Darlehen

Zu 43.:

Die Leistungen der Jugendhilfe, für die die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 85 Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VIII) zuständig sind, bieten vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Problematik von Straßenkarrieren. Beispielhaft werden von den zuständigen Jugendämtern folgende Maßnahmen bzw. Projekte aufgeführt:

- Straßensozialarbeit,

- Schutzmöglichkeiten mit unproblematischem Zugang, die zum einen der Befriedigung existenzieller Grundbedürfnisse dienen als auch pädagogische Kriseninterventionen vorsehen,

- ambulante und stationäre Hilfen zur Erziehung,

- betreutes Wohnen,

- Mädchenzuflucht,

- Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII,

- Angebote der Schulsozialarbeit einschließlich spezifischer Maßnahmen für Schulverweigerer,

- Kinderschutzdienste,

- aufsuchende Jugendarbeit.

Zu 44.:

Die Landesregierung hat Kenntnis von vier Gebäuden in Jena, in denen anlässlich des Modellprojekts Dauerhafte Wohnungsversorgung von Obdachlosen die Sanierung durch Selbsthilfeleistungen der Obdachlosen oder von Obdachlosigkeit bedrohten Personen durchgeführt wurde. Dabei wurden insgesamt 13 Wohnungen mit durchschnittlichen Wohnflächen von 46 bis 78 Quadratmeter saniert. Die Gesamtkosten dieser Maßnahme beliefen sich auf 855 000

Deutsche Mark, wobei 240 000 Deutsche Mark von Seiten des Bundes und 75 000 Deutsche Mark als Landesmittel zur Mitfinanzierung bereitgestellt wurden.

Ergänzend ist anzumerken, dass im Rahmen einer Qualifizierungs- für arbeitslose Jugendliche im Februar 1999 die Sanierung eines Gebäudes in Erfurt abgeschlossen werden konnte. Das Objekt wurde an das Wohnungsamt der Stadt Erfurt übergeben und sollte durch die beteiligten Jugendlichen genutzt werden. Aufgrund mangelnder Nachfrage wurden die sieben fertig gestellten Wohnungen für Familien und Einzelpersonen gestellt, die sich auf dem Wege der Wiedereingliederung in normale Lebensabläufe befanden. Die Gesamtaufwendungen dieses Projekts betrugen rund 595 000 Deutsche Mark, wobei 395 000 Deutsche Mark aus dem Programm URBAN Erfurt Krämpfervorstadt und 200 000 Deutsche Mark von Seiten der Stadt Erfurt finanziert wurden.

Zu 45.:

Der Landesregierung sind keine Fälle von Hausbesetzungen in Thüringen bekannt.

Zu 46.:

Ein Landesprogramm als Sonderprogramm zur Beseitigung von Dauerarbeitslosigkeit und Wohnungsnotfällen ist im Rahmen der Förderung des sozialen Wohnungsbaus nicht umsetzbar. Einerseits wird die Wohnungsbauförderung vorrangig in Form von Darlehen gewährt, so dass ein Bewilligungsempfänger langfristig in der Lage sein müsste, diese Darlehen zurückzuzahlen.Andererseits lässt sich eine weit reichende Förderung durch das Land ohne eine angemessene Beteiligung der zuständigen Kommunen in Anbetracht der zu erwartenden hohen Modernisierungs- und Instandsetzungskosten von Wohnungen fiskalisch nicht darstellen.

Zu 47.:

Der Landesregierung ist die Durchführung eines Projekts sozialer Wohnbaumaßnahmen mit 35 Wohnungen in Jena (Merseburger/Naumburger Straße) bekannt, dem eine des Grundstücks vom Bund an die Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen vorausgegangen ist.

Zu 48.:

Die Resultate der laufenden Beobachtungen der Modellvorhaben des 1997 beendeten Forschungsprojekts Dauerhafte Wohnungsversorgung von Obdachlosen wurden auf der Abschlussveranstaltung in Bonn im Oktober 1997 vorgestellt und in einem Abschlussbericht veröffentlicht. Die Projektforschungen, unter denen sich auch ein Projekt der Stadt Jena befand, haben vielfältige Ergebnisse gebracht. Trotz der Unterschiedlichkeit der sieben Modellvorhaben können folgende verallgemeinerungsfähige Aussagen getroffen werden:

- Die Versorgung wohnungsloser und obdachloser Haushalte mit Normalwohnungen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die soziale Reintegration der Betroffenen.

- Die Mischung ehemals obdachloser und nicht obdachloser Haushalte in einem Gebäude bzw. in einer Wohnanlage begünstigte in den Modellprojekten die soziale Integration, Selbständigkeit und die soziale Kompetenz ehemals obdachloser Bewohner.

- Die Dauerhaftigkeit der Wohnungssicherung ist nur durch sozialorientierte Vermietung möglich. Dies bedeutet, dass neben der rein wirtschaftlichen Wohnungsverwaltung auch eine intensive soziale Betreuung notwendig ist, um auf Probleme reagieren zu können, die das Mietverhältnis gefährden könnten.

- Kooperationsprojekte von Sozialträgern und Wohnungsunternehmen haben sich als effizient erwiesen, wobei besonders konfessionelle Sozialträger regelmäßig über eigene Ressourcen verfügen.

- Selbsthilfe und Beschäftigung am Bau stärkt das Selbstwertgefühl der ehemals obdachlosen Bewohner und ist daher ein wesentlicher Beitrag zur Integration in normale Lebensverhältnisse. Bereits die Einbeziehung der Bewohner in den Planungs- und Entscheidungsprozess bewirkt vergleichbare positive soziale Effekte.

Zu 49. Strukturelle Veränderungen in der Verwaltung mit dem Ziel, bestehende Hilfsmöglichkeiten in Bezug auf Wohnungslosigkeit bekannt und wirksam zu machen, hält die Landesregierung nicht für notwendig.

Zu 51.: von Obdach- und Wohnungslosigkeit wird im Freistaat Thüringen ein hoher Stellenwert eingeräumt.

Nach Angabe des Verbandes Thüringer Wohnungswirtschaft besteht vielerorts seit Jahren eine enge Zusammenarbeit zwischen Wohnungsunternehmen und Sozialämtern, um in schwierigen Fällen direkt und unmittelbar helfen zu können.Vor diesem Hintergrund kann die Landesregierung die Existenz von Defiziten im Informationsaustausch zwischen der Wohnungswirtschaft und öffentlichen Stellen nicht bestätigen.

Zu 52. a und b:

Die Notwendigkeit der Belegungsrechte im Freistaat Thüringen wird nicht für erforderlich gehalten.

Überall dort, wo im Freistaat Thüringen für verschiedene spezifische Standardfälle des Wohnungsbaus die Belegungsrechte geregelt sind, ist in jedem Fall eine Einzelfallentscheidung nach sozialer Dringlichkeit vorzunehmen.

Zu 53. a:

Die Landesregierung erkennt ein grundsätzliches Problem darin, dass eine vollständige Darstellung aller unter den Begriffen Wohnungslosigkeit und Wohnungsnotfall zusammengefassten Lebenssituationen nicht leistbar ist, da sich der Personenkreis der ohne Obdach auf der Straße lebenden Personen kaum erfassen lässt.

Zu 53. b:

Ab dem Jahre 1994 wurde durch das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit gleichwohl mit der statistischen Erhebung der Anzahl der von Obdachlosigkeit Betroffenen aus allen Landkreisen und kreisfreien Städten Thüringens begonnen. Die Meldung dieser Behörden erfolgt quartalsweise, wenn auch mit der Einschränkung, dass nur diejenigen obdachlosen Personen erfasst werden können, die sich bei den zuständigen Behörden gemeldet haben.

Zu 54.:

Aufgrund der spürbaren Entspannung in weiten Bereichen des Wohnungsmarkts mit teilweisem Wohnungsüberangebot und zunehmenden Leerständen sieht die Landesregierung keinen Handlungsbedarf für zusätzliche Maßnahmen auf dem Sektor Wohnungswesen.

Die Landesregierung setzt dagegen weiterhin auf integrative Handlungskonzepte, die die Wohnraumversorgung mit bedarfsgerechten sozialen Hilfen verbinden.

IV.2 Armut und Gesundheit

Zu 55.:

In Ermangelung amtlicher Statistiken, aus denen sich ein Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit, Armut und Gesundheit ableiten ließe, ist es nicht möglich, zu diesem Themenbereich verbindliche Aussagen zu treffen. Erschwerend kommt hinzu, dass die mit der Definition des Armutsbegriffs verbundenen Probleme einen nachweisbaren im Sinne der Fragestellung kaum verifizierbar erscheinen lassen.

Dies vorausgeschickt ist anzumerken, dass empirische Untersuchungen in Deutschland in der Tat zum Ergebnis kommen, dass zwischen den Indikatoren, welche die soziale Lage der Bevölkerung beschreiben und dem Gesundheitszustand dieser Bevölkerungsgruppen signifikante Zusammenhänge bestehen. Bekannt sind sozialschichtspezifische Erkrankungshäufigkeiten bei Herz-Kreislauf-Krankheiten, bei Erkrankungen allergischen Erkrankungen sowie Hautkrankheiten. Insbesondere die Arbeitslosigkeit zählt dabei zu jenen Komponenten des sozialen Umfeldes, bei denen Auswirkungen auf die Gesundheit festgestellt werden können. So weisen Langzeitarbeitslose ein erhöhtes Risiko in Bezug auf Gesundheitsbelastungen auf. Nach Untersuchungen über die Art der gesundheitlichen Beschwerden treten zu Beginn vermehrt depressive Erscheinungen auf, während körperliche Symptome erst im Verlauf längerer Arbeitslosigkeit erkennbar werden.

In einer größeren Anzahl von Untersuchungen wird schließlich auch ein Zusammenhang von Armut und systematisch erhöhter Erkrankungshäufigkeit bzw. geringerer Lebenserwartung belegt. Dessen ungeachtet ist jedoch anzumerken, dass beispielsweise die Erkrankungshäufigkeit an Tuberkulose, die auch heute noch als Krankheit gilt, in Thüringen rückläufig ist (1995 = 236 Erkrankte/1999 = 166 Erkrankte). Angesichts von differierenden Ergebnissen und unterschiedlichen Einschätzungen der oben angegebenen Untersuchungen vermag die Landesregierung den Grad ihrer Allgemeingültigkeit sowie ihrer Übertragbarkeit auf die Verhältnisse in Thüringen nicht einzuschätzen.

Zu 56.: Korrespondierend mit der Beantwortung der Frage 55 ist an dieser Stelle anzumerken, dass der Landesregierung gleichfalls keine belastbaren statistischen Angaben vorliegen, die eine Einschätzung der Auswirkungen von Arbeitslosigkeit und Armut auf die geistig-seelische Befindlichkeit Betroffener zulassen.

Allerdings ist - anknüpfend an die Feststellung, dass gerade der Beginn von Arbeitslosigkeit häufig mit depressiven Erscheinungen einhergeht - konkretisierend anzumerken, dass der Verlust des Arbeitsplatzes oftmals einen Prozess individueller Schuldzuschreibung und Selbstabwertung auslöst. Arbeitslosigkeit und die mit ihr verbundene Angst vor Gefährdung der wirtschaftlichen Lebensgrundlagen sowie der Zerstörung des Selbstwertgefühls wirken dabei als gewichtiger Stressfaktor, der zu einer Reihe psychischer und psychosomatischer Erkrankungen prädisponiert. Untersuchungen, die konkrete Informationen über die Auswirkungen in Thüringen geben, liegen der Landesregierung jedoch nicht vor.

Zu 57.:

Die Landesregierung verfügt innerhalb des Fragekomplexes ausschließlich über thüringenspezifische Kenntnisse über die Beziehung zwischen einer Sucht- und Abhängigkeitserkrankung einerseits und dem Vorliegen von Armut andererseits. Diese Kenntnisse basieren auf einer Studie des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit zum Thema Sucht und Wohnungslosigkeit in Thüringen aus dem Jahr 1995 sowie aus der wissenschaftlichen Begleitung zum Modellprojekt Drogennotfallprophylaxe/Nachgehende Sozialarbeit in Erfurt, die im Jahr 1996 begann und noch bis zum Ende des Jahres 2000 fortdauern wird.