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Hessisches Staatsarchiv Darmstadt (Kap. 18 15)

Die neu errichteten Archivräume des Staatsarchivs Darmstadt können nicht optimal genutzt werden, weil die Nachrüstung mit platzsparenden Rollregalen nur eingeschränkt möglich ist. Im Vergleich mit anderen Archiven in Deutschland werden die Archivalien im Staatsarchiv Darmstadt vor allem durch den überzogenen Brandschutz sehr aufwändig geschützt.

Der Einbau von ungeeigneten und überschweren Magazintüren führte zu erheblichen vermeidbaren Ausgaben; mehr als die Hälfte dieser Türen wurde mittlerweile durch leichtere ersetzt. Der voreilige Umzug in ein unfertiges Gebäude verursachte unnötige Mehrausgaben.

Die Ruine des im II. Weltkrieg zerstörten Mollerbaus in Darmstadt ­ einst großherzogliches Hoftheater,später Hessisches Landestheater ­ ließ das Land für das Hessische Staatsarchiv (Nutzer) wiederauf- und umbauen. Im Kernbereich ist ein Magazinneubau errichtet worden. Die Bauarbeiten mit Baukosten von rd. 78,6 Mio. DM wurden in der Zeit von Juli 1986 bis zur Einweihung im Februar 1994 durchgeführt. Zwischen November 1992 und Juli 1993 erfolgte der Umzug. Die Baumaßnahme war zuletzt im Haushalt 1994 veranschlagt. Von 1997 bis 1999 wurde der ehem.Mollerbau wieder in den Haushaltsplan eingestellt,um den Austausch der Löschanlage, die dadurch bedingten baulichen Veränderungen und den Ersatz von ungeeigneten Magazintüren finanzieren zu können. Die Maßnahmen waren mit rund 2,6 Mio. DM veranschlagt und sind weitgehend abgeschlossen.

Ausweislich der qualitativen Bedarfsanforderung zur Haushaltsunterlage Bau vom 16. April 1981 hatte der Nutzer für den im Kernbereich des Mollerbaus errichteten 11-geschossigen Neubau eines Magazingebäudes eine (höhere) Deckenbelastbarkeit gefordert, die nach Erschöpfung der Raumreserven eine Umstellung der zunächst teilweise eingebauten festen Stahlregale auf ein leistungsfähigeres fahrbares Kompaktregalsystem ermöglichen sollte. Der Nutzer beabsichtigte, die Magazinräume bedarfsorientiert sukzessive mit fahrbaren Kompaktregalen, die bereits seit Beginn der sechziger Jahre zur Standardausrüstung von Magazingebäuden zählen, nachzurüsten, um so die Lagerkapazität für die Archivalien gegenüber den zunächst aus Kostengründen eingebauten vorhandenen feststehenden Regalen bis zu 80 % zu erhöhen.

Nach unseren Feststellungen sind jedoch lediglich die drei unteren Magazingeschosse für den Einbau von Kompaktregalen statisch bemessen worden ­ in diesen Geschossen wurden bereits fahrbare Kompaktregale installiert ­, weil nach Auffassung des vom Staatsbauamt beauftragten Bodengutachters wegen zu erwartender größerer Setzungen von einer höheren Nutzlast der übrigen Decken abgesehen werden sollte.

Der Empfehlung des Bodengutachters lag der vom Statiker geplante Lösungsvorschlag ­ insbesondere für den Gründungsbaukörper ­ zu Grunde. Das Staatsbauamt forderte weder den Statiker noch den Bodengutachter auf, alternative konstruktive und statische Untersuchungen im Hinblick auf eine Nutzung mit Kompaktregalen vorzunehmen. Der Anregung des Bodengutachters nach zwei Ergänzungsbohrungen zur Erkundung des tieferen Untergrunds wurde nicht gefolgt. Erst im Jahr 1984 ­ und somit rund drei Jahre nach der qualitativen Bedarfsanforderung des Nutzers ­ versuchte das Staatsbauamt, durch eine sog. Gitterrostkonstruktion den Einbau von Kompaktregalen doch noch zu ermöglichen. Dies war allerdings wegen der bereits abgeschlossenen Gesamtkonzeption aus Brandschutzgründen (und nicht aus statischen Gründen) nicht mehr möglich.

Zu Tz. 108

Mit der Grundsatzentscheidung zum Wiederaufbau des ehem. Hoftheaters und zur Nutzung als Staatsarchiv waren alle weiteren Planungsentscheidungen daran zu orientieren, die vorhandene historische Bausubstanz schonend zu behandeln. Dies war auch bei den Entscheidungen zur Festlegung der Konstruktion zu berücksichtigen.

Bemerkungen des Rechnungshofs Stellungnahme der Landesregierung BEMERKUNGEN ZUM EINZELPLAN 18

Zu Tz. 109

Zum 1. bis 6.Abs. In der Bedarfsanforderung des Nutzers wurde zwar die spätere Umnutzbarkeit der Geschosse auf Kompaktregale gefordert. Diese Forderung ließ sich unter den vorgefundenen Bedingungen nicht verwirklichen. Im zweiten Bericht Mai 1982 kam der Bodengutachter, das Landesamt für Bodenforschung, zu dem Schluss, dass aufgrund der Besonderheiten des Bauwerks ­ in eine zu erhaltende Hülle mit 30 m hohen freistehenden Außenwänden wird ein massiver, schwerer Kern für Magazine hineingesetzt ­ nicht alle Geschosse mit Rollregalen ausgestattet werden können, weil die Belastung des Baugrundes zu Rissen in der zu schützenden Außenhülle führen würde.

Die Konstruktion wurde gewählt, um diese besondere Situation zu berücksichtigen und konnte zu keinem anderen Ergebnis führen.

Zum 7.Abs. Ein Bau auf der grünen Wiese wäre wirtschaftlicher, wenn man ein Grundstück findet, dessen Baugrund 12 Geschosse Rollregale mit einer Last von 1,25 t/m2

Fußboden in jedem dieser Geschosse trägt.

Das Landesamt hat die ihm zugänglichen Informationen auch aus dem benachbarten Bau des Hochschulzentrums berücksichtigt. Es kam zu dem Schluss, dass an dieser Stelle eine Hochbelastung zu Setzungen von über 6 cm und damit zu Rissen in der zu schützenden Fassade des alten Theaters geführt hätte. Das Landesamt riet deshalb bereits 1982 davon ab, alle Geschosse mit der hohen Belastung aus Rollregalen zu beaufschlagen.

Hessischer Landtag · 15.Wahlperiode · Drucksache 15/2400

Da bei Neubauten bereits durch den Einsatz verhältnismäßig geringer Mehrausgaben eine entsprechende Erhöhung der Deckentragfähigkeit erreichbar ist, ist die für die Geschosse vier bis elf gewählte Lösung unwirtschaftlich. Die gewählte Konstruktion ist auch praktisch nicht mehr zu ändern. Eine höhere Belastbarkeit der Decken hätte auch dazu geführt, dass die durch die besonderen historisch-architektonischen Gegebenheiten des Mollerbaus mitverursachten verhältnismäßig sehr hohen Baukosten

­ sie lagen pro m2 Hauptnutzfläche mehr als doppelt so hoch wie bei dem komplett mit Kompaktregalen ausgerüsteten Staatsarchiv in Augsburg ­ wirtschaftlicher eingesetzt worden wären.

Wegen der nicht ausreichenden Dimensionierung dieser Decke wird angabegemäß bereits in zehn Jahren die Lagerkapazität erschöpft sein.

Der Rechnungshof hat in seiner Prüfungsmitteilung kritisiert, dass während der Planungsphase nicht alle Möglichkeiten geprüft worden seien (z. B. anderes Trag- bzw. Konstruktionssystem, aufwändigere Gründung), um fahrbare Kompaktregale einbauen zu können.

In seiner Stellungnahme hat das Hessische Ministerium der Finanzen mitgeteilt, dass die maximale mögliche Nutzlast für die Magazingeschosse in Abhängigkeit von Baugrundbelastung, Grundwasserspiegel und vorhandener Bausubstanz ermittelt worden wäre. Höhere Nutzlasten hätten eine Verlängerung der Bohrpfähle und Bohren im Grundwasser bedeutet, mit der Gefahr der Bodenausspülung und der Konsequenz, dass der Pfahlfuß nicht auf ungestörtem tragfähigen Boden abgesetzt werden könnte. Das Hessische Landesamt für Bodenforschung hätte davon abgeraten. Zudem seien ursprünglich nur feststehende Regale geplant gewesen.

Diese Ausführungen stehen im Widerspruch zu den Anforderungen des Nutzers und der Empfehlung des Bodengutachters. Die Auffassung des Rechnungshofs wird auch dadurch bestätigt, dass das benachbarte Hochschulzentrum mit großer Gründungstiefe mit entsprechend höherer Druckfestigkeit erstellt worden ist.

Bohren im Grundwasser war im Übrigen bei jeder Pfahllänge erforderlich.

Der Rechnungshof bleibt daher bei seiner Feststellung, dass in der Planungsphase nicht alle Lösungsmöglichkeiten für eine optimale Nutzung der Archivräume erörtert und untersucht wurden, was letztendlich zu einer unwirtschaftlichen Lösung führte.

Die beste Lösung hätte darin bestanden, von Anfang an alle Magazinräume für den Einbau von Rollregalen vorzubereiten und die Ausrüstung damit sukzessive nach Bedarf vorzunehmen.

Überzogener Aufwand für eine Feuerlöschanlage

In der qualitativen Bedarfsanforderung forderte der Nutzer für den vorbeugenden Brandschutz der Magazinräume einen strikten Abschluss zum Verwaltungstrakt mit selbstschließenden Archivtüren und eine Rauchmeldeanlage. Eine Brandbekämpfung mit Wasser sollte im Magazinbereich vermieden werden. Als stark gefährdet wurde der Schutzraum für besonders wertvolle Archivalien im Kellermagazin bezeichnet, weil hier im Brandfall ein Anstau des Löschwassers nicht ausgeschlossen werden könnte. Den wirkungsvollsten Brandschutz würde nach Einschätzung des Nutzers eine festinstallierte CO2

-Anlage ­ vergleichbar wie in den Magazinen im Stadtarchiv Köln ­ oder eine Halonanlage bieten.Zum Soforteinsatz seien mobile Löscher bereitzustellen.

Die vom Staatsbauamt am 1. Dezember 1982 aufgestellte und vom am 7. Juni 1984 genehmigte Haushaltsunterlage Bau enthielt als Brandschutz eine Halon-Löschanlage nicht nur für alle 29 Magazine, sondern auch für die 18 Schrankräume, 2

Räume für Sonstiges und die 5 Werkstatträume. Darauf beruhte dann die Forderung des Regierungspräsidiums in Darmstadt in seinem bauaufsichtlichen Zustimmungsbescheid vom 31.August

Zu Tz. 110

Zum Abs. 1 bis 3

Ursprüngliches Löschkonzept Löschanlagen auf Gas- oder Flüssigkeitsbasis sind wegen des einfachen Anlagenaufbaus

1. Vorratstank bestehend aus handelsüblichen Gasflaschen

2. Rohrleitungen

3. Austrittsdüsen

4. Zugehörige Mess- und Steuerungstechnik im Vergleich zu anderen Brandschutzkonzeptionen wie Entrauchungsanlagen, Anpassung der Grundrisse an die Fluchtwege oder Brandabschottungen immer kostengünstiger.

Da das Löschmittel Halon die Vorteile gegenüber dem damals bekannten Löschmittel Wasser hinsichtlich des Personen- und Sachschutzes vereinigte, des Rechnungshofs Stellungnahme der Landesregierung

1987 gem. § 107 Hessischer Bauordnung (HBO) alter Fassung, wonach die Magazinräume mit ortsfesten Feuerlöschanlagen mit dem Löschmittel Halon nach DIN 14 496 auszustatten und mit der Brandmeldeanlage zu koppeln sind.

Nach Angabe des Regierungspräsidiums in Darmstadt hätte auch ein anderes (wirtschaftlicheres) mit der HBO vereinbares Brandschutzkonzept ­ falls ein solches vom Staatsbauamt damals vorgeschlagen worden wäre ­ seine Zustimmung gefunden.

Es besteht nämlich keine Amtspflicht des Regierungspräsidiums, im bauaufsichtlichen Verfahren den Bauherrn auf die mit seinen baulichen Lösungsvorschlägen verbundenen finanziellen Lasten hinzuweisen.

Rückfragen bei sieben anderen Archiven haben ergeben, dass dort der Brandschutz mit einfacheren, wesentlich kostengünstigeren Mitteln gewährleistet wird. Es ist auch bezeichnend, dass die vom Nutzer als Beispiel genannte Stadt Köln beim Bau der 1982 bezogenen Außenstelle des Stadtarchivs auf eine Löschanlage verzichtete und lediglich Rauchmelder einbauen ließ. Das Staatsarchiv in Marburg mit den größten Magazinflächen und den angabegemäß wertvollsten Archivalien in Hessen hat entgegen den derzeit für Neubauten geltenden Bestimmungen weder eine Löschanlage noch entsprechende Einbruchvorkehrungen (Bestandsschutz). Auch der 1996 fertig gestellte Neubau für die Deutsche Bibliothek in Frankfurt ist in den Magazinräumen lediglich mit einer trockenen Sprinkleranlage ausgestattet. Beim Neubau der 1998 fertig gestellten Justizgebäude in Gießen wurde auf die geplante CO2-Löschanlage in der Grundbuchaufbewahrung aus Kostengründen verzichtet.

Nach alldem hält der Rechnungshof die gewählte Brandschutzkonzeption für völlig überzogen.

In seiner Stellungnahme hat das auf Zwänge hingewiesen, die sich aus der Anordnung der 29 Magazinräume inmitten eines denkmalgeschützten Gebäudes für den Personen- und Sachschutz ergäben und eine automatische Feuerlöschanlage mit Halon bzw. jetzt Argon erforderlich machten. CO2 sei nur einsetzbar, wo Fluchtwege eine schnelle Evakuierung erlauben würden; das Löschmittel Wasser würde hinsichtlich der Brandbekämpfung manuelle Probleme aufwerfen. Zu den vom Rechnungshof aufgezeigten sieben Archiven mit einfacherem Brandschutz fügte das noch weitere fünf ebenfalls einfach geschützte an, vertrat jedoch die Meinung, dass die dort vorliegenden Brandbekämpfungsverfahren in der Korrelation zur Schutzwürdigkeit des Archivguts und des Handlings keine kostengünstigeren Alternativen zum Löschverfahren mit Halon bzw. jetzt Argon darstellen würden. Allerdings würden heute zum Brandschutz wesentlich mehr Informationen vorliegen, und durch Einschaltung von speziellen Brandschutzgutachtern könnte das entsprechende Schutzziel mit einer wirtschaftlichen und sparsamen Bauausführung in Einklang gebracht werden.

Der Rechnungshof kann diesen Ausführungen nicht uneingeschränkt folgen. Zum einen ist es fast unmöglich, kompakte und in festen Kartonagen gelagerte Papier- und Bücherstapel zum Brennen zu bringen. Zum anderen handelt es sich bei den Magazinräumen des Staatsarchivs in Darmstadt um keine komplizierte Gebäudekonstruktion. Der durch viele kompakte Brandabschnitte unterteilte eigenständige Neubau des Magazinkerns hätte für den Personen- und Sachschutz keiner automatischen Feuerlöschanlage bedurft. Dies trifft übrigens auch für den 1985 fertiggestellten Neubau des Hauptstaatsarchivs in Wiesbaden, der eine automatische CO2

-Löschanlage hat, zu. Das Problem langer Rettungswege bei CO2

-Einsatz ist in den Magazinen auch nicht gegeben, weil im Bedarfsfall immer nur die betroffenen Magazinräume und nicht das ganze Gebäude geflutet werden.

Warum die einfacheren Brandbekämpfungsverfahren in anderen Archiven neueren Datums in der Wechselbeziehung Schutz des Archivguts und der Brandbekämpfung keine kostengünstigere Alternative zu Halon bzw. jetzt Argon darstellen sollen, kann der stand über Gutachten zu untersuchen.

Zu den Abs. 4 bis 7 siehe zu Tz. 111 bis Tz. 112

Zum 8.Abs. Brandrisiko Kompakt abgelagertes Papier ist im Vergleich zu losem zwar schwerer entzündbar, entwickelt jedoch eine große Hitze. Im laufenden Dienstbetrieb ist nicht nur von kompakt gepacktem Papier auszugehen, sondern auch von Akten mit losem Papier.

Flutung einzelner Brandabschnitte

Eine Flutung einzelner Brandabschnitte mit CO2 würde in diesem Gebäude eine Gasdichtigkeit der Räume voraussetzen, um die Rettungswege nicht zu beeinträchtigen.