Zweckverband

Nach Presseinformationen wurden in dem Abwasserzweckverband Hainleite-Wipper nicht kontinuierlich Gebühren und Beiträge erhoben. Grund hierfür war die Nichtexistenz einer rechtsgültigen Beitrags- und Gebührensatzung. Der Verband ist zwischenzeitlich mit dem Abwasserzweckverband Bode-Wipper fusioniert. Diese Fusionierung wurde durch das Land mit Strukturfördermitteln gefördert. Der Zweckverband Hainleite-Wipper befindet sich zurzeit in Abwicklung.

Der Zweckverband hatte einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Beratungsgesellschaft für kommunale Entsorgung (GKE) aus Hannover. Dieser Vertrag wurde durch die zuständige Kommunalaufsicht nicht beanstandet. Da sich die GKE weigerte, das Satzungsrecht des Zweckverbands zu überarbeiten, wurde damit die Mittelrheinische Treuhand beauftragt.

Seit August 2000 wurde der Zweckverband durch einen Beauftragten der Kommunalaufsicht geführt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Auf welcher Grundlage hat der Zweckverband Hainleite-Wipper Gebühren und Beiträge in welcher Größenordnung erhoben?

2. In welcher Größenordnung hat der Zweckverband Forderungsausfälle an Gebühren und Beiträgen wegen der Nichtexistenz einer gültigen Beitrags- und Gebührensatzung zu verzeichnen?

3. Inwieweit können diese Forderungsausfälle (Frage 2) gegenüber den Gebühren- und Beitragspflichtigen geltend gemacht werden?

4. Wie hoch waren die vom Zweckverband Hainleite-Wipper erhobenen Gebühren (Angaben in Euro pro Kubikmeter Abwasser + Grundgebühr) und Beiträge (Angaben in Euro pro Quadratmeter gewichtete Fläche), und welcher Kostendeckungsgrad wurde dabei erzielt?

5. Wie bewertet die Landesregierung die Sachlage, dass der Zweckverband Hainleite-Wipper offenbar über kein gültiges Beitrags- und Gebührensatzungsrecht verfügte und dadurch eine ordnungsgemäße Beitrags- und Gebührenerhebung nicht erfolgte? Wer hat diese Sachlage zu verantworten und inwieweit sind hier gegen die Verantwortlichen Sanktions- und Regressmaßnahmen geboten?

6. Wie bewertet die Landesregierung die Umsetzung des Geschäftsbesorgungsvertrags des Zweckverbands mit der GKE? Wurde dieser Vertrag rechtsaufsichtlich genehmigt und dessen Umsetzung rechtsaufsichtlich begleitet?

7. Mit welchen weiteren kommunalen Aufgabenträgern der Wasserver- und Abwasserentsorgung hat die GKE in Thüringen vertragliche Beziehungen, und traten dabei vergleichbare Probleme bei der Vertragsrealisierung auf wie beim Zweckverband Hainleite-Wipper?

8. Auf welcher vertraglichen Grundlage hat die GKE die Überarbeitung des Satzungsrechts des Zweckverbands Hainleite-Wipper abgelehnt?

9. Welche jährlichen Entgelte hat die GKE für den Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Zweckverband erhalten, und wie bewertet die Landesregierung die Angemessenheit dieser Entgelte?

10. Welche Auswirkungen hatte die Tätigkeit des Beauftragten auf die Entwicklung des Zweckverbands 11. In welcher Größenordnung hat der Zweckverband Hainleite-Wipper seit seiner Gründung bis zur Fusionierung mit dem Verband Bode-Wipper Investitionen getätigt, und in welcher Höhe wurden dabei Fördermittel des Landes bereitgestellt?

12. In welcher Höhe hat der Freistaat dem Zweckverband weitere Finanzhilfen gewährt?

13. Wie hoch waren die Schulden des Zweckverbands bei dessen Fusionierung mit dem Verband Bode-Wipper?

14. In welcher Höhe musste der Verband Bode-Wipper vom Zweckverband Hainleite-Wipper Schulden übernehmen, und welche Auswirkungen haben diese auf die Gebühren und Beiträge des Verbands Bode-Wipper?

15. Welche abwassertechnische Entsorgung ist für das Verbandsgebiet des ehemaligen Verbands Hainleite-Wipper vorgesehen und in welchem Zeitraum ist dessen Realisierung geplant?

16. Welche Beitrags- und Gebührenentlastungen sind für die Beitrags- und Gebührenschuldner im Verbandsgebiet des ehemaligen Zweckverbands Hainleite-Wipper durch die Fusionierung mit dem Zweckverband Bode-Wipper eingetreten bzw. werden künftig eintreten?

Das Thüringer Innenministerium hat die namens der Landesregierung mit Schreiben vom 18. Juni 2003 wie folgt beantwortet:

Die Beitrags- und Gebührensatzungen vom 21. November 1994 sowie vom 26. April 1995 sahen Gebühren in Höhe von 60 Deutsche Mark pro Jahr als Grundgebühr und 4,70 Deutsche Mark pro Kubikmeter als Einleitungsgebühr (Kläranlage Kinderode - Volleinleiter) bzw. 4,74 Deutsche Mark pro Kubikmeter (Kläranlage Kleinfurra, Nohra, Schafgasse - Volleinleiter) vor.

Die Beitrags- und Gebührensatzung vom 25. August 1999 sah Gebühren in Höhe von 15 Deutsche Mark pro Monat bis DN 150 als Grundgebühr (Volleinleiter), 4,90 Deutsche Mark pro Kubikmeter als Einleitungsgebühr (Volleinleiter) sowie Beiträge in Höhe von 5,07 Deutsche Mark pro Quadratmeter gewichteter Grundstücksfläche für das innerörtliche Kanalnetz, 0,88 Deutsche Mark pro Quadratmeter gewichteter Grundstücksfläche für die Kläranlage und 0,26 Deutsche Mark pro Quadratmeter gewichteter Grundstücksfläche für Haupt- und Verbindungssammler vor.

Die Gebührensatzung in der Neufassung vom 27. Februar 2003 sah Gebühren in Höhe von 92,03 Euro/Jahr bis DN 150 als Grundgebühr und 2,51 Euro pro Kubikmeter als Einleitungsgebühren (Volleinleiter) vor.

Die Satzungen sind inzwischen durch die Fusion überholt und bedürfen daher keiner Bewertung.

Zu 2.: Die Nichtigkeit der oben genannten Beitrags- und Gebührensatzungen wurde nicht durch eine gerichtliche Entscheidung allgemeinverbindlich festgestellt. Insoweit sind keine hieraus resultierenden Forderungsausfälle zu verzeichnen.

Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen.

Zu 4.: Die Beitrags- und Gebührensatzung vom 25. August 1999 enthält die Feststellung, dass der Herstellungsbeitrag mit 50 Prozent des beitragsfähigen Investitionsaufwands festgesetzt wird. Im Übrigen wird verwiesen auf die Antwort zu Frage 1.

Zu 5.: Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen.

Zu 6.: Mit dem rechtsaufsichtlich genehmigten Kooperationsvertrag übertrug der Abwasserzweckverband (AZV) der GKE bis zum Zeitpunkt der Abnahme der Abwasseranlagen die wirtschaftliche Projektkoordination, die im Wesentlichen aus der Bauherrenvertretung und Baubetreuung, Projektsteuerung/Projektmanagement, Finanzierungsbeschaffung, Finanzierungssteuerung, Finanzierungskontrolle und -verwaltung, Terminplanung und -steuerung besteht. Dieser Vertrag wurde in wesentlichen Teilen nicht umgesetzt.

Zu 7.: Eine abschließende Aufstellung aller vertraglichen Beziehungen der GKE zu Aufgabenträgern in Thüringen liegt nicht vor. Bekannt sind Tätigkeiten der GKE für den Abwasserzweckverband Hainleite-Wipper, den Abwasserzweckverband Krebsbach, den Abwasserzweckverband Lautertal-Lämpertsbach, den Trinkwasserzweckverband Lauter-, Werratal/Lämpertsbach, die Gemeinde Hörselberg, die Stadt Blankenhain sowie den Wasser- und Abwasserzweckverband Oberes Rinnetal (WAZOR). Die Verträge sind nach Kenntnis der Landesregierung jeweils verschieden ausgestaltet und daher auch in der Umsetzung nur bedingt vergleichbar.

Zu 8.: Nach Kenntnis der Landesregierung hat die GKE die Erfüllung ihrer Verpflichtungen vom Ausgleich der von der GKE geltend gemachten, aber vom Zweckverband der Höhe nach bestrittenen Honorarforderungen abhängig gemacht.

Zu 9.: Nach Kenntnis der Landesregierung hat der Zweckverband bislang keine Honorarzahlungen aus dem Kooperationsvertrag getätigt. Die Honorarforderungen der GKE sind zurzeit Gegenstand noch nicht abgeschlossener vorgerichtlicher Vergleichsverhandlungen. Eine abschließende Bewertung kann daher nicht erfolgen.

Zu 10.: Der Zweckverband wurde nach dem Rücktritt des Verbandsvorsitzenden sowie seines Stellvertreters durch den Einsatz des staatlichen Beauftragten wieder handlungsfähig.

Zu 11.: Dem Strukturkonsolidierungskonzept ist zu entnehmen, dass der Abwasserzweckverband seit seiner Gründung bis Ende 2002 Investitionen von 3,476 Millionen Euro getätigt hat. Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt (TMLNU) hat in dieser Zeit aufgrund der geringen wasserwirtschaftlichen Priorität lediglich einen Schmutzwassersammler in Nohra mit 83 200 Euro gefördert.

Zu 12.: wurde keine Finanzhilfe nach Nummer 1 der Richtlinie über die Gewährung von Finanzhilfen für kommunale Aufgabenträger der Wasserver- und Abwasserentsorgung in Thüringen Nr. 49/2002 S. 2967ff.) gewährt. Dem Abwasserzweckverband wurde jedoch mit Bescheid vom 13. November 2001 eine (zurückzuzahlende) Überbrückungshilfe in Höhe von 714 060,24 Euro nach Nummer 3 der genannten Richtlinie gewährt.

Zu 13.: Zur Höhe der Schulden des Zweckverbands zum Zeitpunkt der Fusion (22. Mai 2003) liegen der Landesregierung keine Unterlagen vor. Die Schulden des Zweckverbands betrugen laut Strukturkonsolidierungskonzept zum 1. Januar 2002 4 254 000 Euro.

Zu 14.: Die Übernahme von Verbindlichkeiten hat wegen der gewährten Strukturhilfe keine Auswirkungen auf die Gebühren und Beiträge beim AZV Bode-Wipper. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen.

Zu 15.: Die Orte Kleinfurra, Wolkramshausen, Wernrode und Hain sollen an eine Kläranlage in Kleinfurra angeschlossen werden, die Orte Hainrode, Wollersleben und Nohra an die Kläranlage in Wipperdorf. Für Mörbach ist eine separate Kläranlage vorgesehen. Diesem Konzept liegt eine wasserwirtschaftlich und betriebswirtschaftlich optimierte Untersuchung der Beratungsagentur Wasser/Abwasser des TMLNU zugrunde. Gemäß dem darauf aufbauenden Strukturkonsolidierungskonzept sollen die abwasserseitigen Investitionen unter Einbeziehung von Fördermitteln ab dem Jahr 2009 mit dem Bau der Kläranlage und Teilen des Ortsnetzes in Kleinfurra beginnen. Im Jahr 2010 soll das Ortsnetz Kleinfurra erweitert werden. Im Jahr 2011 soll Wolkramshausen an das System Kleinfurra angeschlossen und Teile des Ortsnetzes von Wolkramshausen errichtet werden. Alle weiteren Investitionen im Gebiet des ehemaligen AZV sollen ab 2012 erfolgen.

Zu 16.: Nach der im Strukturkonsolidierungskonzept ermittelten Vergleichsgebühr (einschließlich Grundgebühren und Fäkalschlammentsorgung) würde die kostendeckende Gebühr bei Übergang zur ordnungsgemäßen Erledigung der Aufgaben Hainleite-Wipper ohne Fusion im Sanierungszeitraum von 2003 bis 2012 bei durchschnittlich 11,22 Euro pro Kubikmeter liegen. Durch die Fusion liegen diese im Sanierungszeitraum durchschnittlich bei 2,86 Euro pro Kubikmeter.

Vor der Fusion lag der durch den AZV Hainleite-Wipper zu erhebende Beitrag bei 3,17 Euro pro Quadratmeter. Nach der Fusion liegt der durch den AZV Bode-Wipper zu erhebende Beitrag bei 2,64 Euro pro Quadratmeter Trautvetter Minister.