Staatsanwaltschaft

Das LKA hat für dieses Verfahren eine Richtlinie erlassen. Dabei bin ich nicht beteiligt worden. Dies hatte zur Folge, dass nunmehr Nachbesserungsbedarf besteht.

In den Richtlinien werden für die Verfahrensweise nach verschiedene Fallgruppen differenziert:

- Behandlung von Spurendaten: Diese werden gespeichert, bis die Person des Spurenlegers bekannt ist bzw. der Täter ermittelt wurde, dann wird das DNA-Muster dieser Person zugeordnet.

- Die Daten der Opfer werden wie Spurendaten behandelt. Allerdings erfolgte die Speicherung nur mit deren Einwilligung.

- Werden in einem laufenden Verfahren mehrere Personen als Spurenleger verdächtigt, und willigen diese nicht in eine Analyse ein, wird für alle die richterliche Entscheidung eingeholt. Sie werden mit der positiven richterlichen Entscheidung zu Beschuldigten, da

§ 81a an den Beschuldigtenstatus anknüpft. Wenn die Untersuchung ergibt, dass ein Beschuldigter nicht Spurenleger ist, darf eine Speicherung nicht stattfinden. Sollen seine Daten auf Grund des gleichwohl gespeichert werden, muss dafür eine neue richterliche Entscheidung eingeholt werden, die die Prognoseentscheidung trifft.

Gegen diese Verfahrensweise habe ich Bedenken angemeldet. Die Tatsache, dass eine Person als Spurenleger nicht ausgeschlossen werden kann, reicht nicht aus, den Betroffenen als Beschuldigten einzustufen. Aus den Richtlinien ergibt sich nicht klar genug, dass bei Personen, die als Spurenleger ausgeschlossen worden sind, eine Speicherung nur erfolgen darf, wenn darüber eine erneute richterliche Entscheidung eingeholt worden ist.

Der in den Richtlinien vorgesehene Wortlaut von Einwilligungserklärungen für die Opfer von Straftaten war überarbeitungsbedürftig. Der vorgesehene Text machte den Betroffenen nicht deutlich, in was sie einwilligen. Es lagen keine Erläuterungen vor, die die Betroffenen vor

Abgabe der Erklärung hätten aufklären können. Eine Formulierung, sobald diese für das anhängige Ermittlungsverfahren nicht mehr erforderlich sind, wird kaum mit der Vorstellung verknüpft, dass die Speicherungsdauer 20 Jahre oder länger betragen kann. Hier ist zwischenzeitlich eine Änderung erfolgt.

5.3

Polizeiliche Datenspeicherung trotz Freispruch

Bei der Überprüfung einer polizeilichen Datenspeicherung habe ich festgestellt, dass Polizeibehörden die Mitteilung der Staatsanwaltschaft über einen Freispruch lediglich zur Akte nahmen, statt die Datenspeicherung zu löschen und die Akte zu vernichten. Mit der Behörde wurde abgesprochen, dass sie die Löschung und Vernichtung künftig durch organisatorische Maßnahmen sicherstellt. Da die Regelung des § 20 Abs. 4 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung mehrdeutig ist, wird eine generelle Richtlinie erarbeitet werden müssen.

Informiert durch eine Benachrichtigung nach § 20 Abs. 9 HSOG beantragte ein Frankfurter Bürger die Löschung der zu seiner Person im Hessischen Polizeiinformationssystem (HEPOLIS) gespeicherten Daten. Nachdem er zehn Wochen vergeblich auf einen Bescheid wartete, bat er mich um Hilfe.

Nach der Datenspeicherung im HEPOLIS hatte die Frankfurter Polizei insgesamt zwei Mal, und zwar in den Jahren 1995 und 1997 Ermittlungen gegen den Bürger vorgenommen. Das Delikt lautete in einem Falle Verbreiten pornographischer Schriften (§ 184 im anderen Falle Missbrauch von Abzeichen (§ 132a. Die Akte sollte bis zum Jahre 2005 aufbewahrt werden. Ebenso lange sollte die Datenspeicherung allen hessischen Polizeibehörden zum Abruf bereit stehen. Mein Mitarbeiter sah beim Polizeipräsidium Frankfurt die zur Person geführte Kriminalakte ein.

Wie es zu dem Vorwurf der Verbreitung pornographischer Schriften gekommen war, war der Akte nicht zu entnehmen. Zwar befanden sich in der Akte zwei Kopien von Fotos aus einem ausländischen Bildmagazin. Auf dem einen Foto war ein Brustbild eines Mannes zu sehen, auf dem zweiten Foto zwei Männer in kurzen Hosen. Ob die Bilder zum Nachweis seiner

Unschuld oder aus welchem sonstigen Grund zur Akte genommen worden waren, war nicht ersichtlich. Jedenfalls konnten sie, ebenso wie der sonstige Akteninhalt, den strafrechtlichen Vorwurf nicht belegen. Auch war nicht nachvollziehbar, weshalb die Staatsanwaltschaft die Strafsache nur gegen Zahlung einer Geldbuße einstellen wollte. Jedenfalls nahm der Betroffene das Angebot der Staatsanwaltschaft Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldbuße nicht an. Es kam zur Anklage. Das Gericht sprach ihn frei, weil es sich gar nicht um pornographische Schriften handelte.

Der Sachverhalt führte zu folgenden Datenspeicherungen: Zunächst hatte das Fachkommissariat den Sachverhalt beurteilt. Es stufte den Vorgang als einen Fall geringer Bedeutung ein und verfügte, ausgehend vom Verfügungsdatum, eine Aussonderungsprüffrist von drei Jahren. Abgesehen davon, dass die Polizei im vorliegenden Falle auch ganz auf eine Datenspeicherung zu präventiven Zwecken hätte verzichten und die Informationen nur zur Vorgangsdokumentation teilanonymisiert hätte aufbewahren können, war dies aus verschiedenen Gründen falsch. Zum einen verlangte die damaligen Rechtslage gemäß § 20 Abs. 4 HSOG eine sog. Negativprognose (die mittlerweile gegen mein Bestreben entfallen ist

- s. 27. Tätigkeitsbericht, Ziff. 5.2.5). Für die Prognose, dass die Besorgnis der Begehung weiterer Straftaten besteht, war der Akte nichts zu entnehmen.

Zum andern ist für die Berechnung der Frist nicht das Datum der Verfügung maßgebend, sondern gemäß § 5 Abs. 1 der Verordnung über Prüffristen bei gefahrenabwehrbehördlicher und polizeilicher Datenspeicherung (Prüffristenverordnung) das die Speicherung begründende Ereignis - also der angenommene Tatzeitpunkt -. Dieser lag im konkreten Fall fünf Monate zurück. Bei großen Polizeibehörden, wie dem Polizeipräsidium Frankfurt, gibt das Fachkommissariat den Vorgang zur Datenspeicherung in das HEPOLIS an eine andere Organisationseinheit (Fallanalyse) ab. Diese Abteilung erkannte zwar den Fehler bezüglich der Fristenberechnung, machte dafür aber einen Neuen: Sie stufte den Fall nicht mehr als einen Fall geringer Bedeutung ein, sondern verfügte gemäß § 2 Abs. 1 der Prüffristenverordnung - jetzt ausgehend von der angenommenen Tatzeit - eine Frist von zehn Jahren.

§ 2 Abs. 1 Prüffristenverordnung

Bei Daten tatverdächtiger Personen betragen die Prüffristen: