Rehabilitation
In Thüringen arbeiten gegenwärtig acht stationäre Einrichtungen, von denen drei Einrichtungen ausschließlich qualifizierte Entzugsbehandlungen, zwei ausschließlich Entwöhnungsbehandlungen und drei Einrichtungen beide Leistungen anbieten.
Alle Einrichtungen werden regional und teilweise überregional belegt.
Stationäre Entzugsbehandlungen erfolgen im Sinne einer qualifizierten Entgiftung und auf dafür qualifizierten eigenständigen Stationen in der Klinik für Psychiatrie der Jena, in den Landesfachkrankenhäusern in Hildburghausen, Mühlhausen und Stadtroda. Spezielle Angebote der Entgiftung mit psychosozialer Ergänzungsbehandlung bestehen seit Februar 1992 im internistischen Krankenhaus in Großbreitenbach und seit Frühjahr 1993 in der Fachklinik für Abhängigkeitserkrankungen Rusteberg.
Für Entzugsbehandlungen in eigenständigen Stationen wird gegenwärtig von einem Bedarf von mindestens 150 Plätzen mit der Möglichkeit zum qualifizierten Entzug ausgegangen.
Die Therapiekonzepte dieser Einrichtungen sind bewußt ganzheitsmedizinisch orientiert, d. h. die Therapie wird nicht auf das (körperliche) Entzugssyndrom reduziert, sondern umfaßt ebenso psycho- und soziotherapeutische Elemente. Die qualifizierten Teams arbeiten multidisziplinär und entwickeln individuell zugeschnittene Therapiepläne für ihre Patienten. Ziele der Behandlung sind die körperliche, psychische und soziale Stabilisierung der Betroffenen, ihre Motivation und Befähigung zur Inanspruchnahme der ambulanten, stationären und komplementären Hilfsangebote in der Suchtkrankenhilfe und schließlich die Abstinenz als Grundlage für eine kompetente Lebensbewältigung.
Wartezeiten für die Aufnahme der Patienten betragen höchstens einige Tage, zumal auch Entgiftungen in den internistischen und psychiatrischen Abteilungen der Krankenhäuser (ohne speziell vorgehaltene Plätze) erfolgen. Die somatisch orientierte Entgiftung wird in Thüringen flächendeckend und bedarfsgerecht angeboten.
Langzeitbehandlungen für sog. chronisch mehrfachgeschädigte Abhängigkeitskranke, vorwiegend mit hirnorganischer Leistungsminderung, ggf. mit schwerwiegenden Persönlichkeitsstörungen, auch mit mit-behandlungsbedürftigen Zweiterkrankungen, erfolgen derzeit im Suchtbereich des Landesfachkrankenhauses Hildburghausen und im Landesfachkrankenhaus Stadtroda. Entsprechende Behandlungsangebote für die genannte Klientel sind im Suchtbereich des Landesfachkrankenhauses Mühlhausen mittelfristig geplant.
Für Entwöhnungsbehandlungen standen in Thüringen vor der deutschen Einheit vier erfahrene Behandlungseinrichtungen mit qualifizierten Mitarbeitern zur Verfügung.
Die Teams von Mühlhausen und Hildburghausen arbeiten weiter in den dortigen Landesfachkrankenhäusern, das Team von Stadtroda wechselte in die Fachklinik Bad Klosterlausnitz (ggw. 40 Plätze, Erweiterungsneubau auf 100 Plätze begonnen).
Die Suchtstation der Klinik für Psychiatrie der Friedrich-Schiller-Universität Jena wird seit 1992 von den Leistungsträgern für Entwöhnungsbehandlungen nicht mehr belegt und wurde deshalb für qualifizierte Entzugsbehandlungen und für die mittelfristige Behandlung Alkoholund Medikamentenabhängiger mit psychiatrischen Begleiterkrankungen umprofiliert.
Neu errichtet wurden die Behandlungseinrichtungen Fachklinik für Abhängigkeitserkrankungen Rusteberg mit Kurzzeitbehandlung (z. Z. 22 Plätze) und seit 1994 die Fachklinik Bad Blankenburg (100 Plätze, Erweiterung auf 140 Plätze geplant). Zusätzlich sind die Erweiterung der Kapazitäten in der Fachklinik für Abhängigkeitserkrankungen Rusteberg für Langzeitbehandlung sowie die Schaffung eines Therapiedorfes für die Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen und psychosomatischen Krankheiten mit einer gestuften, integrierten Therapiekette mit 182 Plätzen in Römhild (Landkreis Hildburghausen) vorgesehen.
Gegenwärtig bestehen in einigen Einrichtungen bei sehr unterschiedlichen Anmeldungsszahlen mehrmonatige Wartelisten, jedoch ist auch dort mit der wachsenden Platzzahl eine Entspannung zu erwarten.
Therapeutisch werden durchgehend integrative Konzepte mit unterschiedlicher Gewichtung verhaltenstherapeutischer, gruppendynamischer sowie auch logotherapeutischer Anteile angewandt.
Die Fachkliniken in Bad Blankenburg und in Bad Klosterlausnitz bieten Behandlungen für Mütter mit Kindern im Vorschulalter an.
Zur Zeit werden von den Rentenversicherungsträgern Angebote der Entwöhnungsbehandlung auch noch außerhalb Thüringens vermittelt.
Für Entwöhnungsbehandlungen werden gegenwärtig etwa 400 Plätze in Thüringen geplant.
Eine weitere Erhöhung dieses Bedarfes ist durch die Auswirkungen ambulanter Rehabilitationsbehandlungen sowie wohnortnahe qualifizierte Angebote für Kurzzeittherapien als eher unwahrscheinlich anzusehen.
Der Maßregelvollzug für suchtkranke Straftäter nach § 64 ist mit z. Zt. 28 Plätzen in Thüringen dem Suchtbereich des Landesfachkrankenhauses Hildburghausen angegliedert.
Entsprechend der steigenden Nachfrage nach Behandlungsplätzen für suchtkranke Straftäter ist kurz- und mittelfristig eine Ausweitung der in Thüringen zur Verfügung stehenden Plätze auf 50 vorgesehen. Ausführungen zu Strukturierung des Maßregelvollzuges sind im ersten Thüringer Psychiatrieplan enthalten.
Der Ausbau von Behandlungsmöglichkeiten für Abhängige von illegalen Drogen ist im Krankenhaus Rusteberg und im Landesfachkrankenhaus Hildburghausen geplant.
Für die weitere Entwicklung ist die Fortschreibung einer angemessenen Bedarfsermittlung Voraussetzung.
Als grundsätzliche Tendenzen sind weiter voranzutreiben:
Die vorhandenen stationären Einrichtungen zur Behandlung von Suchtkranken sind so auszubauen, dass sie wohnortnah in einem definierten Einzugsbereich eine qualifizierte Basistherapie (Entgiftung, Krisenintervention, stationär notwendige Motivationsbehandlung, Entwöhnungsbehandlung) realisieren können, denn nur wenige Patienten brauchen spezialisierte Therapieangebote, die dann überregional entwickelt und ggf. auch außerhalb Thüringens in Anspruch genommen werden sollten.
Die stationären therapeutischen Suchtkrankenhilfeeinrichtungen sind auch für die Behandlung von nichtstoffgebundenen Süchten, die in Verbindung mit stoffgebundenen Abhängigkeitserkrankungen auftreten, zu qualifizieren.
Die Kliniken sollen untereinander, mit vor- und nachstationären Einrichtungen sowie auch mit den Allgemeinkrankenhäusern und den niedergelassenen Ärzten zusammenarbeiten, um ein Angebot von unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten sowie Betreuungs- und Behandlungsvarianten für Gefährdete und Behandlungsbedürftige zu schaffen. Diese enge Kooperation dient einer dem individuellen Bedarf entsprechenden, über die somatische Entgiftung hinausgehenden Gestaltung der Therapie.