Insbesondere sei nicht geprüft worden welche weniger einschneidenden Maßnahmen in Betracht kommen

Erkenntnisquellen auszuschöpfen, um die voraussichtlichen Auswirkungen seiner Regelung so zuverlässig wie möglich abzuschätzen und einen Verstoß gegen Verfassungsrecht zu vermeiden. Diesen Anforderungen genügt die Absicht der Landesregierung, ein Landgericht und fünf Amtsgerichte zu schließen, nicht.

Insbesondere sei nicht geprüft worden, welche weniger einschneidenden Maßnahmen in Betracht kommen. Es sei auch nicht fundiert und überzeugend belegt worden, wie durch die beabsichtigten Maßnahmen Einsparungen erreicht werden sollen. Die Schließung des Landgerichts Mühlhausen würde zudem eine Schwächung der Region Nordthüringens nach sich ziehen.

Die Petitionen wurden der Landesregierung zur Stellungnahme zugeleitet. Für diese teilte das Justizministerium mit,dass die Entscheidung über die zu schließenden Gerichtsstandorte derzeit noch nicht getroffen worden sei. Hierzu erarbeite die Landesregierung ein Standortkonzept, das als Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht werde. Dies werde wahrscheinlich parallel zum Doppelhaushalt 2006/2007 geschehen.

Über dieses Standortkonzept muss der Landtag durch Gesetz entscheiden. Die Organisation der Gerichte in den Ländern, speziell die Errichtung der Gerichte sowie die Veränderung ihrer Bezirke, gehört zur Kompetenz des Landesgesetzgebers (Artikel 30, 92

Grundgesetz).

Der Petitionsausschuss wird die Eingaben beraten, wenn das Kabinett über die Veränderungen von Gerichtsstandorten entschieden und dem Ausschuss die für die Entscheidung maßgeblichen Gründe mitgeteilt hat.

Praxisgebühr auch für Beamte

Im Rahmen der allgemeinen Fürsorgepflicht des Staates erstattet der Dienstherr dem Beamten und seinen berücksichtigungsfähigen Angehörigen einen Teil der anfallenden Krankheitskosten in Form einer Beihilfe. Dieser Teil wird durch Bemessungssatz bestimmt, der in den Beihilfevorschriften festgelegt ist. Für den nicht zu erstattenden Kostenanteil kann der Beamte eine private Krankenversicherung abschließen,soweit er die Kosten nicht selbst tragen will.

Bund und Länder haben jeweils eigene Beihilfevorschriften erlassen. Nach § 87 Satz 2 Thüringer Beamtengesetz gelten die Beihilfevorschriften des Bundes (Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburtsund Todesfällen [Beihilfevorschrift ­ in ihrer jeweiligen Fassung, soweit nicht durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist. Die Rechtsverordnung kann das für die Beihilfe zuständige Thüringer Finanzministerium erlassen.

Der Bundestag hatte am 26.09.2003 beschlossen, dass die Maßnahmen des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) wirkungsgleich auf die Beihilfevorschriften übertragen werden sollen. Demgemäß wurden die Beihilfevorschriften mit Wirkung vom

01.01.2004 geändert. Danach wird auch jedem Beihilfeberechtigten ein Betrag in Höhe der Praxisgebühr von 10 Euro von der errechneten Beihilfe je Quartal jeweils für die erste Inanspruchnahme einer ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder psychotherapeutischen Leistung abgezogen.

Mit den hiergegen gerichteten Petitionen von der Ermächtigung in § 87 Satz 2 Thüringer Beamtengesetz Gebrauch macht und eine von den Bundesbeihilfevorschriften abweichende Regelung trifft. Nach Meinung der Petenten benachteiligt die Übertragung der Praxisgebühr auf die Beihilfevorschriften die Beamten.

Das GMG beinhalte für sowohl eine belastende als auch eine entlastende Komponente; der Belastung durch die Praxisgebühr solle eine Entlastung auf Seite der Beitragshöhe gegenüberstehen. Bei Beamten sei dies jedoch nicht der Fall, da die von der Beihilfe abgezogene Praxisgebühr nicht an die privaten Krankenversicherungen abgeführt werde und dementsprechend keine Auswirkung auf die Beitragshöhe haben könne.

Die Einsparungen kämen vielmehr in vollem Umfang der Staatskasse zugute. Das wirke doppelt nachteilig,da die Praxisgebühr nicht anteilig entsprechend dem Bemessungssatz, sondern in voller Höhe von der festgesetzten Beihilfe abgezogen werde.

Aus der Sicht des Petitionsausschusses war nicht zu beanstanden, dass Thüringen keine von den Bundesbeihilfevorschriften abweichenden Regelungen getroffen hat. Das Beihilfesystem ist nicht als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums von der Verfassung geschützt. Es kann daher jederzeit verändert oder neu gestaltet werden. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, Beamte und Versorgungsempfänger im Krankheitsfall oder bei vergleichbaren Belastungen Unterstützung in Form von Beihilfe oder gar von Beihilfe in bestimmter Höhe zu gewähren, besteht nicht. Der Dienstherr muss lediglich geeignete Vorkehrungen treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten auch nach Eintritt besonderer finanzieller Belastungen bei Krankheit,Pflege etc.nicht gefährdet wird.

Wie er diese Pflicht erfüllt, bleibt ihm überlassen. Die Fürsorgepflicht verlangt nicht die lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen. Erst wenn die Belastungen derart hoch wären, dass eine angemessene Alimentation nicht mehr sichergestellt wäre, würde dies die Grenze des Zulässigen überschreiten.

9 Der Petitionsausschuss vor Ort

Feuchte Wände nach dem Abriss eines Nachbarhauses Feuchte Wände bekam das Haus eines Petenten, als ein baufälliges Nachbarhaus abgerissen wurde. des Petenten und das abgerissene Nachbarhaus waren Teil einer geschlossenen Bebauung. Das Landratsamt ordnete den Abriss des Nachbargebäudes aus Sicherheitsgründen an. Durch den Abriss wurde die angrenzende Giebelwand des Petenten freigelegt. Diese besteht aus Lehmfachwerk. Sie wurde wegen des angrenzenden Gebäudes ohne Schutz gegen Witterungseinflüsse gebaut. Da nach dem Abriss Feuchtigkeit in das Lehmfachwerk des Petenten eindrang,forderte er das Landratsamt fachgerecht abzudichten. Dies lehnte das Landratsamt ab. Es begründete seine Entscheidung damit, dass jeder Eigentümer unabhängig von der bisherigen Situation selbst für einen ausreichenden Schutz seines Hauses verantwortlich sei.

Der Petent vertritt dagegen die Auffassung,dass das Landratsamt wegen des Abrisses verpflichtet sei, eine fachgerechte Abdichtung seiner Hauswand vorzunehmen. Er hat hierzu vorgetragen, die angrenzenden Giebelwände seines Hauses und des abgerissenen Nachbarhauses seien auf eine gemeinsame Bruchsteinmauer gegründet worden. Oberhalb der gemeinsamen Bruchsteinmauer beginne das Lehmfachwerk. Dieses Lehmfachwerk habe er im oberen Bereich inzwischen gedämmt. Er beabsichtige, die Giebelwand vollständig zu verkleiden, um so die erforderliche Wärmedämmung und den notwendigen Schutz vor Witterungseinflüssen zu erreichen. Jedoch sei das Lehmfachwerk im unteren Bereich durch den auf dem Abrissgrundstück aufgeschütteten Bauschutt durchfeuchtet und weise nach dem vergangenen Winter bereits erste Schäden auf. Um Kosten zu sparen, sei nämlich der Bauschutt nach dem Abriss soweit wie möglich auf dem Nachbargrundstück zurückgelassen worden. Der Bauschutt liege bis zu einem Meter höher als die gemeinsame Bruchsteinmauer. Die sich in dem Bauschutt haltende Feuchtigkeit dringe in das Lehmfachwerk.

In dem vom Petitionsausschuss beschlossenen Ortstermin sollte geklärt werden, ob der Bauschutt die Schäden am Haus des Petenten verursacht.

Die Bauweise der Häuser, deren unterschiedliche Fußbodenhöhe und die gemeinsame Bruchsteinmauer ließen keine eindeutige Aussage über die Ursache für die Feuchtigkeit zu.

Es konnte nur festgestellt werden, dass der Bauschutt mitursächlich für die Feuchtigkeit im Lehmfachwerk des Petenten ist. Das Landratsamt sollte daher prüfen,ob es möglich ist, vor der gemeinsamen Bruchsteinmauer einen Graben anzulegen. Diese Zwischenlösung sollte dem Petenten genügend Zeit verschaffen, seine Giebelwand vom Grunde her zu erneuern.