Abbau von Stellen sollen über freiwillige Maßnahmen wie Teilzeitarbeit, Altersteilzeit oder Sabbat-Jahre realisiert werden
Das Behördenstrukturkonzept der Landesregierung sieht die Schließung beziehungsweise die Umstrukturierung von 81 Behörden vor. Bis zum Ende der Legislatur 2009 sollen 7 400 Stellen in der Landesverwaltung abgebaut werden.
Die Senkung von Personalkosten und der Abbau von Stellen sollen über freiwillige Maßnahmen wie Teilzeitarbeit, Altersteilzeit oder Sabbat-Jahre realisiert werden. Die Landesregierung setzt folglich auf Einsparungen beim Personal auf freiwilliger Basis. Gesprächsbereitschaft hinsichtlich eines Sozialtarifvertrags hat sie verneint.
Ich frage die Landesregierung:
1. Aus welchen Gründen lehnt die Landesregierung die Übernahme des Tarifabschlusses mit den Kommunen und dem Bund, auf dessen Grundlage auch ein Sozialtarifvertrag abgeschlossen werden könne, ab?
2. Wie bewertet die Landesregierung das Überalterungsproblem des Landespersonals?
3. Teilt sie die Auffassung, dass der seit drei Jahren wirksame Einstellungsstopp das Überalterungsproblem noch verschärft hat und wie begründet sie ihre Auffassung?
4. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die schon heute im Vergleich zu anderen Bundesländern hohe Teilzeitquote der Thüringer Landesverwaltung in Höhe von 34 Prozent dem Erfolg der freiwilligen Maßnahmen entgegensteht und wie begründet sie ihre Auffassung?
5. Teilt die Landesregierung die Befürchtung, dass die Regelungen zu einer steigenden Arbeitsbelastung der Landesbediensteten und zu Qualitätsverlust bei den verbleibenden Mitarbeitern führen werden und wie begründet sie ihre Position?
6. Wie oft ist in der Vergangenheit Altersteilzeit beantragt, genehmigt sowie abgelehnt worden?
7. Wie viele Landesbedienstete in welchen Behörden haben bis dato Interesse an Teilzeit angemeldet und einen Antrag auf vorzeitigen Ruhestand, Altersteilzeit oder Beurlaubung eingereicht?
8. Wie viel Personalkosten sollen durch die neuen Regelungen gespart werden?
Das Thüringer Finanzministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 19. August 2005 wie folgt beantwortet:
Zu 1.: Die Landesregierung lehnt eine Übernahme des Tarifabschlusses von Bund und Kommunen vom 9. Februar 2005 ab, weil er keine länderspezifischen Regelungen enthält. Es hat zwar in den Tarifverhandlungen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, die am 24. April 2005 von den Gewerkschaften für gescheitert erklärt wurden, Fortschritte und Annäherungen in wichtigen Punkten gegeben. Erwähnt seien hier die Regelungen für junge Wissenschaftler und für Lehrer.
Hinsichtlich der Öffnungsklauseln zur Regionalisierung von Zuwendung und Urlaubsgeld sowie in Arbeitszeitfragen wurde jedoch kein für Thüringen akzeptables Ergebnis erreicht. Nachdem für die Beamten sowohl finanzielle Einschnitte beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld vollzogen als auch die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit auf 42 Stunden erhöht wurde, fordert die Landesregierung eine entsprechende Übertragung auf die Arbeitnehmer.
Klarstellend darf ich anmerken, dass Grundlage für den Abschluss eines Sozialtarifvertrags nicht der obige Tarifabschluss vom 9. Februar 2005 wäre, sondern § 3 des Tarifvertrags zur sozialen Absicherung vom 6. Juli 1992, zuletzt geändert durch den Änderungstarifvertrag Nr. 5 vom 31. Januar 2003.
Zu 2.: Die Landesbediensteten weisen zunächst einen von 45,5 Jahren auf. Allenfalls bei Betrachtung der Altersstruktur ist ein Ungleichgewicht zwischen der jüngeren und der älteren Generation festzustellen.
Der Beschäftigtenanteil der Jüngeren ist jedoch zahlenmäßig ausreichend, um die bis 2010 in Ruhestand gehenden Beschäftigten zu ersetzen, zumal 7 400 Stellen in der Landesverwaltung abgebaut werden.
Ein Überalterungsproblem besteht nicht.
Zu 3.: Wie bereits gesagt, gibt es beim Landespersonal kein Überalterungsproblem. Unabhängig davon gilt die Wiederbesetzungssperre nicht statisch. Trotz ihres Bestehens erfolgten mit Blick auf eine gesunde Beschäftigungsstruktur Neueinstellungen. Die Zustimmung des Finanzministeriums wurde unter anderem auch für Einstellungen von Auszubildenden, Anwärtern und Ausgebildeten nach Abschluss der Ausbildung erteilt.
Insofern ergeben sich aus Sicht der Landesregierung für die Altersstruktur der Landesverwaltung positive verjüngende Effekte.
Zu 4.: Die Teilzeitquote ist in den Landesverwaltungen der neuen Länder annähernd gleich hoch, weil in der Vergangenheit entweder Sozialtarifverträge vereinbart oder freiwillige Angebote zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen unterbreitet wurden.
Zum Stichtag 31. Juli 2005 sind von unseren Beschäftigten insgesamt 4 416 Anträge eingegangen. Das bestätigt, dass die die individuellen Lebenssituationen und Bedürfnisse der Mitarbeiter ziemlich genau abbilden. Immer mehr Beschäftigte nutzen die Chance einer flexiblen Arbeitszeit.
Zu 5.: Die Landesregierung teilt diese Befürchtung nicht. Die freiwilligen Maßnahmen stehen vielmehr im engen Zusammenhang mit der Behördenstrukturreform und den sonstigen Maßnahmen der Verwaltungsmodernisierung im Freistaat, wie vor allem der Aufgabenkritik. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass die freiwilligen Maßnahmen in einigen Bereichen zu einer Verdichtung von Aufgaben und damit einhergehend zu einer vertretbaren steigenden Arbeitsbelastung der Landesbediensteten führen können. Die Landesregierung geht jedoch davon aus, dass Qualitätsverluste durch die Effizienzsteigerungen infolge der Behördenstrukturreform und dem durch die Aufgabenkritik zu bereinigenden Bestand an Verwaltungsaufgaben vermieden werden können.
Zu 6.: Von 1998 bis zum März 2005 wurden 8 021 Anträge auf Altersteilzeit statistisch erfasst, davon allein 6 071
Anträge aus dem Bereich des Kultusministeriums. Genehmigt wurden 7 700 Anträge, abgelehnt 304, das sind zirka 3,8 Prozent. Zum Stichtag waren 17 Anträge noch nicht bearbeitet.
Diese Angaben erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, weil es bis 2002 keine einheitlichen statistischen Erhebungen hierzu in der Landesverwaltung gibt.
Zu 7.: Ich gehe davon aus, dass es sich bei dem in der Frage erwähnten vorzeitigen Ruhestand um die vorgesehene Ergänzung des Thüringer Beamtengesetzes um einen Tatbestand zur freiwilligen Versetzung von Beamten in den einstweiligen Ruhestand bei Auflösung oder Umbildung von Behörden handelt. Das dafür notwendige Gesetz ist in den Landtag eingebracht worden. Auf Beschluss des Innenausschusses findet derzeit eine erneute Verbandsanhörung statt. Anträge liegen daher noch nicht vor.
Zu den anderen Angeboten liegen für die Jahre 2005 bis 2009 vor:
· 3 872 Anträge auf Altersteilzeit,
· 34 Anträge für ein Sabbatical,
· 81 Anträge auf Teilzeit mit Ampelkonto,
· 399 Anträge auf Urlaub statt Weihnachtsgeld und
· 30 Anträge auf Sonderurlaub für einen längeren Zeitraum.
Zu 8.: Die Landesregierung hat mit den freiwilligen Angeboten das Ziel verfolgt, einen Beitrag unter mehreren zum sozialverträglichen Abbau von 7 400 Stellen zu leisten. Sie erwartet eine Personalkostensenkung, die aber wegen der noch laufenden Bearbeitung der Anträge derzeit nicht beziffert werden kann.