Einfamilienhaus

Sollten sich alle Beteiligten zur Klage entschließen, würden auf den Zweckverband nicht unerhebliche Prozesskosten zukommen. Ein Eingreifen wäre daher sowohl im privaten als auch im öffentlichen Interesse angebracht.

Gleiches Recht - unterschiedliche Rechtsfolgen?

Artikel 3 des Grundgesetzes garantiert allen Bürgern Gleichheit vor dem Gesetz.

Dies ist nicht nur eines der obersten Rechtsprinzipien, sondern spiegelt sich auch im Rechtsbewusstsein der Bürger als wesentlicher Grundsatz wider. Nach den Erfahrungen des Bürgerbeauftragten sind die Bürger durchaus gewillt, belastende Entscheidungen hinzunehmen, wenn sie im Interesse der Allgemeinheit erfolgen und entsprechend begründet werden. Diese Bereitschaft findet aber ihr sofortiges Ende dann, wenn die Bürger eine Ungleichbehandlung gegenüber einem anderen Bürger erkennen können.

Im Rahmen des kommunalen Selbstverwaltungsrechtes können von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedliche Lösungen für gleich gelagerte Probleme gefunden werden. Dies hat seinen Grund darin, dass die demokratisch legitimierten Gemeindevertretungen durchaus verschiedene Ansichten über Lösungsmöglichkeiten haben können. Insofern ist hier als Preis für die kommunale Selbstverwaltung ein gewisses Maß an Toleranz für Ungleichbehandlungen zu zahlen. Im Bereich der Staatsverwaltung - und hier ist in erster Linie an das Bauwesen (Bauordnungsrecht) zu denken

­ dürften Ungleichbehandlungen aber nicht vorkommen. Dies betrifft sowohl Ungleichbehandlungen im Vergleich eines Kreises mit einem anderen Kreis als auch Ungleichbehandlungen, die sogar innerhalb einer Behörde vorkommen. Es ist Aufgabe der Aufsichtsbehörden - insbesondere des Thüringer Landesverwaltungsamtes als auch der Thüringer Ministerien - innerhalb der Widerspruchsbearbeitung für eine gleichmäßige Rechtsanwendung zu sorgen. Dass hier der Idealzustand nicht erreicht wird, belegen die Erfahrungen des Bürgerbeauftragten:

Der Eigentümer eines Einfamilienhauses, im Außenbereich gelegen, aber nach § 11 Abs. 5 Bevölkerungsbauwerkeverordnung der DDR vertrauensgeschützt, beantragte das Dach über dem auf einem Anbau zum Haus befindlichen Balkon um etwa anderthalb Meter verlängern zu dürfen, um für diesen einen besseren Wetterschutz zu erhalten. Eine Veränderung der Außenabmessung des Hauses war damit nicht verbunden. Das Bauordnungsamt (BOA) genehmigte dies nicht, da das Haus nur Vertrauensschutz genieße und in der Baumaßnahme eine Erweiterung zu sehen sei, die den Außenbereich beeinträchtige. Worin die Beeinträchtigung des Außenbereiches bestehen sollte, da immerhin die Außenabmessungen des Hauses unverändert blieben, und nur eine minimale Abänderung des Daches für einen besseren Wetterschutz geplant war, konnte das BOA dem Bürgerbeauftragten nicht plausibel erklären. Das Thüringer Landesverwaltungsamt stützte jedoch die Auffassung des BOA.

In einer anderen Stadt wurde 1986 im Außenbereich für den Bau eines Einfamilienhauses mit einem Dach von 15 Grad Neigung eine Baugenehmigung erteilt. Die Eigentümer ersetzten dieses Dach durch ein Satteldach mit 35 Grad Neigung, ohne eine dazu erforderliche Genehmigung einzuholen. Als dies dem BOA bekannt wurde, sah dieses keine Gründe für eine Versagung der Genehmigung. Obwohl im Außenbereich, sei dieser nicht betroffen, da ja die Grundfläche des Gebäudes nicht verändert wurde. Fazit: Einmal war eine minimale Veränderung eines Daches um anderthalb Meter zur Erlangung eines besseren Wetterschutzes eine wesentliche Beeinträchtigung des Außenbereiches, im anderen Fall war ein komplettes Dach, das wesentlich vergrößert wurde, nur als geringfügig bewertet worden. Der Außenbereich sei hierdurch nicht betroffen. Dass hier Wertungswidersprüche vorliegen, ist mehr als offensichtlich. Dass diese Wertungswidersprüche einem Bürger nicht zu vermitteln sind, ist ebenso offensichtlich. Ein Bürger jedoch, der sich auf solche Widersprüche gegenüber dem Bauamt beruft, hört von Letzterem in der Regel Folgendes:

1. Es wird Bedauern darüber geäußert, dass es zu der vorherigen, irrtümlichen Genehmigung kam.

2. Der vorherige Bau habe Bestandschutz, da könne man nichts mehr machen.

3. Es gebe keine Gleichbehandlung im Unrecht. Daher könne er trotz der Baugenehmigung für den anderen Bürger selber keine bekommen.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass die von der Behörde verursachte Ungleichbehandlung folgenlos bleibt und vom Bürger erwartet wird, dass dieser sie hinnimmt. Welchem Prinzip die Aufsichtsbehörden bei ihren Entscheidungen über Widersprüche folgen, blieb dem Bürgerbeauftragten häufig - angesichts dieser unterschiedlichen Behandlungen - unklar. Er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich die Aufsichtsbehörden gerne auf die Seite der Ausgangsbehörden stellen und nach Möglichkeiten suchen, deren Entscheidung zu halten, auch wenn bis an die Grenzen des argumentativ Nachvollziehbaren gegangen werden muss. Dass diese als Kumpanei empfundene Handlungsweise nicht angetan ist, das Vertrauen des Bürgers in ein objektives Widerspruchsverfahren zu wecken, liegt auf der Hand.

Die Behörden - sowohl diejenigen, die die Ausgangsentscheidung treffen als auch die Aufsichtsbehörden - dürfen die Bedeutung des Gleichheitssatzes als fundamentales Rechtsprinzip nicht aus den Augen lassen und es ist Aufgabe der Aufsichtsbehörden, durch die Wahrnehmung ihrer Aufsichtsbefugnisse ein einheitliches Verwaltungshandeln zu gewährleisten.

Bürgerpost - Umgang beliebig?

Geht bei einer Behörde Post eines Bürgers ein, so stellt sich die Frage, wie damit umgegangen werden soll. Ist eine Eingangsbestätigung zu erteilen?

Das Verwaltungsverfahren ist an bestimmte Formen nicht gebunden. Es ist einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen. Dieser Grundsatz der Nicht-Förmlichkeit stellt ein tragendes, übergeordnetes Prinzip des gesamten Verwaltungsverfahrensrechts dar und bedeutet, dass es grundsätzlich dem Ermessen der Behörde überlassen ist, das Verfahren so zu führen und zu gestalten, wie sie es für am zweckmäßigsten hält. Umgekehrt bedeutet diese Nicht-Förmlichkeit jedoch nicht, dass die Behörde gehindert wäre, gewisse Förmlichkeiten zu beachten.

§ 10 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz Im nachfolgend beschriebenen Falle wäre das Bauamt einer Stadtverwaltung aus Gründen der Bürgerfreundlichkeit wohl besser beraten gewesen, sich der kleinen Mühe zu unterziehen, einem Bürger die von ihm angemahnte Rückäußerung zu einer Eingabe zukommen zu lassen:

Der Petent war Nachbar eines Gewerbetreibenden und fühlte sich durch diesen in einem reinen Wohngebiet agierenden Betrieb in seiner Lebens- und Wohnqualität beeinträchtigt. Dies brachte er bei der zuständigen Behörde zum Ausdruck. Die Behörde ermittelte jedoch wegen der ungenehmigten Ansiedlung des Unternehmens bereits selbst nach dem Amtsermittlungsgrundsatz. Der Petent fragte bei dem bearbeitenden Amte nach dem Stand der Dinge. Als er nach sieben Monaten und trotz wiederholter Bemühungen keine Rückäußerung der Behörde auf seine Nachfrage erhalten hatte, beschwerte er sich hierüber beim Bürgerbeauftragten und wie dieser meinte - zu Recht.

Auf Nachfrage des Bürgerbeauftragten ließ die Behörde wissen: Das Formerfordernis von Eingangsbestätigungen für Beschwerde von Nachbarn ist in Thüringen nicht gesetzlich vorgeschrieben und folglich entbehrlich. Gemeint war offenbar, dass Eingangsbestätigungen gesetzlich nicht vorgeschrieben sind und nach Ansicht des Bearbeiters deshalb nicht erforderlich seien. Diese Rückäußerung gemahnt nicht nur auf bemerkenswert bürgerunfreundliche Weise an den sprichwörtlichen Dienst nach Vorschrift. Der Nachbar durfte auf seine Mitteilung an die Behörde, er fühle sich auch von der Gewerbeansiedlung belästigt, berechtigterweise ein Feedback erwarten. Dies zumal, als er bei der Behörde mehrfach ausdrücklich nachgefragt hatte. Das Ermessen zur Gestaltung des Verwaltungsverfahrens auch bürgerfreundlich auszuüben, hätte deshalb bedeutet, dem Nachbarn in einem so genannten Dreizeiler mitzuteilen, dass sein Schreiben angekommen ist und wie in seiner Angelegenheit weiter verfahren wird.

Fazit: Funktionalität, Akzeptanz und Leistungsfähigkeit einer modernen bürgernahen öffentlichen Verwaltung hängen in einem hohen Maß von der Eigenverantwortung und der sozialen Kompetenz der Behördenmitarbeiter sowie von einer entsprechenden Führungskultur ab.

Zeit des Bürgers - beliebig vorhanden?

Immer wieder wird der Bürgerbeauftragte auch mit Eingaben befasst, die eine als zu lang empfundene Verfahrens- oder Bearbeitungsdauer betreffen. Hier ist zwar zu berücksichtigen, dass der Bürger, der in einer für ihn subjektiv wichtigen Angelegenheit auf Antwort wartet, einen anderen Zeitbegriff hat, der mit dem Bearbeitungsgang einer Behörde nicht immer in Übereinstimmung zu bringen ist. Dennoch bestehen trotz allen Verständnisses für knappe personelle Ressourcen und erheblichen Geschäftsanfall an einer zügigen Bearbeitung häufig Zweifel. Bei der Prüfung der Bearbeitungszeit muss es um die Frage gehen, ob eine Verzögerung sachlich gerechtfertigt ist, und nicht nur darum, ob etwa eine Frist zu beachten war und eingehalten wurde. Dies zumal, als Verwaltungsverfahren, wie bereits erörtert, ohnehin zügig durchzuführen sind.