Sozialhilfe

5. Tätigkeitsbericht des 2002/2003

11.19 Datenübermittlung von Sozialdaten auf Überweisungsträgern

Dass es sich bei der Tatsache des Sozialbezugs um ein schützenswertes Sozialdatum handelt, wurde bereits im Zusammenhang mit der Gewährung von Sachleistungen nach dem BSHG (11.15) dargestellt.

Der sozialbehördliche Umgang mit Sozialdaten gestaltet sich allerdings nicht nur bei Sachleistungen mitunter schwierig, er kann auch bei der Hilfe zum Lebensunterhalt im Wege der Geldleistung Probleme mit sich bringen. Nach § 35 Abs. 1 SGB I hat jeder Anspruch darauf, dass seine personenbezogenen Daten von Leistungsträgern als Sozialgeheimnis gewahrt und nicht unbefugt übermittelt werden.

Trotzdem kam es in der Vergangenheit vor, dass bei Hilfeleistungen in der Form der Geldleistung, die durch Banküberweisungen erbracht wurden, bei einer eindeutigen Deklaration des Überweisungszwecks Sozialhilfe auf dem Überweisungsträger der überweisenden Bank die Tatsache der Sozialhilfegewährung übermittelt wurde, obwohl bereits mit Urteil vom 23. Juni 1994 (DVBl. 1994, S. 1313 f.) das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, dass es nicht zulässig sei, die Zahlung von Sozialhilfe generell ohne Zustimmung des Hilfeempfängers auf Überweisungsträgern mit dem Vermerk Sozialhilfe zu kennzeichnen. Es handelt sich dabei um ein personenbezogenes Datum, welches den wirtschaftlichen Status des Leistungsempfängers kennzeichnet. Ich habe daher 1996 mit einem Rundschreiben an alle für Sozialleistungen zuständigen Leistungsträger im Freistaat Thüringen um eine Überprüfung der praktizierten Verfahrensweise unter Beifügung eines Alternativvorschlags gebeten. Aufgrund einer Eingabe erfuhr ich jedoch von einem Fall, in dem das Sozialamt bei der Leistung von Sozialhilfe als Geldleistung wiederum den Verwendungszweck konkret angegeben hatte. Bei der Prüfung ergab sich allerdings, dass das Sozialamt datenschutzgerecht Überweisungen grundsätzlich nur mit dem Vermerk laut Bescheid kennzeichnete.

Die Form der Kennzeichnung war auch bereits von der im Sozialamt genutzten Software vorgegeben, sodass nur in Ausnahmefällen von den Bearbeitern die Sozialhilfeleistung als Zahlungsgrund einzugeben war. Dass die Überweisung im konkreten Fall als Sozialhilfeleistung gekennzeichnet worden war, lag an einer personellen Veränderung.

Die Angelegenheit wurde in der Sozialhilfebehörde zum Anlass genommen, nochmals alle dort tätigen Personen über die Vorschriften des Datenschutzes und insbesondere über die im konkreten Fall nicht ausreichend beachtete Rechtslage zu belehren.

12. Statistik

Umsetzung des Testgesetzes durch das Thüringer Landesamt für Statistik (TLS)

Im Abschnitt 12.1 des 4. TB hatte ich bereits darüber berichtet, dass im Jahr 2001 das Testgesetz für einen rechnergestützten Zensus (Zensusvorbereitungsgesetz, BGBl. I, S. 1882 ff.) beschlossen wurde.

Darin war festgelegt, dass die für den Test erforderlichen personenbezogenen Daten ausschließlich von den statistischen Landesämtern und dem statistischen Bundesamt erhoben und verarbeitet werden. Sie unterliegen dabei der statistischen Geheimhaltung und dürfen in keiner Weise der Verwaltung zur Kenntnis gelangen. Die besondere Problematik bei der Umsetzung des Testgesetzes bestand insbesondere darin, mögliche widersprüchliche Informationen bei den Datenabgleichen zu klären, ohne dass dabei die betreffenden Verwaltungsstellen Rückinformationen erhalten. Aufgrund der Bedeutung des Verfahrens wurde dies vom zum Anlass genommen, die Einhaltung des Datenschutzes und der Datensicherheit bei der Umsetzung des Zensusvorbereitungsgesetzes im TLS zu prüfen. Verletzungen datenschutzrechtlicher Bestimmungen wurden dabei nicht festgestellt.

Datenschutzrechtliche Bewertung von Studienverlaufsstatistiken

Im Ergebnis des Volkszählungsurteils wurde bei der Novellierung des Hochschulgesetzes 1990 ausdrücklich auf eine Studienverlaufsstatistik verzichtet, um den verfassungs- und datenschutzrechtlichen Bedenken Rechnung zu tragen. Wie entsprechende Bestrebungen zeigen, wurden die Informationsverluste, die durch den Verzicht auf die Verlaufsstatistik eingetreten sind, nicht wie vorgesehen durch andere statistische Erhebungen kompensiert. Aufgrund dessen beschäftigten sich die DSB des Bundes und der Länder erneut mit der Frage der Wiederaufnahme einer Studienverlaufsstatistik auf Bundesebene.

Selbstverständlich ist man sich dabei bewusst, dass Informationsdefizite hinsichtlich des Studienverhaltens, der Abbrüche oder des Wechsels von Studieneinrichtungen oder Fachrichtungen entsprechende Auswirkungen auf die Planungen und Finanzierungen an den Universitäten und Hochschulen haben. Insoweit ist das wachsende Informationsbedürfnis der für diesen Bereich zuständigen Stellen insbesondere auch unter dem Aspekt begrenzter materieller und finanzieller Ressourcen nachvollziehbar. Unter Abwägung mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung erscheint es dennoch nicht gerechtfertigt, für diesen Zweck eine zentrale Studentendatei, wenn auch ggf. in pseudonymisierter Form zu schaffen. Es wurde deshalb der Vorschlag unterbreitet, zunächst alle anderen Möglichkeiten der Informationsgewinnung auszuschöpfen, insbesondere in dem z. B. anonyme studienbegleitende Befragungen bei den Studenten durchzuführen.

Normenklarheit bei der Durchführung von Verkehrserhebungen

Im Rahmen seiner Beratungsfunktion wurde dem auch eine von einer Kommune bereits beschlossene Verkehrserhebung zur datenschutzrechtlichen Beurteilung übergeben. Dabei musste festgestellt werden, dass die zur Durchführung beschlossene Satzung die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts nach normenklaren Regelungen für Eingriffsbefugnisse in das informationelle Selbstbestimmungsrecht nicht im vollen Umfang erfüllte. Dies betraf neben eindeutigen Aussagen zu den Verantwortlichkeiten insbesondere auch die Festlegungen zum Datenumfang und der Speicherdauer. Darüber hinaus enthielt sie widersprüchliche Aussagen über die vermeintliche Anonymität der Befragung. Im konkreten Fall war vorgesehen, die Datenerhebung in Zusammenarbeit mit einer wissenschaftlichen Einrichtung durchzuführen. Weiter gehende Festlegungen zu den näheren Aufgaben und Verantwortlichkeiten hierzu enthielt die Satzung nicht.

Als Erhebungseinheit und Auskunftsstellen wurden in der Satzung Haushalte und als deren Datenbasis das Einwohnermelderegister genannt, obwohl dieses Merkmal dort nicht gespeichert wird. Gleichzeitig fehlte eine Erläuterung zum Haushaltsbegriff. Desweiteren gehörte zu den Erhebungsmerkmalen die telefonische Erreichbarkeit. Da im allgemeinen Sprachgebrauch unter dieser Angabe die Telefonnummer für Rückfragen verstanden wird, hätte dies beim Adressaten des Fragebogens zu Irritationen führen können, ob er seine Telefonnummer (was der versprochenen Anonymität der Befragung widersprochen hätte) oder lediglich das Vorhandensein eines Telefonanschlusses/Mobiltelefones eintragen sollte. Darüber hinaus war es trotz anonymer Auskunftserteilung vorgesehen, zunächst von den Auskunftspersonen als Hilfsmerkmale den Familiennamen, Anschriften und das Jahr der Geburt bis zum Abschluss der gesamten Erhebung (z. B. für Eingangskontrollen, Rückfragen, Erinnerungen u. ä.) zu speichern. Weiterhin sollte die Erhebung in einer Kombination von schriftlichen und telefonischen Interviews bei konkret ausgewählten Haushalten durchgeführt werden, obwohl nicht nur die weitere Verarbeitung, sondern auch die Auskunftserteilung laut Satzung ausdrücklich anonym erfolgen sollte.