Arbeitgeber

Juli 2003 hat folgenden Wortlaut:

Zu den allgemeinen Pflichten von Angestellten und Beamten des öffentlichen Dienstes gehört auch die parteipolitisch neutrale Amtsausübung.

Diese so genannte Wohlverhaltensklausel, die aus dem Angestellten- und Beamtenrecht abgeleitet wird, erfordert, dass sich Angestellte und Beamte des öffentlichen Dienstes solcher politischen Bindungen zu enthalten haben, die sie in der ordnungsgemäßen Amtsausübung beeinträchtigen könnten.

In der Verwaltungsgemeinschaft Großbreitenbach sind für Finanzen und ein des Hauptamts der örtlichen CDU-Gliederung. In dieser Eigenschaft als Vorstandsmitglieder der örtlichen CDU-Gliederung betreiben diese Beamten und Angestellten der Verwaltungsgemeinschaft aktive parteipolitische Kommunalpolitik. In Vorbereitung der Kommunalwahlen 2004 wird dabei auch Wahlkampf gegen politische Mitbewerber in den Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft betrieben.

Dies führt bei den betroffenen Beamten unweigerlich zu Konfliktfällen zwischen der ordnungsgemäßen parteipolitisch neutralen Amtsausübung und den parteipolitischen Aktivitäten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Aus welchen gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich die so genannte Wohlverhaltensklausel für Angestellte und Beamte im öffentlichen Dienst und in welcher Art und Weise verpflichtet diese Wohlverhaltensklausel auch zur politischen Neutralität bei der Amtsausübung?

2. Welche Kriterien sind zur Bewertung der Beachtung der Wohlverhaltensklausel durch Beamte und Angestellte heranzuziehen und wer prüft die Einhaltung dieser Kriterien?

3. In welchem Umfang dürfen sich Beamte und Angestellte einer Verwaltungsgemeinschaft als Vorstandsmitglieder einer örtlichen Parteigliederung kommunalpolitisch in den Mitgliedsgemeinden betätigen und dabei unmittelbar Wahlkampf gegen kommunale Mandatsträger und kommunale Wahlbeamte betreiben?

4. Welche rechtlichen Handlungsmöglichkeiten haben kommunale Mandatsträger und kommunale Wahlbeamte, wenn diese die Auffassung vertreten, dass Beamte und Angestellte der jeweiligen Verwaltung die Wohlverhaltensklausel in Bezug auf die parteipolitische Neutralität nicht beachten?

5. Welche personalrechtlichen Möglichkeiten sind gegeben, um Verstöße gegen die Wohlverhaltensklausel durch Beamte und Angestellte zu ahnden und wer ist für derartige Ahndungen zuständig?

6. In welcher Art und Weise sind in Anwendung des § 116 ff. die Rechtsaufsichtsbehörden verpflichtet, bei offensichtlichen Verstößen von Beamten und Angestellten gegen die Wohlverhaltensklausel in Bezug auf die parteipolitische Neutralität zu handeln und in welchen Fällen mussten Rechtsaufsichtsbehörden in Thüringen diesbezüglich seit 1998 Handlungen vornehmen?

26. August 2003

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 13. August 2003 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Die in § 57 des Thüringer Beamtengesetzes enthaltene allgemeine Verpflichtung, wonach das Verhalten des Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf erfordert, wird als Wohlverhaltenspflicht bezeichnet. Die Pflicht zur politischen Neutralität bei der Ausübung seines Amtes ergibt sich bereits aus § 56 Abs. 1 Als Privatperson ist es den Beamten und Angestellten unbenommen, in Ausübung ihres Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach Artikel 11 der Verfassung des Freistaats Thüringen und Artikel 5 Abs. 1 des Grundgesetzes sich politisch zu betätigen. Allerdings hat der Beamte nach § 56 Abs. 2 bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus seiner Stellung gegenüber der Gesamtheit und aus Rücksicht auf die Pflichten seines Amtes ergeben. Für die Angestellten des öffentlichen Dienstes gelten die vorgenannten Beamtenpflichten auf arbeitsvertraglicher bzw. tarifrechtlicher Grundlage (§ 8 Bundesangestelltentarifvertrag Ost) entsprechend.

Zu 2.: Die Kriterien, nach denen zu prüfen ist, ob die Pflicht zur politischen Neutralität verletzt ist, ergeben sich aus den genannten rechtlichen Bestimmungen. Die Dienstaufsicht über Beamte und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes wird vom Dienstvorgesetzten bzw. Arbeitgeber ausgeübt.

Zu 3.: Zu den Regelungen, die Beamte bei einer parteipolitischen Betätigung zu beachten haben, wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.

Zu 4.: Für die Einhaltung der beamtenrechtlichen und arbeitsrechtlichen Pflichten ist der Dienstvorgesetzte der jeweiligen Verwaltung bzw. zuständig, an den sich kommunale Mandatsträger und kommunale Wahlbeamte wenden können.

Zu 5.: Werden bekannt, die den Verdacht eines Dienstvergehens eines Beamten rechtfertigen, hat der Dienstvorgesetzte grundsätzlich ein Disziplinarverfahren einzuleiten (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Disziplinargesetz sofern nicht ein Ausnahmefall nach § 22 Abs. 2 vorliegt.

Verstößen gegen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag bei Angestellten ist mit den Mitteln des Arbeitsrechts zu begegnen.

Zuständig ist der Arbeitgeber.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen.

Zu 6.: Die Kommunen haben zunächst in eigener Verantwortung für eine ordnungsgemäße Verwaltung und dafür zu sorgen, dass ihr Personal den ordnungsgemäßen Gang der Geschäfte gewährleistet (vgl. z. B. § 1 Abs. 4, § 49 Abs. 1 Satz 1 Die Rechtsaufsichtsbehörden sind nach § 116 ff. bei konkreten Anhaltspunkten für Rechtsverstöße einer Kommune verpflichtet, der Sache nachzugehen und den Sachverhalt aufzuklären.

Das Problem der parteipolitischen Neutralität trat bislang in erster Linie bei der Vorbereitung und Durchführung der Kommunalwahlen im Hinblick auf das Wahlkampfverhalten von Amtsinhabern, die sich zur Wiederwahl stellten, und im Hinblick auf das Verhalten von Gemeindewahlleitern auf.

Das Innenministerium führt keine entsprechenden Statistiken.