Rentenpolitik ist zwar grundsätzlich in der Zuständigkeit des Bundes

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2. Rentenversicherung

Die Verwerfungen nach der jüngsten Rentenreform sowie die demographische Entwicklung werden unweigerlich dazu führen müssen, dass die Alterssicherung auch weiterhin ein wichtiges Thema bleiben wird. Die gesetzliche Rentenversicherung wird hierbei im Mittelpunkt stehen. In Thüringen beziehen 532.685 Personen eine Altersrente. Die durchschnittlichen Zahlbeträge stellen sich wie folgt dar:

In 195.518 Fällen werden Renten an Witwen, Witwer oder Waisen ausgezahlt. Der durchschnittliche Zahlbetrag der Witwenrente beträgt 532,41 Euro, der der Witwerrente 230,39 Euro.

Rentenpolitik ist zwar grundsätzlich in der Zuständigkeit des Bundes angesiedelt.

Gleichwohl hat Thüringen seit der Rentenüberleitung zum 1. Januar 1992 die Entwicklung der Altersversorgung aktiv begleitet. Dazu wird beispielhaft darauf hingewiesen, dass die durch die Bundesregierung ab dem Jahr 2000 ausgesetzte Rentenanpassung nach der Lohnentwicklung auf Druck einiger Länder unter Beteiligung Thüringens im Jahr 2001 wieder eingeführt werden konnte. Dies ist für die neuen Länder von besonderer Bedeutung, weil an die lohnbezogene Anpassung auch die Angleichung der Renten in den neuen Ländern an das Niveau der alten Länder gebunden ist. Die Angleichung nach Inflationsrate, wie im Jahr 2000 geschehen, lässt die Angleichung stagnieren.

Weiterhin konnten durch eine Thüringer Initiative rentenrechtliche Verbesserungen im Beruflichen Rehabilitierungsgesetz erreicht werden. Die Thüringer Landesregierung hat darauf hingewiesen, dass die mit der Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. April 1999 verbundenen Begünstigungen bei ehemals Zusatzund Sonderversorgten der Öffentlichkeit nur vermittelt werden können, wenn zugleich auch die Opfer Berücksichtigung finden.

Für die Zukunft wird es unumgänglich sein, eine umfassende Rentenreform aus einem Guss vorzulegen. Damit ist die Umsetzung folgender Ziele anzustreben:

- einheitliches Recht und Rentenniveau in Ost und West,

- Schließung von punktuellen Lücken infolge der Rentenüberleitung zum 1. Januar 1992 (z. B. für nach DDR-Recht geschiedene Frauen und Versorgung von Hochschullehrern bestimmter Jahrgänge),

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- Vereinfachung des Rentenrechtes zur Förderung der Durchschaubarkeit und einer Verbesserung der Akzeptanz und des Vertrauens in das System bei den Versicherten,

- langfristige Finanzierungssicherung,

- Förderung der Familiensicherung bzw. der Alterssicherung der Frauen.

Als Nachweis für die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme ist die so genannte Riester-Reform vom Jahr 2001 anzuführen, die bereits unmittelbar nach ihrem Korrekturbedarf aufweist. Trotz der Reform steigen die Beiträge und die privat finanzierte und staatlich geförderte Zusatzrente wird durch die Versicherten nur unzureichend angenommen, weil das System einschließlich der Förderung zu kompliziert ist.

3. Pflegeversicherung

Die Pflegeversicherung hat sich trotz der vereinzelt auch in Thüringen bekannt gewordenen Missstände in Pflegeheimen als ein wichtiger Baustein bei der Absicherung sozialer Risiken erwiesen. Vielen pflegebedürftigen Menschen hat sie bereits geholfen und wird sie weiterhin helfen. Genauso wie das Pflege-Versicherungsgesetz bestimmt das Thüringer Gesetz zur Ausführung des Pflege-Versicherungsgesetzes, dass dem Vorrang ambulanter Pflege vor stationärer Pflege Rechnung zu tragen ist.

Ein gut ausgebautes Netz ambulanter sozialpflegerischer Dienste ist die zentrale Voraussetzung dafür, dass ältere Menschen so lange wie möglich in ihrer eigenen Wohnung oder bei ihrer Familie bleiben können und auch bei dem Eintritt von Hilfe- bzw. Pflegebedürftigkeit eine angemessene Versorgung und Betreuung erfahren. Im Freistaat Thüringen konnte bis heute ein auf alle Landkreise und kreisfreien Städte ausgerichtetes Netz von nahezu 400 ambulanten Pflegediensten aufgebaut werden.

Dennoch kann auf den Ausbau der stationären Strukturen nicht verzichtet werden.

Um die Pflegeeinrichtungen in den neuen Ländern auf einen modernen Stand zu bringen, der den heutigen Anforderungen an Bau und Ausstattung gerecht wird, wurde mit Artikel 52 Pflege-Versicherungsgesetz in Sonderinvestitionsprogramm aufgelegt, für dessen Umsetzung das Land umfangreiche Regelungen getroffen hat.

Im Rahmen dieses Programmes stehen für die Sanierung von Pflegeheimen, aber auch für deren Ersatzneubau insgesamt 664 Mio. Euro an öffentlichen Fördermitteln zur Verfügung. Davon trägt der Bund einen Anteil von 80 Prozent, die restlichen 20 Prozent werden aus Mitteln des Landes oder der Kommunen aufgebracht.

Mit Hilfe des Sonderinvestitionsprogramms wurden oder werden in dem Zeitraum von 1994 bis 2005 in Thüringen über 10 000 Pflegeheimplätze grundlegend saniert oder neu gebaut. Zusammen mit den bereits zuvor sanierten oder neu errichteten 5 800 Pflegeplätzen sowie über 2 100 frei finanzierten Pflegeplätzen in vollstationären Einrichtungen verfügt Thüringen über eine leistungsfähige Infrastruktur an Pflegeheimen, die den heutigen Anforderungen an eine fachgerechte Pflege entspricht.

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Mit Stand vom 31. Dezember 2002 konnten von 162 Projekten aus dem Sonderinvestitionsprogramm bereits 116 Projekte abgeschlossen werden, also moderne Einrichtungen ihren Betrieb aufnehmen. 22 Einrichtungen befinden sich in der Bauphase und weitere 24 Projekte werden vorbereitet. Trotz aller Anstrengungen wird sich nach dem Auslaufen des Sonderinvestitionsprogramms im Jahre 2005 auf Grund der steigenden Lebenserwartung der Bevölkerung der Bedarf an stationären Pflegeplätzen erhöhen. Zu dieser Entwicklung wird frühzeitig ein entsprechender Lösungsansatz erarbeitet.

4. Behindertenpolitik - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen

In den vergangenen Jahren hat sich ein tief greifender Wandel in der behindertenpolitischen Grundposition sowie im Selbstverständnis von Menschen mit Behinderung vollzogen.

Die wachsende Zahl älterer und behinderter Menschen, die Zunahme chronisch Kranker und die schnellen Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft stellen neue Anforderungen an unser gesamtes System der sozialen Sicherung.

Zentrale gesellschaftliche Aufgabe ist und bleibt die Vermittlung zwischen behinderten und nicht behinderten Bürgern zur Enttabuisierung der Lebenssituation behinderter Menschen. Ein grundlegendes Umdenken bei der Gestaltung der Behindertenhilfe steht an.

Ziel muss es sein, ein gesellschaftliches Verständnis von behinderten Menschen als autonomen und interaktionsfähigen Persönlichkeiten zu erreichen. Die Thüringer Landesregierung ist angetreten, gemeinsam mit allen sich in diesem Bereich engagierenden Kräften nach effizienten Problemlösungen zu suchen und diese im Interesse der Behinderten zielstrebig zu verwirklichen.

Verbesserung der Rechtsstellung behinderter Menschen

Die Verwirklichung des Rechts jedes Einzelnen, unabhängig zu leben, selbst zu bestimmen, Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Teilhabe an der Arbeitswelt, dem politischen, sozialen und kulturellen Leben der Gesellschaft zu besitzen, muss weiter gestärkt werden.

Der Gleichstellungsauftrag in Artikel 2 Abs. 4 der Verfassung des Freistaats Thüringen erfordert auf der Ebene des Landesrechts gesetzliche Maßnahmen, um bestehende Ungleichbehandlungen, insbesondere im Hinblick auf die Verwirklichung der Barrierefreiheit in den unterschiedlichsten Lebensbereichen, zu beseitigen.

Am 1. Mai 2002 ist das Gesetz des Bundes zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze (Bundesgleichstellungsgesetz) in Kraft getreten.

Gleichstellung und Barrierefreiheit sind nunmehr als politische und gesellschaftliche Kategorien für die Bundesverwaltung gesetzlich verankert. Das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit hat nach Verabschiedung des Bundesgleichstellungsgesetzes mit der Erarbeitung eines Entwurfes eines Landesgesetzes zur Verbesserung der Integration behinderter Menschen in Thüringen begonnen.