Identitätsfunktion

Ausnahmen bedürfen einer gesonderten Regelung.

Die Schriftform hat, sei es kumulativ, sei es zum Teil,

- eine Abschlussfunktion, das heißt, sie bringt das Ende der Erklärung zum Ausdruck,

- eine Perpetuierungsfunktion, das heißt, sie gewährleistet die fortdauernde Wiedergabe der Erklärung in einer Urkunde mit der Möglichkeit zur Überprüfung,

- eine Identitätsfunktion, das heißt, sie ermöglicht es, den Erklärenden zu erkennen,

- eine Echtheitsfunktion, das heißt, sie gewährleistet die inhaltliche Zuordnung der Erklärung zum Erklärenden,

- eine Verifikationsfunktion, das heißt, sie dient der Überprüfung der Echtheit der Erklärung,

- eine Beweisfunktion, dass heißt, sie ist zum Nachweis der Erklärung geeignet,

- eine Warnfunktion, das heißt, der Erklärende wird auf die rechtliche Verbindlichkeit der Erklärung hingewiesen und vor Übereilung geschützt.

Das Erfordernis der qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes stellt für den Bereich der elektronischen Kommunikation die genannten Funktionen in ihrer Gesamtheit sicher. Eine elektronische Signatur kann mit einem Siegel für ein elektronisches Dokument verglichen werden. Signiert wird mittels eines privaten kryptographischen Schlüssels, der mathematisch erzeugt wird. Mit Hilfe des korrespondierenden öffentlichen Schlüssels und der entsprechenden Software kann die Signatur jederzeit überprüft und damit die Authentizität des Urhebers des Dokuments und die Unverfälschtheit der Daten unproblematisch festgestellt werden. Die jeweils einmaligen Schlüsselpaare (privater und öffentlicher Schlüssel) werden durch anerkannte Stellen natürlichen Personen fest zugeordnet. Die Zuordnung wird durch ein Signaturschlüssel-Zertifikat beglaubigt. Es handelt sich dabei um ein signiertes digitales Dokument, das den jeweiligen öffentlichen Schlüssel sowie den Identifizierungsschlüssel der Person, der er zugeordnet ist, oder den Identifizierungsschlüssel eines Pseudonyms enthält. Das Zertifikat erhält der Signaturschlüssel-Inhaber, so dass er es signierten Daten für deren Überprüfung beifügen kann. Darüber hinaus ist es über öffentlich erreichbare Telekommunikationsverbindungen (zum Beispiel Internet) jederzeit für jedermann nachprüfbar. Nach heutigem Stand der Technik erfolgt die Speicherung der relevanten Daten zumeist auf einer Chipkarte, die mit einer PIN und in der Regel in einem Chipkartenleser eines Personal-Computers eingesetzt werden kann. Auf der Chipkarte werden unter anderem der private Signaturschlüssel des Besitzers, sein Zertifikat und der öffentliche Schlüssel der Zertifizierungsstelle gespeichert. Signaturgesetz und Signaturverordnung sind bewusst technikneutral gehalten. Neben Chip und PIN sind entsprechend § 2 Nr. 10 auch andere denkbare sichere Signaturerstellungseinheiten (zum Beispiel biometrische Authentisierungstechniken) möglich.

Ergibt sich die Schriftförmlichkeit nur mittelbar daraus, dass die Verwendung eines bestimmten Vordrucks (etwa als Durchschreibsatz in verschiedenen Farben oder bei Bestimmung einer bestimmten Papierqualität mit besonderem Wasserzeichen) vorgeschrieben wird, so eröffnet nicht schon allein § 3 a Abs. 2 die Möglichkeit, an Stelle solcher Vordrucke elektronische Dokumente zu verwenden. Vielmehr muss hierzu das betreffende Fachrecht eine elektronische Variante des betreffenden Vordrucks zur Verfügung stellen.

Zu Absatz 2 Satz 3: § 7 Abs. 1 Nr. 1 eröffnet die Möglichkeit der Zuordnung von Signaturen an Personen unter einem Pseudonym. Mit der Bestimmung wird auf der einen Seite die Signierung durch eine erlassende Behörde - ohne Nennung des Bearbeiters - mittels Pseudonym (zum Beispiel Stadt Erfurt, Dezernat Bauverwaltung) zugelassen, sowie bei den Bürgern die Verwendung von Künstler- oder Ordensnamen. Auf der anderen Seite wird aber eine etwaige missbräuchliche Inanspruchnahme der Verwaltung durch eine Pseudonymverwendung, die keine Identifizierung ermöglicht, verhindert.

Zu Absatz 3: Angesichts der Vielfalt der neuen technischen Möglichkeiten ist es möglich, dass die verwendeten Kommunikationsmethoden zueinander nicht kompatibel sind, sodass entweder Bürger oder Behörde die jeweils übermittelten elektronischen Dokumente nicht lesen und damit nicht arbeiten können. Im Rahmen des Verwaltungsrechtsverhältnisses, das Bürger und Verwaltung durch ihre Kommunikation schaffen, kann von den Partnern erwartet werden, sich gegenseitig darüber zu unterrichten, dass die von ihm gewählte Form der elektronischen Kommunikation nicht möglich ist. Typische Fälle sind beispielsweise, dass die übermittelten Zeichen nicht lesbar sind oder das Dokument nicht geöffnet werden kann.

Regelmäßig wird die Behörde bereits im Zusammenhang mit der Zugangseröffnung Probleme bei der Kommunikation dadurch vermeiden, dass sie in öffentlich zugänglicher Weise (zum Beispiel auf ihrer Homepage) die technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen nennt, die von potentiellen elektronischen Kommunikationspartnern eingehalten werden müssen. Hierzu zählen Software-Formate, Verschlüsselungs- und Signierverfahren, außerdem unterschiedliche Regelungen für Teilbereiche einer Behörde, also zum Beispiel die zunächst beschränkte Einführung der Nutzung qualifizierter Signaturen in den einzelnen Dezernaten einer Stadtverwaltung. Nach Absatz 3 Satz 2 hat die Behörde bei der Rüge des Empfängers, er könne das elektronische Dokument nicht bearbeiten, eine neue Übermittlung in geeigneter Form vorzunehmen. Daraus folgt nicht generell, dass eine mangelhafte Übermittlung der elektronischen Daten keine Rechtsfolgen auszulösen vermag. Solange der Inhalt der Mitteilung eindeutig zu erkennen ist, zum Beispiel Umlaute durch andere Zeichenkombinationen ersetzt werden, ohne den Text unverständlich zu machen, werden der Zugang und eventuell Fristsetzungen nicht beeinträchtigt. Absatz 3 trifft keine Regelung über den Zugang von elektronischen Dokumenten; dieser bestimmt sich vielmehr nach den allgemeinen Grundsätzen. Danach wird der Eingang einer E-Mail in der vom Provider vorgehaltenen Mailbox als Zugang im Sinne von § 130 BGB zu werten sein. Der betreffende Verfahrensbeteiligte akzeptiert mit der Eröffnung des Zugangs, dass ein fast tägliches Nachsehen in der Mailbox als verkehrsüblich angesehen wird. Das bedeutet, dass mit dem Eingang in der Mailbox Willenserklärungen und Verwaltungsakte wirksam werden und Fristen zu laufen beginnen. Probleme bei der technischen Kommunikation sind grundsätzlich vom Absender zu vertreten. Der Absender kann jedenfalls dann nicht von einem Zugang ausgehen, wenn er sich nicht an die vom Empfänger angegebenen technischen Rahmenbedingungen gehalten hat und das Dokument vom Empfänger auch nicht bearbeitet werden kann. Solange der Inhalt einer Mitteilung eindeutig zu erkennen ist, ist aber auch bei mangelhafter Übermittlung der Daten der Zugang beim Empfänger bewirkt. Ist das übermittelte Dokument gar nicht lesbar oder in wesentlichen Teilen unlesbar, fehlt es am Zugang.

Die Pflicht der Behörde, unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 122 Abs. 1 Satz 1 BGB), mitzuteilen, dass ein Dokument nicht bearbeitet werden kann, besteht nur und ausschließlich gegenüber dem jeweiligen Absender, da regelmäßig nur dieser dasselbe Dokument neu übermitteln kann. Der Begriff der Bearbeitung ist weit zu verstehen, weswegen die Behörde zur erneuten Übermittlung in geeigneter Form auch dann verpflichtet ist, wenn das Dokument trotz fehlerhafter elektronischer Übermittlung zugegangen ist.

§ 3 a Abs. 3 Satz 2 eröffnet dem Bürger die Möglichkeit, trotz seiner Entscheidung für die elektronische Kommunikation unter bestimmten Voraussetzungen ein schriftliches Dokument zu verlangen. Er wird aber unabhängig von diesen Voraussetzungen jederzeit eine schriftliche Ausfertigung verlangen können. Im rechtlichen Sinne handelt es sich dabei um eine beglaubigte Abschrift im Sinne des § 33 Abs. 4 Nr. 3 im Entwurf.

Zu Nummer 4 (§ 14):

Zu Buchstabe a: § 14 Abs. 6 ermöglicht der Behörde, die Vertretung des Beteiligten im Verwaltungsverfahren durch einen Bevollmächtigten oder einen Beistand vom Vortrag im Verfahren zurückzuweisen. Die Änderung stellt klar, dass Bevollmächtigte und Beistände wegen Ungeeignetheit sowohl vom schriftlichen wie auch vom Vortrag mittels elektronischer Dokumente zurückgewiesen werden können. Gleichzeitig wird das geltende Recht präzisiert. Beim mündlichen Vortrag ist eine Zurückweisung nur möglich, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand zum sachgemäßen Vortrag nicht in der Lage ist.

Zu Buchstabe b:

Die Änderung beseitigt ein redaktionelles Versehen.

Zu Nummer 5 (§ 15):

Im Jahre 1991 wurde in das Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz die angesichts der deutschen Einheit damals bereits überholte Formulierung aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes und den Verwaltungsverfahrensgesetzen der alten Bundesländer übernommen, die die besondere rechtliche Situation der beiden deutschen Staaten und Berlins berücksichtigte. Statt der Formulierung Geltungsbereich des Grundgesetzes wird nunmehr der Begriff Inland verwendet.

Die bisherige Fassung der Bestimmung stellt nur auf Schriftstücke und deren Transportbedingungen ab. Bei der elektronischen Übermittlung von Dokumenten - Telefax eingeschlossen - ist dagegen die Übermittlungszeit so kurz, dass die Entfernung zum Bestimmungsort bedeutungslos wird. Deshalb kann hier der Zugang - wie bei § 41 Abs. 2 (Nr. 15 vgl. auch die Begründung dort) - am dritten Tag nach der Übermittlung vermutet werden. § 15 Satz 2 ist nur anwendbar, wenn der Behörde der ausländische Wohnsitz oder Aufenthaltsort oder Sitz bekannt ist. Mit der Bezugnahme auf die Absendung des Dokuments wird ein der Aufgabe zur Post vergleichbarer Anknüpfungspunkt gewählt. Auch für das Telefax als elektronisch übermitteltes Dokument tritt die durch die Änderung herbeigeführte Zugangsbeschleunigung ein.