Wirkungskreis

Die Gemeinden und Landkreise realisieren Aufgaben im eigenen und übertragenen Wirkungskreis.

Im eigenen Wirkungskreis müssen die Gemeinden und Landkreise gesetzliche Aufgaben wahrnehmen, die umgangssprachlich als Pflichtaufgaben bezeichnet werden. Alle darüber hinausgehenden Aufgaben im eigenen Wirkungskreis werden als freiwillige Aufgaben bezeichnet.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche gesetzlichen Aufgaben (Pflichtaufgaben) müssen die Thüringer Gemeinden, kreisfreien Städte und Landkreise gegenwärtig (Stichtag: 1. Mai 2005) auf welcher gesetzlichen Grundlage wahrnehmen (bitte Einzelaufstellung, getrennt nach Gemeinden, kreisfreien Städten und Landkreisen)?

2. Welche gesetzlichen Aufgaben des eigenen Wirkungskreises sind für die Kommunen seit dem 1. Januar 2004 bestimmt worden (Aufstellung analog der Frage 1)?

3. Welche gesetzlichen Aufgaben im eigenen Wirkungskreis sind für die Kommunen seit dem 1. Januar 2004 entfallen (Aufstellung analog Frage 1)?

4. Inwieweit gilt bei den gesetzlichen Aufgaben der Kommunen im eigenen Wirkungskreis das Konnexitätsprinzip und wie wird diese Auffassung begründet?

5. Unter welchen Voraussetzungen ist die Landesregierung in der Lage, die Kosten für die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben im eigenen Wirkungskreis durch die Kommunen zu ermitteln und sind diese Voraussetzungen gegeben? Wenn nein, will die Landesregierung diese Voraussetzungen schaffen? Wenn nein, weshalb nicht?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 14. Juni 2005 (Eingang: 20. Juni 2005) wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Die Fragestellung wird so verstanden, dass es sich um Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises im Sinne des § 2 Abs. 3 (Gemeindeebene) und des § 87 Abs. 2 (Kreisebene) der Thüringer Kommunalordnung handelt.

Auf die Zusammenstellung in der Anlage 1 wird verwiesen.

Zu 2.: Folgende Aufgaben des eigenen Wirkungskreises sind für die Kommunen seit dem 1. Januar 2004 bestimmt worden:

a) Gemeinden: Erlass von Satzungen nach §§ 49, 83 der Thüringer Bauordnung (zuvor Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises)

b) Landkreise:

Durch § 3 Abs. 1 des Thüringer Gesetzes des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch sind die Aufgaben:

· Leistungen zur Wiedereingliederung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger in Arbeit (§ 16 Abs. 2 Satz 2 SGB II),

· Leistungen zur Deckung der Wohnkosten (§ 22 SGB II),

· Abweichende Leistungserbringung (§ 23 Abs. 3 SGB II), in den eigenen Wirkungskreis übertragen worden.

c) Kreisfreie Städte:

Gemäß § 6 Abs. 3 erfüllen die kreisfreien Städte auch alle Aufgaben, die den Landkreisen im eigenen (und übertragenen) Wirkungskreis obliegen. Auf die Aufstellung zu den Gemeinden und Landkreisen wird deshalb verwiesen.

Zu 3.: Der Landesregierung ist nicht bekannt, dass von den unter Frage 1 aufgelisteten Aufgaben seit dem 1. Januar 2004 eine Aufgabe entfallen wäre.

Zu 4.: In der Verfassung des Freistaats Thüringen ist das so genannte Konnexitätsprinzip in Artikel 93 Abs. 1 Satz 2 verankert. Danach ist ein angemessener finanzieller Ausgleich zu schaffen, wenn die Übertragung staatlicher Aufgaben nach Artikel 91 Abs. 3 der Verfassung des Freistaats Thüringen zu einer Mehrbelastung der Gemeinden und Gemeindeverbände führt.

Im Sinne des Artikels 93 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 91 Abs. 3 der Verfassung des Freistaats Thüringen sind ausschließlich die staatlichen Aufgaben erstattungsfähig, die den Gemeinden und Gemeindeverbänden aufgrund eines Gesetzes zur Erfüllung nach Weisung übertragen werden. Insofern greift das in Artikel 93 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen normierte Konnexitätsprinzip auch nur für diesen Aufgabenbereich.

Im Übrigen richtet sich die kommunale Finanzausstattung nach Artikel 93 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen. Das Land sorgt dafür, dass die kommunalen Träger der Selbstverwaltung ihre Aufgaben erfüllen können.

Zu 5.: Der Landesregierung ist es nicht möglich, mit vertretbaren Mitteln die Kosten für die Wahrnehmung sämtlicher des eigenen Wirkungskreises mit hinreichender Aussagekraft zu ermitteln. Wäre dies möglich, hätten die so erworbenen Informationen keine verwertbare Aussagekraft.

Wegen der Komplexität der erforderlichen Einschätzungen sowie des Fehlens allgemeingültiger Maßstäbe ist es ausgeschlossen, die Höhe der einer Vielzahl von Kommunen zur Verfügung zu stellenden Finanzmittel nach objektiven Gesichtspunkten exakt zu ermitteln (vgl. hierzu auch Entscheidung des v. 27.02.1997; Az.: 17-VII-94). Insbesondere stellen nach Ansicht der Landesregierung die tatsächlichen Ausgaben einer Kommune allein keinen sachgerechten Anknüpfungspunkt für eine Bedarfsermittlung dar.