Weiterbildung

9 In der Praxis kann die Ruhezeit durch Inanspruchnahmen, die in die Bereitschaftszeit fallen

- jedoch weniger als die Hälfte der Ruhezeiten ausmachen - so zerstückelt werden, daß dem Ruhebedürfnis (z.B. Schlafbedürfnis in der Nacht) nicht ausreichend Rechnung getragen wird. Dies steht im Widerspruch zu § 6 Abs. 1 Danach ist die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

Die Zerstückelung der Ruhezeiten durch Inanspruchnahmen während des Bereitschaftsdienstes kann auch im Widerspruch zu § 306 BGB (Unmöglichkeit der Erbringung der Leistung) stehen.

Nach dem Urteil des BAG vom 4.Februar 1982 - 4 AZR 223/80 - ist eine Tarifnorm, die einem Arzt nach einem werktäglichen Bereitschaftsdienst in der Zeit zwischen 21 Uhr und der nachfolgenden allgemeinen Tagesarbeitszeit keine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 6 Stunden gewährt, wegen Verstoßes gegen den Rechtsgedanken des § 206 BGB unwirksam.

Auch wenn der Wortlaut des Gesetzes diesbezüglich nicht eindeutig erscheint, aus der Sicht des Arbeitsschutz- Aufsichtsbehörden der Länder wird aus den o. g. Gründen die Auffassung vertreten, dass mindestens eine ununterbrochene Ruhezeitvon 5,5 Stunden verbleiben soll.

Vor Beginn eines Bereitschaftsdienstes oder einer Rufbereitschaft ist in der Regel nicht bekannt, ob durch Inanspruchnahme während dieser Dienste die Ruhezeit mehr oder weniger als fünfeinhalb Stunden beträgt. Deshalb kann dem § 5 Abs. 3 nur Rechnung getragen werden - zumindest in denjenigen Bereichen, in denen die begründete Annahme der Kürzung der Ruhezeit unter die Mindestgrenze besteht -, wenn im Anschluß an einen Bereitschaftsdienst oder einer Rufbereitschaft eine Ruhezeit fest eingeplant wird.

Aus Gründen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes der Beschäftigten wird empfohlen, eine achtstündige Ruhezeit bei der Schichtplangestaltung im Anschluß an die Bereitschaftszeit vorzusehen. Hierdurch kann eine fixe Schichtplangestaltung ermöglicht werden.

Zu beachten ist, dass die Inanspruchnahmen während der Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften als Arbeitszeit zu werten sind. Sie sind als solche auf die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit des § 3 von zehn Stunden werktäglich anzurechnen (vgl. Zmarzlik/Anzinger, § 5 Rz 67; Roggendorff, § 5 Rz 36). Ist die Höchstarbeitszeit schon erreicht, darf der Arbeitnehmer während des Bereitschaftsdienstes oder während der Rufbereitschaft nur zur Arbeit herangezogen werden, wenn eine abweichende tarifliche Regelung besteht (vgl. unten Nr. 7). Überschreitet bzw. unterschreitet ein Arbeitgeber allerdings die in den Tarifnormen, z. B. in den Sonderregelungen des SR 2c BAT, festgelegten Grenzen, verstößt er gegen die Grundnorm des § 5 Abs. 1 mit der Folge, dass er im Sinne von §§ 22 oder 23 mit einem Bußgeld oder Strafe belegt werden kann.

5. Nacht- und Schichtarbeit

Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen (§ 6Abs. 1 Die Nachtzeit ist nach § 2 Abs. 3 die Zeit von 23.00 bis 6.00 Uhr. Nach § 2 Abs. 4 liegt Nachtarbeit jedoch nur vor, wenn während des genannten Zeitraums mehr als zwei Stunden gearbeitet wird.

Den Begriff des Nachtarbeitnehmers definiert § 2 Abs. 5 Danach sind Nachtarbeitnehmer diejenigen Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder diejenigen, die Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten. Dies bedeutet, dass Arbeitnehmer, die nur ausnahmsweise Nachtarbeit in Wechselschicht ausüben (z.B. zweimal im Monat), keine Nachtarbeitnehmer sind.

- 11 Nach § 6 Abs. 2 darf die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer, entsprechend der werktäglichen Arbeitszeit nach § 3 acht Stunden nicht überschreiten.

Eine Verlängerung auf bis zu zehn Stunden ist zulässig, wenn innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden nicht überschritten werden.

Im Krankenhausbereich ist der Nachtdienst entweder als Wechselschichtdienst organisiert oder er wird auch ausschließlich für den Nachtdienst eingestellte Arbeitnehmer abgedeckt.

Dauernachtwachen (mehr als 4 Nachtwachen in Folge) sind nach gesicherten arbeitsmedizinischen Erkenntnissen gesundheitsschädlich und sollten aus Gründen des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten unterbleiben (vgl. amtliche Mitteilungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz, Bilanzierung arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse zur Nacht- und Schichtarbeit, 1/96 S. 33) Nachtarbeitnehmer haben gesetzlichen Anspruch auf

· eine arbeitsmedizinische Untersuchung vor Beginn der Beschäftigung,

· regelmäßige arbeitsmedizinische Untersuchungen in Zeitabständen von nicht weniger als 3 Jahren (ab dem 50. Lebensjahr im Abstand von einem Jahr),

· gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen wie die übrigen Arbeitnehmer,

· Umsetzung auf einen geeigneten Tagesarbeitsplatz im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere, wenn sie nach arbeitsmedizinischer Feststellung bei weiterer Nachtarbeit in ihrer Gesundheit gefährdet werden.

Zu möglichen tariflichen Ausnahmeregelungen gibt der Abschnitt Abweichende Regelungen Auskunft.