Welche konkreten Tätigkeiten hat das Unternehmen seit seiner Gründung bis heute

Januar 1998 hat folgenden Wortlaut:

Der Freistaat Thüringen ist Mehrheitsgesellschafter bei der Thüringer Landgesellschaft Das Unternehmen befaßt sich laut Aussagen der Landesregierung im Bericht über die unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen sowie die Gewährträgerschaften des Freistaats Thüringen zum 31. Dezember 1994 (Drucksache 2/387) mit Planung, Finanzierung und Durchführung der Entwicklung und Förderung der Landwirtschaft und des ländlichen Raums.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wann und mit welcher Begründung wurde die Landesbeteiligung bei der Thüringer Landgesellschaft eingegangen?

2. Welche konkreten Tätigkeiten hat das Unternehmen seit seiner Gründung bis heute durchgeführt?

3. Mit welcher Begründung wird der Fortbestand der Landesbeteiligung gerechtfertigt?

4. Welche auf das Land hatte die Beteiligung an der Thüringer Landgesellschaft seit ihrer Gründung bis heute?

5. Führt die Thüringer Landgesellschaft gegen Kostenerstattung Aufgaben des Landes durch, wenn ja, welche und zu welchen Konditionen?

6. Wie viele Mitarbeiter sind derzeit bei der Thüringer Landgesellschaft in welchen Geschäftsbereichen beschäftigt?

Das Thüringer Finanzministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 3. März 1998 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Der Landtag faßte den Beschluß zur Gründung der Thüringer Landgesellschaft am 7. März 1991. Daraufhin wurde am 15. Mai 1991 der Gesellschaftsvertrag der Thüringer Landgesellschaft abgeschlossen.

25. März 1998

11.03. Gesellschafter waren zum damaligen Zeitpunkt: der Freistaat Thüringen mit 500.000 Deutsche Mark, die Landwirtschaftliche Rentenbank Frankfurt mit 95.000 Deutsche Mark, die Deutsche Siedlungs- und Landesrentenbank Bonn mit 38.000 Deutsche Mark.

Darüber hinaus hat sich die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben im Jahr 1992 mit einem weiteren Anteil von 212.000 Deutsche Mark beteiligt.

Rechtsgrundlage für die Gründung der Thüringer Landgesellschaft war § 1 des Reichssiedlungsgesetzes (RSG) vom 11. August 1919, wonach die Länder verpflichtet sind, gemeinnützige Siedlungsunternehmen zu gründen und ihnen bestimmte Pflichtaufgaben zu übertragen. Diesen Siedlungsunternehmen obliegen hoheitliche Aufgaben, wie zum Beispiel die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts, die Tätigkeit als Helfer in Flurbereinigungs- und Bodenordnungsverfahren und die Erbringung wichtiger Leistungen zur Umsetzung von Maßnahmen zur Agrarstrukturverbesserung. Die sich hieraus ableitenden Hauptaufgaben sind in dem Unternehmensgegenstand der Gesellschaft gemäß § 2 der Satzung geregelt. Sie lassen sich im einzelnen aus dem in zu Frage 2 genannten Umfang der bisher durchgeführten Tätigkeiten der Gesellschaft entnehmen.

Zu 2.: Die Thüringer Landgesellschaft hat bis heute folgende Tätigkeiten durchgeführt:

- Wahrnehmung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts gemäß § 4 RSG

Zur Aufstockung und Eigenkapitalerhöhung erfolgte in 144 Fällen die Ausübung zugunsten von Landwirten.

- Vermögenszuordnung

Im Auftrag des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt und der Oberfinanzdirektion wurden Eigentumsrecherchen durchgeführt und antragsbegründende Unterlagen für die Vermögenszuordnung des ehemaligen Landeseigentums erstellt, insgesamt 12.000 Hektar für 103 Landesdomänen.

- Privatisierung der ehemals volkseigenen landwirtschaftlichen Grundstücke der Treuhandanstalt, heute Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, und ihrer Tochterunternehmen, der Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft bzw. der Treuhandliegenschaftsgesellschaft wurden Analysen und Verwertungsvorschläge zur Privatisierung erarbeitet.

- Zusammenführung von getrenntem Eigentum an Grund und Boden und Gebäuden

Die Thüringer Landgesellschaft ist ein zur Vorbereitung von Bodenordnungsverfahren und privatrechtlichen Lösungen bei der Zusammenführung von getrenntem Eigentum an Grundstücken und Gebäuden.

Insgesamt wurden 2.227 Fälle mit 4.500 Gebäuden auf fremdem Grund und Boden bearbeitet. 80 Prozent konnten einer privatrechtlichen Lösung zugeführt werden.

- Aufträge für agrarstrukturelle Entwicklungsplanung

Die Thüringer Landgesellschaft hat Analysen und Lösungsvorschläge zur Erfassung und Überwindung von Nutzungskonflikten im ländlichen Raum für insgesamt 409.444 Hektar, davon 230.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche erarbeitet.

- Naturschutzprojekte

Es wurden acht Studien über die Machbarkeit und die Umsetzung von Naturschutzprojekten gefertigt und in zahlreichen Projekten der Flächenankauf vorbereitet und getätigt.

- Betreuung landwirtschaftlicher Unternehmen

Die Thüringer Landgesellschaft betreut Wieder- und Neueinrichter landwirtschaftlicher Betriebe, insgesamt 137 Unternehmen mit einem Investitionsvolumen von 135 Millionen Deutsche Mark.

- Landerwerb im Auftrag öffentlicher Planungsträger

Im Auftrag der Planungsträger für den Autobahnbau sowie den Ausbau der alten Bahnstrecken wird durch die Thüringer Landgesellschaft der Landerwerb durchgeführt. Durch eine umsichtige Vorgehensweise konnten Existenzgefährdungen von Landwirten trotz des Flächenentzugs vermieden sowie zahlreiche Enteignungsverfahren verhindert werden.

- Verwaltungs- und Verwertungsauftrag für landeseigene Flächen

Die Verwaltung und Verwertung des landwirtschaftlichen staatlichen Grundbesitzes des Landes nimmt die Thüringer Landgesellschaft des Landes auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrags gemäß der im Oktober 1994 von der Thüringer Landesregierung gebilligten Konzeption wahr Nr.10/1995, S. 327).

- Dorferneuerung

Die Thüringer Landgesellschaft bearbeitet Dorferneuerungsmaßnahmen in etwa 60 Gemeinden mit einem Förderumfang von ca. zehn Millionen Deutsche Mark und 20 Millionen Deutsche Mark Privatmitteleinsatz.

Zu 3.: Die Thüringer Landgesellschaft erfüllt wesentliche strukturpolitische Aufgaben im Bereich der Landwirtschaft, die in die Verantwortung des Landes fallen. Denn die Verbesserung der Agrarstruktur und die Entwicklung der ländlichen Räume dient der Erhaltung der Lebensgrundlagen für die Allgemeinheit, beugt der Verödung der Landschaft sowie einhergehender Landflucht vor, fördert Investitionen und schafft Arbeitsplätze. Somit besteht das wichtige Landesinteresse im Sinne des § 65 Abs. 1 Nr. 1 der Landeshaushaltsordnung auch weiterhin. Die Landesaufgaben wurden auf die Thüringer Landgesellschaft übertragen, da ein privatwirtschaftliches Unternehmen angesichts der spezifischen regionalen Bezüge am besten in der Lage ist, diese Aufgaben schnell und flexibel zu bewältigen.

Der Fortbestand der Landesbeteiligung an der Thüringer Landgesellschaft ist somit weiterhin gerechtfertigt.

Es werden Überlegungen darüber angestellt, ob und inwieweit im Zuge von Verwaltungsreformen und einhergehenden Personaleinsparungen bei öffentlichen Dienststellen weitere Aufgaben auf die Thüringer Landgesellschaft übertragen werden können. Privatisierung und Transfer von nicht hoheitlichen Aufgaben von Behörden auf die Thüringer Landgesellschaft sind künftige Weichenstellungen.

Zu 4.: Die Stammeinlage des Landes, die im Wege der Bareinbringung erbracht wurde, betrug bei der Gründung der Gesellschaft 500.000 Deutsche Mark. Darüber hinaus leistete das Land eine Anschubfinanzierung in Höhe von 400.

Deutsche Mark. Weitere Zuwendungen des Landes an die Gesellschaft sind nicht erfolgt.

Auf Basis eines Landtagsbeschlusses vom 8. September 1994 wurde dem Unternehmen landwirtschaftlicher staatlicher Grundbesitz im Wert von 31,08 Millionen Deutsche Mark zugeführt. Dabei erhöhte das Land seinen Anteil von 500.000 Deutsche Mark in Form einer Sacheinbringung um eine neue Stammeinlage von 14,15 Millionen Deutsche Mark auf nun insgesamt 14,65 Millionen Deutsche Mark. Der den Nominalbetrag der neuen Geschäftsanteile übersteigende Wert der Grundstücke von 16,93 Millionen Deutsche Mark stellt eine freiwillige Leistung des Landes in die Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs dar.

Zu 5.: Die Thüringer Landgesellschaft führt im Auftrag des Landes gegen Kostenerstattung insbesondere folgende Tätigkeiten aus:

- die Verwaltung und Verwertung des landwirtschaftlichen staatlichen Grundbesitzes,

- die Vorbereitung und Durchführung von Bodenordnungsverfahren nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz zur Zusammenführung des getrennten Eigentums von Grund und Boden und Gebäudeeigentum sowie

- Planungsaufträge für die agrarstrukturelle Entwicklungsplanung.

Die Verwaltung und Verwertung landwirtschaftlicher Flächen erfolgt auf der Grundlage eines Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrags aus dem Jahre 1995. Nach den Regelungen dieses Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrags erhält die Gesellschaft als Vergütung alle anfallenden auftragsbezogenen Sach- und Personalkosten erstattet. Die Erstattung der Personalkosten richtet sich nach den üblichen jeweils geltenden Stundensätzen. Ferner erhält die Thüringer Landgesellschaft einen Gemeinkostenanteil in Höhe von 2,5 Prozent der Auftragskosten.

Die Durchführung der übrigen Aufgaben wird durch diverse Werk- und Geschäftsbesorgungsverträge geregelt.

Zu 6.: Derzeit sind bei der Thüringer Landgesellschaft insgesamt 95 Mitarbeiter und fünf Auszubildende beschäftigt.

Dabei sind in den einzelnen Geschäftsbereichen folgende Mitarbeiter tätig: Geschäftsführung: 2 Geschäftsführer 3 Mitarbeiter 1 Auszubildender Arbeitsbereich Dorferneuerung, 10 Mitarbeiter Bauplanung- und Beratung: 1 Auszubildender Arbeitsbereich Voruntersuchung zur Eigentumszusammenführung, Bodenordnung: 14 Mitarbeiter Arbeitsbereich Agrarstrukturelle Entwicklungsplanung und einzelbetriebliche Förderung, betriebswirtschaftliche Betreuung von Wiedereinrichtern 36 Mitarbeiter und Agrarunternehmen, sonstige Dienstleistungsgeschäfte: 2 Auszubildende Arbeitsbereich Grunderwerb im Auftrag Dritter, Grundstückserfassung und -verwertung, Liegenschaftsverwaltung: 24 Mitarbeiter Rechnungswesen: 6 Mitarbeiter 1 Auszubildender Trautvetter Minister.