden sollen, bis eine endgültige Bestellung zum Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten erreicht ist, um danach wieder in die alten Bundesländer zurückzukehren. Die Steuerberaterkammer Thüringen ist daher mit dem Thüringer Finanzministerium der Ansicht, dass die Rücknahmeverfahren durchgeführt werden müssen.