Gleichstellung

Das Amtsgericht benachrichtigt das Schiedsamt von der Erteilung der Vollstreckungsklausel, wenn es das Protokoll nicht verwahrt.

§ 29

Erfolglosigkeitsbescheinigung:

(1) Das Schiedsamt erteilt der antragstellenden Partei von Amts wegen eine Bescheinigung über die Erfolglosigkeit der Schlichtung, wenn

1. die Schlichtungsverhandlung beendet worden ist, weil feststeht, dass die Gegenpartei der Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben ist oder sich unentschuldigt vor dem Schluss der Verhandlung wieder entfernt hat (§ 18 Abs. 3) und eine etwaige Anfechtung des Bescheides über das Ordnungsgeld erfolglos geblieben ist,

2. eine Vereinbarung zwischen den Parteien nicht zustande gekommen ist,

3. das Einigungsverfahren nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten seit der Antragstellung (§ 14) und Einzahlung eines etwa angeforderten Kostenvorschusses durchgeführt worden ist. Der Zeitraum, während dessen das Verfahren ruht (§ 18 Abs. 2 Satz 1) wird in die Frist nicht eingerechnet.

(2) Die Schiedsperson versieht die Bescheinigung mit ihrer Unterschrift und dem Dienstsiegel. Die Bescheinigung muss

1. den Namen, Vornamen und die Anschrift der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter,

2. Angaben über den Gegenstand des Streits, insbesondere die Anträge,

3. die Zeitpunkte des Antragseingangs und der Verfahrensbeendigung sowie

4. Ort und Zeit der Ausstellung enthalten.

(3) Der Nachweis, dass statt der obligatorischen Streitschlichtung eine fakultative Streitschlichtung durchgeführt wurde, kann nur durch eine Abs. 2 entsprechende Bescheinigung geführt werden. Daraus muss sich außerdem ergeben, dass sich die Gegenpartei mit der Durchführung der fakultativen Streitschlichtung durch diese Stelle einverstanden erklärt hat.

3. Die bisherigen §§ 37 bis 43 des Dritten Abschnitts werden §§ 30 bis 36; die bisherigen §§ 44 bis 52 des Vierten Abschnitts werden §§ 37 bis 45; die bisherigen §§ 53 bis 59 des Fünften Abschnitts werden §§ 46 bis 52.

Begründung:

A. Allgemeiner Teil:

Mit der Mehrheit der Länder hat Hessen den Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des zivilgerichtlichen Verfahrens und des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit beim Deutschen Bundestag eingebracht. Der Gesetzesentwurf, der zur Förderung der außergerichtlichen Streitschlichtung ein obligatorisches vorgerichtliches Schlichtungsverfahren vorgesehen hat, ist mit dem Ablauf der 13. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags der Diskontinuität anheim gefallen. Aufgrund des allgemein befürworteten Gedankens der Förderung der außergerichtlichen Streitschlichtung wurde die Einführung des § 15a EGZPO im 14. Deutschen Bundestag als eigenständiges Gesetzgebungsvorhaben verfolgt. Das Gesetz ist zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung vom 15. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2400) ist am 1. Januar 2000 in Kraft getreten.

Die bundesgesetzliche Öffnungsklausel des § 15a EGZPO ermöglicht es den Ländern, in vermögensrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 1.500,- DM, in bestimmten Nachbarrechtsstreitigkeiten sowie bei Ansprüchen wegen Verletzung der persönlichen Ehre außerhalb von Presse oder Rundfunk zwingend ein Güteverfahren vorzusehen. § 15a Abs. 2 EGZPO nimmt davon bestimmte Klage- und Verfahrensarten aus, weil ein vorgerichtlicher Schlichtungsversuch mit der Besonderheit dieser Verfahren (z.B. Urkundenprozess; einstweiliger Rechtsschutz; Familiensachen) nicht in Einklang steht. Die Möglichkeit, über das Mahnverfahren rasch und kostengünstig einen Vollstreckungstitel zu erlangen, bleibt unberührt. § 15a Abs. 3 EGZPO stellt außerdem sicher, dass bereits bestehende branchengebundene Schlichtungseinrichtungen ihre Tätigkeit in gewohnter Weise fortsetzen können. Auch ein einvernehmlicher Schlichtungsversuch vor diesen Stellen eröffnet den Zugang zu den Amtsgerichten. Die Ausgestaltung des Schlichtungsverfahrens innerhalb des von § 15a EGZPO vorgegebenen Rahmens bleibt den Ländern vorbehalten.

Hessen macht von der Öffnungsklausel unter Berücksichtigung der bestehenden Infrastruktur und der Interessen der Beteiligten Gebrauch. Eine zeitnahe, kostengünstige und den beiderseitigen Interessen entsprechende Konfliktlösung kann in vielen Fällen ohne die Inanspruchnahme der Gerichte erzielt werden. Dies führt zugleich zu einem sachgerechten Einsatz der knapp bemessenen personellen Ressourcen der Justiz.

In Hessen wird das obligatorische Güteverfahren nach § 15a Abs. 1 EGZPO den Schiedsämtern übertragen. Das Land verfügt über ein flächendeckendes Netz von ca. 730 Schiedsämtern. Deren langjährige Erfahrungen bei der Bewältigung zwischenmenschlicher Konflikte sollen nutzbar gemacht werden. Mit dem Hessischen Schiedsamtsgesetz von 1994 steht zudem ein modernes Regelungswerk für die außergerichtliche Streitschlichtung zur Verfügung, das durch das Ausführungsgesetz im notwendigen Umfang modifiziert wird.

Dem obligatorischen Güteverfahren vor dem Schiedsamt steht ein einvernehmlicher Einigungsversuch vor einer sonstigen Gütestelle gleich. Hierbei handelt es sich um Gütestellen, deren Tätigkeit im Bereich der Streitbeilegung auf Dauer angelegt ist, z. B. eine branchengebundene Gütestelle, eine Gütestelle der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer oder einer Innung. Das Ausführungsgesetz vermeidet es, die Verfahren vor diesen Schlichtungseinrichtungen zu regeln, da sich dies auf die Tätigkeit der autonom gewachsenen Schlichtungseinrichtungen kontraproduktiv auswirken könnte.

Die Wertgrenze für vermögensrechtliche Streitigkeiten wird auf den Betrag von 1.200,- DM festgelegt. Dies entspricht der Wertgrenze für das vereinfachte Verfahren nach § 495a ZPO. Zugleich wird damit einer Überforderung der Schiedsämter mit einer zu großen Anzahl von Verfahren entgegengewirkt. Den vorhandenen personellen Ressourcen wird Rechnung getragen.

Auf eine weitere Beschränkung des sachlichen Anwendungsbereichs wird verzichtet, da die Zuständigkeitsregelung für die Bürgerinnen und Bürger schwerer nachvollziehbar wäre und zu große Divergenzen zwischen den einzelnen Bundesländern vermieden werden sollten. Außerdem wird die Durchführung eines obligatorischen Güteverfahrens auf die Fälle beschränkt, in denen die Parteien in demselben Landgerichtsbezirk wohnen oder ihren Sitz oder eine Niederlassung haben.

Nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO kann aus Vergleichen, die vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle geschlos sen worden sind, vollstreckt werden. Die Anrufung der Gütestelle unterbricht die Verjährung eines Anspruchs nach § 209 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a BGB. Bisher gibt es in Deutschland nur eine geringe Zahl solcher anerkannter Gütestellen. In Hessen ist dies die Bau-Schlichtungsstelle bei der Handwerkskammer Rhein-Main. Die Anerkennung erfolgte aufgrund einer Verwaltungsübung.

Im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung ist mit einer Zunahme von Anträgen auf Anerkennung als Gütestelle im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu rechnen. Im Hinblick darauf ist eine gesetzliche Regelung der Voraussetzungen für die Anerkennung erforderlich, weil es sich hierbei um eine Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 des Grundgesetzes handelt.

Die Gleichstellung der hessischen Schiedsämter mit den anerkannten Gütestellen ist erforderlich, damit das Verfahren nach § 15a EGZPO in Verbindung mit dem Schlichtungsgesetz die Anspruchsverjährung nach § 209 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a BGB unterbricht.

Durch das vorliegende Gesetz wird die rechtsstaatskonforme Basis für die Entscheidungen der Landesjustizverwaltungen hergestellt.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1:

Zu § 1:

§ 1 lehnt sich an die bundesgesetzliche Öffnungsklausel des § 15a EGZPO an.

§ 1 Abs. 1 beschränkt die obligatorische Streitschlichtung auf Klageverfahren, die sich aufgrund ihrer Struktur für eine rasche, einvernehmliche Regelung besonders eignen. Die Beschränkung auf das Klageverfahren macht zugleich deutlich, dass Antragsverfahren, wie z. B. Arrest oder einstweilige Verfügung, die einer schnellen gerichtlichen Klärung bedürfen, aus dem Anwendungsbereich ausgenommen sind.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 soll die außergerichtliche Streitschlichtung in vermögensrechtlichen Angelegenheiten bei Ansprüchen bis zu eintausendzweihundert Deutsche Mark obligatorisch sein. Damit wird der bundesgesetzliche Rahmen, der in vermögensrechtlichen Angelegenheiten einen Spielraum von bis zu eintausendfünfhundert Deutsche Mark einräumt, nicht in vollem Umfang ausgeschöpft. Die Festsetzung der Wertgrenze auf eintausendzweihundert Deutsche Mark ist aus mehreren Gründen sachgerecht. Sie trägt den vorhandenen sachlichen und personellen Kapazitäten der Schiedsämter Rechnung und berücksichtigt in ausreichendem Umfang Entlastungsaspekte zu Gunsten der Justiz. Schließlich stimmt sie mit der bestehenden Wertgrenze des vereinfachten Verfahrens nach § 495a ZPO überein.

Nach Abs. 1 Nr. 2 und 3 findet die obligatorische außergerichtliche Streitschlichtung auch auf dem Gebiet des Nachbarschaftsrechts und der Verletzung der persönlichen Ehre statt. Diese Bereiche eignen sich für eine außergerichtliche Konfliktbewältigung besonders deshalb, weil sie den Parteien nach Beilegung des Streits unbelastete Beziehungen ermöglicht. Gerade bei Streitigkeiten unter Nachbarn ist ein späteres friedliches Miteinander für die Lebensqualität von großem Nutzen.

Abs. 2 wiederholt in Nr. 1 bis 6 aus Gründen der Rechtsklarheit die bundesgesetzlich vorgegebenen Ausnahmetatbestände des § 15a Abs. 2 EGZPO und fügt, was aufgrund des § 15a Abs 5 EGZPO möglich ist, als weitere Ausnahmen die gewerblichen Duldungsklagen hinzu.

Diese spielen bei Liefersperren in der Versorgungswirtschaft eine wichtige Rolle. Da die Einstellung der Belieferung in der Regel auf der Zahlungseinstellung der Abnehmer beruht, würde ein Schlichtungsverfahren nicht zu einer gütlichen Einigung führen können.

Nr. 8 dient der Klarstellung, dass die Einbeziehung zivilrechtlicher Ansprüche in das Strafverfahren ohne Verzögerung möglich ist.

Nr. 9 stellt sicher, dass ein spezialgesetzlich normiertes obligatorisches Vorverfahren, wie z. B. nach § 36 des Hessischen Jagdgesetzes, für die Zulässigkeit der Klage ausreicht.

Zu § 2:

Nach der bundesgesetzlichen Regelung des § 15a Abs. 2 Satz 2 EGZPO findet die obligatorische außergerichtliche Streitschlichtung nicht statt.