Das Rechnungsprüfungsamt ist unter anderem für die Prüfung der Jahresrechnungen örtliche Rechnungsprüfung zuständig

August 2005 hat folgenden Wortlaut:

Die Stadt Zella-Mehlis unterhält kein eigenes Rechnungsprüfungsamt. Insofern werden nach § 82 Abs. 1 der Thüringer Kommunalordnung dessen Aufgaben durch das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Schmalkalden-Meiningen wahrgenommen.

Das Rechnungsprüfungsamt ist unter anderem für die Prüfung der Jahresrechnungen (örtliche Rechnungsprüfung) zuständig. Nach § 82 Abs. 2 soll die örtliche Prüfung der Jahresrechnung innerhalb von zwölf Monaten nach Abschluss des Haushaltsjahres durchgeführt sein.

Im Fall der Stadt Zella-Mehlis erfüllte das zuständige Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Schmalkalden-Meiningen die Vorgabe des § 82 Abs. 2 nicht. Die örtlichen Prüfungen für die Jahre 2000 bis 2003 wurden erst im Jahre 2005 gemeinsam abgeschlossen und dem Stadtrat in Anwendung von § 80 Abs. 3 übergeben.

Bereits bei der örtlichen Prüfung der Jahresrechnungen für die Jahre 1995 bis 1999 gab es eine ähnliche Verfahrensweise durch das Rechnungsprüfungsamt. Die örtliche Prüfung der Jahresrechnungen erfolgte zusammengefasst für den genannten Zeitraum.

Der Stadtrat bemängelt diese Verfahrensweise des zuständigen Rechnungsprüfungsamtes, weil durch die zeitliche Verzögerung der Vorlage der Prüfungsberichte Sachverhalte und Zusammenhänge kaum noch darstellbar sind und mögliche Fehler der Verwaltung bei der Haushaltsdurchführung zu spät festgestellt werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Inwieweit sind die Rechnungsprüfungsämter an die Vorgaben des § 82 Abs. 2 gebunden? Unter welchen Voraussetzungen kann die in § 82 Abs. 2 genannte Zwölfmonatsfrist überschritten werden?

2. Welche Möglichkeiten haben Gemeinden, gegenüber den Rechnungsprüfungsämtern die Einhaltung des § 82 Abs. 2 zu fordern?

3. Aus welchen Gründen hat das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Schmalkalden-Meiningen die örtliche Prüfung der Jahresrechnungen der Stadt Zella-Mehlis für die Haushaltsjahre 2000 bis 2003 gemeinsam und nicht getrennt und zudem erst im Jahr 2005 vorgenommen bzw. abgeschlossen?

4. Welche Kosten entstehen der Stadt Zella-Mehlis im Zusammenhang mit der örtlichen Prüfung der Jahresrechnungen durch das Rechnungsprüfungsamt des Landratsamtes Schmalkalden-Meiningen? Wie würden sich diese Kosten verändern, wenn das Rechnungsprüfungsamt die Vorgaben des § 82 Abs. 2 einhält?

21. September 2005

5. Welche rechtsaufsichtlichen Maßnahmen hält die Landesregierung für geboten, damit künftig die örtliche Rechnungsprüfung der Jahresrechnungen der Stadt Zella-Mehlis unter Beachtung der Bestimmungen des § 82 Abs. 2 erfolgt? Wie wird dies begründet?

Das Thüringer Innenministerium hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 31. August 2005 (Eingang: 8. September 2005) wie folgt beantwortet:

Zu 1.: § 82 Abs. 2 ist eine Sollvorschrift, die begründete Ausnahmen zulässt. Welche Ausnahmen als begründet anzusehen sind, kann nur im Einzelfall bewertet werden. Eine umfassende Aufzählung in Frage kommender Ausnahmetatbestände ist nicht möglich.

Zu 2.: Die Gemeinden haben zunächst die Möglichkeit, das Rechnungsprüfungsamt auf das Versäumnis hinzuweisen. Sollte das Rechnungsprüfungsamt keine für die Gemeinde nachvollziehbaren Gründe der Fristüberschreitung angeben, besteht die Möglichkeit, den Landrat als unmittelbaren Dienstvorgesetzten des Rechnungsprüfungsamtes gemäß § 114 i.V.m. § 81Abs. 3 Satz 4 zu informieren und gegebenenfalls eine Dienstaufsichtsbeschwerde zu erheben. Sofern der Landrat seiner Pflicht zur Durchsetzung der Rechtsordnung nicht nachkommt, besteht die Möglichkeit, das Landesverwaltungsamt als für den Landrat zuständige Dienstaufsichtsbehörde einzuschalten und gegebenenfalls eine Dienstaufsichtsbeschwerde zu erheben.

Zu 3.: Aus der Stellungnahme des Landrats des Landkreises Schmalkalden-Meiningen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Dem Landratsamt Schmalkalden-Meiningen liegen keine Beschwerden des Stadtrates der Stadt Zella-Mehlis hinsichtlich der Handhabung der Prüfung der Jahresrechnungen vor. Auch eine Aufforderung zur Prüfung von Seiten der Stadtverwaltung der Stadt Zella-Mehlis liegt nicht vor. Die Prüfungen in der Stadtverwaltung Zella-Mehlis wurden nach eigener Anmeldung durch das Rechnungsprüfungsamt durchgeführt. Bei der Planung der Prüfungen wurde versucht, alle Gemeinden des Landkreises in gleichmäßigem zeitlichem Abstand zeitnah zu prüfen.

Aufgrund der Vielzahl der im Landkreis zu prüfenden kommunalen Haushalte (92 Jahresabschlüsse von Gemeinden, Verwaltungsgemeinschaften, Eigenbetrieben und Zweckverbänden) war es nicht möglich, die aus den Vorjahren bestehenden Prüfrückstände komplett aufzuholen. Verursacht wurden diese Rückstände u.a. durch die bis zur Gebietsreform im ehemaligen Landkreis Suhl - Land unterbliebenen Prüfungen in den Gemeinden. Diese mussten mit großem zeitlichen Aufwand im Nachhinein mit abgearbeitet werden, um eine lückenlose Nachvollziehbarkeit der Jahresrechnungen sicherzustellen.

In dieser Situation wurde die Zusammenfassung mehrerer Jahresrechnungen zur gemeinsamen Prüfung gegenüber einer Einzeljahresprüfung als vorteilhafter gesehen, da auf dieser Weise zumindest für die geprüften Gemeinden aktuelle Prüfergebnisse vorliegen.

Die Prüfung der Jahresrechnungen 2000 bis 2003 wurde im Herbst 2004 begonnen und im Wesentlichen bis zum Dezember 2004 abgeschlossen. Der Berichtsentwurf ging der Stadt am 21. Januar 2005 zu. Nach Einarbeitung aus der Stellungnahme der Verwaltung wurde der endgültige Bericht am 25. April 2005 ausgefertigt.

Die Prüfung der Jahresrechnung 2000 war im Rahmen der vorhergehenden Prüfung (Jahr 2001) nicht mehr erfolgt, weil sie zu diesem Zeitpunkt nicht vorlag.

Zu 4.: Nach der durch den Kreistag beschlossenen Prüfgebührensatzung des Landkreises Schmalkalden-Meiningen vom 19. November 2001 werden den Gemeinden für die Prüfung der Jahresrechnungen ab dem Jahr 2000 Gebühren in Höhe von 30 Euro pro Stunde berechnet. Für die Prüfung der Jahresrechnungen 2000 bis 2003 der Stadt Zella-Mehlis fiel eine Gebühr in Höhe von 11 910 Euro an.

Bei der Durchführung jährlicher Prüfungen würden diese Kosten nicht sinken, da durch die Prüfer ebenfalls auf die Unterlagen aus Vorjahren zurückgegriffen werden müsste.

Zu 5.: Die Landesregierung hält rechtsaufsichtliche Maßnahmen derzeit nicht für geboten. Der Landkreis hat eine Ausnahmesituation für die Vergangenheit nachvollziehbar begründet. Rechtsaufsichtliche Maßnahmen zur Vermeidung von künftigen, hypothetischen Rechtsverstößen sind in der Thüringer Kommunalordnung nicht vorgesehen.

Dr. Gasser Minister.