Restitutionsangelegenheit

1. Der Landtag begrüßt den erfolgreichen Abschluss der Restitutionsverhandlungen mit dem Haus Sachsen-Weimar-Eisenach und bittet die Landesregierung, die ausgehandelte gütliche Einigung zum Abschluss zu bringen.

2. Der Landtag stimmt einer Veräußerung von Forstflächen aus dem Eigentum des Freistaats Thüringen zur Durchführung der gütlichen Einigung gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 der Thüringer Landeshaushaltsordnung in Verbindung mit § 15 Abs. 3 des Thüringer Haushaltsgesetzes 2003/2004 zu.

3. Der Landtag nimmt die Einwilligungen der Ministerin für Finanzen in eine im Haushaltsjahr 2003 und in eine außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigung zu Lasten des Haushaltsjahres 2004 zur Kenntnis.

Das dazu vorliegende Schreiben des Chefs der Staatskanzlei vom 13. Juni 2003 sowie die Schreiben des Thüringer Finanzministeriums und des Thüringer Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst einschließlich der übersandten Vorlage werden nachstehend abgedruckt: Hinweis:

Die Landtagspräsidentin hat den Antrag der Landesregierung gemäß § 52 Abs. 2 GO an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen.

Nach dem Ende der Monarchie wurde 1921 zwischen dem damaligen Gebiet Weimar und dem letzten Großherzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar-Eisenach eine Vermögensauseinandersetzung vorgenommen. Danach verblieben viele Kunstschätze im Eigentum des Großherzogs. Seine Rechte aus dem sog. Auseinandersetzungsvertrag von 1921 vermachte Wilhelm Ernst seinem erstgeborenen Sohn Erbgroßherzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach.

Erbgroßherzog Carl-August setzte kurz vor seinem Tod im Jahr 1988 seine damals zweijährige Enkelin Leonie Prinzessin von Sachsen-Weimar-Eisenach als Alleinerbin ein. Diese meldete, vertreten durch ihre Eltern, Anfang der 1990?er Jahre fristgemäß Rückübertragungsansprüche nach § 5 Absatz 1 Ausgleichsleistungsgesetz auf das zwischen 1945 und 1949 enteignete Vermögen des Erbgroßherzogs Carl-August an.

Von den angemeldeten Restitutionsansprüchen betroffen sind erhebliche Teile des Bestandes der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen zu Weimar (nahezu das vollständige Goethe- und Schiller-Archiv, Teile der die Inventare von Wittumspalais, Schloss Tiefurt und Liszt-Haus, die Fürstengruft mit den Särgen von Goethe und Schiller, zentrale Bestandteile der ehemaligen Kunstsammlungen zu Weimar, eine wertvolle Graphiksammlung im Schloss).

Auch das Archiv des Hauses Sachsen-Weimar-Eisenach, das sich heute im Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar befindet, ist von den Rückgabeansprüchen erfasst.

Darüber hinaus betroffen ist fast das gesamte Inventar der Wartburg in Eisenach.

In die Gütliche Einigung konnten auch alle kriegsbedingt abhanden gekommenen Gegenstände einbezogen werden(z.B. die gesamte Rüstkammer aus der Wartburg).

II. Entwicklung der Einigungsbemühungen mit dem Haus in der gegenwärtigen Legislaturperiode

Der vom Kabinett für die Restitutionsfragen eingesetzte Verhandlungsführer, Herr Staatssekretär Dr. Aretz, hat die Gespräche mit den ehemals regierenden Häusern bereits Ende des Jahres 1999 aufgenommen, um nach Möglichkeit Vereinbarungen zu erzielen, die einen dauerhaften Verbleib der anspruchsbehafteten Kulturgüter im Freistaat sowie deren Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit gewährleisten. Das erste Gespräch wurde mit Prinz Michael, dem Hauschef des Großherzoglichen Hauses Sachsen-Weimar-Eisenach (künftig: SWE) geführt.

Da der Komplex SWE einerseits in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht bezüglich der Frage des Anspruchsumfangs als äußerst diffizil und komplex zu bewerten war, andererseits die Problematik von besonderer politischer Sensibilität geprägt war, wurden zunächst Verhandlungen mit dem Haus Sachsen-Meiningen in Bezug auf das Staatsarchiv Meiningen und mit dem Haus Sachsen Coburg und Gotha geführt. Hier konnten im Juni 2001 beispielhafte Gütliche Einigungen abgeschlossen werden, die auch als Grundlage für die Verhandlungen mit SWE dienen sollten.

Nach einigen Vorgesprächen wurde seit Dezember 2001 intensiv an einer Einigung mit dem Haus Sachsen-Weimar-Eisenach gearbeitet. Dazu wurde im TMWFK eigens ein Arbeitsstab mit Ministerialrat Dr. Molitor, der bereits die Verhandlungen mit den Häusern Sachsen-Meiningen sowie Sachsen Coburg und Gotha auf Arbeitsebene verantwortete, als Leiter und Regierungsrat z.A. Eggers eingerichtet.

In Vorbereitung der eigentlichen Verhandlungen wurden unter Zuhilfenahme erheblicher Ressourcen in den betroffenen Einrichtungen umfangreiche Bestands- und Wertermittlungen durchgeführt, um den Verhandlungsgegenstand zu eruieren. Die weitreichenden rechtlichen Fragen wurden unter Beteiligung von TFM und TJM juristisch geprüft und bewertet. Um eine objektive Einschätzung des Prozessrisikos zu erhalten, wurde der renommierte Verwaltungsrechtler und ehem. Präsident des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Sendler mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser bestätigte die rechtliche Bewertung des Landes.

In äußerst sensiblen Gesprächen von Herrn Staatssekretär Dr. Aretz sowie des Arbeitsstabes gelang es, eine sachlich professionelle Verhandlungsatmosphäre zu schaffen. In zahlreichen Treffen in Erfurt, Bonn und Frankfurt/Main wurden auf der Basis des ermittelten Anspruchsumfangs erste konkrete Einigungsvorstellungen entwickelt. Einvernehmlich wurde daher von beiden Parteien im Prozess um das Goethe- und Schiller-Archiv vor dem Verwaltungsgericht Gera im Oktober 2002 das Ruhen des Verfahrens beantragt.

Es schloss sich eine Vielzahl von Verhandlungsrunden an, in denen versucht wurde, trotz der unterschiedlichen Beurteilung der Rechtslage sowie des Umfangs der betroffenen Kulturgüter eine Einigung zu erzielen. Im Ergebnis wurde in der vorliegenden Einigung erreicht, dass die Anspruchstellerin auf alle im Freistaat geltend gemachten Ansprüche verzichtet und somit eine Vereinbarung vorliegt, die den betroffenen Einrichtungen eine umfassende Rechtssicherheit gibt.