Grundstück

Begründung

A. Allgemeines:

Mit dem Thüringer Waldgenossenschaftsgesetz wird eine Rechtsbereinigung aller in Thüringen derzeit noch existierenden, altrechtlichen Personenzusammenschlüsse auf dem Gebiet der Waldbewirtschaftung angestrebt. Diese Eigentümerzusammenschlüsse, wie zum Beispiel Laubgenossenschaften, Gerechtigkeitswaldungen, Interessentenwaldungen und Altwaldgenossenschaften (§ 4 Nr. 1 beruhen entweder auf gesetzlichen Grundlagen, wie zum Beispiel preußischen Gesetzen, oder sie haben sich in früheren Jahrhunderten gewohnheitsrechtlich aus den traditionell gewachsenen Landnutzungsverhältnissen herausgebildet. Das Vorhandensein solcher, im Detail sehr unterschiedlich gestalteter Vereinigungen war dem Gesetzgeber bei Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Jahre 1900 bekannt. Aus diesem Grund ist im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) unter anderem in Artikel 83 bestimmt, dass die landesgesetzlichen Vorschriften über Waldgenossenschaften unberührt bleiben.

Die Thüringer Waldgenossenschaften, bei denen es sich nach dem gegenwärtigen Stand der Erhebungen um etwa 360 Besitzungen mit etwa 29 000 Hektar Waldfläche und etwa 20 000 Personen handelt, sind solche Vereinigungen, die von den Bestimmungen des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch erfasst werden. Es handelt sich dabei um eine Rechtsmaterie, die auch weiterhin als Landesrecht fortgilt und die durch landesgesetzliche Neuregelungen weiterentwickelt werden kann.

Die eigentumsrechtliche Struktur dieser Gemeinschaften beruht noch weitgehend auf den altrechtlichen Regelungen, insbesondere auch auf den preußischen Gesetzen über gemeinschaftliche Holzungen aus dem Jahr 1881 und über Schutzwaldungen und Waldgenossenschaften aus dem Jahr 1875.

Die bundesgesetzlichen Bestimmungen über Zusammenschlüsse (§§ 15 bis 40 des Bundeswaldgesetzes) können zur Regelung nicht herangezogen werden, weil die freiwillig zu gründenden Zusammenschlüsse, wie beispielsweise Forstbetriebsgemeinschaften, die Existenz juristischer Personen des privaten Rechts voraussetzen. Während in den westlichen Bundesländern die altrechtlichen Waldgenossenschaften eine relativ gleichmäßige Rechtsentwicklung erlebt haben, hatte die DDR-Zeit nicht nur eine Unterbrechung einer sich kontinuierlich entwickelnden Rechtsordnung zur Folge, sondern häufig auch den Verlust vieler oder aller Unterlagen mit den damit verbundenen erheblichen Schwierigkeiten beim Wiederaufleben solcher Waldgenossenschaften.

Mit der Beseitigung des staatlichen Nutzungsmonopols bezüglich der Waldgrundstücke und aufgrund der Fortgeltung der früheren landesrechtlichen Bestimmungen sind auch die Waldgenossenschaften als private Forstbetriebe wieder aufgelebt. Die über das ganze Land verteilten Waldgenossenschaften wirken vorbildhaft im Sinne einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft bei den privaten Grundeigentümern. Sie sind damit eine Stütze der Privatwaldwirtschaft.

Die zurückliegende Zeit hat aber hinsichtlich dieser Eigentumsform eine große Zahl von Unsicherheiten geschaffen. Es ist deshalb eine gesetzliche Regelung erforderlich, wenn die Forstwirtschaft auf den Flächen ordnungsgemäß durchgeführt werden soll. Die noch gültigen altrechtlichen Vorschriften werden mit dem Thüringer Waldgenossenschaftsgesetz in zeitgemäßer Form rechtlich angepasst; die Behördenbeteiligung orientiert sich an der derzeitigen Organisationsstruktur der Landesforstverwaltung.

Mit dem Gesetz soll noch einem weiteren Bedürfnis Rechnung getragen werden. Die durch die Bodenreform mit Waldbesitz ausgestatteten Eigentümer sind in vielen Fällen nicht in der Lage, diese Kleinstflächen, die nicht vermarkt sind, selbst sinnvoll zu bewirtschaften. Es werden deshalb häufig Lösungen gewählt, die zu einer gemeinsamen und grenzüberschreitenden Bewirtschaftung führen.

Das erfordert komplizierte Konstruktionen. Eine solche grenzüberschreitende Bewirtschaftung entspricht aber dem Modell der Waldgenossenschaft.

B. Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu § 1: (Geltungsbereich)

Vom Geltungsbereich des Gesetzes werden die in § 1 genannten Vereinigungen erfasst. Ihnen allen ist gemeinsam, dass das Eigentum an den Gemeinschaftswaldungen meist den Anteilberechtigten zur gesamten Hand zustand.

Unter den Anwendungsbereich fallen jedoch nur diejenigen Gemeinschaftswaldungen, die bei In-Kraft-Treten des Gesetzes noch bestehen. Mit dem Thüringer Waldgenossenschaftsgesetz können nur die bestehenden Rechte im Rahmen einer Rechtsbereinigung fortgeschrieben werden. Demzufolge werden beispielsweise diejenigen Altgemeinden, Realgemeinden und gleichartige Gemeinschaften (Interessentengemeinschaften) ausgenommen sein, die durch das Gesetz über die Sondernutzungsrechte von Gemeindeangehörigen oder Klassen von solchen (Altgemeinden, Realgemeinden, Gemeindegliedervermögen) vom 29. Mai 1947 (Regierungsblatt für das Land Thüringen Teil I Nr. 11 S. 52) und den dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen vom 2. März 1948

(Regierungsblatt für das Land Thüringen Teil I Nr. 5 S. 41) aufgelöst wurden.

Eine einheitliche Rechtsgrundlage für das Territorium des Landes Thüringen sollte erstmals mit der Forstordnung vom 17. September 1930 geschaffen werden. Es wird davon ausgegangen, dass aufgrund der Forstordnung eine vollständige Bereinigung der Rechtsverhältnisse auf dem Gebiet der Gemeinschaftswaldungen vorgenommen werden sollte. Dies lässt zumindest die Bestimmung des § 68 der Forstordnung vermuten, wonach bestehende Waldgenossenschaften bis zu einer bestimmten, vom Finanzministerium zu benennenden Frist die aufgrund der Forstordnung bereinigten Satzungen vorzulegen hatten.

Vom Geltungsbereich der Forstordnung dürften jedoch diejenigen Waldgenossenschaften ausgenommen geblieben sein, die ihren Sitz in den ehemals preußischen Landesteilen von Thüringen hatten. Die in diesen Gebieten geltenden preußischen Gesetze haben somit nach wie vor Bestand und werden daher gesondert aufgeführt.

Die Bestimmungen über bestehende Waldgenossenschaften kommen auch für neu gegründete Waldgenossenschaften auf der Grundlage dieses Gesetzes zur Anwendung.

Zu § 2: (Gemeinschaftsvermögen) § 2 Abs. 1 enthält eine gesetzliche Definition des Gemeinschaftsvermögens.

§ 2 Abs. 2 bestimmt, dass das Vermögen der Waldgenossenschaft den Anteilberechtigten zur gesamten Hand zusteht. Nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs bedeutet dies, dass die Anteilberechtigten hierüber nur gemeinsam verfügen können und dass auch die Verwaltung, von Ausnahmefällen abgesehen, eine gemeinschaftliche Angelegenheit ist.

Zu § 3: (Rechtsstellung)

Als Waldgenossenschaft im Sinne des Gesetzes werden zum einen diejenigen Grundeigentümer zusammengefasst, deren Ziel die gemeinschaftliche Bewirtschaftung der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Waldfläche ist. Daneben existieren in Thüringen zahlreiche altrechtliche Nutzungsgemeinschaften (so genannte Interessentenschaften), denen zwar nicht das Eigentum an Grund und Boden, aber eine beschränkte Nutzungsbefugnis an den Waldfrüchten (Holznutzung) zusteht. Grund und Boden gehören eigentumsrechtlich einem Dritten, in der Regel einer Gemeinde.

Um der Gemeinschaft die nötige Rechts- und damit Handlungsfähigkeit zu verleihen, wurde die Rechtsform der Körperschaft des öffentlichen Rechts gewählt.

Im Gegensatz zur juristischen Person des privaten Rechts, deren Rechtsformen bereits abschließend bundesrechtlich geregelt sind, eröffnet die Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Körperschaft die Möglichkeit, die Rechtsverhältnisse der Genossenschaft unter forstpolitischen Gesichtspunkten zu regeln und landesgesetzlich festzuschreiben.

Zu § 4: (Grundsätze der Waldbewirtschaftung) Waldgenossenschaften verfolgen den Zweck, die Wälder sinnvoll, forstwirtschaftlich effektiv und den Zielen des Thüringer Waldgesetzes entsprechend zu bewirtschaften. Sie haben den Wald zum Nutzen der Anteilberechtigten und des öffentlichen Wohls pfleglich und wirtschaftlich nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Forstwirtschaft zu bewirtschaften (§ 19

In § 37 ist der Stellenwert für den Gemeinschaftswald festgeschrieben.

Nach § 4 Nr. 1 sind Waldungen von altrechtlichen Gemeinschaften der Waldeigentumsart Privatwald zugeordnet. Diese Feststellung dient zur Klarstellung dahin gehend, dass Waldgenossenschaften zwar den Rechtsstatus einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft haben, die Bewirtschaftung jedoch den Regelungen des Privatwaldes unterliegt.

Im Einzelnen ist Wald mit einer Größe von mehr als 50 Hektar nach einem Betriebsplan, Wald von mehr als zehn bis zu 50 Hektar nach einem Betriebsgutachten zu bewirtschaften. Unter einem Betriebsplan wird eine umfassende Planung für einen Zeitraum von zehn bis 20 Jahren verstanden; bei einem Betriebsgutachten handelt es sich um eine Planung, die auf einer vereinfachten Zustandsermittlung basiert. Da die Aufstellung von Betriebsplänen und -gutachten durch die obere Forstbehörde angeordnet werden kann (§ 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 9 5. DVO kann das Land nach § 35 Abs. 5 Zuschüsse, deren Höhe in einer Rechtsverordnung geregelt ist, gewähren.

Im Übrigen wird zur Bewirtschaftung generell auf die Bestimmungen des Siebenten Teils des Thüringer Waldgesetzes verwiesen.

Zu § 5: (Teilung und Veräußerung)

Um eine gemeinschaftliche Waldbewirtschaftung auf Dauer zu ermöglichen, darf die im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Waldfläche nicht auf die einzelnen Mitglieder aufgeteilt werden. Diese Maßnahme entspricht dem geltenden Recht (§ 37 Abs. 1 und steht in Übereinstimmung mit den forstpolitischen Grundsätzen. Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 ist eine Ausgliederung (Veräußerung) einzelner Teilflächen durch die Waldgenossenschaft jedoch mit Genehmigung der oberen Forstbehörde möglich.