Rechtsanwalt

Hessischen Ministeriums der Justiz

- 1430/1E - III/4 - 183/99 und 1270 E - I/2 413/99 ist folgender Sachverhalt festzustellen:

- Einleitung der Ermittlungen wegen Verdachts des Parteiverrats Noch am Mittwoch, dem 10. Februar 1999, erstattete Rechtsanwalt Dietmar Kleiner bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Gießen Strafanzeige gegen den Betroffenen, indem er - nach telefonischer Ankündigung eines dringlichen Vorgangs - gegen Mittag die Zeugin von Anshelm als amtierende Behördenleiterin aufsuchte und ihr die Anzeigeschrift vom selben Tag übergab. In der Strafanzeige wurde der Vorwurf des Parteiverrats, strafbar als Vergehen gemäß § 356 erhoben. Zur Begründung war der Schriftsatz an die Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main vom selben Tag nebst dessen Anlagen beigefügt. Die Zeugin von Anshelm sah einen Zusammenhang zwischen dem Ergebnis der Landtagswahl am Sonntag, dem 7. Februar 1999, sowie politischen Aktivitäten des Rechtsanwalts Dietmar Kleiner und erwog, ob es sich um eine Strafsache mit politischem Hintergrund im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 5 der Anordnung über Organisation und Dienstbetrieb der Staatsanwaltschaft durch Runderlass des Hessischen Ministeriums der Justiz und für Europaangelegenheiten vom 17. November 1998 (JMBl. S. 950) handele, verneinte dies aber schließlich und gab die Strafanzeige zur Verteilung nach dem Anfangsbuchstaben B. Die Ermittlungen wurden so dem Geschäftsbereich der Zeugin Lachmann zugewiesen. Wegen der Stellung des Betroffenen als Abgeordneter des Hessischen Landtags wurde das Verfahren zunächst im Allgemeinen Register erfasst. Wohl noch am selben Tag berichtete die Zeugin von Anshelm telefonisch vorab dem Abteilungsleiter I bei der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main, dem Leitenden Oberstaatsanwalt Dr. Peter Kircher, vom Eingang der Strafanzeige.

Dem Behördenleiter der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Gießen, dem Zeugen Kramer, der am Rosenmontag, dem 15. Februar 1999, aus dem Urlaub zurückgekehrt war, wurde die Strafanzeige am Montag, dem 22. Februar 1999, vorgelegt.

Durch Verfügung vom 25. Februar 1999 wurden dem Präsidenten des Hessischen Landtags sowie dem Betroffenen mitgeteilt, dass die Aufnahme von Ermittlungen gegen den Betroffenen wegen Verdachts des Parteiverrats beabsichtigt sei. Zugleich wurde dem Hessischen Ministerium der Justiz und für Europaangelegenheiten auf dem Dienstweg über den Generalstaatsanwalt berichtet. Unter dem 3. März 1999 bestätigte der Präsident des (14.) Landtags den Empfang der Mitteilung.

Im Hinblick darauf, dass zwar am Sonntag, dem 7. Februar 1999, ein neuer Landtag gewählt worden war, dieser sich aber noch nicht konstituiert hatte, wurden weiter gehende Ermittlungen noch nicht aufgenommen. Hierzu verfügte im Auftrag des Generalstaatsanwalts der Leitende Oberstaatsanwalt Dr. Kircher am 16. März 1999 an die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Gießen: 26 Hessischer Landtag · 15. Wahlperiode · Februar 1999 ging am Mittwoch, dem 31. März 1999, beim Hessischen Ministerium der Justiz und für Europaangelegenheiten ein und wurde am Gründonnerstag, dem 1. April 1999, der Staatssekretärin Kristiane Weber-Hassemer vorgelegt. Von der Staatssekretärin wurde die Vorlage an den damaligen Leiter der Abteilung III - Strafrecht und Gnadenwesen -, den Zeugen Dr. Groß, verfügt, der seinerseits den Referenten III/4, den Zeugen Dr. Thoma, um Vortrag zur Rechtslage und Information des Ministers bat. Der Zeuge Dr. Thoma trug seinem Abteilungsleiter am Mittwoch, dem 7. April 1999 - dem Tag der Konstituierung des 15. Landtags, der Wahl des neuen Ministerpräsidenten und der Ernennung der neuen Minister und Ministerinnen - vor und verfügte sodann die Vorlage an den neu ernannten Minister der Justiz. Der Vorgang wurde am 8. April 1999 dem Referatsgruppenleiter III/A, dem Zeugen Dr. Fünfsinn, sowie am 9. April 1999 - erneut dem Zeugen Dr. Groß und am selben Tag - erstmalig dem neu ernannten Staatssekretär, dem Zeugen Landau, und dem neu ernannten Hessischen Minister der Justiz, Staatsminister Dr. Christean Wagner, vorgelegt.

Auf den Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der F.D.P. betreffend die Immunität von Abgeordneten des Hessischen Landtags vom 6. April 1999 - Drucksache 15/13 - genehmigte der 15. Landtag in seiner ersten Plenarsitzung am 7. April 1999 die Durchführung von Verfahren gegen Abgeordnete wegen Straftaten, es sei denn, dass es sich um Beleidigungen politischen Charakters handele, wenn vor Einleitung des Verfahrens dem Präsidenten des Landtags und, soweit nicht Gründe der Wahrheitsfindung entgegenstünden, dem betroffenen Mitglied des Landtags Mitteilung gemacht worden und diese dem Präsidenten zugegangen sei.

Durch Verfügung vom 22. April 1999, die die Zeugin von Anshelm als stellvertretende Behördenleiterin unterzeichnete, wurden dem Präsidenten des Hessischen Landtags sowie dem Betroffenen abermals mitgeteilt, dass die Aufnahme von Ermittlungen gegen den Betroffenen wegen Verdachts des Parteiverrats beabsichtigt sei. Zugleich wurde auf dem Dienstweg dem Hessischen Ministerium der Justiz berichtet; dort ging der Bericht am 26. April 1999 ein. Ebenfalls unter dem 26. April 1999 bestätigte der Präsident des (15.) Landtags den Empfang der an ihn gerichteten Mitteilung.

- Einleitung der Ermittlungen wegen Verdachts der Teilnahme an versuchtem Betrug Vor dem Hintergrund einer Fernsehsendung des hr 3

Politik aktuell am Mittwoch, dem 28. April 1999, in der der Eindruck erweckt worden war, der Betroffene habe sich an einem Versuch seiner früheren Mandantin, zu Unrecht Prozesskostenhilfe bewilligt zu erhalten, beteiligt, und deren Aufnahme in der Presse wandte der Betroffene sich mit Schreiben vom Sonntag, dem 2. Mai 1999, unter dem Briefkopf Volker Bouffier, Staatsminister an die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Gießen, beantragte, das bereits laufende Ermittlungsverfahren auf die Prüfung des Vorwurfs eines Betruges zu erweitern und führte unter anderem an:

Mit Rücksicht auf mein Amt als Hess. Minister des Innern und für Sport, aber auch bezogen auf meine Person und meine Familie habe ich ein herausragendes Interesse daran, dass diese Vorwürfe von der zuständigen Behörde geprüft und entkräftet werden.

Dieses Schreiben ging am Montag, dem 3. Mai 1999, bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Gießen ein. Am 4. Mai 1999 berichtete der Zeuge Kramer unmittelbar dem Zeugen Dr. Thoma unter Übersendung dieses Schreibens nebst Anlagen per Telefax; der Generalstaatsanwalt wurde hiervon unterrichtet.

Wegen der Stellung des Betroffenen als Abgeordneter des Hessischen Landtags wurde auch dieses Verfahren zunächst im Allgemeinen Register erfasst.

Durch Verfügung vom 4. Mai 1999 wurden dem Präsidenten des Hessischen Landtags sowie dem Betroffenen mitgeteilt, dass die Aufnahme von Ermittlungen gegen den Betroffenen wegen Verdachts des Mitwirkung an einem versuchten Betrug beabsichtigt sei. Zugleich wurde dem Hessischen Ministerium der Justiz unmittelbar berichtet und der Generalstaatsanwalt hiervon nachrichtlich unterrichtet. Unter dem 5. Mai 1999 bestätigte der Präsident des Hessischen Landtags den Empfang der Mitteilung.

- Durchführung und Abschluss der Ermittlungen; begleitende Vorgänge Als Wahlverteidiger des Betroffenen hatten sich bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Gießen mit Schriftsatz vom 3. März 1999 der Rechtsanwalt Reinhold Steiner aus Gießen (Kanzlei Bouffier, Steiner, Goetze & Kollegen) und mit Schriftsatz vom 26. April 1999 der Rechtsanwalt Dr. Kai Hart-Hönig aus München (Kanzlei Pünder, Volhard, Weber & Axter) gemeldet. Am 27. April 1999 berichtete der Zeuge Kramer telefonisch dem Zeugen Dr. Thoma von den Meldungen der beiden Verteidiger. Auf ihre Anträge wurden Rechtsanwalt Steiner durch Verfügung vom Mittwoch, dem 10. März 1999, und Rechtsanwalt Dr. Hart-Hönig durch Verfügung vom Dienstag, dem 4. Mai 1999, Akteneinsicht in die Ermittlungsakten gewährt; im weiteren Verlauf des Verfahrens überließ Rechtsanwalt Steiner Rechtsanwalt Dr. Hart-Hönig den Vortrag.

Die Zeugin Lachmann hatte gegenüber ihren Kollegen schon in einem frühen Stadium der Ermittlungen erklärt, dass sie nicht in ihrem Kreis kollegialiter über die Verfahren sprechen werde. Dies wurde von ihren Kollegen akzeptiert.