Die kommunale Praxis belegt dass offenbar diese Zuständigkeiten und Rechtsgrundlagen nicht eindeutig sind
Februar 2003 hat folgenden Wortlaut:
Durch die Freiwilligen Feuerwehren (FFW) wurden und werden, insbesondere im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen, oftmals Ölspuren auf öffentlichen Verkehrsflächen beseitigt. Dabei stellt sich die Frage nach der sachlichen Zuständigkeit für die Beseitigung der Ölspuren auf öffentlichen Verkehrsflächen bei den Ortsdurchfahrten und innerhalb der Ortslagen.
Die kommunale Praxis belegt, dass offenbar diese Zuständigkeiten und Rechtsgrundlagen nicht eindeutig sind. Dies führt insbesondere bei den FFW und den Gemeinden zu Verunsicherungen.
So ist nach § 1 des Thüringer Gesetzes über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz die FFW nur zuständig, wenn es sich um große Mengen Öl handelt, die eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit (Umweltgefahr) verursachen. Dabei endet jedoch die Zuständigkeit der FFW der so genannten Erstmaßnahmen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wer ist für die Beseitigung von Ölspuren auf öffentlichen Verkehrsflächen bei den Ortsdurchfahrten und innerhalb der Ortslagen zuständig?
2. Wie ist die Zuständigkeit (Frage 1) geregelt, wenn die Gefahr der Gewässer- und Bodenverunreinigung besteht? Wer ist für die Definition der Begriffe große Mengen Öl und erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit zuständig und wie sind diese Begriffe definiert?
3. Unter welchen Voraussetzungen dürfen die zuständigen Stellen (Fragen 1 und 2) zur Beseitigung von Ölspuren auf öffentlichen Verkehrsflächen die Leistungen der FFW in Anspruch nehmen?
4. Wer trägt für den Einsatz der FFW (Frage 3) die Kosten und auf welcher Grundlage werden diese Kosten berechnet?
5. Wie ist durch die Gemeinden bei der Beseitigung von Ölspuren auf öffentlichen Verkehrsflächen zu verfahren, wenn die Voraussetzungen für den Einsatz der FFW nicht gegeben sind? Welche personellen, technischen und organisatorischen Maßnahmen müssen hier die Gemeinden treffen, und wie schätzt die Landesregierung die gegenwärtigen gegebenen Bedingungen in den Gemeinden ein?
6. Wie wird begründet, dass die Zuständigkeit der FFW nach der so genannten Erstmaßnahme endet und sich daran Maßnahmen für die Wiederherstellung des verkehrssicheren Zustands des öffentlichen Verkehrsraums anschließen, die von anderen Kräften durchzuführen wären?
23. April 2003
7. Inwieweit verfügen die FFW über die notwendige Technik für eine 100-prozentige Beseitigung von Ölspuren auf öffentlichen Verkehrsflächen? Müssen FFW über diese Technik verfügen?
8. Unter welchen Voraussetzungen können die zuständigen Stellen (Fragen 1 und 2) Dritte durch vertragliche Vereinbarungen die vollständige Beseitigung von Ölspuren auf öffentlichen Verkehrsflächen, bis zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit, beauftragen?
9. In welcher Art und Weise hält die Landesregierung eine Änderung des Thüringer Gesetzes über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz oder anderer gesetzlicher Bestimmungen und Verordnungen hinsichtlich der Modifizierung der Aufgaben der Feuerwehren für geboten, damit die Zuständigkeiten für die Beseitigung von Ölspuren auf öffentlichen Verkehrsflächen eindeutiger geregelt werden?
10.Wie muss ein ehrenamtlicher Bürgermeister die Freigabe der gereinigten öffentlichen Verkehrsflächen regeln, und wie schätzt die Landesregierung hier die diesbezügliche kommunale Praxis ein?
Das die namens der Landesregierung mit Schreiben vom 11.April 2003
(Datum des Eingangs) wie folgt beantwortet:
Zu 1.: Die Beseitigung von Ölspuren auf öffentlichen Verkehrsflächen ist in erster Linie Pflicht des Verursachers. Erst in zweiter Linie ist der Träger der Straßenbaulast, bei den Ortsdurchfahrten und innerhalb der Ortslagen die Gemeinde, im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht für die Straßenreinigung sachlich zuständig.
Zu 2.: Die Zuständigkeiten für von Gefahren der Gewässer- und Bodenverunreinigung sind im Thüringer Wassergesetz und im Bundesbodenschutzgesetz geregelt. Das Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz kommt dann zur Anwendung, wenn abwehrende Maßnahmen aufgrund anderer Rechtsvorschriften nicht gewährleistet sind. Die Begriffe große Mengen Öl und erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit werden in diesen Gesetzen zur Zuständigkeitsbegründung nicht verwendet. Eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht aber z. B. dann, wenn durch eine große Menge Öl eine Gewässerverunreinigung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Für diese Gefahrenabwehr sind nach § 84 ff. die Wasserbehörden zuständig.
In der Praxis kann allerdings die wasser- oder bodenrechtlich zuständige Ordnungsbehörde (Landkreis oder kreisfreie Stadt) die notwendigen Maßnahmen in der Regel selbst nicht rechtzeitig veranlassen oder durchführen. Bei Gefahr im Verzug trifft daher die Polizei nach dem Thüringer Polizeiaufgabengesetz bzw. die Gemeinde als Aufgabenträgerin nach dem Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz die erforderlichen Sofortmaßnahmen, das heißt unaufschiebbare Erstmaßnahmen. Die Gemeinden setzen nach § 9 Abs. 1 die Feuerwehren als gemeindliche Einrichtung ein, welche die Sofortmaßnahmen auf Grundlage des § 9 Abs. 2 ergreifen. Die darüber hinausgehenden Maßnahmen trifft die zuständige Wasser- bzw. Bodenschutzbehörde.
Die Begriffe erhebliche Gefahr und öffentliche Sicherheit sind in § 54 des Thüringer Ordnungsbehördengesetzes legaldefiniert.
Zu 3.: Die Gemeinden können die Feuerwehren als gemeindliche Einrichtungen zur Beseitigung von Ölspuren auf öffentlichen Verkehrsflächen einsetzen. Andere Träger der Straßenbaulast (Landkreise, Land, Bund) können für die Straßenreinigung die Leistungen der Feuerwehr im Rahmen der Amtshilfe in Anspruch nehmen.
Zu 4.: Für den Einsatz der Feuerwehren trägt die Gemeinde die Kosten. Sie kann nach § 38 Abs. 1 vom Verursacher oder Fahrzeughalter Ersatz der entstandenen Kosten verlangen. Den Kostenersatz kann die Gemeinde nach § 38Abs. 3 durch Satzung regeln und hierbei Pauschalsätze festsetzen.
Die Feuerwehren sind in der Regel personell, technisch und organisatorisch für die Beseitigung von Ölspuren auf öffentlichen Verkehrsflächen ausgerüstet und vorbereitet. Bei größeren Schadenslagen, z. B. Unfällen von Tanklastwagen, kann die Gemeinde die Hilfe einer Nachbar- oder der Stützpunktfeuerwehr anfordern, zusätzliches Gemeindepersonal einsetzen oder Serviceunternehmen beauftragen. Die Landesregierung sieht die Gemeinden in der Lage, die diesbezüglich notwendigen Maßnahmen durchzuführen.
Zu 6.: Die Feuerwehren sind nicht für die umfassende Gefahrenabwehr zuständig. Ihre Aufgabe beschränkt sich auf die Durchführung der notwendigen Sofortmaßnahmen im Rahmen der Gefahrenabwehr. Für weitere Folgemaßnahmen sind die Spezialbehörden und Sicherheitsbehörden zuständig.
Zu 7.: Die notwendigen technischen Voraussetzungen und das Reinigungsverfahren ergeben sich aus der Bekanntmachung des Bundesministeriums des Innern (BMI) zur Beseitigung von Ölspuren auf Verkehrsflächen (veröffentlicht im Thüringer Staatsanzeiger 1992 S. 636 bis 638). Die Feuerwehren verfügen auf den genormten Feuerwehrfahrzeugen über die notwendigen Geräte, um Ölspuren entsprechend dieser Hinweise beseitigen zu können.
Zu 8.: Die Gemeinden können in ihrer Eigenschaft als Straßenbaulastträger Dritte mit der vollständigen Beseitigung von Ölspuren auf öffentlichen Verkehrsflächen beauftragen, für die sie örtlich zuständig sind. Zur Beseitigung von Verunreinigungen auf Bundes- oder Landesstraßen haben die hierfür zuständigen Straßenbaulastträger bereits entsprechende Vereinbarungen geschlossen.
Zu 9.: Eine Änderung des Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetzes oder anderer Gesetze und Verordnungen wird nicht für erforderlich gehalten. § 9 Abs. 2 enthält die Generalklausel für die Feuerwehren zum Ergreifen aller erforderlichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, einschließlich aller notwendigen Sofortmaßnahmen. Die zusätzliche Normierung von verschiedenen Einzelsachverhalten, wie z. B. die Beseitigung von Ölspuren auf öffentlichen Verkehrsflächen, ist nicht sachgerecht.
Zu 10.: Die Freigabe der gereinigten Straße ist Aufgabe des Straßenbaulastträgers. Ein ehrenamtlicher Bürgermeister hat für seine Gemeinde in eigener Verantwortung die Organisation der Straßenfreigabe zu regeln. Er kann diese Aufgabe entweder persönlich wahrnehmen oder hierzu Mitarbeiter bzw. Dritte beauftragen. Es ist kommunale Praxis, dass in der Regel die Polizei an Stelle des Straßenbaulastträgers die gereinigte Straße freigibt. Aus praktischen Gesichtspunkten sollte diese Verfahrensweise beibehalten werden.
Trautvetter Minister.