Missbrauch von öffentlichen Mitteln

Möglicher Missbrauch von öffentlichen Mitteln und mutmaßliche unzulässige Subventionierung durch den Freistaat Thüringen zur Errichtung des Kongress-Hotels in Suhl sowie des Dom-Hotels in Erfurt und dessen Betreibung

Gemäß Artikel 64 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen in Verbindung mit § 2 Abs. 2 des Untersuchungsausschussgesetzes und § 83 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt.

A. Untersuchungsgegenstand: Gegenstand des Untersuchungsausschusses ist die Verwendung öffentlicher Mittel für den Bau und den Betrieb des Kongress-Hotels in Suhl und des Dom-Hotels in Erfurt unter Berücksichtigung der geplanten Unterbringung der Spielbank im Gebäude des Erfurter Hotels.

I. Kongress-Hotel Suhl:

1. für die Förderung, Investor und Betreiber des Kongress-Hotels Suhl identisch oder welche Vertragsbeziehungen bestanden zwischen den Geschäftspartnern?

2. In welchem Maße waren diese Vertragsbeziehungen für die Sicherstellung der Durchfinanzierung der Maßnahme von Relevanz?

3. Wie erfolgte im Zuge der Antragsbearbeitung auf Förderung der Investitionsmaßnahme die Ermittlung der förderfähigen Kosten?

4. Welche förderfähigen Kosten sind für das Kongress-Hotel Suhl im Einzelnen, abweichend vom Förderantrag und dem Zuwendungsbescheid, tatsächlich entstanden und in welcher Höhe hätten für dieses Projekt rechtmäßigerweise Fördermittel aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe (GA) zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur gezahlt werden dürfen?

5. Sind sämtliche im Zusammenhang mit der Förderung stehende Unterlagen, insbesondere Förderanträge, Verträge und Rechnungen (jeweils inklusive eventueller Nachträge) zum Gegenstand der Verwendungsnachweisprüfungen durch oder für den Freistaat Thüringen gemacht worden? Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?

Soweit Verwendungsnachweisprüfungen durchgeführt worden sind: In wessen Verantwortungsbereich und anhand welcher Kriterien wurden die Nachprüfungen durchgeführt? Sind diese Verwendungsnachweisprüfungen in dem erforderlichen sorgfältigen Umfang erfolgt, um eine rechtmäßige Inanspruchnahme von Fördermitteln zu gewährleisten?

II. Dom-Hotel Erfurt und Spielbank:

1. Welche förderfähigen Kosten sind für den Bau des Erfurter abweichend von und dem Zuwendungsbescheid, tatsächlich angefallen, und in welcher Höhe hätten für dieses Projekt rechtmäßigerweise Fördermittel aus Mitteln der GA zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur gezahlt werden dürfen?

2. Sind sämtliche im Zusammenhang mit der Förderung stehende Unterlagen, insbesondere Förderanträge, Verträge und Rechnungen (jeweils inklusive eventueller Nachträge) zum Gegenstand der Verwendungsnachweisprüfungen durch oder für den Freistaat Thüringen gemacht worden? Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?

Soweit Verwendungsnachweisprüfungen durchgeführt worden sind: In wessen Verantwortungsbereich und anhand welcher Kriterien wurden die Nachprüfungen durchgeführt? Sind diese Verwendungsnachweisprüfungen in dem erforderlichen sorgfältigen Umfang erfolgt, um eine rechtmäßige Inanspruchnahme von Fördermitteln zu gewährleisten?

3. Aufgrund welcher Unterlagen, Konzepte, Analysen und Standortvergleiche ist die Förderung des Dom-Hotels bestätigt und die Förderung des Erfurter Hofes abgelehnt worden? Erfüllt das Erfurt alle Voraussetzungen eines 5-Sterne-Hotels?

4. Stellen der zur Errichtung einer Spielbank im Erfurter Dom-Hotel abgeschlossene Mietvertrag für gewerbliche Räume und die darauf beruhenden Mietzahlungen der Ersten Thüringer Spielbankgesellschaft & Co KG einen verdeckten Kapitalzuschuss dar oder ermöglichte der Vertrag die Kreditierung und Durchfinanzierung der Investmaßnahme?

5. War Herr Trautvetter in seiner Funktion als Thüringer Finanzminister berechtigt und befugt, die Patronatserklärung zugunsten der Ersten Thüringer Spielbankgesellschaft & Co KG abzugeben?

6. Aus welchen Gründen beteiligte sich die Erste Thüringer Spielbankgesellschaft & Co KG nicht innerhalb der Ausschreibungsfrist an der Ausschreibung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Spielbank in Erfurt?

7. Wann erfolgte die Mitteilung über den Monat der Übergabe und die Übergabe der Mieträume im Erfurter Dom-Hotel an die Erste Thüringer Spielbankgesellschaft & Co KG und durch wen und in welcher Form erfolgte die Übernahme der Mietsache?

Waren die vertraglichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Übergabe/Übernahme gegeben und in einem vertragsgemäßen Zustand?

III. Vergleich mit der bisherigen Verwaltungspraxis Inwieweit ist mit der Förderungs- und Ansiedlungspolitik bei den Hotelvorhaben in Suhl und Erfurt von der bisherigen Verwaltungspraxis abgewichen worden und aus welchen Gründen ist dies gegebenenfalls geschehen?

B. Der Untersuchungsausschuss besteht aus elf Mitgliedern.

Begründung:

Die Landesregierung hat in den Antworten auf die Kleinen Anfragen (Drucksachen 4/70 und 4/373) des Abgeordneten Höhn (SPD) mitgeteilt, dass die Summe der förderfähigen Baukosten für das Suhl 44,1 Millionen Deutsche Mark und für das Dom-Hotel Erfurt 17,058 Millionen Euro betrug. Diese Zahlen erscheinen aufgrund anders lautender Unterlagen jedoch überhöht. Es besteht daher die Vermutung, dass die förderfähigen Kosten für beide Hotel-Bauvorhaben zu hoch angesetzt worden sind, um dadurch Fördergelder in nicht gerechtfertigtem Umfang erhalten zu können. Möglicherweise ist daher sogar der Straftatbestand des Subventionsbetrugs (§ 264 des Strafgesetzbuchs) verwirklicht.

Da die Landesregierung bisher keinerlei detaillierte Zahlen über die eingereichten tatsächlichen Bau- und Planungskosten der beiden genannten Hotels vorgelegt hat, ist es erforderlich, die im Raum stehenden Vorwürfe mittels eines Untersuchungsausschusses und der ihm dafür zur Verfügung stehenden Beweis- und Aufklärungsmittel aus Untersuchungsausschussgesetz und Strafprozessordnung aufzuklären.

Im Rahmen dieser Untersuchung ist auch zu ermitteln, aus welchen Gründen der Förderung des Dom-Hotels in Erfurt der Vorzug gegenüber dem seit Jahren leer stehenden Hotel Erfurter Hof gegeben worden ist.

Da laut Mietvertrag über die Anmietung von Flächen im Erfurter der Ersten Thüringer Spielbankgesellschaft & CO KG als Mieterin ein Recht auf Anpassung des Mietzinses für den Fall zusteht, dass der 5-Sterne-Standard des Dom-Hotels nach Mietvertragsbeginn geändert wird, ist die Frage in den Untersuchungsgegenstand aufzunehmen, ob das Dom-Hotel die Voraussetzungen einer solchen Kategorisierung erfüllt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Mietzahlungen bereits für April 2004 einsetzten, während die Hotelklassifizierung erst am 29. September 2004 erfolgte. Fraglich ist in diesem Zusammenhang auch, ob des Mietvertrags durch die Erste Thüringer Spielbankgesellschaft & CO KG zur Anmietung von Räumen in dem Dom-Hotel Erfurt zwecks Betreibung einer Spielbank einen unzulässigen Kapitalzuschuss des Vorhabens darstellt oder zur Sicherstellung seiner Durchfinanzierung notwendig war. Die Notwendigkeit der Untersuchung dieser Frage ergibt sich aus den bisher vorliegenden Tatsachen, dass der Mietvertrag und die flankierende Patronatserklärung des damaligen Finanzministers Trautvetter bereits im Jahr 2002 unterzeichnet worden sind, die Festlegung des einzigen Spielbankstandorts Erfurt jedoch durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Thüringer Spielbankgesetzes erst im Januar 2004 erfolgte und zudem der Erlaubnis zum Betrieb einer Spielbank in Erfurt (Thüringer Staatsanzeiger Nr. 6/2004, S. 399 f.) der Standort im Dom-Hotel mit keinem Wort erwähnt worden ist.

Aufklärungsbedürftig ist ferner die Frage, ob der damalige Finanzminister Trautvetter im Jahr 2002 berechtigt und befugt war, eine Patronatserklärung zugunsten der Ersten Thüringer Spielbankgesellschaft & Co KG abzugeben oder ob er eigenmächtig und ohne rechtliche Grundlage diese Erklärung abgegeben hat.

Fragwürdig ist dabei auch, dass sich die Erste Thüringer Spielbankgesellschaft & Co KG an der Ausschreibung der Erlaubnis zum Betrieb der Spielbank offensichtlich nicht beteiligt hat. Die Gründe ihres Unterlassens sind von dem Untersuchungsausschuss deshalb zu hinterfragen.

Da laut Mietvertrag über die Anmietung von Flächen im Erfurter der Ersten Thüringer Spielbankgesellschaft als Mieterin ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Fall zustand, dass die Übergabe der Mieträume nicht am 1. Oktober 2003 erfolgte, sondern sich um mehr als sechs Monate nach hinten verzögerte, ist zu ermitteln, ob der vertraglich vereinbarte Übergabetermin eingehalten wurde oder ob die Voraussetzungen dieses Kündigungsrechts vorlagen.

Schließlich ist durch Vergleich mit der bisherigen Verwaltungspraxis in der Förderungs- und Ansiedelungspolitik bei Hotelvorhaben in Thüringen zu ermitteln, inwiefern die Förderungen und Subventionen für die Hotelbauten in Suhl und Erfurt davon abweichen.

In Zeiten von angespannten Haushalten und enormen Einsparbemühungen muss es das Bestreben aller im Landtag vertretenen Parteien sein, dafür Sorge zu tragen, dass Fördermittel gerecht und sorgfältig ausgereicht werden, Bauvorhaben seriös finanziert sind und kein Schaden zum Nachteil des Freistaats Thüringen entstehen kann. Dazu soll der einzurichtende Untersuchungsausschuss beitragen.