Sozialismus

Thüringer Landtag - 3. Oktober 1999 hat folgenden Wortlaut:

Laut Ostthüringer Zeitung vom 15. Juli 1999 wurde am 14. Juli 1999 in Eisenach ein Student aus Sondershausen verurteilt, da er im September 1998 von der Bühne eines Konzerts gemeinsam mit anderen Nazi-Sprüche gerufen und den Hitler-Gruß gezeigt hat.

Auf der rechtsextremen und nazistischen Web-Seite der Deutschen Heidnischen Front wird zu Solidarität mit dem Angeklagten aufgerufen. Es wird angemerkt, dass sich die Anklage zudem darauf bezieht, dass sich auch die Ordnungstruppe des Konzerts an den Rufen an der Bühne beteiligt hatte, und ebendiese vom Angeklagten organisiert wurde. Darüber hinaus wird der Angeklagte als neuheidnischer Aktivist und Sympathisant der Deutschen Heidnischen Front bezeichnet.

Ich frage die Landesregierung:

1. Worum handelt es sich bei der so genannten Allgermanischen Heidnischen Front?

2. Worum handelt es sich bei der so genannten Deutschen Heidnischen Front?

3. Verfügt die Allgermanische bzw. die Deutsche Heidnische Front in Thüringen über Strukturen, Netzwerke, Anhänger, Gruppen?

4. Wie beurteilt die Landesregierung die Klassifikation neuheidnisch vor dem Hintergrund zunehmender rechtsextremer Einflüsse in so genannten heidnischen Gruppen, auf Mittelaltermärkten etc.?

5. Wie beurteilt die Landesregierung die Deutsche Heidnische Front?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 29. November 1999 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Die Allgermanische Heidnische Front (A.H.F.) ist eine neuheidnische und völkische Bewegung, die altgermanische Mythologie im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus und der rassischen Bewegung zu bringen versucht. Hauptziel der A.H.F. ist die Existenzsicherung für alle germanischen Völker.

Geistiger Urheber und Organisator soll der in Norwegen wegen eines Tötungsdelikts inhaftierte norwegische Staatsangehörige Christian Varg Vikernes sein.

8. Dezember 1999

Die A.H.F. stellt ihre Ideologie selbst im Internet folgendermaßen dar: Das Christentum wird als Schwächefall der germanischen Völker betrachtet, da die christlichen Grundlagen so beschaffen sind, dass Schwäche glorifiziert und Stärke negiert wird.

Jede Nation, die sich mit der christlichen Krankheit angesteckt hat, trägt zur allgemeinen spirituellen Zersetzung unter den Völkern bei. Die germanischen Völker leiden unter dieser Krankheit und die einzige Medizin dagegen ist die Religion des Wotanismus. Im uralten nordeuropäischen Glauben schlummert die Stärke für die germanischen Völker.

Diese Stärke soll durch die Allgermanische Heidnische Front wiederbelebt werden.

Zu 2.: Die Deutsche Heidnische Front (D.H.F.) ist eine Sektion (Unterorganisation) die überwiegend im deutschsprachigen Raum tätig ist.

Zu 3.: Zu Strukturen und Netzwerken der A.H.F./D.H.F. in Thüringen liegen bisher keine gesicherten Erkenntnisse vor.

Es konnten jedoch Aktivitäten im Internet durch die Gebrüder Ronald und Hendrik Möbus im Namen der D.H.F. festgestellt werden. Weitere Anhänger bzw. Sympathisanten sind bisher namentlich nicht mit hinreichender Sicherheit bekannt geworden.

Zu 4.: Seit den 80er Jahren ist in Deutschland eine vielgestaltige neuheidnische/neugermanische Szene entstanden, die vor allem durch Mittelalter- und Brauchtumsfeste oder Wikinger- und Esotherik-Tage Zulauf erfuhr. Innerhalb der naturreligiösen, neuheidnischen und völkischen Glaubensbewegung sind zwei Grundtendenzen feststellbar.

Religiös orientierte Gruppen streben eine Wiederbelebung bzw. Neugestaltung einer europäischen Naturreligion an.

Daneben existieren auch völkisch orientierte Gruppen. Hier finden sich rassistische Elemente, ein sozialdarwinistisches Menschenbild und weitere Elemente der Ideologie des Nationalsozialismus wieder. Die Grenzen beider Gruppierungen sind fließend. Innerhalb der heidnischen Bewegung sind teilweise rechtsradikale bis rechtsextreme Einflüsse vorhanden. Diese können jedoch nicht pauschal und undifferenziert auf alle heidnisch-germanisch orientierten Gruppen übertragen werden.

Zu 5.: Bei der D.H.F. handelt es sich um einen Zusammenschluss von Personen, deren Gedankenwelt von satanistischen (antichristlichen) und faschistischen Thesen geprägt ist. Es wird die Theorie vom elitären Sozialdarwinismus (Rasse, Reinheit und Macht des Stärkeren) vertreten.

Die Landesregierung schätzt die D.H.F. als rechtsextremistisch ein.