Forschung

Erinnerung an Haft und Unrecht

Diese Broschüre enthält neun biografische Texte von Erfurter Mitgliedern des Verbandes der Opfer des Stalinismus. Sie wurde als Gedenkschrift zum 50. Jahr des 17. Juni 1953 zusammengestellt. Die Erinnerungsberichte enthalten ­ in dichten, kurzen Texten ­ das Hafterleben, die Verhaftungsgründe und auch die Schwierigkeiten nach Haftrückkehr. Es handelt sich um Menschen, die zwischen 1949 und 1957 aus politischen Gründen zu Haft verurteilt wurden. Einige wurden bis nach Workuta verschleppt. Auch die Autoren, die 1953 bereits in Haft waren, betonten, dass die symbolische Bedeutung des 17. Juni für sie damals und heute sehr hoch war.

Einige der Autoren waren nur aus moralischer Pflicht und wegen des Gemeinschaftsprojektes über die Haftzeit zu sprechen bereit, weil ihnen das Erinnern bis heute schmerzlich ist. Für die jüngeren Generationen wurden damit Möglichkeiten zu Einblicken geschaffen, die sonst kaum entstanden wären. Berichte, wie die der drei Frauen, sind in der Thüringer Zeitzeugenliteratur in ihrer Eindringlichkeit selten und vermögen auch junge Menschen für die Unerträglichkeit solcher Lebenssituationen zu sensibilisieren. In einer gemeinsamen Gedenkveranstaltung mit dem Verband der Opfer des Stalinismus wurde die Broschüre öffentlich vorgestellt. Für ihre Verbreitung sorgten auch VOS-Mitglieder in ganz Thüringen.

Doppelband: Beate Wedekind, Fahrt ohne Rückkehr ­ Warten auf Ausreise in Saalfeld und Rolf Wernicke, Zur Auflösung der Saalfeld Beate Wedekind beschreibt in ihren Erinnerungen ausführlich die Alltagserlebnisse einer Familie, die einen Ausreiseantrag gestellt hatte. Die Probleme reichten von der organisierten Alltags- und Berufs-Isolierung über die behördliche Bevormundung bis hin zur Beobachtung und Inhaftierung durch die Staatssicherheit. Die beschriebenen heimlichen Kontakte zu anderen Ausreisewilligen zeigen, wie typisch die Situation dieser Menschen in den Jahren ungewissen Wartens war. Beate Wedekind gehört zu dem relativ kleinen Kreis an Zeitzeugen, die die politische Verfolgung in den Jahren der entwickelten Diktatur in der DDR biografisch aufgezeichnet haben.

Ihr Bericht endet mit der Ausreise und als Bogen zur Gegenwart bot sich daher an, dass alle Familienmitglieder noch eine persönliche Äußerung aus heutiger Sicht beitrugen.

Die Broschüre stieß auf umfangreiches Interesse in Saalfeld. Viele Menschen wurden nachdenklich, die sich während der DDR-Zeit von Ausreiseantragstellern distanziert hatten.

Rolf Wernicke, der bereits vor längerem im Gespräch mit der Behörde stand, hatte ein von der Staatskanzlei gefördertes Forschungsprojekt zur Revolution in Saalfeld in Angriff genommen, das aufgrund beruflicher Veränderung bislang nicht zur Druckfassung kam. Das Ausreiseprojekt wurde daher zum Anlass genommen, auch einige seiner Ergebnisse in diese Publikation einzuarbeiten. Sein Beitrag enthält neben Fundstücken aus der Saalfeld (als Faksimile) auch einen Bericht Saalfelder Bürgerrechtler über die Besetzung dieser Kreisdienststelle im Dezember 1989, der auf gemeinsamen Gesprächen mit den anderen Saalfelder Mitwirkenden fußt.

Späte Besetzung ­ Frühe Aktenöffnung.

Diese Veröffentlichung beschreibt die 1990er Ereignisse in Gera. Aus Anlass einer Veranstaltung zum 10. Jahrestag der Besetzung der BV Gera des zu der die Geraer Außenstelle der und die Konrad-Adenauer-Stiftung eingeladen hatten, kamen Zeitzeugen zu Wort, deren Berichte in dieser Broschüre zusammengefasst sind.

Durch die Schilderung von Details aus der Sicht der Beteiligten erschließt sich noch so mancher Zusammenhang, der in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt geblieben ist.

So schildert Walter Schilling eine Befragung als Zeuge in einer erst kürzlich stattgefundenen Gerichtsverhandlung, wie er denn an geheime Unterlagen der Staatssicherheit herangekommen wäre, so als hätte es nie Bürger gegeben, die seinerzeit die Stasi-Archive besetzt hätten. Jürgen Haschke erinnert sich, als die Jenaer DDR-Volkskammerabgeordneten aufgefordert worden waren, sich an der Besetzung der Jenaer Kreisdienststelle zu beteiligen und keiner bereit war, mit ihm dorthin zu gehen. Fotos von den zerhächselten Aktenbergen lassen nur erahnen, in welchem Umfange das zuletzt noch Akten vernichtet hat.

Regina Hornischer, Die Ereignisse des 17. Juni 1953 in den Kreisen Mühlhausen und Bad Langensalza

Die Autorin, Kreisarchivarin des Saale-Unstrut-Kreises, hatte im Rahmen der Mühlhäuser 17.-Juni-Veranstaltungen eine Ausstellung über die Kreisereignisse zusammengetragen. Da ein Interesse von Schülerschaft und Bevölkerung am Thema bestand, wurden die Ergebnisse für eine Behördenpublikation erweitert und nutzbar gemacht. Es entstand die vorliegende Kombination eines auf die SED- und Polizeiquellen bezogenen Autorenmanuskripts mit den Erinnerungen mehrerer beteiligter Zeitzeugen und mit zeitgenössischen Abbildungen (Fotos und Faksimiles). Auch der Text einer Schülerin des Landkreises wurde einbezogen.

Thematisch ist die ausführlichere Aufnahme der Mühlhäuser und Bad Tennstedter Geschehnisse in die Behördenreihe durchaus gerechtfertigt, denn hier agierten überwiegend Bauern und Kleinstädter. So wird gezeigt, dass der 17. Juni 1953 weit mehr als ein Arbeiteraufstand war. Ein lokales Geschehensbild wird deutlich, das als Besonderheit im DDR-weiten Geschehen gelten kann. Die Nordthüringer Bevölkerung bewies hier eine besondere politische Kraft.

Zum Jahreswechsel in die Öffentlichkeit gebracht, fand die Broschüre sofort schnellen Absatz und belegt damit auch ein längerfristiges Interesse an den 1953er Ereignissen und Hintergründen.

Bei allen Eigenpublikationen handelt es sich um Themen der Thüringer Regionalgeschichte. Die Autoren, die 2003 in Zusammenarbeit mit der Behörde veröffentlichten, leben oder haben lange Zeit in Thüringen gelebt. Genau wie in den Vorjahren wurden seitens der Behörde keine Honorar- oder Förderverträge für die Themenbearbeitung sowie auch keine Autorenhonorare für die Veröffentlichung vereinbart. Der pro realisierte Veröffentlichung betrug ca. 100-120 Arbeitsstunden. Da in diesem Jahr keine Broschüre mit Schutzgebühr neu gefertigt wurde und fast nur die Veröffentlichungen der Vorjahre verkauft wurden, blieben die erzielten Broschüren-Einnahmen mit 756 nur bei 95% der im geplanten Einnahmen. Die im Nachtragshaushalt festgelegten Minderausgaben der Titelgruppe 5 (sächliche Verwaltungsausgaben) wurden dabei allerdings zu etwa 60% durch Einsparungen bei den Ausgaben für Publikationen erwirtschaftet, was auch dazu führte, dass nicht alle geplanten Veröffentlichungen angenommen und realisiert werden konnten. Die Eigenpublikationen wurden überwiegend in einer Auflage von 3000 Stück gedruckt (die Gera-Broschüre zu 1000 Stück) und kostenfrei an Interessenten abgegeben. Die für Eigenpublikationen verwendeten Finanzmittel wurden lediglich für Druck- und Klebbindungsaufträge eingesetzt, während die sonst kostenintensive Bildbearbeitung, Textdigitalisierung und Layout-Gestaltung selbst geleistet wurden.

Zu den Publikationen wurden Vorstellungsveranstaltungen in den jeweiligen Orten abgehalten.

Neben den realisierten Veröffentlichungen wurden auch Vorgespräche für weitere mögliche Veröffentlichungen getroffen, andere Manuskripte durchgesehen und geprüft, um eine Fortsetzung der Behördenreihe 2004 bzw. längerfristig sicherzustellen.

Die Vierteljahreszeitschrift Gerbergasse 18 ­ Forum für Geschichte und Kultur wurde in Zusammenarbeit mit der Geschichtswerkstatt Jena wie in den Vorjahren durch die Behörde mitherausgegeben. Themen waren unter anderem der ungarische Umgang mit der Diktaturgeschichte, im Thüringer Sport, ein Südthüringer Bürgermeister mit IM-Vergangenheit, ungeklärte Altenburger Funde von um 1945/50 Verstorbene, das Wirken der Staatssicherheit in Leutenberg, Hintergründe über die so genannten die Katyn-Lüge der DDR-Geschichtsschreibung, die Stasi-Kontakte des Suhler Polizeichefs Hausdorf, der konspirative Stasi-Diebstahl einer Jenaer Skulptur, NKWD-Haft in Weimar, Bischof Mitzenheim und der Kirchenkampf 1952/53, der Eisenberger Kreis und die Zivilcourage. Ergänzt sind die Hefte mit aktuellen Buch- und Filmvorstellungen. Eine Ausgabe (mit doppeltem Umfang) stand ganz im Zeichen des 50. Jahrestags des 17. Juni in Thüringen (siehe 3.1). Als Mitherausgeberin übernahm die Behörde neben Redaktionsarbeiten auch die Druckfinanzierung und die Organisation des Vertriebes unter anderem an über 400 Abonnenten.

Von Mitarbeitern der Behörde wurden verschiedene Veröffentlichungen getätigt. Ein Beitrag für die Weimarer Heimathefte betraf Fragen der politischen Haft in den Nachkriegsjahren. Ein anderer für die Erfurter Stadt und Geschichte behandelte die soziale und politische Konfliktsituation 1952/53 in Erfurt. Ein Beitrag für eine politikwissenschaftliche Veröffentlichung über Charakter und Wirken regionaler SED-Funktionäre befasste sich mit Mentalität und Wirkungsfeld Erfurter SED-Spitzenleute vor und nach dem 17. Juni 1953.

Außerdem wurden im Jahr 2003 mehrmalig Artikel für die Gerbergasse, den Landtagskurier und für das Landtagsjahrbuch erstellt.

Ein Beitrag erörterte die Perspektive der politischen Bildungsarbeit anhand der Für die Broschüre des THILLM zur Zwangsaussiedlung (Materialien Heft 82) entstand ein Aufsatz zum Menschenbild der DDR

Weitere Themen waren die Anfänge der Thüringer Landesverwaltung der Staatssicherheit und die Zeitzeugenarbeit.

Für die Reihe Blätter zur Landeskunde der Landeszentrale für politische Bildung wurde eine Überblicksdarstellung über die Entstehung und das Thüringer Wirken des DDRStaatssicherheitsdienstes in den einzelnen Jahrzehnten vereinbart und angefertigt, wobei die Drucklegung vereinbarungsgemäß erst Anfang 2004 erfolgte. In Zusammenarbeit mit der Landeszentrale entstand auch die unter 3.1. bereits erwähnte Quellen-Publikation Der 17. Juni in Thüringen.

Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen

Die bestehenden Kontakte auf dem Gebiet der historischen Aufarbeitung mit anderen Thüringer Einrichtungen und Organisationen wurden auch im Jahr 2003 fortgeführt. Zu den Kontaktpartnern zählten Aufarbeitungsinitiativen in Gera, Jena und Erfurt, Thüringer Grenzmuseen, Opferverbände in Gotha, Erfurt, Gera und Mühlhausen, Thüringer die Landeszentrale für politische Bildung, Geschichtsvereine in Erfurt und Sömmerda, die Bildungsstätte am Grenzlandmuseum in Teistungen.