Dafür kommen soweit nicht überwiegende schutzwürdige Belange von Betroffenen entgegenstehen unter Anderem in Betracht
Die Voraussetzungen einer Videoüberwachung und der mit ihr verfolgte Zweck müssen eindeutig bestimmt werden.
Dafür kommen soweit nicht überwiegende schutzwürdige Belange von Betroffenen entgegenstehen unter Anderem in Betracht :
· die Beobachtung einzelner öffentlicher Straßen und Plätze oder anderer öffentlich zugänglicher Orte, auf denen wiederholt Straftaten begangen worden sind, solange tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dort weitere Straftaten begangen werden (Kriminalitätsschwerpunkte) und mit der Beobachtung neben der Sicherung von Beweisen eine Präventionswirkung erreicht werden kann; der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist dabei strikt zu beachten. Ungezielte Verlagerungsprozesse sollten vermieden werden,
· für die Verkehrslenkung nur Übersichtsaufnahmen,
· der Schutz öffentlicher Einrichtungen im Rahmen der ordnungsbehördlichen Gefahrenabwehr, solange eine besondere Gefahrenlage besteht.
Maßnahmen im Rahmen des Hausrechts dürfen den grundsätzlich unbeobachteten Besuch öffentlicher Gebäude nicht unverhältnismäßig einschränken.
Die Videoüberwachung ist für die Betroffenen durch entsprechende Hinweise erkennbar zu machen.
Bildaufzeichnungen sind nur zulässig, wenn und solange sie zum Erreichen des verfolgten Zweckes unverzichtbar sind. Die Anlässe, aus denen eine Bildaufzeichnung ausnahmsweise zulässig sein soll, sind im einzelnen zu bezeichnen.
Die Aufzeichnungen sind unverzüglich zu löschen, wenn sie hierzu nicht mehr erforderlich sind oder überwiegende schutzwürdige Belange von Betroffenen entgegenstehen.
Werden die Aufnahmen einer bestimmten Person zugeordnet, ist diese zu benachrichtigen, sobald der Zweck der Speicherung dadurch nicht gefährdet wird.
Zur Prüfung der Normeffizienz ist festzulegen, dass das jeweils zuständige Parlament jährlich über die angeordneten Maßnahmen, soweit sie mit einer Speicherung der erhobenen Daten verbunden sind, und die mit ihnen erreichten Ergebnisse unterrichtet wird.
Bei der Videoüberwachung muss in besonderer Weise den Grundsätzen der Datensparsamkeit und Datenvermeidung Rechnung getragen werden. Die Chancen, die die modernen Technologien für die Umsetzung dieser Grundsätze, insbesondere für die Reduzierung auf tatsächlich erforderliche Daten bieten, sind zu nutzen.
2. Der Gesetzgeber ist auch aufgefordert, für die Videoüberwachung durch Private Regelungen zu schaffen, die den für die optisch-elektronische Beobachtung durch öffentliche Stellen geltenden Grundsätzen entsprechen. Dabei muss sichergestellt werden, dass optisch-elektronische Systeme, die die Identifizierung einzelner Personen ermöglichen, nur zur Abwehr von Gefahren für Personen und zum Schutz gewichtiger privater Rechte eingesetzt werden dürfen. Die privatrechtlichen Regelungen zum Schutz des eigenen Bildes durch das Vertragsrecht, das Deliktsrecht, das Besitzund Eigentumsrecht, das Kunsturheberrecht und die dazu ergangene Rechtsprechung reichen nicht aus.
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder erwartet, dass die Gesetzgeber bei der Novellierung der Datenschutzgesetze und anderer Gesetze diese Grundsätze berücksichtigen.
21.
Entschließung der 60. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 12./13. Oktober 2000
Entschließung zur Novellierung des BDSG
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder appelliert an Bundestag und Bundesrat, das Gesetzgebungsverfahren eines novellierten Bundesdatenschutzgesetzes zügig und ohne Abstriche zum Abschluss zu bringen. Damit wird die längst überfällige Anpassung des deutschen Datenschutzrechts an die Vorgaben der EG-Richtlinie vorgenommen. Die Novelle enthält verschiedene innovative Ansätze, insbesondere das Gebot zur Datenvermeidung und Datensparsamkeit bei der Systemgestaltung (Systemdatenschutz § 3a E-BDSG) und die Einführung des Datenschutzaudit (§ 9a), die von den Datenschutzbeauftragten schon seit langem befürwortet werden.
Sowohl der Systemdatenschutz als auch das Datenschutzaudit werden die Durchsetzung datenschutzfreundlicher Lösungen im Wettbewerb erleichtern und tragen auf diese Weise zur Selbstregulierung des Marktes bei. Das Datenschutzaudit fügt sich in die bewährten Strukturen des betrieblichen Datenschutzes ein und ermöglicht es den Unternehmen, datenschutzkonforme Angebote und Verhaltensweisen nachprüfbar zu dokumentieren und damit einen Wettbewerbsvorsprung zu gewinnen.
Die Konferenz fordert den Bundesrat auf, die Aufnahme des Datenschutzaudit in das BDSG nicht zu blockieren. Sie geht weiter davon aus, dass die angekündigte zweite Stufe der Novellierung des BDSG noch in dieser Legislaturperiode realisiert wird, und erklärt ihre Bereitschaft, hieran konstruktiv mitzuwirken.
21.
Entschließung der 60. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 12./13. Oktober 2000
Datenschutzrechtliche Konsequenzen aus der Entschlüsselung des menschlichen Genoms
Bei der Entschlüsselung des menschlichen Genoms sind in den letzten Monaten wohl entscheidende Durchbrüche gelungen. Für mehr als 20, oft vererbliche Krankheiten sind bereits Gentests zu erwerben, mit denen in Labors analysiert werden kann, ob eine Erkrankung vorliegt bzw. in welchem Umfang ein Erkrankungsrisiko besteht. Viele dieser Krankheiten sind allerdings bisher nicht heil- oder behandelbar.
Die kursiv gedruckte Passage wurde bei Stimmenthaltung der Datenschutzbeauftragten der Länder Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen angenommen.
Hessischer Landtag · 15. Wahlperiode · Drucksache 15/250068
Gentechnische Untersuchungen beim Menschen eröffnen den Zugang zu höchstpersönlichen und hochsensiblen Informationen in einem Maße, das die Intensität bisheriger personenbezogener Informationen ganz erheblich übersteigt. Durch den genetischen Einblick in den Kernbereich der Privatsphäre, etwa in Gesundheitsdisposition, Anlagen der Persönlichkeitsstruktur oder den voraussichtlichen Lebensverlauf, entsteht eine ganz neue Qualität des Wissens und des Offenlegens von persönlichsten Daten. Sowohl für die Betroffenen als auch für dritte Personen, insbesondere Familienangehörige, ist es von entscheidender Bedeutung, ob und inwieweit sie selbst und wer außer ihnen von den Ergebnissen Kenntnis bekommt. Davor steht die Frage, ob und aus welchen Anlässen überhaupt genetische Untersuchungen am Menschen vorgenommen werden dürfen. Zur informationellen Selbstbestimmung gehört auch das Recht auf Nichtwissen.
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordert, dass für die Zulässigkeit gentechnischer Untersuchungen beim Menschen und für den Umgang mit den dabei gewonnenen Informationen sehr schnell klare und verbindliche Prinzipien entwickelt werden, um auch die informationelle Selbstbestimmung in diesem Kernbereich zu sichern und zugleich eine genetische Diskriminierung bei der Gewinnung oder Verwendung genetischer Informationen, etwa im Arbeitsverhältnis oder beim Abschluss von Versicherungsverträgen zu verhindern. Auf der Grundlage dieser und in der Entschließung über Genomanalyse und informationelle Selbstbestimmung vom 26. Oktober 1989 formulierten Grundsätze wird die Konferenz an der Ausgestaltung mitwirken.
Die Datenschutzbeauftragten erinnern an ihre Grundsätze aus der Entschließung von 1989 bezüglich der Genomanalyse:
1. Die Genomanalyse darf grundsätzlich nur auf freiwilliger Basis nach umfassender Aufklärung der Betroffenen vorgenommen werden; ausgenommen sind Straf- und Abstammungsverfahren.
2. Die jederzeit widerrufliche Einwilligung muss sich auch auf die weitere Verwendung der gentechnischen Informationen erstrecken. Im Falle eines Widerrufs sind die gewonnnen Informationen zu löschen oder an den Betroffenen herauszugeben.
3. Jede Genomanalyse muss zweckorientiert vorgenommen werden. Es ist diejenige genomanalytische Methode zu wählen, die keine oder die geringste Menge an Überschussinformationen bringt. Überschussinformationen sind unverzüglich zu vernichten.
4. Es ist zu prüfen, inwieweit genomanalytische Untersuchungsmethoden einer staatlichen Zulassung bedürfen. Für DNASonden ist dies jedenfalls zu bejahen.
5. Die Genomanalyse im gerichtlichen Verfahren muss auf die reine Identitätsfeststellung beschränkt werden; es dürfen keine genomanalytischen Methoden angewandt werden, die Überschussinformationen zur Person liefern. Die Nutzung der Genomanalyse im Strafverfahren setzt eine normenklare gesetzliche Ermächtigung voraus. Präzise Regelungen müssen u.a. sicherstellen, dass genomanalytische Befunde einer strengen Zweckbindung unterworfen werden.
6. Im Arbeitsverhältnis sind die Anordnung von Genomanalysen oder die Verwendung ihrer Ergebnisse grundsätzlich zu verbieten. Ausnahmen bedürfen der gesetzlichen Regelung. Eine bloße Einwilligung des Arbeitnehmers ist wegen der faktischen Zwangssituation, der er im Arbeitsleben häufig unterliegt, nicht ausreichend.
7. Genomanalysen im Versicherungswesen sind grundsätzlich nicht erforderlich und mit dem Prinzip der Versicherungen, Risiken abzudecken und nicht auszuschließen, unvereinbar. Dies sollte durch eine Klarstellung im Versicherungsvertragsgesetz deutlich gemacht werden.
8. Im Rahmen der pränatalen Diagnostik dürfen nur Informationen über das Vorhandensein oder Fehlen von Erbanlagen erhoben werden, bei denen eine Schädigung heilbar ist oder die zu einer so schwerwiegenden Gesundheitsschädigung des Kindes führen würden, dass ein Schwangerschaftsabbruch straffrei bliebe.
Reihenuntersuchungen an Neugeborenen dürfen sich nur auf solche Erbkrankheiten erstrecken, die bei frühzeitiger Erkennung eines genetischen Defekts geheilt oder zumindest spürbar therapeutisch begleitet werden können.
Die Eltern müssen nach umfassender fachkundiger Beratung in voller Freiheit über die Anwendung genomanalytischer Methoden entscheiden können. Jegliche Beeinflussung, insbesondere jeder individuelle und gesellschaftliche Druck, muss vermieden werden.
Die informationelle Selbstbestimmung Dritter, zu der auch das Recht auf Nichtwissen gehört, muss berücksichtigt werden.
Demnächst werden nicht nur wie bisher Gensequenzen aufgedeckt und verglichen, sondern auch die mit dem Genom verbundenen Wirkungszusammenhänge für die menschliche Gesundheit und für die Persönlichkeitsstruktur entschlüsselt werden können.
22. Materialien 22.1
Mustervertrag zur Fernwartung zwischen öffentlichen Stellen und öffentlichen oder nicht-öffentlichen Auftragnehmern (Stand 26. Januar 2001)
Der Mustervertrag für die Fernwartung gemäß § 4 HDSG ist im Einzelfall aufgabenspezifisch anzupassen. An nichtöffentliche Stellen darf ein Auftrag nicht vergeben werden, wenn gesetzliche Regelungen über Berufs- oder besondere Amtsgeheimnisse überwiegende schutzwürdige Belange entgegenstehen. Soweit spezialgesetzliche Regelungen für die Daten, die im Auftrag verarbeitet werden sollen, Anwendung finden, ist zunächst zu prüfen, ob eine Auftragsdatenverarbeitung überhaupt zulässig ist. Ggf. sind die spezialgesetzlichen Regelungen bei der Vertragsgestaltung (z.B. Personal-,
Beihilfe- und Sozialdaten) zu berücksichtigen. Soweit die BVB 1994, S. 2050ff.) anzuwenden sind, müssen die dort vorgesehenen Vertragstypen, insbesondere BVB-Wartung oder BVB-Pflege, datenschutzrechtlich ergänzt werden.
Die jeweiligen Vertragsbestimmungen sind dem Mustervertrag zu entnehmen. Gem. § 4 Abs. 3 Satz 2 hat der Auftraggeber den Hessischen Datenschutzbeauftragten vorab über die Beauftragung zu unterrichten.
§ 1 Gegenstand der Vereinbarung
Diese Vereinbarung umfasst folgende, vom Auftragnehmer durchzuführende Fernwartungsarbeiten:
1. Hardware-Diagnose: für folgende Hardwareprodukt(e)
2. Software-Wartung: für folgend(e) Softwareprodukt(e) Hinweis:
Hier sind Art und Umfang der durchzuführenden Fernwartungsarbeiten, die davon betroffenen EDV-Systeme und Daten genau zu beschreiben. Beispielsweise könnte eine Hardware-Diagnose zur Vorbereitung einer Wartung erfolgen oder die Wartung einer Anwendungssoftware.
Beispiel:
2. Software-Wartung: Behebung von Fehlerzuständen in der Anwendung xyz in der Abteilung N.
Damit verbunden sind folgende Zugriffe:
(1) Änderungen des Verarbeitungsgegenstandes und Verfahrensänderungen sind schriftlich zu vereinbaren.
(2) Mitteilungen der Vertragsparteien über E-Mail oder Internet werden nur akzeptiert, wenn das Schriftstück verschlüsselt übertragen wurde und mit einer digitalen Signatur versehen worden ist.
§ 3 Pflichten des Auftraggebers:
(1) Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Fernwartung sowie für die Wahrung der Rechte der Betroffenen bleibt der Auftraggeber verantwortlich.
(2) Der Auftraggeber hat das Recht, Weisungen über Art, Umfang und Ablauf der Fernwartung zu erteilen. Mündliche Weisungen sind unverzüglich schriftlich zu bestätigen.
Weisungsberechtigte Personen des Auftraggebers sind:
Bei einem Wechsel oder einer längerfristigen Verhinderung des Ansprechpartners wird dem Vertragspartner unverzüglich schriftlich der Nachfolger bzw. der Vertreter mitgeteilt.
(3) Im System des Auftraggebers werden alle Zugriffe, die für Wartungsarbeiten erfolgen, protokolliert. Die Protokollierung muss so erfolgen, dass sie in einer Revision nachvollzogen werden kann. Die Protokollierung darf vom Auftragnehmer nicht abgeschaltet werden.
(4) Der Auftraggeber informiert den Auftragnehmer unverzüglich, wenn er Fehler oder Unregelmäßigkeiten feststellt, die bei der Fernwartung aufgetreten sind oder die einen Zugriff durch Unbefugte möglich machen.
(5) Der Auftraggeber ist verpflichtet, alle im Rahmen des Vertragsverhältnisses erlangten Kenntnisse von Geschäftsgeheimnissen und Datensicherheitsmaßnahmen des Auftragnehmers geheim zu halten und in keinem Fall Dritten zur Kenntnis zu bringen.