Versatz von Abfällen zur Verwertung in Thüringen

Das verhältnismäßig kleine Thüringen ist von zwei großen Kalibergbaugebieten geprägt. Produziert wird nur noch in einem Teil des Werrareviers.

Dementsprechend müssen geeignete Maßnahmen getroffen werden, um im Rahmen des Pflichtversatzes die öffentliche Sicherheit an der Oberfläche langfristig zu gewähren.

Neben Material aus Halden und Tagebaurestlöchern werden dazu auch Abfälle zur Verwertung verwendet.

Diese stehen hin und wieder in der öffentlichen Kritik, so zum Beispiel in 38/1997 des Nachrichtenmagazins. Der Spiegel. Die Beantwortung der Fragen sollen das rechtliche Regelwerk und die Dimension des Versatzes in Thüringen aufzeigen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Ziele liegen der Versatzdurchführung in Thüringen zugrunde?

2. In welchen Kaligruben Thüringens wird Versatz durchgeführt und seit wann?

3. Die Technischen Regeln für den Einsatz von bergbaufremden Reststoffen/Abfällen als Versatz des Länderausschusses Bergbau beinhalten verschiedene Versatzklassen und Versatzarten. Wie ist dazu die konkrete Situation bezüglich der vorgenannten Kaligruben?

4. Existieren für die Kaligruben Aussagen zur Langzeitsicherheit in bezug auf die Verwertung von Sonderabfällen?

5. Welche Sonderabfälle wurden als Versatzmaterial zugelassen?

6. Nach welchen Kriterien erfolgt die Zulassung der Abfälle für den Versatz?

7. Wie ordnet sich der Versatz in bekannte Verwertungs- und Beseitigungsverfahren ein?

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 5. Januar 1998 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Im Jahr 1993 wurden im Auftrag der Gesellschaft zur Verwahrung und Verwertung von stillgelegten Bergwerksbetrieben (GVV) für die Kaliwerke mit Carnallitit-Abbau geomechanische Gutachten zur Einschätzung der vorhandenen Gefährdungen angefertigt. Im Ergebnis dieser Begutachtung wurden die einzelnen Bereiche, in denen Gefährdungen für die öffentliche Sicherheit bestanden, herausgearbeitet und in den Gutachten empfohlen, diese Bereiche nach einem vorgegebenen Zeitplan zu versetzen.

Die Gefährdungen bestanden unter anderem in der nicht auszuschließenden Gebirgsschlaggefahr, in unzulässigen Senkungsraten an der Tagesoberfläche, in der Verschlechterung der Gefälleverhältnisse in verschiedenen Vorflutern und in unzulässigen Bodenbewegungen für eventuelle Großbaumaßnahmen, wie Autobahn und Bahntrasse.

Als Schlußfolgerung aus diesen Gutachten wurden beim Bergamt Bad Salzungen durch die GVV Betriebspläne zur Versatzdurchführung beantragt und nach Prüfung der Notwendigkeit durch das Bergamt genehmigt.

Mit den genehmigten und damit notwendigen Versatzmaßnahmen wird das Ziel verfolgt, die bestehenden Gefährdungen zu eliminieren bzw. soweit zu minimieren, dass sie für die öffentliche Sicherheit keine Gefahr mehr darstellen.

Mit dem begleitenden wissenschaftlichen Meßprogramm kann heute schon eingeschätzt werden, dass die bisher durchgeführten Versatzmaßnahmen zum Erfolg geführt haben und zum Beispiel die seismischen Äußerungen rückläufig sind.

Zu 2.: In folgenden Kaligruben Thüringens wird auf der Grundlage genehmigter Betriebspläne Versatz mit Abfällen zur Verwertung durchgeführt:

1. Kaliwerk Unterbreizbach, Kali und Salz seit 1993,

2. Kaliwerk Bleicherode, NDH-Entsorgerbetreibergesellschaft seit 1992,

3. Kaliwerk Sondershausen, Glückauf Sondershausen Entwicklungs- und Sicherungsgesellschaft (GSES), seit 1995.

Zu 3.: In den drei Kaligruben, die Versatz mit Abfällen zur Verwertung durchführen, findet nur eine Versatzklasse Anwendung, da nur in den Bereichen versetzt wird, die den Nachweis des vollständigen Einschlusses erbringen.

Eine immissionsneutrale Versatzklasse kommt in Thüringen nicht zum Tragen, da die Kaligruben trocken verwahrt werden und ein Zusammenkommen des Versatzmassivs aus Abfällen zur Verwertung mit Lösungen ausgeschlossen werden muß.

Als Versatzarten werden in den Thüringer Gruben der Spülversatz, der Dickstoffversatz, der pneumatische Versatz (nur in Unterbreizbach) und der Big-Bag-Versatz angewendet.Alle diese Verfahren sind nach den technischen Regeln möglich und haben sich in der Praxis entsprechend den örtlichen Bedingungen bewährt.

Zu 4.: Neben den unter Frage 1 erläuterten Gutachten wurden auch für alle drei Kaligruben Langzeitsicherheitsnachweise erarbeitet, die auch für den Nachweis des vollständigen Einschlusses notwendig waren. Damit haben die Thüringer Kaliwerke den höchsten Nachweis der Langzeitsicherheit. Auf Grund der letzten Umweltministerkonferenz (UMK), wo die überarbeitete Gliederung des Langzeitsicherheitsnachweises in den Ländern empfohlen wurde, ist es 1998 notwendig, die bestehenden Langzeitsicherheitsnachweise entsprechend anzupassen.

Zu 5.: Grundlage für die Zulassung von Abfällen für die Verwertung als Versatzmaterial bildet die bereits 1995 von der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall und dem Länderausschuß Bergbau erarbeitete Orientierungsliste der für die Verwertung als Versatz im Bergbau unter Tage in der Regel in Frage kommenden Reststoffe/Abfälle.

Darin sind beispielhaft 57 Abfälle benannt, wovon 29 Abfälle als Sonderabfälle (besonders überwachungsbedürftige Abfälle) einzustufen sind.

Die Orientierungsliste hat keinen abschließenden Charakter. Demzufolge wurden auch andere Sonderabfälle im Rahmen der im Betriebsplanverfahren durchgeführten Einzelfallprüfungen zugelassen.

Mit Stand vom 31. Der Versatz der Hohlräume und nicht die Beseitigung muss Hauptzweck der Maßnahme sein. Dazu muß die untertägige Verbringung bergbaulich notwendig sein.

2. Die materiellen Anforderungen an die untertägige Deponierung einerseits und den bergmännischen Versatz andererseits müssen gleichwertig sein. Dies gilt auch für die Vorschriftenebene unterhalb von Gesetz und Rechtsverordnung.

3. Der muss bauphysikalisch geeignet sein, um eine Versatzwirkung zu entfalten. Hiervon ist auszugehen, wenn

a) eine vorherige Aufbereitung/Konditionierung nicht notwendig ist, um eine Stützwirkung zu erreichen,

b) zur Erreichung der Stützwirkung Versatzmaterial nach einer Rezeptur hergestellt wird und der eingesetzte Abfall innerhalb dieser Rezeptur eine notwendige bauphysikalische Funktion übernimmt (z. B. Bindemittel, Stützkorn oder Anmachflüssigkeit),

c) Abfälle lediglich als Bindemittel oder Anmachflüssigkeit eingesetzt werden.

Erforderlich ist dabei die Erarbeitung von Bergbautauglichkeitsgutachten für den beantragten Abfall zur Verwertung als Versatzmaterial zum Nachweis der Geeignetheit.

4. Der Versatz muss unter Beachtung der Qualität der Abfälle und der geologisch/hydrologischen Gegebenheiten im Umfeld des Bergwerks umweltverträglich sein.

5. Von der Versatzmaßnahme dürfen keine Gefahren für das beteiligte Personal und das Grundwasser ausgehen.

6. Eine Versatzmaßnahme ist bei vorhandenen alternativen Verwertungsmöglichkeiten auf Hochwertigkeit im Sinne von § 5 Abs. 2 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes im Einzelfall zu prüfen.

Demgemäß wurden die Technischen Regeln für den Einsatz von bergbaufremden Abfällen als Versatz, erarbeitet vom Länderausschuß Bergbau, mit Erlaß vom 8. November 1996 eingeführt. Weiterhin sind die bereits in der Beantwortung der Frage 4 genannten Langzeitsicherheitsnachweise entsprechend dem Beschluß der 49. UMK vom November 1997 zu aktualisieren. Dem Thüringer Oberbergamt wurde im gleichen Monat die Anwendung der Hinweise zur Durchführung des Langzeitsicherheitsnachweises im Rahmen der standortbezogenen Sicherheitsbeurteilung gemäß Technischer Anleitung Abfall für Bergwerke im Salzgestein, die besonders überwachungsbedürftige Abfälle ablagern bzw. verwerten angewiesen.

Ergänzend zu diesen aufgezählten Punkten wurden Parameterwerte erarbeitet, die Bestandteile sind und im Verwaltungsvollzug mit genutzt werden.

Es bedarf jedoch der Feststellung, dass eine verbindliche Forderung zur Durchführung eines alternativen höherwertigen Verwertungsverfahrens nicht durchgesetzt werden kann, wenn die Ordnungsgemäßheit und Schadlosigkeit bei einer Verwertung als Versatz gegeben ist, da die Hochwertigkeit lediglich anzustreben, jedoch nicht umzusetzen ist.

Zu 7.: Der Versatz ist bisher spezialgesetzlich nicht geregelt.

Nach § 7 Abs. 2 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes ist die Bundesregierung ermächtigt, durch eine Rechtsverordnung stoffliche Anforderungen festzulegen, wenn in der Bergaufsicht unterstehenden Betrieben aus bergtechnischen, bergsicherheitlichen Gründen oder zur Wiedernutzbarmachung eingesetzt werden. Bisher wurde jedoch seitens des Bundes keine Notwendigkeit für eine diesbezügliche Regelung gesehen.

Der Versatz wird in der Bundesrepublik der Verwertung zugeordnet, wobei resultierend aus den an die Geeignetheit von einer baustofflichen Verwertung auszugehen ist. Vergleichsweise existieren bei einer Ablagerung in einer Untertagedeponie derartige Anforderungen nicht.

Nach § 4Abs. 3 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes beinhaltet die stoffliche Verwertung die Substitution von Rohstoffen durch das Gewinnen von Stoffen aus Abfällen (sekundäre Rohstoffe) oder die Nutzung der stofflichen Eigenschaften der Abfälle für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke mit Ausnahme der unmittelbaren Energierückgewinnung. Eine stoffliche Verwertung liegt vor, wenn nach einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, unter Berücksichtigung der im bestehenden Verunreinigungen, der Hauptzweck der Maßnahme in der Nutzung des Abfalls und nicht in der Beseitigung des Schadstoffpotentials liegt.

Bei einem Versatz mit Abfällen werden andere Baustoffe substituiert (Sande, Zement), indem entsprechende Eigenschaften des Abfalls genutzt werden (z. B. Gießereialtsande und Schlacken als Stützkorn, Filterstäube und Aschen als Bindemittel aufgrund der puzzolanischen Eigenschaften, Haldenlauge als Anmachflüssigkeit beim Spülversatz).

Der Versatz wird somit als Verwertungsverfahren außerhalb bekannter Recyclingtechnologien angesehen und hat primär die unter Frage 1 definierte Zielstellung zu erfüllen. Eine Rangfolge von Verwertungsverfahren existiert nicht.

Ein derartiger Versatz wird gerade in den Nordthüringer Gruben Bleicherode und Sondershausen als Pflichtversatz durchgeführt und geht über das Jahr 2000 hinaus.