Energiepolitik

September 2003 hat folgenden Wortlaut:

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie hat sich seit 1999 der Absatz von Biodiesel und Rapsöl als Treibstoff in Thüringen entwickelt?

2. Wie hat sich dabei der Preis von Biodiesel und Rapsöl als Dieselersatzkraftstoff im Vergleich zum Preis für herkömmlichen Dieselkraftstoff entwickelt?

3. Welches sind die Gründe für diese Absatz- und Preisentwicklung von Biodiesel und Rapsöl als Kraftstoffe?

4. Welchen Anbauumfang in Thüringen erwartet die Landesregierung in den kommenden Jahren beim Raps als Ausgangsprodukt für Kraftstoffe?

5. Wie schätzt die Landesregierung die weitere Entwicklung in diesem Bereich angesichts der EU-Erweiterung am 1. Mai 2004 ein?

Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 30. Oktober 2003 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: In Thüringen werden zurzeit zirka 55 000 Tonnen Rapsmethylester (RME) oder im Sprachgebrauch Biodiesel in drei Produktionsanlagen an verschiedenen Standorten produziert und von dort vermarktet. Seit 1999 konnte die Kapazität ausgebaut und die Biodieselproduktion verdoppelt werden. Abnehmer sind 43 Tankstellen in Thüringen, die Biodiesel für private Verbraucher anbieten, und zunehmend auch Unternehmen mit größeren LKW-Flotten und des öffentlichen Personennahverkehrs. Auch überregionale Anbieter vermarkten Biodiesel erfolgreich in Thüringen. Mengenangaben und damit Absatzkenngrößen sind der Landesregierung jedoch nicht bekannt.

Rapsöl als Kraftstoff ist an Tankstellen nicht zu erwerben. Anbieter sind neben den drei Biodieselproduktionsanlagen sechs dezentrale Kaltpressanlagen in Thüringen. Rapsöl kann nicht ohne Motorumrüstung als Kraftstoff verwendet werden. Daher ist die Nachfrage gering und es werden keine nennenswerten Mengen von Rapsöl als Treibstoff abgesetzt.

Zu 2.: Trotz erheblichen Kostendrucks für die Biodieselhersteller, aufgrund der Verteuerung der einzusetzenden Rohstoffe und der Preisentwicklung für die Rapssaat bzw. für das Rapsöl, konnte der Preisvorteil für den alternativen Treibstoff gegenüber mineralischem Diesel von acht bis zwölf Cent je Liter gehalten werden. Lagen die Biodieselpreise im Juni 1999 noch bei 0,61 Euro pro Liter inklusive Mehrwertsteuer ab Zapfsäule, so erreichten die Verbraucherpreise mit 0,84 Euro pro Liter im November 2000 ihren bisherigen Höchststand. Im Jahr 2003 lag der Biodieselpreis (Januar bis August nach IWR Biodieselpreisindex) im Durchschnitt bei 0,77 Euro pro Liter. Die Preise für mineralischen Diesel im Jahre 2003 waren starken Schwankungen ausgesetzt, die zwischen 0,71 Euro pro Liter und 0,96 Euro pro Liter inklusive Mehrwertsteuer ab Zapfsäule lagen (esyoil Dieselpreisindex). Der Durchschnittspreis lag 2003 bei 0,84 Euro pro Liter.

Das geänderte nationale Energiestatistikgesetz schreibt ab 2004 erstmals für das Jahr 2003 Erhebungen der Landesstatistikämter bei allen Biokraftstoffherstellern vor. Die Erfassung von Produktionsmengen, Anlagenkapazitäten und Vermarktung der Biokraftstoffe wird zukünftig die Gegenüberstellung und die Bewertung der Entwicklung erleichtern.

Zu 3.: Die Absatz- und Preisentwicklungen werden maßgeblich durch politische, rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen beeinflusst. Sie sind unter anderem abhängig von der Preisentwicklung des Rohstoffs Rapssaat, dem Stand der Biodieselproduktionstechnologie, den Qualitätsstandards, dem Trend in der Automobilindustrie und den Willensbekundungen der europäischen und nationalen Agrar-, Umwelt- und Energiepolitik. Rahmenbedingungen, wie die Steuerbefreiung von Biokraftstoffen von der Mineralölsteuer oder die Anwendungsempfehlung für den Einsatz in umweltsensiblen Bereichen (Wasserschutzgebiete, Talsperren), beeinflussen die Preis- und Absatzentwicklung positiv.

Die Preis- und Absatzentwicklungen von Biodiesel können durch eine gezielte, sachliche Informationspolitik sowie Aufklärung und einem offensiven Marketing beeinflusst werden. Die Vorbildwirkung der öffentlichen Hand spielt dabei eine wichtige Rolle.

Zu 4.: Der Anbauumfang von Winterraps beträgt in Thüringen zirka 100 000 Hektar (2002 = 112 152 Hektar). Für die technische Nutzung werden derzeit bereits jährlich auf Stilllegungsflächen 40 000 bis 50 000 Hektar non-food-Raps in Thüringen angebaut. Die Rapssaat wird in den drei Biodieselanlagen sowie in den sechs dezentralen Kaltpressanlagen Thüringens vor Ort verarbeitet. Für die kommenden Jahre ist einzuschätzen, dass sich der Anbauumfang von Winterraps in Thüringen stabil in der Größenordnung um 100 000 Hektar ± 15 000 Hektar bewegen wird. Winterraps ist ein wichtiger Bestandteil in der Fruchtfolge der landwirtschaftlichen Unternehmen. Zudem besitzt der Rapsanbau, aufgrund der stabilen Ertragsstruktur und Vermarktungslage sowie der regionalen Wertschöpfungsmöglichkeiten (Rapskuchen in der Milchviehfütterung), in Thüringen als Kultur mit einem sicheren betriebswirtschaftlichen Ergebnis eine relative Vorzüglichkeit.

Zu 5.: Mit der EU-Erweiterung erfolgt ein erheblicher Flächenzuwachs durch die Beitrittsländer, vor allem durch die Beitrittskandidaten aus Osteuropa. Der Anbau und die Vermarktung von non-food-Raps stellt auch dort eine wichtige Einkommensquelle dar. Es ist zu erwarten, dass die Vorschläge der EU-Kommission zur Förderung von Biokraftstoffen der Biokraftstoffproduktion in der sich erweiternden Europäischen Union einen nachhaltigen Impuls geben. Inwieweit die Beitrittsländer Produktionskapazitäten für Biodiesel schaffen werden, ist schwer einzuschätzen. Die Thüringer Biodieselhersteller werden sich einem erweiterten Wettbewerb stellen müssen.