Abbildung 6 Fertilitätsraten in den Kreisen und kreisfreien Städten Thüringens Anmerkung Thüringen insg

Materialband zum 3. Thüringer Sozialbericht18

Regionale Differenzierung Große regionale Abweichungen im Geburtenverhalten. Die Fertilitätsraten streuen in den einzelnen Kreisen Thüringens erheblich. Im Durchschnitt der Jahre 1995 bis 1997 wurden Unterschiede von bis zu 30% registriert (vgl. Abbildung 6). So wurden in den katholischen Enklaven Eichsfeld und Unstrut-Hainich-Kreis von 100 Frauen fast 120 Kinder geboren, während in der kreisfreien Stadt Gera die gleiche Anzahl Frauen nur etwa 90 Kinder zur Welt gebracht hat.

Abbildung 6: Fertilitätsraten in den Kreisen und kreisfreien Städten Thüringens Anmerkung: Thüringen insg. 1,04 ­ neue Länder 1,05 ­ früheres Bundesgebiet 1,43

Definition: zusammengefasste Geburtenziffer = Anzahl Kinder pro Frau (betrachtet werden Frauen eines fiktivern Geburtenjahrganges im Laufe ihrer gesamten reproduktiven Lebensphase). Quelle: INKAR 2000 empirica

Vom Bevölkerungsrückgang besonders betroffen sind die Städte sowie die strukturschwächeren Kreise. Durch die Suburbanisierung verlieren die Städte mehr Bevölkerung als die Landkreise. Allerdings zeichnen sich Landkreise mit großen wirtschaftlichen Strukturproblemen und überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit (Altenburger Land, Nordhausen, Kyffhäuserkreis) ebenfalls durch hohe Bevölkerungsverluste aus. In der Stadt Gera kulminieren beide Faktoren in einem besonders eklatanten Rückgang (vgl. Abbildung 7). Lediglich für die Kreise Gotha, Saale-Holzland und Weimarer Land erwartet das Statistische Landesamt bis 2020 ein Bevölkerungswachstum.

Neben den Bevölkerungsrückgängen ist die zunehmende Überalterung charakteristisch für die Entwicklung in den nächsten Jahren. Die Überalterung drückt sich u.a. darin aus, dass der Anteil der Personen unter 15 Jahren an der Gesamtbevölkerung bis 2020 in allen Kreisen zurückgeht. Die Verringerung unterliegt jedoch erheblichen regionalen Schwankungen. Das Statistische Landesamt erwartet eine geringfügige Verminderung von 0,2 Prozentpunkten in Gotha, 0,3 in Greiz und 0,4 im Unstrut-Hainich-Kreis, größere Veränderungen von 2,6 Punkten in der Stadt Jena, 2,7 in der Stadt Erfurt und 3,0 in der Stadt Gera. Das unterschiedliche Ausgangsniveau und die darauf aufsetzenden Veränderungen verstärken die Abweichungen in der Entwicklun bis zum Jahr 2020. Besonders in den Kreisen mit niedrigem Anteil an Kindern und Jugendlichen sind die Voraussetzungen für die über das Jahr 2020 hinausgehende Entwicklung negativ. Dies betrifft ganz besonders die Städte Gera, Erfurt, Suhl und Jena. Im Zuge der Überalterung steigt der Anteil der Senioren (65 Jahre und älter) in allen Kreisen stark an. Auch hier sind regionale Unterschiede zu erwarten. Besonders negativ ist die Entwicklung voraussichtlich in der Stadt Gera. Bis zum Jahr 2020 werden dort rund dreimal Materialband zum 3. Thüringer Sozialbericht 19

Abbildung 7: Prognose der Bevölkerungsverluste in den Kreisen und kreisfreien Städten Thüringens 1997­2020

Anmerkung: Thüringen insg. Verliert bis 2020 275 Tsd. Einwohner oder 11,1% verglichen mit dem Stand 1997.

Lesebeispiel: Die Stadt Erfurt wird bis zum Jahr 2020 rund 54 Tsd. Einwohner verlieren, das sind 26% der Bevölkerung im Jahr 1997.

Quelle: TLS empirica Abbildung 8: Abhängigkeitsstrukturen in den Kreisen und kreisfreien Städten Thüringens Anmerkung: Mittelwert Thüringen normiert auf 100

Definition hier: Altenquotient = Verhältnis der >65-Jährigen zu den 15- bis 65-Jährigen; Jugendquotient = Verhältnis der Quelle: INKAR 2000 empirica Materialband zum 3. Thüringer Sozialbericht20 so viele Senioren wie Personen unter 15 Jahren leben. Im Gegensatz dazu wird im Landkreis Hildburghausen der Anteil der Senioren nur um 5,8 Prozentpunkte steigen. Der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15 bis unter 65 Jahre) geht bis 2020 in allen Kreisen zurück. In 20 der 23 Kreise liegt die Reduzierung zwischen 4,8 und 7,5 Prozentpunkten. Lediglich für die kreisfreien Städten Suhl (13,5%), Gera (10,2%), Erfurt (10,0%) und Jena (9,0%) erwartet das Statistische Landesamt höhere Werte.

Die wenigen ausländischen Mitbürger konzentrieren sich in den Großstädten. Mit 1,5% Anteil an der Gesamtbevölkerung leben in Thüringen anteilsmäßig fast siebenmal weniger Ausländer als in den alten Ländern. Selbst für die Verhältnisse in den neuen Ländern ist diese Quote noch unterdurchschnittlich. Analog zum früheren Bundesgebiet konzentrieren sich die Ausländer in den größeren Städten (vgl. Abbildung 9). Aber lediglich Jena erreicht mit gut 4% Ausländeranteil das Durchschnittsniveau der neuen Länder (incl. Berlin-Ost). Abbildung 9: Ausländeranteile an der Gesamtbevölkerung in den Kreisen und kreisfreien Städten Thüringens Anmerkung: Thüringen insg. 1,5% ­ neue Länder 4,0% ­ früheres Bundesgebiet 10,2% Quelle: INKAR 2000 empirica

Haushalte

Entwicklung der Haushaltszahlen Haushalte sind die relevanten Entscheidungsträger. Die meisten Bestimmungsgrößen für das Erwerbs-, Konsum- oder Wohnverhalten dürfen nicht rein personenorientiert gesehen werden, sondern stehen in engem Zusammenhang mit der Zusammensetzung und der Größe von Haushalten. Deswegen ist die Entwicklung der Haushaltszahlen zur Darstellung der Lebensverhältnisse bedeutender als die Bevölkerungsentwicklung.

Steigende Haushaltszahlen trotz rückläufiger Bevölkerung. Trotz einer rückläufigen Einwohnerzahl ist die Zahl der Haushalte Anfang bis Mitte der 90er Jahre in Thüringen leicht gestiegen (vgl. Abbildung 10). Die gegenläufige Entwicklung der Bevölkerungs- und Haushaltszahlen findet ihre Ursache in der Singularisierung. Zum einen unterschiedet sich das Haushaltsbildungsverhalten der geburtenstarken Jahrgänge Ende der 70er Jahre und der 80er Jahre von früheren Jahrgängen. So stieg der Anteil unter 25-jähriger Einpersonenhaushalten zwischen 1991 und 2001 um rund 31 Prozentpunkte an (vgl.