Umsetzung des Schwedischen Modells in der Staatskanzlei und den einzelnen Ministerien

Zur Umsetzung des Anliegens von Gender Mainstreaming wurde in Thüringen angeblich das Schwedische Modell übernommen. Der Begriff hat seine Ursache darin, dass das Gender Mainstreaming in Schweden bereits in einer sehr konsequenten Form ausgeprägt sei.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wer ist in den einzelnen Ministerien sowie der Staatskanzlei zuständig für die Umsetzung des Schwedischen Modells (bitte mit Namen und Funktion angeben)?

2. Wie hat sich die zuständige Person mit dem Schwedischen Modell vertraut gemacht?

3. Welche bereits in Arbeit befindlichen Gesetze, Verordnungen und Erlasse wurden in dieser Legislatur gemäß des Schwedischen Modells begutachtet und möglicherweise verändert?

4. Wo sieht der jeweilige Minister, die Ministerin sowie der Ministerpräsident den Unterschied zur Arbeitsweise der vergangenen Legislatur, in der es ebenfalls eine Geschlechterfolgenabschätzung der Gesetze, Verordnungen und Erlasse hätte geben müssen?

5. Welche konkreten Pläne hat der Minister/die Ministerin/der Ministerpräsident, um Mädchen und Jungen, Frauen und Männern gemäß ihrer geschlechtsspezifischen Bedürfnisse in seiner/ihrer Politik zu berücksichtigen?

6. Welche Maßnahmen hat jedes einzelne Ministerium, die Staatskanzlei ergriffen, um die eigenen Haushaltstitel nach Gender-Budget-Maßstäben zu beleuchten und welche Folgen hatte das?

7. Wie viele Personen im Bereich jedes einzelnen Ministeriums, der Staatskanzlei haben in der 3. und

4. Legislatur an Gender-Mainstreaming-Kursen teilgenommen, wie viele davon waren Männer und wie viele Frauen und in welcher Position sind sie angestellt?

(Ich bitte die Fragen getrennt nach den einzelnen Ministerien sowie der Staatskanzlei zu beantworten.)

Das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 27. Dezember 2004 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: In der Staatskanzlei und in den Ministerbereichen der Ressorts stehen so genannte Gender-Koordinatoren zur Verfügung.

Behörde Name Funktion Staatskanzlei Frau Grae Referentin Ministerium für Soziales, Frau Arenhövel Beauftragte Familie und Gesundheit Innenministerium Frau Stauch Referentin Kultusministerium Frau Hofmann Referentin Justizministerium Frau Pirk Referatsleiterin Finanzministerium Frau Scharf-Becker Referatsleiterin Ministerium für Wirtschaft, Herr Eggers Leiter Staatssekretärsbüro Technologie und Arbeit Ministerium für Landwirtschaft, Herr Schmidt Referent Naturschutz und Umwelt Ministerium für Bau und Verkehr Herr Doppler Persönlicher Referent

Zu 2.: Für die Gender-Koordinatorinnen und -Koordinatoren der Ressorts und der Staatskanzlei wurde am 9. und 20. Dezember 2004 ein Gender-Mainstreaming-Seminar (Leitung: Prof. Dr. Döge) durchgeführt.

Im Wesentlichen wurde eine Einführung in die Umsetzung von Gender Mainstreaming in Organisationen gegeben, einschließlich konkreter Handlungsfelder wie Personalpolitik, Arbeitszeitmanagement, Wissens- und Informationsmanagement. Es wurden auch konkrete Beispiele bearbeitet.

Zu 3. und 4.: Die Auswirkungen von Gesetzen, Verordnungen und Programmen werden auf Geschlechtergerechtigkeit geprüft. Die Beauftragte für die Gleichstellung von Frau und Mann nahm und nimmt Stellung im Sinne der Mitwirkung zu allen gleichstellungsrelevanten Gesetzen, Rechtsverordnungen und Initiativen der Landesregierung.

Bereits in der dritten Legislaturperiode wurde in dem jeweils zuständigen Ressort bei der Erstellung von Gesetzen und Verordnungen für alle Entwürfe in Beantwortung der Prüffragen für Thüringer Rechtsvorschriften eine Prüfung gleichstellungspolitischer Relevanz im Sinne des Gender Mainstreaming-Prinzips vorgenommen. Die Thüringer Landesregierung hatte im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung Gender Mainstreaming als Handlungsmaxime bei der Weiterentwicklung der Verwaltungsreform und Organisation der Landesregierung aufgenommen. Es wurde dementsprechend bei der Überarbeitung der Prüffragen für Thüringer Rechtsvorschriften unter Ziffer 3 ein gleichstellungspolitischer Prüfcheck eingeführt. Dies ist ein wichtiger Schritt, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Prüffragen dazu dienen, künftige Gesetzesfolgen bereits stärker bei der Konzeption und der Begründung der Vorschriften abzuwägen. Die Beauftragte für die Gleichstellung von Frau und Mann wurde im Rahmen ihrer Zuständigkeit ebenso beteiligt und unterzog im Rahmen ihrer Zuständigkeit die vorgelegten Entwürfe einer Prüfung einer gleichstellungspolitischen Relevanz im Sinne des Gender Mainstreaming-Prinzips.

Mit der nunmehrigen Installierung der Gender-Koordinatorinnen und -Koordinatoren in der Staatskanzlei und den Ressorts kann noch effektiver als bisher die Anwendung des Gender-Mainstreaming-Ansatzes bereits im Erstellungsverfahren der Referentenentwürfe umgesetzt werden. Die Prüfung unter dem Aspekt des Gender Mainstreaming erfolgt neben der durch das jeweils fachlich zuständige Referat auch durch die unabhängigen Gender-Koordinatoren im Ressort. Diese stellen sicher, dass alle zentralen Vorgänge unter dem Aspekt Gleichstellung durchgesehen werden. Es ist damit viel effektiver möglich, die positiven Effekte der ressorteigenen Fachkompetenz zu nutzen.

Bezogen auf die Prüfung von Gesetzen und Verordnungen sowie Verwaltungsvorschriften heißt das, dass die Gender-Koordinatorinnen und -Koordinatoren nunmehr nach dem Gender Mainstreaming-Seminar auf den Aspekt der Prüfung und die Koordinierungsmöglichkeiten in ihrem jeweiligen Ressort sensibilisiert und für die Prüfung befähigt wurden. Damit kann künftig frühzeitiger als bisher, nämlich im konkreten Erarbeitungsstadium eine geschlechtergerechte Optimierung veranlasst werden.

Zu 5.: Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die Strategie des Gender Mainstreaming am besten in Anlehnung an das Schwedische Modell umgesetzt wird.

Ministerpräsident Dieter Althaus hat in seiner Regierungserklärung am 9. September 2004 die Implementierung dieser Strategie Gender Mainstreaming als ein wichtiges Politikziel der Landesregierung in der 4. Legislaturperiode bezeichnet.

Der Minister für Soziales, Familie und Gesundheit hat in der 5. Sitzung des Thüringer Landtags im Zusammenhang mit dem Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 4/199 - Frauen- und Gleichstellungspolitik der Landesregierung die künftige Gleichstellungspolitik der Landesregierung in Ausfüllung des gesetzten Politikziels eingehend dargestellt.

Danach bedeutet Gender Mainstreaming einen ganzheitlichen Modernisierungs- und Veränderungsprozess. Das setzt kontinuierliche Lern- und Veränderungsarbeit auf allen Ebenen der Politik und Verwaltung voraus. Die Einführung von Gender Mainstreaming in der Landesverwaltung leitet einen Reform- und Modernisierungsprozess ein, der sich in mehreren Phasen vollzieht.

Als erste Schritte auf dem Weg der Umsetzung des so genannten Schwedischen Modells wurden die Gender-Koordinatorinnen und -Koordinatoren bestellt und einem Gender-Seminar unterzogen. Sie arbeiten die Ergebnisse auf und stellen diese ihren Hausleitungen in Unterstützung der ressorteigenen Aufgabe vor.

Zu 6.: Die Notwendigkeit, den Landeshaushalt zu konsolidieren, lässt derzeit eine durchgreifende Einführung eines Gender-Budgeting nicht zu. Unbestritten ist die Notwendigkeit, den Gender-Mainstreaming-Ansatz auf Dauer u. a. in den öffentlichen Haushalten widerzuspiegeln.

Zu 7.: Durch die Zentrale Fortbildung der Thüringer Staatskanzlei wird seit Jahren der Gedanke des Gender Mainstreamings an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung durch die Programmgestaltung für die Zentralen Fortbildungsmaßnahmen der Thüringer Staatskanzlei herangetragen. Seit 1997 gibt es im Jahresfortbildungsprogramm einen eigenen Themenschwerpunkt Fortbildung für die Frauenbeauftragten der Landesbehörden, in dessen Rahmen auch das Thema Gender Mainstreaming behandelt wird.

Gleichfalls wird seit Beginn der Führungskräftefortbildung in den einzelnen Modulen durch die Ziel- und Inhaltsbeschreibungen dem Anliegen der Gleichstellung von Frau und Mann Rechnung getragen. Der Gedanke des Gender Mainstreaming wird auch in den Seminaren der Gesetzesfolgenabschätzung an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer herangetragen. Die Führungskräftefortbildung im Zyklus und das Führungskolleg Thüringen sind inhaltlich sehr stark im Baustein Führung und Zusammenarbeit von diesem Gedanken geprägt.

Einmal jährlich findet ein mehrtägiges Seminar zum Gender Mainstreaming statt. Weiterhin wurden Tagesveranstaltungen für Frauen Gender Mainstreaming im Fortbildungsprogramm aufgenommen.

Im Rahmen der Initiative Mitteldeutschland ist eine engere Zusammenarbeit zwischen den Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zur Thematik Gender Mainstreaming in den nächsten Jahren in Vorbereitung. Sachsen-Anhalt soll aufgrund seiner langjährigen Erfahrung bei der Durchführung von Seminaren die Leitfunktion bzw. Federführung übernehmen.

Beispielsweise wurden 2001 zusätzlich weitere Informations- und Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt:

Am 8. Februar 2001 fand eine Fachtagung mit dem Thema Gender Mainstreaming ­ ein gleichstellungspolitisches Konzept für Politik und Verwaltung statt. Am 14. November 2001 folgte eine weitere Fachtagung zum Thema: Gender Mainstreaming in der Verwaltungsmodernisierung. Zielgruppe bei diesen Fachtagungen waren die Führungskräfte der Landesverwaltung sowie die Leiterinnen und Leiter der Personalreferate.

Im Verwaltungsbereich der Landesregierung nahmen an Gender-Mainstreaming-Kursen seit 1999 einschließlich der Teilnehmer der unter 2. genannten Lehrgänge auf unterschiedlicher Ebene (Abteilungsleiter, Referatsleiter, Dienststellenleiter sowie Frauenbeauftragte) und zu unterschiedlichen Lerninhalten und Schwerpunkten (auch Seminare der Führungskräftefortbildung und Veranstaltungen nach dem Thüringer Gleichstellungsgesetz) insgesamt 279 Personen, davon 166 Frauen, teil.