Den Anforderungen entsprechen die Gemeinden in der Regel umso weniger je geringer die Einwohnerzahl ist

Die Verfassung des Freistaats Thüringen weist den Gemeinden in Artikel 91 Abs. 1 und 3 als eigenständig-handlungsfähigen Selbstverwaltungskörperschaften umfangreiche Aufgaben zu. Hierzu gehören außer allen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft (§ 2Abs. 1 und 2 der Thüringer Kommunalordnung

- enthält einen umfangreichen Katalog dieser Aufgaben des eigenen Wirkungskreises) zusätzlich bestimmte öffentliche Aufgaben des Staates oder anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts (Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises im Sinne des § 3 Abs. 1 Die Gemeinden müssen umfassend leistungsfähig sein, um des eigenen und übertragenen Wirkungskreises so zu erfüllen, dass sie den Erwartungen der Bürger und den wachsenden Anforderungen der kommunalen Daseinsvorsorge gerecht werden. Voraussetzung hierfür sind leistungsfähige Verwaltungsstrukturen mit das heißt einer rechtsstaatlichen, zweckmäßigen und hinreichend spezialisierten Verwaltung mit einer von spezialisiertem Personal, so dass ohne Drittbeteiligung (insbesondere sachgerecht entschieden werden kann.

Den Anforderungen entsprechen die Gemeinden in der Regel umso weniger, je geringer die Einwohnerzahl ist. In kleinen Gemeinden kann spezialisiertes Fachpersonal und Technik zur Wahrnehmung der Aufgaben des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises in der Regel weder finanziert noch effektiv eingesetzt werden. Überdies sind größere Investitionen aufgrund der beschränkten Haushaltsmittel aus eigener Kraft, auch über längere Zeiträume gestreckt, nur schwer finanzierbar. Dies trifft umso mehr zu, wenn die Gemeinden außerdem auch noch freiwillige Aufgaben erfüllen wollen, die für die Entwicklung der Gemeinden von erheblicher Bedeutung sein können.

Es ist auch nicht zu erwarten, dass sich die derzeitige finanzielle Situation der Städte und Gemeinden in absehbarer Zeit wesentlich verändern wird.

Die Gemeinde Liebschütz erhob gegen und Einbeziehung in die Neubildung der Gemeinde Remptendorf durch § 17Abs. 2 und 3 des Thüringer Gemeindeneugliederungsgesetzes Verfassungsbeschwerde.

Die Gemeinde Stadt Saalburg wandte sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde dagegen, dass gemäß § 17Abs. 4 die neue Gemeinde Remptendorf die Aufgaben einer Verwaltungsgemeinschaft nach § 51 für sie wahrnehmen soll.

Durch Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 12. März 1999 zu diesen Verfassungsbeschwerden wurde die gemäß § 17 Abs. 4 angeordnete Übernahme der Aufgaben einer Verwaltungsgemeinschaft nach § 51 durch die neu gebildete Gemeinde Remptendorf als erfüllende Gemeinde für die Gemeinde Stadt Saalburg für nichtig erklärt. Weiterhin erklärte der Verfassungsgerichtshof die Auflösung der Gemeinde Liebschütz und die Einbeziehung des Gebiets dieser Gemeinde in die neu gebildete Gemeinde Remptendorf für nichtig.

Dem Gesetzgeber wurde aufgetragen, bis spätestens 30. September 2000 erneut über die kommunale Zuordnung der Gemeinde Stadt Saalburg und der Gemeinde Liebschütz zu entscheiden.

Für die Übergangszeit bis zum In-Kraft-Treten der neuen gesetzlichen Bestimmungen legte der Verfassungsgerichtshof fest, dass die Verwaltungsgemein8 schaft Saalburg insoweit aufrecht erhalten wird, als sie wie im bisherigen Umfang die Verwaltungsaufgaben für die Gemeinde Stadt Saalburg wahrzunehmen hat. Die neu gebildete Gemeinde Remptendorf nimmt als erfüllende Gemeinde gemäß § 51 für die Gemeinde Liebschütz die Aufgaben einer Verwaltungsgemeinschaft wahr.

In seiner Urteilsbegründung bestätigt der Verfassungsgerichtshof die Notwendigkeit einer landesweiten Kommunalreform auf Gemeindeebene und hat auch gegen die angewandten Leitbilder und Leitlinien der Neuordnung von Verfassung wegen keine Bedenken.

Der Verfassungsgerichtshof bestätigt, dass Eingriffe in die gemeindliche Gebietshoheit bis hin zur Auflösung einer Gemeinde, auch gegen deren Willen, dann nicht der verfassungsmäßigen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung entgegenstehen, wenn diese gesetzlichen Maßnahmen den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen.

In den Fällen der Gemeinden Liebschütz und Stadt Saalburg verstieß der Gesetzgeber nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs gegen das Anhörungsgebot gegenüber den beiden Gemeinden und ihrer Bevölkerung und genügte damit nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Der Gesetzgeber hätte die Beschwerdeführerinnen und die betroffenen Einwohner erneut anhören müssen, nachdem er nicht mehr an der im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Regelung festhalten wollte und die durch die Verfassungsbeschwerden angegriffenen Regelungen vorsah. Dies stellte eine wesentliche Änderung des Neugliederungskonzepts bezüglich Liebschütz und Saalburg dar, zu der die Betroffenen keine ausreichende Gelegenheit hatten, sich zu äußern.

Ziel dieses Gesetzes ist es, zu erfüllen und unter Beachtung seiner Rechtsauffassung die Gemeinde Liebschütz und die Gemeinde Stadt Saalburg im Saale-Orla-Kreis erneut und abschließend zuzuordnen.

B. Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu § 1 (Gemeinde Liebschütz):

An die Gemeinde Liebschütz (583 Einwohner) grenzen im Süden der Ortsteil Liebengrün (etwa 480 Einwohner) der Gemeinde Remptendorf (3 814 Einwohner) und im Norden die Mitgliedsgemeinden Crispendorf (485 Einwohner), Eßbach (293 Einwohner), Paska (142 Einwohner) und Ziegenrück (901 Einwohner) Ranis-Ziegenrück (5 844 Einwohner).

Die Vorträge von Vertretern der Gemeinde Liebschütz während des Gesetzgebungsverfahrens zum Thüringer Gemeindeneugliederungsgesetz und lassen erkennen, dass in erster Linie zur Gemeinde Remptendorf Verflechtungsbeziehungen bestehen.

Hervorzuheben ist die enge bauliche und infrastrukturelle Verflechtung der Gemeinde Liebschütz mit dem Ortsteil Liebengrün der Gemeinde Remptendorf. Beide Orte bilden ein gemeinsames, nicht abgrenzbares Ortsbild. Aufgrund dieser räumlichen Nähe gibt es neben den jeweils gleichen zuständigen Behörden und Einrichtungen (wie Katasteramt, Grundbuchamt, Polizeiinspektion, Arbeitsamt, Zweckverbände Wasser/Abwasser auch gemeinsame Vereine, wie den Sportverein mit verschiedenen Sektionen (z.B. Fußball, Reit- und Fahrsport) und den gemeinsamen Kirchenchor der Kirchgemeinde Liebschütz/Liebengrün.

Die Liebschützer Grundschüler besuchen ebenso wie die aus Liebengrün die Grundschule in Ebersdorf/Thüringen, der Regelschulstandort für Liebschütz und den Ortsteil Liebengrün befindet sich im fünf Kilometer entfernten Remptendorf.

Zudem verknüpfen auch historische Beziehungen die Orte Liebschütz und Liebengrün miteinander und mit dem Raum Remptendorf.

Die Gemeinde Liebschütz war Mitglied der am 25. November 1993 gebildeten und durch § 17 aufgelösten Verwaltungsgemeinschaft aus dem Gebiet aller übrigen Mitgliedsgemeinden wurde mit Wirkung vom 1. Juli 1999 die neue Gemeinde Remptendorf gebildet. Diese nimmt derzeit für Liebschütz wahr. Die Entfernung zum Verwaltungssitz der Gemeinde Remptendorf beträgt fünf Kilometer.

Liebschütz ist wie Remptendorf Mitglied des Zweckverbands Wasser und Abwasser Lobensteiner Oberland in Lobenstein und des Zweckverbands Abfallwirtschaft Saale-Orla in Pößneck. Die Gemeinde Liebschütz wird derzeit durch das Meldeamt Remptendorf betreut und gehört, bis über ihre endgültige kommunale Zuordnung entschieden ist, zum Standesamtsbezirk Ebersdorf/Thüringen.

Liebschütz ist mit Remptendorf durch die Landstraße 1102 verbunden. Die Buslinie 180 Lobenstein-Remptendorf-Ziegenrück verkehrt wochentags 16-mal am Tag.

Zu Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Ranis-Ziegenrück weisen die Gemeinden Liebschütz und auch Liebengrün vor allem historische Beziehungen auf. Sie gehörten einem bis zum 1. Oktober 1945 existierenden Landkreis Ziegenrück (Sitz in der Stadt Ranis) an. In der neueren Vergangenheit konnte die Orientierung dieser beiden Orte in Richtung der Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Ranis-Ziegenrück nicht fortgesetzt werden, denn sie wurden nach vorübergehender Zugehörigkeit zum Landkreis Saalfeld und zum Landkreis Schleiz im Jahre 1952 dem Kreis Lobenstein zugeordnet; die anderen Gemeinden dagegen anderen Kreisen.

Gemeinsame Verwaltungsstrukturen und weitere Verbindungen entwickelten sich daher seitdem, also seit etwa 50 Jahren; zum Territorium der jetzigen Gemeinde Remptendorf bis hin nach Ebersdorf/Thüringen und Lobenstein als der ehemaligen Kreisstadt.

Die Gemeinde Liebschütz entwickelte in der Zeit des Verfassungsgerichtsverfahrens gegen § 17 Aktivitäten für eine Zuordnung zur Verwaltungsgemeinschaft Ranis-Ziegenrück. Wie der Vortrag der Gemeinde erkennen lässt, ist Grund für diese Aktivitäten vor allem das Ziel des Erhalts der kommunalen Selbständigkeit der Gemeinde. Dementsprechend wurden im Juni 1997 die Bürger der Gemeinde Liebschütz befragt, ob sie für den Bestand der selbständigen Gemeinde Liebschütz sind und ob sie mit einem Beitritt zur Verwaltungsgemeinschaft Ranis-Ziegenrück einverstanden wären. Im Ergebnis dieser Bürgerbefragung sprach sich eine Mehrheit der wahlberechtigten Einwohner für den Erhalt der selbständigen Gemeinde Liebschütz und für den Beitritt zur angrenzenden Verwaltungsgemeinschaft aus. Daraufhin beschloss der Gemeinderat mit Beschluss Nr. 72/97 vom 11. Dezember 1997, zur Wahrung der Selbständigkeit von Liebschütz die Mitgliedschaft in der Verwaltungsgemeinschaft Ranis-Ziegenrück anzustreben und wandte sich mit einem an die Verwaltungsgemeinschaft. Die Mitgliedsgemeinden dieser Verwaltungsgemeinschaft äußerten sich durch im Jahr 1998 gefasste Beschlüsse zustimmend zum Beitritt von Liebschütz, Wilhelmsdorf mit der Bedingung, dass es dadurch nicht zu einer Erhöhung der Gemeinschaftsumlage kommt. Mit Gemeinderatsbeschluss Nr. 55/99 vom 22. November 1999 bekräftigte Liebschütz nochmals, Ranis-Ziegenrück beitreten zu wollen.