Anbau von Faserpflanzen in Thüringen

Seit 1996 ist der Anbau von Nutzhanf für Landwirte wieder ermöglicht. Der Anbau von Flachs ist bundesweit bereits 1986 erstmals wieder aufgenommen worden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie stellen sich die Anbauzahlen für Flachs und Hanf im Jahr 1998 für Thüringen im Einzelnen, im Bundesvergleich und im Vorjahresvergleich dar? Wie bewertet die Landesregierung diese Anbauzahlen vor diesem Hintergrund?

2. Welche finanziellen Unterstützungen erhalten Anbauer und Anbauerinnen von Faserpflanzen jeweils aus der EU, vom Bund und vom Freistaat Thüringen?

3. Welche Strukturen zur Verarbeitung von Faserpflanzen existieren in Thüringen?

4. In welcher Form wird die Gründung von Faserpflanzen verarbeitendem Gewerbe unterstützt?

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 9. Dezember 1998 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Die Anbaustatistik für Hanf und Flachs 1997 und 1998 für Thüringen, die anderen Bundesländer und die Bundesrepublik insgesamt ist der Anlage zu entnehmen.

Flachs wurde demzufolge in diesen beiden Jahren in Thüringen gar nicht und Hanf in einem sehr bescheidenen Umfang angebaut. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Zuerst sind hierfür ökonomische Erwägungen der Landwirtschaftsbetriebe anzuführen. Daneben sind zu nennen:

· fehlende logistisch interessante Absatzmärkte mit großen Verarbeitungskapazitäten,

· ungenügende Anbauerfahrung und

· aufwendige Ernteverfahren (incl. spezielle Erntetechnik).

Zu 2.: Die Flächenbeihilfen für den Anbau von Hanf und Flachs werden ausschließlich von der Europäischen Union finanziert, und zwar in allen Mitgliedsstaaten einheitlich.

Zu 3.: Mit der Inbetriebnahme des von den Empe-Werken errichteten Betriebs in Ebersdorf zur Produktion von Autotüreninnenverkleidungen auf der Basis von Flachs und Sisal wurde vordergründig die Grundvoraussetzung, die Verarbeitungskapazitäten für Faserpflanzen vor der breiten Einführung des Anbaus zu etablieren, erfüllt.

Es stellte sich jedoch heraus, dass die landwirtschaftlichen Unternehmen Flachs zu den Abnahmebedingungen der Empe-Werke nicht wirtschaftlich produzieren können. Die Fasern werden zurzeit ausschließlich importiert.

Die Firma Funder-Isowood tätigt derzeit eine Investition am Standort Rudolstadt/Schwarza zur Herstellung von Naturfaservliesen für die Verarbeitung von Flachsfasern zu Autotüren- und Autodachinnenverkleidungen.

Für Hanf bestehen fast keine wirtschaftlich bedeutungsvollen Verarbeitungsstrukturen. Die Aktivitäten beschränken sich auf wissenschaftliche Studien, Pilotprojekte und die Herstellung von Nischenprodukten.

So wird in Thüringen in 18 unterschiedlichen Thüringer Produktionsbetrieben (von der Agrargenossenschaft bis zur Designer-Firma) Hanf verarbeitet. Die Produktpalette enthält z. B. Dämm- und Baustoffe, Bekleidung, Spielzeug, Teppiche, Hanföl, Hanfbrot und Hanfbier.

An dieser Stelle sei bemerkt, dass z. B. der Stoff zur Herstellung von Bekleidung oder die aufgeschlossene Faser zur Herstellung von Bau- und Dämmstoffen importiert werden muss. Die Ursache dafür liegt in der fehlenden Wirtschaftlichkeit und der Aufbereitung der Faserpflanzen begründet.

Die Weiterentwicklung der Produktlinie Faserpflanzen wird vor allem durch die fehlende Technologie des Aufschlusses und durch die hohen Umweltanforderungen in Deutschland behindert.

Der Bau für Faserpflanzen ist am Standort Niederpöllnitz geplant. Dort sollen möglichst preiswert technische Fasern hergestellt werden.

Neben erneuten Abnahmegesprächen auf der Grundlage verbesserter Preis-Kostenkalkulationen der landwirtschaftlichen Betriebe mit den Empe-Werken wird an der Praxiseinführung einer weiteren Faseraufschlussanlage in Ebersdorf oder Rudolstadt gearbeitet. Abschließende Aussagen zur Realisierung können noch nicht getroffen werden.

Zu 4.: Durch das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt (TMLNU) können Pilot- und Demonstrationsvorhaben durch die Verwaltungsvorschrift Zuwendungen zur Förderung von Pilot- und Demonstrationsvorhaben auf den Gebieten der Produktions- und Verwendungsalternativen für die Land- und Forstwirtschaft finanziell unterstützt werden. Dazu zählt die Unterstützung des Anbaus bis zur ersten Verarbeitungsstufe.

Danach greift die Förderung des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft und Infrastruktur. Dort kann die Gründung von faserpflanzenverarbeitendem Gewerbe nach den Programmen der Struktur- und Wirtschaftsförderung unterstützt werden. Insbesondere zu nennen wären die Möglichkeiten einer Förderung nach der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GA) und der einzelbetrieblichen Technologieförderung.

Ideelle und fachliche Unterstützung erfährt jeder Interessent durch den Fachbeirat Nachwachsende Rohstoffe des TMLNU und das Thüringer Zentrum nachwachsender Rohstoffe in Dornburg.