Altersversorgung hessischer Vertragsärzte durch die erweiterte Honorarverteilung

Die Erweiterte Honorarverteilung (EHV) der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) stellt eine zusätzliche Alterssicherung der hessischen Vertragsärzteschaft dar. Sie wurde auf der Grundlage von § 8 des Landesgesetzes über die KVH vom 22. Dezember 1953 (GVBl. S. 206) gegründet, um Ärzten (insbesondere Kriegsheimkehrern), die über keinerlei andere Alterssicherung verfügten, eine Alterssicherung gewähren zu können. Um die Funktionsfähigkeit dieses Sicherungssystems sofort herstellen zu können, wurde das Umlageverfahren, das auch der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde liegt, als Finanzierungssystem eingeführt. Die Rentenzahlung aus der EHV ist an die Umsatzentwicklung der hessischen Vertragsärzteschaft gekoppelt. Die EHV ist einmalig in Deutschland, keine andere KV verfügt über ein vergleichbares zusätzliches Alterssicherungssystem.

Die Höhe der Leistungen aus der EHV richtet sich nach Dauer der Vertragsarzttätigkeit und dem Prozentverhältnis der anerkannten und auf persönlich erbrachten Leistungen beruhenden Honorarforderung des einzelnen Vertragsarztes zur Durchschnittshonorarforderung aller hessischer Vertragsärzte.

Die Einzelheiten der sehr umfangreichen Regelungen sind in den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen festgelegt.

Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Wie haben sich die im Rahmen der so genannten erweiterten Honorarverteilung von Vertragsärzten landesweit umgesetzten Beträge in den letzten 15 Jahren entwickelt?

Bei der EHV handelt es sich um ein Umlageverfahren, sodass sich die umgesetzten Beträge aus den zu bedienenden EHV-Ansprüchen und den daraus resultierenden Zahlungen ergeben. Eine Übersicht über diese Beträge ist der Anlage 1 zu entnehmen. In dem dort aufgeführten Rahmen sind Gesamtvergütungsanteile nicht zur Auszahlung an die aktiv tätigen Vertragsärztinnen und Vertragsärzte gekommen. Ein Vergleich mit einem Zeitraum vor 1992 ist aufgrund der geänderten Systematik mit Einbeziehung der Ersatzkassen in der Mitte des Jahres 1991 nicht möglich. Auf der Basis dieser Zahlen ergibt sich dann die entsprechende Entwicklung der Belastung pro Vertragsärztin/Vertragsarzt. Ausdrücklich ist darauf hinzuweisen, dass die Arztzahlschwankungen in den vergangenen Jahren, bedingt durch gesetzliche Maßnahmen z. B. im Jahr 1993, nicht unerheblich gewesen sind und daher bei der Interpretation Vorsicht geboten ist. Unter anderem führt dies rein rechnerisch zu einer niedrigeren Belastungsquote bei Vergleich der Jahre 1992 bis 2000. Das notwendige Honorarvolumen ist jedoch angestiegen.

Frage 2. Wie haben sich die durchschnittlich pro Vertragsarzt ausgezahlten Beträge in den letzten zehn Jahren entwickelt?

Die durchschnittlichen Auszahlungsbeträge pro Vertragsärztin/Vertragsarzt und Quartal für die Jahre 1992 bis 2000 sind der Anlage 2 zu entnehmen.

Bedingt durch die gestiegene Zahl der Vertragsärzte hat sich bei zum Teil weniger stark steigender Gesamtvergütung die Bemessungsgrundlage Durchschnittshonorar im Vergleichszeitraum ebenso verändert wie die Anspruchsentwicklung der EHV-Teilnehmer, die in diesen Zeiträumen erstmals Zahlungen aus der EHV erhalten haben und die damit diese Betrachtung in Anlage 2 mitbestimmen.

Frage 3. Wie ist die Altersverteilung der gegenwärtigen Nutznießer der so genannten erweiterten Honorarverteilung und wie viele von diesen erhalten zugleich Leistungen des ärztlichen Versorgungswerkes?

Aus Anlage 3 ist die Altersstruktur der derzeit niedergelassenen hessischen Vertragsärztinnen und Vertragsärzte, Stand: 31. Dezember 1998, zu entnehmen. Aktuellere Datenbestände existieren zurzeit nicht. Man kann aber davon ausgehen, dass sich letztendlich dieser Datenbestand weitgehend nur um zwei Jahre verschoben hat. Die versicherungsmathematischen Berechnungen, die im Zusammenhang mit der Novellierung der EHV-Bestimmungen durchgeführt worden sind (vgl. Versicherungsmathematisches Gutachten betreffend die voraussichtliche Entwicklung der erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen von Versicherungs- und Wirtschaftsmathematiker Hartmut Karras vom 9. März 2000), zeigen eine zunehmende Belastung der aktiv tätigen Vertragsärztinnen und Vertragsärzte aufgrund zunehmend zu bedienender Ansprüche der Empfänger von EHVZahlungen.

Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, wie viele inaktive Vertragsärztinnen und Vertragsärzte zugleich auch Leistungen eines anderen ärztlichen Versorgungswerkes erhalten, da ein entsprechender personenbezogener Abgleich nicht durchgeführt wird.

Frage 4. Welche Auswirkungen wird die demographische Entwicklung in den nächsten zehn Jahren auf die Höhe der im Rahmen der erweiterten Honorarverteilung an den einzelnen Leistungsberechtigten getätigten Zahlungen haben?

Die EHV basiert wie die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) auf dem Umlageverfahren. Die EHV steht somit vor den gleichen Problemen und Schwierigkeiten, die aus der Diskussion über die Reform der GRV bereits bekannt sind. Das bedeutet, dass immer weniger berufstätige Vertragsärzte die EHV-Leistungen der inaktiven Vertragsärzte finanzieren müssen. Erschwert wird die Problematik dadurch, dass die frühere flexible Grenze für die Aufgabe der Vertragsarzttätigkeit durch den Bundesgesetzgeber auf 65 Jahre festgelegt wurde und parallel hierzu aufgrund der geltenden Regelung der Bedarfsplanung die Zahl der neu hinzukommenden Vertragsärzte reduziert wird. Hieraus folgt ohne entsprechende Anpassung der Grundsätze der EHV eine steigende finanzielle Belastung der aktiven Ärzteschaft (vgl. Anlage 4). Dies hat letztendlich auch zu der Novellierung der EHV-Bestimmungen im Hinblick auf die zukünftigen Anforderungen geführt.

Frage 5. Sieht die Landesregierung aufgrund dieser Entwicklung einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf und wenn ja, wann und in welcher Weise schlägt sie vor, einem solchen Handlungsbedarf Rechnung zu tragen?

Die Fortentwicklung der EHV obliegt primär der vertragsärztlichen Selbstverwaltung. Die KVH hat die Herausforderungen, die aus der demographischen Entwicklung, aber auch anderen Faktoren resultieren, frühzeitig erkannt und daher bereits vor über einem Jahr eine intensive Diskussion innerhalb der hessischen Vertragsärzteschaft über die Weiterentwicklung der EHV begonnen. Die Abgeordnetenversammlung der KVH hat in erster und zweiter Lesung im September und Dezember 2000 mit der notwendigen entsprechende Anpassungen der EHV, die auch der demographischen Entwicklung Rechnung tragen, beschlossen.

Da die ärztliche Selbstverwaltung die ihr obliegenden Verpflichtungen im Hinblick auf die Weiterentwicklung der EHV uneingeschränkt erfüllt hat, besteht für die Landesregierung zurzeit kein Handlungsbedarf. Man wird die zukünftige Entwicklung der EHV jedoch selbstverständlich aufmerksam beobachten. Neben der demographischen Entwicklung sind hier insbesondere neue Formen der Vertragsgestaltung zwischen den Krankenkassen und der Ärzteschaft zu beachten, die zu Honorarzahlungen, die in der EHV nicht berücksichtigt werden, führen. Solche Zahlungswege vermindern gegebenen falls die Finanzierungsgrundlage der EHV und können je nach Umfang zum Teil erhebliche Folgen für die Empfänger von EHV-Zahlungen haben.