Kommunalordnung

Nach § 48 Abs. 3 der Thüringer Kommunalordnung wählt die Gemeinschaftsversammlung einer Verwaltungsgemeinschaft einen hauptamtlichen Gemeinschaftsvorsitzenden. Der Gemeinschaftsvorsitzende muss die für sein Amt erforderlichen Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht, wenn sich der bisherige Gemeinschaftsvorsitzende auf Grundlage eines Beschlusses der Gemeinschaftsversammlung, der mit zwei Dritteln ihrer Mitglieder zu fassen ist, der Wiederwahl stellt.

Welche Voraussetzungen für das Amt als hauptamtlicher Gemeinschaftsvorsitzender erforderlich sind, regelt das Gesetz nicht.

Ich frage die Landesregierung:

1. Über welche Voraussetzungen müssen aus Sicht der Landesregierung die Bewerber für das Amt als Gemeinschaftsvorsitzender verfügen?

2. Gehören aus Sicht der Landesregierung zu den Voraussetzungen für als Gemeinschaftsvorsitzender auch Fach- und Hochschulabschlüsse, wenn ja, welche und wie wird diese Auffassung begründet?

3. Inwieweit können aus Sicht der Landesregierung langjährige Berufserfahrungen fehlende Fach- und Hochschulabschlüsse als Voraussetzung für das Amt als Gemeinschaftsvorsitzender ersetzen und wie wird diese Auffassung begründet?

4. Welches Ermessen hat aus Sicht der Landesregierung die Gemeinschaftsversammlung hinsichtlich der Auslegung des § 48 Abs. 3 Satz 2 5. Unterliegt die Ermessensausübung (Frage 4) der rechtsaufsichtlichen Überprüfung und wie wird diese Auffassung begründet?

6. Wenn Frage 5 mit Ja beantwortet wird, in welchen Fällen wurden seit 1. Januar 2003 mit welchen Begründungen rechtsaufsichtliche Beanstandungen durchgeführt, und mit welchen Ergebnissen wurden diese Verfahren abgeschlossen (bitte Einzelaufstellung)?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 6. September 2004 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Der hauptamtliche Gemeinschaftsvorsitzende muss als kommunaler Wahlbeamter (vergleiche § 1 Abs. 2 Nr. 4 des Thüringer Gesetzes über kommunale Wahlbeamte grundsätzlich die Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis erfüllen (vergleiche §§ 6, 132 des Thüringer Beamtengesetzes Zum hauptamtlichen Gemeinschaftsvorsitzenden darf z. B. nur ernannt werden, wer die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Des Weiteren muss er unter anderem schriftlich erklären, ob Tatsachen vorliegen, die - wie beispielsweise frühere Tätigkeiten für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR nach § 8 Abs. 3 - die Vermutung der fehlenden persönlichen Eignung begründen.

Konkrete Vorgaben zu den fachlichen Voraussetzungen enthält das Gesetz für das Amt des hauptamtlichen Gemeinschaftsvorsitzenden nicht. Bewerber müssen insbesondere nicht generell die Laufbahnbefähigung für den gehobenen oder höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst haben.

Die konkreten fachlichen Anforderungen sind nach § 48 Abs. 3 Satz 4 der Thüringer Kommunalordnung in die Stellenausschreibung aufzunehmen. Werden bestimmte Kriterien im Anforderungsprofil zwingend verlangt, darf die Gemeinschaftsversammlung keinen Bewerber wählen, der diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Dies gilt auch dann, wenn der bisherige Gemeinschaftsvorsitzende wiedergewählt wird, es sei denn, die Gemeinschaftsversammlung hat gemäß § 48 Abs. 3 Satz 7 mit einer Mehrheit von zwei Dritteln beschlossen, allein den bisherigen Gemeinschaftsvorsitzenden zur Wahl zu stellen und deshalb auf eine Stellenausschreibung zu verzichten.

Zu 2.: Nein, eine entsprechende gesetzliche Voraussetzung für des hauptamtlichen Gemeinschaftsvorsitzenden gibt es nicht; sofern allerdings die Stellenausschreibung eine bestimmte Qualifikation fordert, müssen die Bewerber diese Voraussetzung erfüllen.

Zu 3.: Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 verwiesen.

Zu 4.: Nach § 48 Abs. 3 Satz 4 und 5 konkretisiert die Gemeinschaftsversammlung im Rahmen der Stellenausschreibung, welche Voraussetzungen für das konkrete Amt des Gemeinschaftsvorsitzenden in der jeweiligen Verwaltungsgemeinschaft zu erfüllen sind. Dabei sind auch Größe und Struktur der Verwaltungsgemeinschaft ermessensleitende Gesichtspunkte. Wenn auch nicht stets laufbahnrechtliche Voraussetzungen zu fordern sind, müssen sachliche leistungsorientierte Kriterien, die sich an der Aufgabenstellung orientieren, in das Anforderungsprofil aufgenommen werden. Der vollständige Verzicht auf eine fachliche Qualifikation wäre mit § 48 Abs. 3 Satz 2 nicht vereinbar.

Zu 5.: Die von der Gemeinschaftsversammlung bestimmten Voraussetzungen für das konkrete Amt des Gemeinschaftsvorsitzenden dürfen den gesetzlichen Vorgaben nicht widersprechen. Insoweit unterliegt die Stellenausschreibung der rechtsaufsichtlichen Überprüfung.

Zu 6.: Rechtsaufsichtliche Beanstandungen anlässlich der Wahl eines hauptamtlichen Gemeinschaftsvorsitzenden sind seit dem 1. Januar 2003 nicht erfolgt.