Finanzamt

1990 habe die Stadt Erfurt den Antrag der Eigentümer auf Genehmigung zur Wohnnutzung abgelehnt. Im Oktober 1992 sei eine Hauptwohnung in dem Gebäude angemeldet worden.

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Bauordnung kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung einer baulichen Anlage anordnen, wenn bauliche Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder verändert werden und wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände geschaffen werden können.

Ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften liegt vor, wenn der Bau formell oder materiell rechtswidrig ist. Dies ist der Fall, wenn eine erforderliche Genehmigung nicht vorliegt (formelle Rechtswidrigkeit) oder wenn der Bau den Normen widerspricht, die über seine Zulässigkeit entscheiden (materielle Rechtswidrigkeit). Ist die bauliche Anlage sowohl formell als auch materiell rechtswidrig, dann steht es im Ermessen der Behörde, den Abriss zu verfügen. Da es sich bei § 77 Abs. 1 Satz 1 aber um ein so genanntes intendiertes Ermessen handelt, bei dem allein das Vorliegen der formellen und materiellen Rechtswidrigkeit ausreicht, kann das Ermessen nur in Ausnahmefällen dazu führen, dass der Abriss nicht angeordnet wird.

Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn ein Bau zu irgendeinem Zeitpunkt seines Bestehens rechtmäßig gewesen ist und Bestandsschutz, der sich aus dem Schutz des Eigentums nach Art. 14 Grundgesetz ergibt, hat. Das DDR-Recht kannte zwar kein Eigentumsgrundrecht und damit keinen entsprechenden Bestandsschutz. Nach § 11 Abs. 3 der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke vom 8. November 1984 (GBl. DDR 1984 Nr. 36 S. 433) bestand aber eine Verjährungsregelung, in die nach einem Urteil des OVG Weimar vom 18. Dezember 2002

(1 KO 639/01) unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht eingegriffen werden kann. Das ist von den Behörden auf der Ebene der Ermessensausübung praktisch wie ein Bestandsschutz zu berücksichtigen.

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 2 kann die Behörde die Benutzung untersagen, wenn bauliche Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Normen benutzt werden. Dabei reicht es nach herrschender Meinung aus, wenn die Nutzung formell rechtswidrig ist, also ohne die erforderliche Genehmigung erfolgt. Im Übrigen gelten für die Nutzungsuntersagung grundsätzlich die gleichen Voraussetzungen wie für die Beseitigungsanordnung.

Für die baulichen Anlagen, die ohne Genehmigung umgenutzt wurden (ohne bauliche Veränderungen) ergibt sich in Abhängigkeit von den Bauvorschriften der DDR Folgendes:

Eine Umnutzung liegt vor, wenn einer Anlage oder Einrichtung eine ­ wenigstens teilweise ­ neue Zweckbestimmung gegeben wird. Im Unterschied zu den baulichen Veränderungen von Gebäuden ist bei der bloßen Umnutzung vor dem 1. August 1990 zu berücksichtigen, inwieweit diese überhaupt der Genehmigung bedurften und deshalb auch nicht als rechtswidrig anzusehen sind.

Eine Genehmigungspflicht für Umnutzungen ist erstmals aus der Verordnung über die Staatliche Bauaufsicht vom 1. Oktober 1987 (GBl. DDR 1987 Nr. 21 S. 249) ersichtlich. Diese Verordnung ist am 1. Januar 1988 in Kraft getreten. Nach § 5 Abs. 1 dieser Verordnung hatte derjenige, der ein Bauwerk vorbereiten, errichten, verändern oder von der im Projekt vorgesehenen Nutzung abweichen wollte, eine Baugenehmigung einzuholen.

Diese Genehmigungspflicht wurde mit der 2. Verordnung über Bevölkerungsbauwerke vom 13. Juli 1989 (GBl. DDR 1989 Nr. 15 S. 191) konkretisiert. Nach der neuen Nr. 11 von § 3 Abs. 2 der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke war die Zustimmung bei einer Nut31 zungsveränderung nur dann erforderlich, wenn die von den Bauunterlagen abweichende Nutzung bestehender Bauwerke mit anderen Beanspruchungen in statischer oder bauphysikalischer Hinsicht einschließlich des bautechnischen Brandschutzes verbunden war.

Vor der Verordnung über die Staatliche Bauaufsicht in der Fassung vom 1. Oktober 1987 (in Kraft getreten am 1. Januar 1988) ist keine Vorschrift des DDR-Rechts ersichtlich, die eine Genehmigungspflicht von Nutzungsänderungen vorsah. Eine solche Pflicht ergab sich auch nicht aus § 3 Abs. 2 der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke vom 8. November 1984, da die dort abschließend aufgeführten zustimmungspflichtigen Vorhaben die einfache Nutzungsänderung nicht erfassten. Einfache Umnutzungen vor dem 1. Januar 1988 waren also nach DDR-Recht nicht an eine Genehmigung gebunden. Das ist zu berücksichtigen, wenn der Erlass einer Nutzungsuntersagung durch die Bauaufsichtsbehörde geprüft wird.

Der Petitionsausschuss wies die Petenten darauf hin, dass die Duldung nicht genehmigter Gebäude oder Nutzungen vom Zeitpunkt der Errichtung bzw. der Nutzungsänderung abhängt.

Kompromiss im Innenbereich

Ein junges Ehepaar beabsichtigte, in einer kleinen Gemeinde in Südthüringen ein Haus zu bauen. Sie wählten ein Grundstück aus, dessen Eigentümer sie bereits waren. Nicht unwichtig war dabei, dass sich das Haus, in dem die Mutter und die pflegebedürftige Großmutter leben, in unmittelbarer Nachbarschaft befindet. In der näheren Umgebung gibt es weitere Wohnhäuser, eine Werkstatt und eine Turnhalle. Wegen eines auf dem Baugrundstück vorhandenen Kellers, der in den zur Straße hin abfallenden Hang gegraben worden war, sollte das neue Haus nicht unmittelbar an der Straße, sondern in dem etwas weiter hinten liegenden Grundstücksteil und damit nicht mehr in der vorhandenen Bauflucht entstehen. Der Bauantrag des jungen Ehepaares wurde abgelehnt.

Deshalb wandte sich das junge Ehepaar an den Petitionsausschuss und unterbreitete mehrere Kompromissvorschläge für sein Bauvorhaben. In dem Bemühen, eine Kompromisslösung für die Verwirklichung des Bauvorhabens zu finden, beschloss der Petitionsausschuss die nähere Umgebung in Augenschein zu nehmen und anlässlich dieses Ortstermins die Kompromissvorschläge mit der unteren Bauaufsichtsbehörde nochmals zu erörtern. Nach dem Ortstermin wurde ein neuer Bauantrag, der im Wesentlichen einem Vorschlag der unteren Bauaufsichtsbehörde folgte, positiv entschieden. Das Bauvorhaben wurde inzwischen verwirklicht. Seit Ende des vergangenen Jahres wohnt das junge Ehepaar in seinem neuen Haus.

Finanzwesen/Offene Vermögensfragen

Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung

Obwohl das Finanzamt in der Vergangenheit eine Einsatzwechseltätigkeit und die hierfür geltend gemachten Mehraufwändungen für Verpflegung stets ohne konkrete Nachweise anerkannt hatte, berücksichtigte es diese beim Lohnsteuerjahresausgleich einer Gärtnerin, die verschiedene Sportstätten der Stadt pflegte, nun nicht mehr. Dies wurde damit begründet, dass eine Einsatzwechseltätigkeit nicht nachgewiesen worden sei.

Eine Einsatzwechseltätigkeit liegt bei Arbeitnehmern vor, die bei ihrer individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten eingesetzt werden und sich daher immer wieder auf Fahrten zu neuen Einsatzstellen einstellen müssen, die nicht durch entsprechende Wohnsitznahme vermieden werden können. Diese Arbeitnehmer haben demzufolge keine regelmäßige Arbeitsstätte. Eine Einsatzwechseltätigkeit liegt beispielsweise bei Bau- und Montagearbeitern, Leiharbeitnehmern sowie Auszubildenden, bei denen keine Ausbildungsstätte als Mittelpunkt ihrer Ausbildungstätigkeit angesehen werden kann, vor.

Dagegen ist der Einsatz an verschiedenen Stellen innerhalb eines weiträumigen Arbeitsgebietes keine Einsatzwechseltätigkeit (z.B. Werksgelände, Hafengebiet oder Neubaugebiet).

Anders als bei Dienstreisen oder doppelter Haushaltsführung werden die Verpflegungsmehraufwändungen bei einer Einsatzwechseltätigkeit über drei Monate hinaus steuerlich anerkannt.

Die Verpflegungsmehraufwändungen der Petentin wurden vom Finanzamt nicht anerkannt, da die Arbeitseinsätze an einer festen Anzahl von Sportstätten abwechselnd erfolgten und daher jede dieser Sportstätten als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen war.

Diese Entscheidung war aus Sicht des Petitionsausschusses nicht zu beanstanden, obwohl das Finanzamt in den vergangenen Jahren eine Einsatzwechseltätigkeit ohne Weiteres anerkannt hatte. Denn nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung kann der Steuerpflichtige aus einer ihm günstigen Sachbehandlung in einem vorausgegangenen Steuerabschnitt grundsätzlich keine Ansprüche auf die gleiche Handhabung in einem nach- oder vorgelagerten Veranlagungszeitraum herleiten. Dieser Grundsatz wird nur in Ausnahmefällen durch eine besondere Selbstverpflichtung der Behörde (Zusage) durchbrochen. Ein solcher Ausnahmefall lag hier nicht vor.

Werbungskosten: Einsatzwechseltätigkeit und Entfernungspauschale

Ein Angestellter eines in Thüringen ansässigen Unternehmens war im Jahr 2002 für jeweils mehr als drei Monate auf zwei Baustellen in München und Dresden beschäftigt. Um von seiner Wohnung nach München bzw. Dresden zu gelangen, nutzte er eine von seinem Arbeitgeber organisierte kostenlose Sammelbeförderung. Mit der Einkommensteuererklärung für 2002 machte er für die Fahrten nach München bzw. Dresden eine Entfernungspauschale geltend.

Dies lehnte das Finanzamt mit dem Steuerbescheid für 2002 ab. Mit der Petition wurde die Entscheidung des Finanzamts beanstandet.