Die Verwaltung für Versorgung und Soziales sollte im Übrigen zweistufig gegliedert und das Landesamt aufgelöst

Organisation und Wirtschaftlichkeit im Bereich der Hessischen Verwaltung für Versorgung und Soziales (Kap. 08 18 und 08 19)

In den Bemerkungen 1999 hatte der Rechnungshof bei den Ämtern für Versorgung und Soziales einen Überhang von mehr als 200 Stellen aufgezeigt. Durch Aufgabenrückgang, Fremdvergabe von Aufgaben und Umstrukturierungen im Bereich der Ärztlichen Dienste/Dienststellen sowie Trennung von der Kurklinik Waldeck ergeben sich kurz- und mittelfristig weitere Einsparpotenziale in einer Größenordnung von rund 100 Stellen.

Die Verwaltung für Versorgung und Soziales sollte im Übrigen zweistufig gegliedert und das Landesamt aufgelöst werden.

76. Zur Versorgung der Kriegsopfer wurden in den Ländern nach Kriegsende Versorgungsverwaltungen eingerichtet. Diese nehmen inzwischen neben den nach und nach auslaufenden originären Aufgaben weitere Aufgaben aus dem sozialen Bereich wahr.

Die Hessische Verwaltung für Versorgung und Soziales (HVVS) ist im Wesentlichen zuständig für die

· Durchführung des Sozialen Entschädigungsrechts nach dem Bundesversorgungsgesetz und den Gesetzen,die dieses für anwendbar erklären (z. B. Opferentschädigungsgesetz, Soldatenversorgungsgesetz),

· Feststellung von Behinderungen und des Grades der Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz,

· Durchführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes,

· Heimaufsicht und Heimberatung nach dem Heimgesetz.

77. Die HVVS ist dreistufig gegliedert. Oberste Landesbehörde ist das Hessische Sozialministerium (HSM), Mittelinstanz das Hessische Landesamt für Versorgung und Soziales (HLVS). Auf der örtlichen Ebene sind die Hessischen Ämter für Versorgung und Soziales (HÄVS) tätig. Weitere zur HVVS gehörige Einrichtungen sind die Versorgungsärztliche Untersuchungsstelle (VUSt) Kassel, die Orthopädische Versorgungsstelle (OVSt) Kassel, die Zentralärztliche Dienststelle für Begutachtung und orthopädische Versorgung (ZBOV) in Frankfurt am Main sowie die Kurklinik Waldeck (Versorgungskuranstalt) in Bad Wildungen.

78. Der Rechnungshof hat in den Jahren 1998 und 1999 eine umfassende Prüfung zu Fragen der Organisation im Bereich der HVVS durchgeführt.Im ersten Prüfungsabschnitt hatte er bei den HÄVS einen Personalüberhang von 216 Stellen aufgezeigt. Hierüber wurde der Hessische Landtag im Rahmen der Bemerkungen 1999 bereits unterrichtet. Die Ergebnisse des zweiten Prüfungsabschnitts bei den Ärztlichen Diensten/Dienststellen, der Kurklinik Waldeck und dem Landesamt sind Gegenstand dieses Bemerkungsbeitrags.

79. Die wesentlichen Fachaufgaben der Ärztlichen Dienste und Dienststellen sind medizinische Beurteilungen sowie die orthopädische Versorgung von Anspruchsberechtigten. Zur Erledigung dieser Aufgaben waren bei den Ärztlichen Diensten der Ämter, den ärztlichen Sonderdienststellen und der Ärztlichen Abteilung des Landesamtes im Jahr 1999 insgesamt mehr als 130 Beschäftigte eingesetzt (Ärzte, Verwaltungs- und Schreibkräfte, Labor- und Röntgenpersonal usw.).

Die angetroffenen Organisationsstrukturen und Verfahrensabläufe entsprechen nicht den Erfordernissen einer zeitgemäßen und leistungsfähigen Verwaltung. Alle ärztlichen Sonderdienststellen und die Ärztliche Abteilung des Landesamtes sollten deshalb aufgelöst und in die HÄVS Frankfurt am Main und Kassel

Zu Tz. 76 bis 79 und 81 bis 82

Die Landesregierung hat die weitgehende Umsetzung der Anregungen des Rechnungshofs bereits eingeleitet.

Der Kabinettausschuss Verwaltungsreform hat am 8. Dezember 2000 beschlossen, dass kurzfristig bis 30. Juni 2001 eine Integration der ärztlichen Sonderdienststellen in die Ämter für Versorgung und Soziales vorzunehmen ist. Darüber hinaus sollen die zu erstellenden medizinischen Gutachten künftig weitestgehend fremdvergeben werden.Zu erhalten ist lediglich ein Kernbestand an sozialmedizinischer Kompetenz, um notwendige Kausalitätsprüfungen in verschiedenen Kernaufgabenbereichen vornehmen zu können.

Weiterhin wurde beschlossen, dass das Landesamt für Versorgung und Soziales als eigenständige Landesmittelbehörde aufgelöst und mit den unverzichtbaren Kernaufgaben bis zum 31. Dezember 2001 in das Regierungspräsidium Gießen eingegliedert wird.

Das bedeutet, dass eine Vielzahl von Aufgaben künftig auf der Ämterebene wahrgenommen werden.

Die sechs Ämter für Versorgung und Soziales bleiben auf regionaler Ebene bestehen. Die Außenstellen Marburg, Bensheim und Gelnhausen werden entsprechend der Entwicklung ihrer Aufgabenbereiche schrittweise in die jeweilige Hauptstelle integriert.

Ein zweistufiger Verwaltungsaufbau ist nach dem Gesetz über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung vom 12. März 1951

(Errichtungsgesetz), das vorschreibt, von den Ländern zur Versorgung der Kriegsopfer nach dem Bundesversorgungsgesetz Versorgungsämter und Landesversorgungsämter als besondere Verwaltungsbehörden einzurichten, nicht realisierbar. Mit dem Zweiten Zuständigkeitslockerungsgesetz vom 3. Mai 2000 wurde Sonderverwaltung des Errichtungsgesetzes zwar gestrichen, die aufbauorganisatorischen Vorgaben blieben jedoch unverändert.

Durch die eingeleiteten organisatorischen Maßnahmen wird eine teilweise Eingliederung in die allgemeine Landesverwaltung erreicht.

Bemerkungen des Rechnungshofs Stellungnahme der Landesregierung BEMERKUNGEN ZUM EINZELPLAN 08 integriert werden. Infolge der mit dieser Aufgabenbündelung einhergehenden Synergieeffekte sowie durch

· den unaufhaltsamen Aufgabenrückgang insbesondere bei der orthopädischen Versorgung, aber auch im Bereich der medizinischen Beurteilungen in Angelegenheiten des Sozialen Entschädigungsrechts und

· Fremdvergabe von Röntgen- und Laborleistungen wird sich der Personalbedarf für ärztliche Leistungen Zug um Zug vermindern. Deshalb sollten bis auf weiteres sämtliche freien und freiwerdenden Stellen im Bereich der Ärztlichen Dienste (Ärzte und sonstige Beschäftigte) ersatzlos entfallen.

Von den zum Prüfungszeitpunkt angetroffenen mehr als 130 besetzten Stellen werden bis zum Jahr 2010 voraussichtlich insgesamt etwa 50 insbesondere aus Altersgründen frei werden.

Das HSM hat in seiner Stellungnahme u. a. ausgeführt, beim Landesamt werde der Ärztliche Dienst in einem Dezernat zusammengefasst und der bisherige Status als eigenständige Abteilung abgeschafft werden. VUSt und OVSt Kassel würden in das HAVS Kassel, die ZBOV Frankfurt am Main in das HAVS Frankfurt am Main integriert werden. Die für Begutachtungszwecke erbrachten Labor- und Röntgenleistungen sollen vollständig privatisiert werden. Eine völlige Privatisierung des sozialmedizinischen Begutachtungswesens werde nicht angestrebt, da in Fragen des Sozialen Entschädigungsrechts die sozialmedizinische Begutachtungskompetenz für die Aufgabenerfüllung der HVVS unverzichtbar sei. Derzeit werde der ärztliche Dienst insbesondere bei der Abschiebung suizidgefährdeter Asylbewerber in Anspruch genommen. Die Empfehlung des Rechnungshofs,mit dem zu erwartenden Personalabbau (Altersfluktuation) verstärkt auf Außengutachten zurückzugreifen, entspräche dem von der Verwaltung eingeschlagenen Weg.

Der Rechnungshof begrüßt die grundsätzlich zustimmende Haltung des Ministeriums und erwartet, dass die zugesagten Reorganisationsmaßnahmen zeitnah umgesetzt werden.Er geht unverändert für den Bereich der Ärztlichen Dienste/Dienststellen davon aus, dass zumindest die freien und die bis zum Jahr 2010 frei werdenden rund 50 Stellen ersatzlos entfallen werden.

80. Zur Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes sind von den Ländern nach Maßgabe des Bedürfnisses und der Zweckmäßigkeit u. a.Versorgungskuranstalten zu betreiben.Von den ursprünglich drei hessischen Kuranstalten wird seit 1977 nur noch die Kurklinik Waldeck in Bad Wildungen mit zum Prüfungszeitpunkt 71 Betten betrieben. Wegen stetiger Abnahme der Zahl der Versorgungsberechtigten werden in der HVVS bereits seit Mitte der 80er Jahre Überlegungen angestellt, durch Erweiterung der Heilanzeigen und Aufnahme von Patienten anderer Kostenträger die Auslastung zu erhöhen und dadurch den Fortbestand der Kurklinik Waldeck möglichst lange zu sichern. Das Landesamt hatte das zuständige Ministerium wiederholt ­ zuletzt auch während unserer Prüfung ­ auf die zunehmenden Schwierigkeiten hingewiesen, die Kurklinik auszulasten und wirtschaftlich zu betreiben. Es hat hierzu u. a. sinngemäß ausgeführt, dass auch die zwischenzeitlich eingeleiteten Maßnahmen zur Erhöhung der Auslastungsquote mittelfristig nicht ausreichen, den wirtschaftlichen Fortbestand zu sichern und deshalb das Ministerium gebeten, eine verbindliche Entscheidung über die Zukunft der Kurklinik zu treffen.

Der Rechnungshof hat in seiner Bewertung hervorgehoben, dass durch den stetigen Rückgang der Zahl der Versorgungsberechtigten die originären Aufgaben der Kurklinik als Versorgungskuranstalt zunehmend in den Hintergrund treten und schon bald weitgehend entfallen werden. Er sieht insgesamt weder rechtlich noch wirtschaftlich ein hinreichendes Bedürfnis zur Fortführung der Kurklinik als landeseigene Einrichtung. Das Land sollte sich daher baldmöglichst davon trennen und Initiativen zum Verkauf

Die Neustrukturierung der Hessischen Versorgungsverwaltung wird in Projektstruktur unter Federführung des Sozialministeriums in Arbeitsgruppen vorbereitet. Ziel ist die genaue Festlegung der auf die Ämter delegierbaren Aufgaben des Landesamtes für Versorgung und Soziales und der auf das Regierungspräsidium Gießen zu übertragenen unverzichtbaren Kernaufgaben.Dabei ist auch die Frage der sozialverträglichen Umsetzung von Beschäftigten zu berücksichtigen.

In den Haushaltsjahren 1999, 2000 und 2001 sind in der Versorgungsverwaltung insgesamt 69 Stellen in Abgang gestellt oder umgesetzt worden. Weiter sind in dem Stellenplan und den Stellenübersichten zu Kapitel 08 18 im Haushaltsplan 2001 noch 198 ausgebracht.

Im Ergebnis entspricht dies dem vom Rechnungshof im ersten und zweiten Prüfungsabschnitt gesehenen Einsparpotential.

Hinzu kommen die bei Tz. 80 aufgeführten 47 Bemerkungen des Rechnungshofs Stellungnahme der Landesregierung

Zu Tz. 80

Aufgrund der Empfehlung des Rechnungshofs wurden mit dem Haushaltsplan 2001 alle 47 Stellen der Kurklinik Waldeck mit Vermerken kw ­ frühestens zum 31.12.2003 versehen. Die Belegung der Kurklinik Waldeck erfolgt u.a. im Rahmen des bundesweiten Kurenausgleichsverfahrens. Die Kosten werden vom Bund übernommen.

Die Kurklinik Waldeck ist, wie den Belegungszahlen zu entnehmen ist, relativ gut ausgelastet. Es wird zumindest mittelfristig weiterhin mit einer rund 80%igen Auslastung gerechnet. Das betriebliche Rechnungswesen wurde mittlerweile eingeführt, damit auch die Wirtschaftlichkeit der Einrichtung laufend überprüft werden kann.

Die Kurklinik entspricht modernem Standard. Aufgrund der Lage in einem strukturschwachen Raum mit hoher Arbeitslosigkeit steht ein eventuell zu erzielender Verkaufserlös in keinem Verhältnis zu der voraussichtlich entstehenden Belastung für die öffentliche Hand insgesamt.

Voraussichtlich im Rahmen der Haushaltsplanaufstellung für das Haushaltsjahr 2003 wird deshalb der Einrichtung ergreifen. Die 47 vorhandenen Stellen sollten mit kw-Vermerken versehen werden.

Das HSM hat in seiner Stellungnahme ausgeführt, derzeit werde bei der Kurklinik das betriebliche Rechnungswesen eingeführt und u.a.auch damit laufend überprüft.Damit werde sichergestellt, rechtzeitig auf die vom Rechnungshof gegebene Empfehlung auf eine Trennung von der Kurklinik reagieren zu können. Sie sei in den letzten Jahren mit großem finanziellem Aufwand aus Landesmitteln modernisiert worden und entspreche modernem Standard. Zu der Empfehlung, kw-Vermerke auszubringen, hat sich das Ministerium nicht geäußert.

Dem Rechnungshof ist in Anbetracht der seit langem bekannten Schwierigkeiten sowie der absehbaren Entwicklung unverständlich, dass die Kurklinik noch in den letzten Jahren mit großem finanziellen Aufwand aus Landesmitteln modernisiert wurde.

Er weist mit Nachdruck auf seine Empfehlung hin,baldmöglichst Initiativen zum Verkauf der Einrichtung zu ergreifen und die 47 für die Kurklinik ausgebrachten Stellen mit kw-Vermerken zu versehen.

81. Das HLVS ist als Mittelinstanz den hessischen Versorgungsdienststellen übergeordnet und führt die Fachaufsicht. Im Bereich der fachlichen Kernaufgaben der HVVS (Soziales Entschädigungsrecht, Schwerbehindertenrecht, Erziehungsgeld, Heimaufsicht) ist das Landesamt u. a. für besondere Einzelfälle sowie grundsätzlich für die Rechtsmittelverfahren zuständig. Daneben obliegen ihm Zuständigkeiten bei den nachgeordneten Dienststellen nicht wahrgenommen werden (z. B. Umlageverfahren Altenpflegeausbildung, Krankenhauspflegesatzgenehmigung, Einsatzabrechnung und Verwaltungsaufgaben im Rahmen der Luftrettung). Zum Prüfungszeitpunkt war es des Weiteren zentrale Beihilfestelle.

Die Aufbauorganisation des HLVS gliederte sich in Behördenleitung und die Abteilungen I bis IV mit insgesamt 19 Dezernaten sowie die dem Präsidenten unmittelbar zugeordnete Projektleitung Organisations- und Personalentwicklung. Zum 1. Mai 1999 waren insgesamt rund 130 Stellen besetzt, von denen mehr als 40 v. H. in der Abteilung I durch Verwaltungsaufgaben und zentrale Dienste gebunden waren.

Der Rechnungshof hat festgestellt, dass viele der beim HLVS wahrgenommenen Fach- und Verwaltungsaufgaben auf die Ämter delegiert, auf andere Dienststellen verlagert oder privatisiert werden können. Im Wesentlichen hatte er benannt: Einzelfallbearbeitung in allen Rechtsgebieten, Widerspruchsverfahren, Klageverfahren, Altenpflegeausbildung, Krankenhauspflegesatzgenehmigungen, Einsatzabrechnung und Verwaltungsaufgaben im Rahmen der Luftrettung, Förderung von Schuldnerberatungsstellen, Beihilfeangelegenheiten, Druckereibetrieb und Fahrdienst. Einhergehend mit der vorgeschlagenen Auflösung der Ärztlichen Abteilung könnten die danach beim Landesamt verbleibenden Zuständigkeiten in einer Fachabteilung und einer Verwaltungsabteilung zusammengefasst werden.

Vor dem Hintergrund der dringend gebotenen Modernisierung und Straffung der öffentlichen Verwaltung mit weitgehender Verlagerung der Entscheidungskompetenzen und Ressourcenverantwortung bedarf es in der HVVS bei dieser Ausgangslage keiner eigenen mittelinstanzlichen Fachaufsichts- und Steuerungsbehörde. Der Rechnungshof hat daher vorgeschlagen, die HVVS zweistufig zu gliedern und das Landesamt aufzulösen.

Das HSM hat in seiner Stellungnahme ausgeführt, es habe festgelegt, dass eine Aufgabenkritik für das gesamte Aufgabenspektrum der HVVS als Basis für eine Neuorganisation durchgeführt werde. Dabei sollen die Feststellungen und Empfehlungen des Rechnungshofes aufgegriffen und entsprechend gewürdigt werden. Die jetzige Aufbauorganisation der HVVS entspräche ohnehin nicht den Vorgaben der Landesregierung, wonach Zweistufigkeit anzustreben sei. Im Rahmen des Projektes Verwalüber den Fortbestand der Kurklinik Waldeck als landeseigene Einrichtung zu entscheiden sein.