Forschung

Archivierung von Krankenakten Krankenhäuser haben die Akten ihrer Patienten auch nach Abschluß der Behandlung für eine bestimmte Zeit sicher aufzubewahren. Dies erfolgt sowohl im Interesse des Patienten als auch im Interesse des Krankenhauses und des behandelnden Arztes, der beispielsweise bei möglichen Haftungsprozessen die Möglichkeit haben muß, nachzuweisen, welche Diagnosen er gestellt bzw. therapeutische Maßnahmen er auf welcher Wissensgrundlage angeordnet hat. Dementsprechend legen die ärztlichen Berufsordnungen und spezialgesetzliche Regelungen wie z. B. die Strahlenschutzverordnung Mindestzeiten für die Aufbewahrung von Krankenunterlagen fest. In einer Dienstanweisung hatte ein Krankenhaus in Anlehnung an die Verjährungsfrist des BGB eine Aufbewahrungsfrist von abgeschlossenen Krankenakten auf dreißig Jahre festgelegt und gleichzeitig angeordnet, dass ältere Akten zu vernichten sind. Sofern im Einzelfall ein besonderes Interesse für die Forschung und Lehre besteht, sollte von einer Vernichtung abgesehen werden. Im Rahmen einer Kontrolle wurde festgestellt, dass unter Hinweis auf die Notwendigkeit der Nutzung der Akten für Forschungszwecke generell noch alle Akten, die länger als dreißig Jahre abgeschlossen waren, im Krankenhaus aufbewahrt worden waren. Eine generelle Aufbewahrung aller Akten über die vorgeschriebenen Aufbewahrungsfristen hinaus ist nach § 27 Abs. 9 nicht zulässig. Die Akten wurden in erster Linie zum Zweck der Krankenbehandlung angelegt. Nach Abschluß der Krankenhausbehandlung und Ablauf einer angemessenen Frist besteht keine Notwendigkeit mehr, dass ohne weiteres auf diese Unterlagen im Rahmen des Krankenhausgesetzes zugegriffen werden muß. Sofern Unterlagen für Forschungszwecke benötigt werden, können in den Krankenhäusern vorhandene Unterlagen nach den Grundsätzen von § 27 Abs. 4 innerhalb des Krankenhauses (ggf. auch durch externe Forscher) genutzt werden. Diese Forschungsklausel, die u. a. die Pflicht zur frühestmöglichen Anonymisierung der Unterlagen enthält, gilt jedoch nur dann, wenn die Patientendaten noch nicht nach § 27 Abs. 9 zu löschen sind. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen ergeben sich aus dem Archivrecht die rechtlichen Rahmenbedingungen, um sowohl den Interessen der Forscher als auch den berechtigten Interessen der Patienten am ordnungsgemäßen Umgang mit ihren Gesundheitsdaten gerecht zu werden. Die weitere Aufbewahrung von Krankenunterlagen bedarf einer besonderen Betrachtung, wenn es sich um eine wissenschaftliche Forschungseinrichtung handelt. Konkret stellte sich mir diese Frage bei einem Universitätsklinikum. Wegen dem besonderen Forschungsinteresse an den dort vorhanden Krankenunterlagen und weil die potentiellen Nutzer überwiegend aus dem Klinikum selbst kommen, beabsichtigt das Klinikum, ein eigenes Krankenaktenarchiv auf der Grundlage von § 5 Thüringer Archivgesetz einzurichten. Hierzu muss von der Universität eine eigene Archivsatzung erlassen werden. Dabei wird darauf zu achten sein, dass nur diejenigen Patientenakten dauerhaft archiviert werden, die für die Forschung von Bedeutung sind. Weil es sich um besonders sensible Akten handelt, muß dabei auch eine Begrenzung des Personenkreises erfolgen, der mit diesen Akten umgehen darf, wobei sich der Kreis grundsätzlich nur auf die der Schweigepflicht unterliegenden Ärzte erstrecken sollte. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist eine solche Archivierung ärztlicher Unterlagen im Klinikum gegenüber einer Aufbewahrung im Staatsarchiv zu bevorzugen, da dies insoweit unter dem Schutzbereich der ärztlichen Schweigepflicht erfolgt. Das Klinikum hat mir zugesagt, mich bei diesen weiteren Verfahrensschritten zu beteiligen.

11.10 Externe Archivierung von Krankenhausakten/Mikroverfilmung

Die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten für Krankenakten sowie die technische Möglichkeit, den Archivierungspflichten auch dadurch nachzukommen, dass ein platzsparender Mikrofilm erstellt wird und die eigentliche Akte vernichtet werden könnte, führen sowohl bei Krankenhäusern als auch bei entsprechenden Dienstleistungsunternehmen zu Überlegungen, ob diese Datenverarbeitungsvorgänge auch außerhalb von ärztlichen Behandlungseinrichtungen durchgeführt werden können. Da in Krankenakten sensible personenbezogene Daten enthalten sind, die überdies durch die Vorschriften des Strafgesetzbuches (§ 203) sowie der Landeskrankenhausgesetze geschützt sind, ist ein Umgang mit diesen Daten durch nicht zum Krankenhaus gehörendes Personal nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen möglich.

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben sich zunehmend mit Anfragen zu beschäftigen, unter welchen Voraussetzungen Verarbeitungen außerhalb der ärztlichen Behandlungseinrichtungen noch als zulässig anzusehen sind. Dabei sind die rechtlichen Rahmenbedingungen in den einzelnen Bundesländern aufgrund der unterschiedlichen Landeskrankenhausgesetze differenziert zu betrachten. Die Mikroverfilmung von Krankenhausakten durch ein Privatunternehmen ist nach § 27 Abs. 5 Satz 2 erlaubt, wenn das Krankenhaus sicherstellt, dass beim Auftragnehmer besondere technisch-organisatorische Schutzmaßnahmen eingehalten werden und solange keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass durch die Art und Ausführung der Auftragsdatenverarbeitung schutzwürdige Belange von Patienten beeinträchtigt werden. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Befugnisnorm, die eine Offenbarung von Patientenakten zum Zweck der Mikroverfilmung an Mitarbeiter des Unternehmens erlauben. Es gilt hier allerdings die Einschränkung, dass keine Anhaltspunkte bestehen, daß schutzwürdige Belange von Patienten beeinträchtigt werden. Sofern die Akten zum Zweck der Mikroverfilmung aus dem Krankenhaus gegeben werden, entfällt der Gewahrsam der Krankenanstalt nach § 97 Abs. 2 Satz 2 Das hat zur Folge, dass die Krankenakten den Beschlagnahmeschutz verlieren, den sie bei Aufbewahrung im Krankenhaus genießen. Deshalb wird in diesen Fällen regelmäßig ein entgegenstehendes Interesse des Patienten anzunehmen sein, so dass eine Mikroverfilmung durch Dritte nur innerhalb des Krankenhauses als zulässig anzusehen ist. Nach Angaben der Landeskrankenhausgesellschaft, besteht derzeit bei den Thüringer Krankenhäusern kein Bedürfnis, diese Mikroverfilmung bzw. die Archivierung von Krankenunterlagen außerhalb der Krankenhäuser vorzunehmen.

Für eine Archivierung von Krankenakten außerhalb der Krankenhäuser gibt es keine entsprechenden Regelungen im Thüringer Krankenhausgesetz. Die allgemeinen Vorschriften über die Datenverarbeitung im Auftrag nach § 8 können jedoch eine Offenbarung von Unterlagen, die der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen, nicht erlauben. Sofern eine Einwilligung der betroffenen Patienten nicht vorliegt, kommt für eine Aufbewahrung dieser Unterlagen bei einem externen Archivierungsunternehmen lediglich eine sogenannte Container-Lösung (5.2.9) in Betracht, bei der es dem aufbewahrenden Unternehmer nicht möglich ist, Kenntnis vom Inhalt der jeweiligen Akten zu nehmen.

11.11 Krankenakte im Krankenhaus verlegt

Eine Patientin eines Thüringer Krankenhauses wandte sich mit der Bitte an mich, ihr beim Auffinden ihrer Krankenakte behilflich zu sein, da sie diese im Rahmen einer weiteren ärztlichen Behandlung benötigte. Meine Überprüfung der Angelegenheit ergab, dass die Krankenakte unter einem falschen Vornamen im Archiv des Krankenhauses abgelegt worden war. Dadurch bedingt erhielt die Patientin bei ihren Nachfragen die Auskunft, dass ihre Akte nicht vorliege. Obwohl in diesem Fall keine Stellen außerhalb des Krankenhauses Kenntnis vom Inhalt der Akte nehmen konnten, lag eine Beeinträchtigung der Rechte der Patientin vor, da ein erforderlicher Zugriff auf die Unterlagen über einen längeren Zeitraum nicht möglich war. Ich habe daraufhin das Krankenhaus aufgefordert, die Unterlagen so aufzubewahren, daß jederzeit unter dem zutreffenden Namen auf sie zugegriffen werden kann.

11.12 Einsichtsrecht des Patienten in Krankenhausakten

Im Rahmen einer Eingabe hatte ich mich mit der Frage zu beschäftigen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang Patienten Einsicht in die zu ihrer Behandlung angelegten Krankenakten erhalten können. Der Petent war nach seinen Angaben Ende der fünfziger und Mitte der sechziger Jahre zwei Mal - nach seiner Ansicht zu Unrecht - zwangsweise in eine Nervenklinik eingewiesen worden. Zwischenzeitlich hatte er einen Antrag auf berufliche Rehabilitierung gestellt und dabei erfahren, dass im betreffenden Krankenhaus eine Krankenakte über ihn existiert. Nachdem er schriftlich einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt hatte, fand ein Termin im Krankenhaus statt, bei dem ihm ein Arzt auszugsweise aus seiner Krankenakte vorgelesen hatte. Ein unmittelbarer Einblick in die Akte wurde ihm aus Gründen des Datenschutzes verweigert. Die von ihm vermuteten Bescheinigungen über die Zwangseinweisungen befanden sich nach Angaben des Arztes nicht in der Krankenakte. Nach § 27 Abs. 8 hat der Patient auf einen Antrag hin Anspruch auf kostenfreie Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten. Daraus ist abzuleiten, dass der mündige Patient grundsätzlich ein Recht darauf hat, zu erfahren, welche Aufzeichnungen über ihn im Rahmen einer Krankenhausbehandlung erstellt worden sind. Nach § 27 Abs. 8 Satz 3 ist vorgesehen, dass die Auskunft im Einzelfall durch einen Arzt vermittelt werden soll, soweit dies mit Rücksicht auf den Gesundheitszustand des Patienten dringend geboten ist. Sinn dieser Regelung ist die Absicht, dem einsichtnehmenden Patienten, der in der Regel nicht über den medizinischen Sachverstand verfügt, die ärztliche Dokumentation in ihrer vollen Tragweite zu erläutern. So könnte z. B. die Eintragung einer Verdachtsdiagnose, die sich jedoch nicht bestätigt hat, beim Patienten zu falschen Schlüssen führen. Nach § 27 Abs. 8 Satz 3 ist eine Beschränkung der Auskunft hinsichtlich ärztlicher Beurteilungen oder Wertungen zulässig. Hier ist durch den Arzt im Einzelfall eine Abwägung zwischen dem informationellen Selbstbestimmungsrecht und dem therapeutischen Interesse des Patienten vorzunehmen. Soweit Unterlagen aus den Krankenakten als Nachweis in einem Rehabilitierungsverfahren benötigt werden, besteht die Möglichkeit, dass der Patient die Krankenhausärzte gegenüber der Rehabilitierungsbehörde von der ärztlichen Schweigepflicht entbindet und diese die erforderlichen Unterlagen in Kopie der Rehabilitierungsbehörde übergeben. Dabei wäre allerdings auch möglich, dass ärztliche Beurteilungen oder Wertungen, die die Voraussetzungen nach § 27 Abs. 8 Satz 4 erfüllen, auf den Kopien geschwärzt werden. Evtl. in den Akten vorhandene personenbezogene Daten Dritter müssen geschwärzt werden, da sich der Auskunftsanspruch nicht auf diese Daten erstreckt. Das Krankenhaus habe ich auf diese Rechtslage hingewiesen. Dieses hat mitgeteilt, dass gegen eine entsprechende Erstattung der Kosten für Kopien und Porto die gewünschten Kopien zur Verfügung gestellt werden. Den Petenten habe ich ebenfalls über diese Verfahrensmöglichkeiten informiert, womit seinem Anliegen in angemessener Weise Rechnung getragen sein dürfte.